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*
Dentfches Wörterbuch
bon *8
Dr. Friedrich Ludwig Karl Weigand.
dierte Auflage.
(Sechſte Auflage von Friedrich Shmittbenner & kurzem deutfdhen Woͤrterbuch.)
Zweiter Band.
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U — — em.
Gießen, 1882.
% Ricker'ſche Buchhandlung.
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Den Brüdern
Jacob Grimm un Wilhelm Grimm
in fiebe und Treue.
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Den Brüdern
Jacob Grimm un Wilhelm Grimm
in Liebe und Treue,
Wie ich dazu gefommen bin, Frie drich Schmitthenners, meines
Lehrers und langjährigen Freundes, zuerft 1834 und dann in zweiter, be-
bentend vermehrter Auflage 1837 zu Darmftabt erfchienenes „Kurzes Deut-
ſches Wörterbuch für Etymologie, Synonymik und Orthographie” umzu-
arbeiten, während ich doch felbft jeit Jahren zu einem kurzgefaßten Wörter-
buche vorbereitet hatte, findet fich in ber Vorrede zu der vorigen Auflage
dargelegt. War aber fchon biefe eine fo vollſtändige Umarbeitung, daß ich
bem Buche, über das Jacob Grimm mir ſchrieb „In Ihrem wörterbuch
ist nicht mehr Schmitthenner, sondern blosz Weigand® und Wilhelm
Wadernagel nah der erjten Lieferung „Sie [bie Arbeit] ist ja in
jedem Betrachte Ihnen eigen und wird zuletzt mit Schmitthenners
Buche nichts weiter gemein haben, als was mit jedem andren
Wörterbuche, die Mehrzahl nsmlich der verzeichneten Wörter*,
zunächit meinen Namen vorfegen mufte, unter welchen es auch bereits
Wilhelm Grimm in dem großen veutfchen Wörterbuch angezogen
batte : fo find in der vorliegenden, über Erwarten rafch nöthig geworbenen
neuen Auflage noch Anderungen eingetreten, bie, wenn es möglich wäre,
das Werk noch mehr zu meinem eignen machten. Nicht allein wurde manches,
in welchem ich noch Bezug auf Schmittbenners Anficht genommen
batte, geftrichen und dafür, wie überhaupt, aus fortgejetter Forſchung
mit größerer Sicherheit Gewonnenes ein- und angefügt, fondern auch
ver Tert mit den Anmerkungen durch Neues und Genaueres reichlich
vermehrt und vervollſtändigt. Hierbei ift auch aus früher unbenutzten,
zum Theil von mir zuerft burchforfchten,, ja einigen mir allein zugäng-
lihen Quellen gefchöpft, und foweit das deutſche Wörterbuch der Brüder
Grimm, au in feiner Fortfegung, reicht, wirb man basfelhe, wie es
treue Pflicht erforderte, mit Sorgfalt verglichen finden. Daß pas alles
ber neuen Auflage größeren Werth verleihen bürfte, wird nicht bezweifelt
werden. Die Ausarbeitung ver vorigen Auflage hatte ungefähr mit jenem
großen Wörterbuche begonnen, war aber bei ver knappen Faſſung biefem
fpäter weit vorausgeeilt, jo vaß mir Jacob Grimm, wie ich bereit8 ber
Borreve zum britten Bande einfügte, nach Überfenpung ber fiebenten
vI " Borrebe.
Lieferung, in einem Briefe vom 21. December 1861 ſchrieb „Sie stehen,
bester freund, schon im R, laufen mir so vor, dasz ich Sie gar
nicht einholen werde“, und fo hatte ich damals bloß auf Einzelnes
Rüdficht nehmen Fönnen, was in den früheften Lieferungen bes großen
Werkes niedergelegt war, mit welchen bie erjten Lieferungen eben ber
vorigen Auflage meines Buches faſt gleichzeitig erichienen. Daß übrigens
biefes jelbft im Drucke langfam vorrückte, lag hauptfächlich in den neben
der Ausarbeitung fortgefegten Vorbereitungen und einer nur fnappe Muße
vergönnenden amtlichen Thätigfeit.
Was das vorliegende Wörterbuch bietet, möge hier aus ver Vorrede zu
dem erſten Bande der vorigen Auflage ansgehoben werben, wozu dann
einiges Hinzuzufügende ergänzenn tritt. Es enthält
1) diegegenwärtiggangbaren Wörter des neu hochdeut—
[hen Sprachſchatzes mit der durch den Umfang des Buches gebotenen
Beſchränkung, bejonvers in Hinficht der Ableitungen und Zufammen-
fegungen. Neben dieſen gangbaren Wörtern aber habe ich eine große
Zahl von weniger üblichen und feltneren, die in Luthers Bibelüber-
fegung und bei den muftergültigen Schriftftellern aus der Blütezeit ber
neuhochbeutfchen Literatur, namentlich bei Göthe und Schiller, fi
finden, aufgenommen, auch bezeichnende und zumal bier und ba in
Schriften vorfommende munbartliche Wörter, deren richtige Schreibung
dem hochdeutſch Redenden manchmal ein wahres Kreuz ift. Angemeffen,
weil ficherftellend, jchien mir, bet den lebten die Namen der Gegenden,
in welchen fie im Munde des Volkes umlaufen, anzugeben, wie auch oft
das Wörterbuch, aus welchem ich fchöpfte. Hätten wir nur mehr folcher
Wörterbücher, wie Schmellers, des Unvergeklichen, uniübertreffliches
bayerifches, durch deſſen mit den reichen Nachträgen des nun fchon 21
Yahre unter dem grünen Rafen ſchlummernden Freundes vermehrte neue
Ausgabe fih Karl Frommann ein fo hohes Verbienft erwirbt, und höben
fih auch aus den beiden legten Jahrzehnten mehr folcher Werke hervor,
wie Karl Weinholds treffliche Beiträge zu einem fchlefifchen Wörter:
buche, Matthias Lexers färntifches Wörterbuch, fowie neben Bilmars
Idiotikon von Kurheſſen Schambachs Wörterbuch der nieberbentfchen
Mundart der Fürjtenthiimer Göttingen und Grubenhagen, W. von Gut-
zeits leider noch unvollendeter Wörterfchag der deutſchen Sprache Liv⸗
lands, und einige andere ber unten in dem Quellenverzeichnis angeführten
munbartlichen Schriften. Was ich aus meiner und Erasmus Alberus
(vol. S. XI) Heimat, ver Wetterau |in demfelben Orte, vem Städtchen
Staden, wo er erzogen wurde, habe auch ich meine Jugendjahre verlebt],
bringe, ift aus meinen worbereitenden Sammlungen und begonnenen
Ausarbeitungen zu einem wetterauijchen. Zu bevauern bleibt, daß bie
son Karl Frommann 1854-1859 herausgegebene reiche Zeitfchrift
+‘
Borrebe. vıI
„Die deutfchen Mundarten“ nicht ohne Unterbrechung fortgefeßt werben
fonnte. Die fon bei Schmitthenner fich findenvde Aufnahme und Be⸗
rüdfichtigung geläufiger Fremdwörter wollte ich trog meiner Abneigung
gegen viejelben nicht fchmälern, fei e8 auch nur, bamit das Wörterbuch
nicht im Stiche läßt und um bei manchen einen pafjenven veutfchen Aus-
druck zu geben. Doch find nicht ganz eingebürgerte durch ein vorgefektes
Kreuz (}) unterfchieven. Am unangenehmjten war mir die Einfügung der
für die Maße und Gewichte neu eingeführten franzöftfchen Benennungen,
bie, zum Theil altgewohnte volksübliche verdrängend, dem Volksmunde nicht
gerecht find und der Volksanſchauung unverftanden bleiben. Übrigens
berricht bei allen verzeichneten Wörtern durch das Buch hindurch alpha⸗
betifhe Ordnung, und diefelbe wird felbft in ven den Wurzel- und Stamm-
wörtern gleich beigefügten abgeleiteten und zufammengejegten Wörtern
nicht gejtört, ausgenommen daß bie abgeleiteten zuerft ftehen und dann
bie zufammengefetten. Unterbricht in ber ftrengalphabetifchen Reihenfolge
ein anderes Wort ober der Umftand, baß eins dieſer abgeleiteten over
zuſammengeſetzten Wörter feiner Erklärung, feiner Ableitung oder Zufanmnen-
fegung wegen einen befonberen Artikel bildet, fo ift meift an ber Stelle,
an welcher eben jenes abgeleitete oder zufammengefegte Wort in ber fireng-
alphabetifchen Reihenfolge ftehen müfte, auf das Wurzel» oder Stamm⸗
wort hingewiefen, unter dem es aufgeführt oder befprochen wurde. In
dieſer Weife, namentlich auch dadurch, daß ich, wie Friſch (f. S. XI),
zujammengejette Wörter unter das erjte Wort der Zufammenfegung ordne,
glaube ich das Buch bequemer für den Gebrauch eingerichtet zu haben,
als wenn ich jene unter dem legten Worte der Zufammenfegung aufge
führt hätte.
2) die Bezeihnung der Betonung durch den Accent ('), dann,
wo es nöthig fchien, der Länge des Vocales durch das Dehnungs⸗
zeichen ", endlich des tiefen e durch zwei barüber gefegte Puncte (6),
wie man es nah Jacob Grimms Vorgang im Altveutfchen fennt.
Angabe der betonten Silbe ift nicht allein dem Fremden wünſchenswerth,
ſondern felbft dem Deutfchen in manchen Fällen willkommen, und auch
in altdeutſchen Wortformen fowie in lateintfchen, italieniſchen, mitunter
auch in fpanifchen zc. Wörtern habe ich für ven Unkundigeren ven Accent
zur Anbeutung der Silbe gebraucht, auf welcher der Ton ruht. Ebenſo
findet fi) das Dehnungszeichen “ zur Bezeichnung des langen Vocales
außer den altveutfchen Wortformen noch, wo es nöthig fehlen, in mund-
artlihen Wörtern fowie in ven Fremdwörtern, ferner in ven lateinifchen
Woͤrtern und denen aus den femitifchen Sprachen wie aus dem Sanſtrit
gefegt. Bei ä, d, ü im Neuhochbeutfchen aber mufte, wo es nöthig fchien,
zu bemerfen, daß fie lang fiyb, dieß in Klammern beigeſetzt werben, ba
bier bejondere Zeichen für die Ränge fehlen. Anders iſt es wenigftens
VIIA Vorrede.
bei & und d im Altdeutſchen, wo in lateiniſcher Schrift bekanntlich æ
und & für die langen Vocale verwandt werben, während ä und ö für
die kurzen gelten. In den Fällen, in welchen der Vocal als ein langer
angefehen werben kann, aber furz tft, fteht dieß in Klammern beigefügt.
Weitere Bemerkungen in Klammern betreffen das tiefe e (€, €) und das _
hohe e (E, e), zumal da ich in echtveutfchen Wörtern bet jenem zugleich
die Andeutung feines Urfprunges aus i, bei dem lebten feine Geltung
als Umlaut des a feftzuihalten verfucht habe. Wird das € ausnahmsweife
hoch geiprochen oder das e tief, fo iſt dieß angegeben und bei e entweder
bemerkt „e tief”, gewöhnlich aber „e = 4", da ä, obgleich in feiner
Entitehung mit e ein und verjelbe Laut, nur zu pebantifch mit tiefem Tone
gelefen und geiprodhen zu werben pflegt. Was enplich die Frempmwörter
anlangt, welchen eine befonvere Ausfpradhe zufommt, fo tft auch dieſe,
wo es geboten oder doch gerathen war, angegeben.
3) die Biegung der Wörter, bei den männlichen und fächlichen
Subftantiven mit Angabe der Endung des Genitivs im Singular und
des Nominativs im Plural, bei ven weiblichen bloß des Tegten, bei dem
Pronomen, wo es nöthig fchien, durch alle Caſus des Singulars ober
bes Plurals, bei ven ftarf biegenden Verben mit Anführung ver Haupt-
formen ſowie des Präteritums im Conjunctiv und bes Imperativs, und
bei ven fchwach biegenven nur dann, wann ihre Unterjcheibung won gleich-
lantenden ftarf biegenden hervorzuheben war. Die Steigerung (Eom-
paration) ver Abjective und Adverbien ift nur da angegeben, wo fie
in berfelben den Umlaut befonmen.
4) die Rechtſchreibung. Die Schreibung im Yuche weicht von
ber bisher üblichen nur felten ab, wie ich venn in ſchwankenden Fällen
entweder bie gebräuchlichite vorgezogen babe oder, wo feine vorwog, bie
biftorifche als die einzig wahre. Diefe finvet fih aber auch fonft, um
jene übliche beurtbeilen zu fünnen, in dem Text oder ven Anmerkungen
durch „Hit. richtig”, „hiſt. richtig“, d. h. hiſtoriſch richtig, angegeben. Doch
habe ich gegen die vorige Auflage in ber gegenwärtigen das ß in miß-
und =niß fallen laffen und mis- und ⸗nis gefegt, worüber übrigens
beide nachzufehen find. Überftürzung ift hier zu meiden und nur all-
mäblicher Fortſchritt kann nachhaltig fein.
5) im allgemeinen vie Hauptbegriffe, wenigftens vie Begriffe,
welche nach ver Wurzel, ver Herleitung und dem Gebrauche befonvers
hervortreten. Es galt, fie möglichft kurz und treffend zu geben, und nur
in den wenigen Fällen, wo fie nicht ohne MWeitläufigfeit zu beſtimmen
geweſen wären, find fie, um das Buch nicht zu fehr anwachſen zu laſſen,
weggeblieben.
6) die Wortforfhung und mit ihr gleichfam die Naturge-
gefhichte der Wörter. Was hierher gehört, ift faft durchweg, in ver
Borrebe. IX
gegenwärtigen Anflage noch weit mehr, als in ver vorigen, in Heinerem
Drud unter dem Wort, alfo in Anmerkungen gegeben. ‘Daß bierbei nur
die Ergebniffe ins Auge gefaßt find, wird man nach ber Kürze des Buches
nicht anders erwarten; doch blickt fiir den Forfcher ver von mir einge-
ſchlagene Weg, auf welchem ich zu denſelben gelangte, durch. Um ftufen-
weife zu ver Quelle zu leiten, feße ich zunächit bie ältere neuhochbeutfche,
dann die mittelhochbeutfche, die althochdeutſche und zulekt bie gothiſche
Form fowie auch die Formen in den andern zumal alten beutichen
Spraden, woran fih dann die Darlegung ver Wurzel und bie Ver⸗
gleihung mit den urverwandten Sprachen (ſ. B Anm.) knüpfen, bei
welcher letten wiever, wie überhaupt im Buche, Maß gehalten werben
mufte. Fehlt das Wort in einer der früheren deutlichen Sprachen, fo ift
es, falls Anführung der Form nöthig over erfprießlich fchien, jo wie fie
ſich mit Sicherheit erfchließen läßt, demnach in Wirklichkeit gelautet haben
wird, mit einem babinter in Klammern eingefchlojfenen Fragezeichen,
einem „(2)“, bingefett. Außer ver mittelhochveutfchen Form aber ift
neben dieſer oder auch nach ver althochveutfchen noch die mittelveutfche
db. 5. die vom Anfange des 12. Yahrhunderts bis ins 15. Jahrhundert
Mittelvdeutichland eigne angezogen, auf welche befanntlich die neuhoch⸗
beutjche in der Regel fich gründet. Belegſtellen und Nachweifungen aus
früherer Zeit find nur ba gegeben, wo e8 auf Sicherheit anfam ober
Wörterbücher Teine Auskunft darboten. Manche hierher gehörige Auf-
zeichnungen, auch aus dem Stabtarchive zu Frankfurt am Main, ver-
dankte ich fchon bei der vorigen Auflage dem verftorbenen Secretär dieſes
Archives Dr. Franz Roth; andere Belege habe ich aus hiefigen,
Frankfurter, Darmſtädter ꝛc. Handſchriften eingetragen. Dazu kommen
noch bantenswerthe Beiträge aus dem 15., 16. und 17. Jahrhundert von
Brofefjor Dr. Wilhelm Erecelius zu Elberfeld, welcher namentlich
während eines mehrjährigen Aufenthaltes zu Büdingen in ver Wetterau
aus dem dortigen fürftlich yienburgiichen alten Archive fleißig aufge-
fammelt Hatte. Dieß alles fowie vie jorgfältige Benutung alter feltnerer
Bocabulare kann dem Wörterbuche nur zum Vortheile gereichen, daneben
aber auch, wenn felbft bei den Fremdwörtern ver Urfprung nachgewiejen
wird. Hier ſchulde ich dem hiefigen Profejfor Dr. Vullers fowie dem
1863 verftorbenen Profeſſor Dr. Knobel Dank für freundliche Auskunft
bei Wörtern aus dem Perfiichen und den femitifchen Sprachen, beſonders
dem Arabifchen, und bei den aus ben romantfchen Sprachen aufge-
nommenen gab Friedrich Diez in feinem vortrefflichen etymologifchen
Wörterbuh und in feiner Grammatit der romanifhen Sprachen bie
ficherften Auffchlüffe. Daß ich zu Anfange jedes Buchitabens über viefen
furze einleitende Andeutungen gebe, die zu Anfange des B, des ‘D und
des © (f. B Anm, D Anm. und © Ann.) das höchſt wichtige Geſetz
x Borrede.
ber Lautverfehiebung umfaffen, und ben Diphthongen, einigen Ber-
bindungen der Confonanten, ven Ableitungsfilben und den untrennbaren
d. h. nur in Zufammenfegungen vorkommenden Partifeln (ant⸗, be, ent-,
er=, ge= ꝛc.) befondere, der aphabetifchen Reihenfolge der Wörter an ge-
höriger Stelle eingefügte furze Artikel widme, wird man gewiß nicht als
überfliiffig anfehen. Iſt die Herleitung eines Wortes zu unficher ober
nicht zu ermitteln, jo wurde dieß angedeutet, feltener ganz darüber ge-
fchwiegen; denn wozu nüßte es, mit mannigfachen, vielleicht leeren Vor⸗
muthungen und Meinungen den Raum zu verengen. Berne geblieben
bin ich übrigens dem allzu beengten Stanppuncte, Wörter troßdem, daß
fie auf fremde Herkunft deuten oder dieſe ſelbſt nahe Tiegt, zu deutſchen
Stämmen Hinzuzwängen und fie fo von jolchen herleiten zu wollen.
Wie viel Neues das Buch bringt, werben Kenner auf den erften Blick
wahrnehmen, auch was durch das Ganze hindurch aus der beutfchen
Grammatif und den andern Werfen Jacob Grimme gefchöpft tft,
ohne daß der große Name immer dabei fteht. Aber wie viel mehr auch
bei der vorliegenden Auflage noch gegeben werden fünnte, ſehe ich felbft
nur zu wol ein und werbe auch bier in Nachträgen einiges ergänzen.
Nah Angabe ver Grundlinien, bie bei ver Ausarbeitung des Wörter-
buches für dieſes fchon bei der vorigen Auflage gezogen waren und bier,
wie bereitö bemerft, aus der Vorrede zu dem erften Band ausgehoben
finp, erübrigt e8 uns noch, aus biefer die furz andeutende geichicht-
fihe Überficht unfrer deutſchen Wörterbüher mit einigen
Zuſätzen anzufügen. ‘Die Stellung des vorliegenden zu andern ähnliches
Umfanges wird dann vielleicht mehr vor Augen treten, als dieß in längerer
Ausführung gefchähe.
Den erjten Anfag zu einem beutichen Wörterbuche bilpeten bie la-
teinifch-veutfchen Vocabularen beigegebenen und mit ihnen vereinigten
beutfchelateinifchen, in welchen ftatt der lateinifchen Wörter die deutfchen
nach alphabetifcher Ordnung vorangejett werben und das bezeichnenbe
lateinifche jevesmal dahinter fteht. Der ältefte dieſer beigefügten deutſch⸗
fateinifchen. Vocabulare ift der in dem 1475 zu Köln geprudten vocabu-
larius Teuthonista des Gherardus de Schueren dem Iateinifch-veutfchen
porangeftellte, deſſen Deutich aber ver pamaligen clevifhen Munbart an-
gehört. in beveutender Fortjchritt zu einem ſelbſtändigen beutichen
Wörterbuche zeigte fih dann, indem man ven veutfch-lateinifchen Vocabu⸗
far von feinem Inteinifch-veutfchen trennte und für fich ericheinen ließ.
Dieß gefchah zuerft in dem 1482 zu Nürnberg durch Konrab Ze-
ninger gebrudten ſehr umfangreichen vocabularius theutonicus, auf
welchen bald ohne Angabe des Jahres [gegen oder um 1500?] und bes
Drudortes der vocabularius incipiens teutonicum ante latinum, damn
ein vocabularıus primo ponens dicetiones theutonicas (Straßburg
Borrede. xı
1515), |ferner von Joannes Frissus 1556 zugleich mit ber zweiten Auf-
lage feines großen dietionarium latino-germanicum ein binbiges
Dietionariolum germanicolatinum (f. S. XVIII")]|, endlich 1561 zu
Zürich, aus jenem dietionarium latino-germanicum hervorgegangen, unter
dem Titel „vie Teütſch fpranach“ ein die Schweizer Mundart barlegenves
veutfch-[ateinifches Wörterbuch von Joſua Maaler folgte. Dagegen
war das dietionarium germanico-latinum von Petrus Dasypodıus
nicht für jich erfchienen, jonvern dem 1585 und öfter zu Straßburg ge
druckten und viel gebrauchten dietionarium latino-germanicum dieſes
Gelehrten angebangen. Alle dieſe Arbeiten können indeſſen nur als
deutſch⸗lateiniſche Wörterbücher, nicht als felbftändige veutfche gelten. Das
erfte eigentlich deutfche ift, recht wie zum Zeichen, daß das veutiche Volt
von Natur ein poetiiches fei, ein Reimwörterbuch, des oben ©. VI ge-
nannten Erasmus Alberus vor 1529 begonnenes, jedoch erſt 1540
zu Frankfurt am Main erfcyienenes, gegenwärtig in nur noch ſechs Exem⸗
plaren vorhandenes novum dietionarii genus, in welchem übrigens ohne
Kenntnis der Wetterauer Mundart die Wortformen nicht immer zu ver-
ftehen find und fogar manche Wörter dunfel bleiben müſſen. Noch aber
batte man ven vollftändigen deutſchen Sprachſchatz nicht aufzuftellen ver-
jucht; dieß unternahm erft Georg Henifch in feinem in feltner Fülle
und darum weitfchichtig angelegten Werke „Zeutiche Sprach und Weiß-
beit”, von welchen aber nichts weiter als der erite mit & abfchließenve
Band 1616 zu Augsburg ans Licht getreten if. Ein Verzeichnis ber
„Stammwörter ver Teutfchen Sprache“ legte Juſtus Georgius Schot-
telius in feine 1663 zu Braunfchweig herausgefommene „ausführliche
Arbeit von der Teutichen HaubtSprache” niever, und gegen ben Schluß
bes Jahrhunderts, 1691, folgte dann, im Rüdblid auf Henifch, des
Spaten (Serötinus) oder, wie er mit feinem rechten Namen hieß,
Kaspar von Stieler alphabetifch nach Wurzeln und Stämmen und
zwar nur zu oft wunderlich geordneter, überaus reichhaltiger, zu Nürn-
berg verlegter „Zeutfher Sprachſchatz“, in welchem nicht wenig ber
tbäringifchen Mundart angehört.
Größere Thätigfeit zu neuen beutfchen Wörterbüchern entwickelte
fih im 18. Jahrhundert, in welchem zunächſt „Das Groffe Universal-
und Bollfommene Dictionarium Sp da ift : Italiäniſch-Frantzöſiſch⸗
Teutſch, Frantzoſiſch⸗Italiäniſch-Teutſch, Teutſch-Frantzöſiſch-Italiäniſch,
In dieſen dreyen Sprachen von Matthia von Erberg gang neu
herausgegeben“ (Nürnberg 1710) Erwähnung fordert, insbeſondere der dritte
Theil, welcher das Deutſche voranſetzt. Doch dicht hinter dieſem Werke
dann] 1711 Johann Rädlein zu Leipzig feinen europäiſchen Sprach—
Schatz ebenfalls in drei Theilen, Teutſch⸗-Italiäniſch-Frantzöſiſch, Frantzö—
ſiſch⸗Teutſch⸗Italiäniſch und Italiäniſch⸗Teutſch⸗Frantzöſiſch erſcheinen ließ,
XII Vorrede.
von welchen jener erſte, das teutfch-italtänifch-franzöfliche Wörterbuch,
ungemein reichhaltig war. Auf dasſelbe folgte aber faft noch reichhaltiger
1716 zu Xeipzig ein „teutjchsenglifches Lexicon? von Chriſtian Lu d⸗
wig und faum minder reich 1727 zu Köln ein dietionarium germanico-
latinum in 2 Bänden von Paul Aler. Bloß für das Deutfche gab
Chriſtoph Ernft Steinbach zuerit 1725 zu Breslau ein Fleines,
und dann 1734 in zwei Großoctaubänden ein ebenfalls nah Wurzeln
und Stämmen georbnetes, ſchätzbares „Vollſtändiges Deutiches Wörter-
Buch“ heraus, welches aber durch das lange Jahre vorbereitete, 1741
zu Berlin in 2 Quartbänden erfchienene, dem Sorfcher noch immer höchſt
nütliche beutfche oder, wie ber Titel lautet, Teutſch-Lateiniſche Wörter-
Bud von Sohann Leonhard Friſch, einem ber gelehrteften Spracdh-
fenner, verbunfelt wurde. Suchte Frifch fchon dadurch, daß er vie zu-
fammengejegten Wörter unter das erfte Wort der Zufammenfegung in
ihrer Reihenfolge ftellte (vgl. S. VII), mehr, als Steinbach, fich ver
jteengalphabetifchen Ordnung zu nähern, fo ſehen wir dieſe zuerft und
entſchieden durchgeführt von Johann Ehriftoph Adelung in feinem
laut von deutſchem Fleiße, beutfcher Ausbauer und, jo viel es bei ver
damals fehr geringen Kenntnis des Altveutfchen möglich war, Gründlich⸗
feit zeugenven „DVerfuch eines vollitändigen grammatiſch-kritiſchen Wörter-
buches Der Hochdeutſchen Mundart” (5 Thle in 4, Leipzig 1775—1786),
welcher Titel jenoch bei der zweiten Ausgabe (4 Thle in 4, Leipzig
1793—1801. Supplement-Bandes erftes Heft, Berlin 1818) in „Gram⸗
matifch-Fritifches Wörterbuch ber Hochbeutfchen Mundart“ gekürzt wurbe.
Aus diefem lieferte er dann noch in einem mäßigen Octavbande fein
„Kleines Wörterbuch für die Ausfprache, Orthographie, Biegung und
Ableitung” (Leipzig 1788, 2te Ausg. 170), in welchen er um ber Aus:
ſprache und Orthographie willen die gewöhnlichiten Ableitungen, auch bie
mit den untrennbaren Bartifeln zufanmengefegten Wörter gleich unter
die in alphabetifcher Ordnung aufgeführten gangbarjten Stamm- und
Wurzelwörter ftellte, und enplich in 4 Großoctavbänden einen Auszug
(Leipzig 1793— 1802) *). Während Adelung mit dem Drude bes erften
Theiles von feinem großen Werfe befchäftigt war, im Februar 1773, alſo
vor hundert Jahren, nahmen vie fo thätigen Deitgliever des Hainbundes
*) Auch Karl Bhilipp Morit begann ein „Grammatiſches Wörterbuch ver
deutſchen Sprache”, welches, ohne Moritzens Geift zu befiten, Johann Ernft
Stuß, Balthafar Stenzel und Johann Ehriftoph Vollbeding nad einander
fortfegten (4 Bde in 8, Berlin 1793—1800). Es ift aber fein deutfches Wörterbuch,
fondern ein zur Reinigung der deutſchen Sprade angelegtes Fremdwörterbuch und
zugleich eine nad der alphabetifchen Reihenfolge der Kunſtausdrücke georbnete beutjche
Grammatik.
Borrebe. x11l
Sodann Heinrich Voß, Johann Martin Miller und Ludwig
Heinrih Chriftoph Hölty einen Anlauf zu einem allgemeinen
Wörterbuche für Deutſchland (ſ. Briefe von 3. H. Voß L, 130), ohne
indeffen zu einer eigentlichen Ausführung zu fommen. Doch, einmal
aufzeichnend, trug Voß viel fpäter noch fleißig Stellen aus älteren beut-
fen Schriften in ein Exemplar des Adelung und zwei Eremplare bes
Frisch ein If. „Voß und feine veutfchen Forfhungen“ in Wilhelm
Herbfts Iohann Heinrich Voß Br. 2 Abth. 2 S. 251—264, wo ©. 263
3. 3 Abftammung jtatt Abftimmung zu lefen], von welchen legten eins
bei der Berfteigerung ber Bibliothek des berühmten Dichters 1835 in
meinen Beſitz gekommen ift. Tief unter jenem Auszug Adelungs fteht
an Gehalt der unter dem Titel „Verjuch eines hochbeutichen Hand⸗
wörterbuches“ (3 Thle in 8, Halle 1793—1795) erj&hienene von Trau-
gott Gotthilf Voigtel, fowie veffen „Hanpwörterbuch der Deutichen
Sprache“ (Halle 1804), faft noch tiefer unter Apelungs großem Werfe das,
wenn auch in feinen 5 Quartbänden bei weiten ftärfere und reichhaltigere,
zugleich von vielem Fleiße zeugende „Wörterbuch der veutichen Sprache“
von Joachim Heinrich Campe (Braunfchweig 1807—1811), welches
wieder dem 4 Großactavbände umfaflenden, aber ziemlich ungenießbaren
vollsthümlichen Wörterbuch ber beutichen Sprache von Otto Friep-
ih Theodor Heinfins (Hannover 1818—1820) zu Grunde liegt.
Auch das „Handwörterbuch der veutichen Sprache“ von Johann
Chriftian Auguft Heyfe und veffen Sohne Karl Wilhelm Lud-
wig Heyſe (2 Thle, der 2te Theil in 2 Abtheilungen, Magpeburg
1833—1849) förderte nicht, trotzdem daß bereits feit 1822 durch Jacob
Grimm eine deutſche Philologie ſich entfaltet hatte und blühte, noch
viel weniger das grammatiiche Wörterbuch der deutſchen Sprache von
Eucharius Ferdinand Ehriftien Ortel (2Bde, München 1829f.)
ſowie das „Gejammtmwörterbuch der veutichen Sprache” von Jacob -
Heinrich Kaltſchmidt (Leipzig 1834), mit deren Erwähnung fchon
mehr als genug gefchieht, und das „Wörterbuch der veutichen Sprache“
von Konrad Schwend (Frankfurt a. Dt. 1834), welches fich bei großer
Dürftigleit der Begriffe auf Etymologien beſchränkt, ift ohne eigentliche
Foxſchung zufanmengefchrieben und wimmelt, felbjt in ver jüngiten
„burchaus umgearbeiteten” Auflage (1856), von unzähligen, gröftentbeils
aus grober Unkenntnis hervorgehenden Fehlern, vie nur zu oft irreleiten.
Richt das Mindeſte befferte dann einige Iahre fpäter, 1837f., 3. 4.
Weber durch fein „Kritifch-erflärennes Handwörterbuch der beutfchen
Sprache” (11. Aufl., Leipzig 1872), welches, auf ven gewöhnlichiten Haus-
bevarf berechnet, ebenjo unfritifch wie bei dem Mangel aller tieferen
Einficht oberflählih if. Kaum höher ftellen Täßt fich im ganzen das
Handwörterbuch der deutſchen Sprache“ von Ehriftian Wenig
xIV | Borrebe.
(Erfurt 1821), obgleih die fünfte Auflage (Köln 1870) als eine forg-
fältig verbefferte und vermehrte bezeichnet wird. Endlich arbeitete noch
Dr. Wilhelm Hoffmann ein „Vollftändigftes Wörterbuch der deutſchen
Sprache” (6 Bde, Leipzig 1853 — 1861) aus, nicht ohne Fleiß, aber mit
einer folhen Menge ver ſchülerhafteſten Verftöße im Altdeutſchen, daß
auch jever Gedanke an eignen Klaren DBlid des Verfaffers und damit an
Gründlichkeit ſchwindet. Solchen troftlofen Erfcheinungen gegenüber
mufte fich die Freude fteigern, daß feit 1852 pas lang erwartete große
beutiche Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm
begonnen wurde und mit ftolger Sicherheit und Feftigfeit fortichritt, ein
wahrhaft vaterlänpifches Werf, Das den geſammten neuhochbeutfchen Spracdh-
That von etwa 1470 an bis auf die Gegenwart in fich aufnehmen follte und,
wie es beide Brüder begonnen, über den beiten früheren hoch erhaben,
auf lange lange Zeit Hin unerreichbar bleiben- und um welches unfer
Bolt von dem Auslande beneivet werden wird. Höchſt fchmerzlich bleibt,
daß beide Brüder vor der Vollendung von ihrem großartigen Werk ab-
gerufen wurden, und mit fchwerem Herzen — denn wer vermöchte es
ihnen nachzuthun! — übernahm ich vierzehn Tage nah Jacob
Grimme Tode im Vereine mit Rudolf Hildebrand bie Fortfegung,
zu welcher noch gleich damals mehrere deutſche Sprachgelehrte zugezogen
wurben, von denen jeber fich zur Bearbeitung eines Buchſtabens bereit
erflärte. Doch über bieje Fortfekung werde ich mich andermärts ver-
breiten. Im Angefichte jenes unter den Händen des unvergleichlichen
Brüderpaares emporfteigenden Domes aber fchlug ich an meinem nen
von Grund auf erftehenven kleineren Gebäude auf und bie freundlich
dieſem zugewandte Theilnahme der gröften Meifter gab Muth und Luft
zur Fortführung und Vollendung. Wenn nun fchon, wie ich bereits in
der Vorrede zum letzten Bande der vorigen Auflage erwähnte, während
biefes Aufbaues Jacob Grimm in einem Briefe vom 16. December
1860 gelegentlich ver Erwähnung anderer Wörterbücher jüngerer Zeit
mein eben eritehenves eine „grundehrliche aus genaustem forschen
hervorgegangene arbeit“ nennt, fo war bei ber vorliegenden neuen
Auflage mein eifrigftes Beitreben, daß das Buch diefer Bezeichnung noch
witrbiger werde.
Jene eben berührte, am heil. Chrifttage 1870 gejchriebene Vorrede
ſchloß mit den Worten, daß den fo trüben Jahren fremder Bedrückung
gegenüber, in welchen das gröfte veutfche Wörterbuch vor dem ber Brüder
Grimm, das von Campe, mit einem Notruf für Erhaltung unferer
Sprache erfchien, nun unfer veutiches Vaterland auf einer Höhe der Er-
forfhung viefer feiner Sprache ftehe, wie fein anderes Land ber Welt,
unb höher und herrlicher durch die Schlag auf Schlag erfolgten glänzenpen
Siege feiner Heere gegen ven alten Erbfeind, venn je zuvor. Beute, nach
Vorrede zur britten Auflage. xV
einem Friedensfchluffe, ver uns einſt ſchmachvoll entriffene alte Reichs⸗
lande mit ihren Reichsfeftungen wieder zuführte, erhebt fich das deutſche
Reich aufs neue ruhmvoll und mächtig, wie in ven glanzvollſten Tagen
alter Zeit, und das Herz jedes Deutjchen, wo er ſei, auch in der weiteften
Ferne, darf bei dem Gedanken an jein Vaterland höher fchlagen. Möge
aber die errungene Einheit und Einmüthigfeit unferes Volkes nie wieder
geftört werben, und fo Gott mit uns!
Gießen am 6. Auguft 1873, dem Sahrestage der Siege von Wörth
und Spicheren.
Karl Weigand.
Die vorliegenve neue Auflage, pie dritte meiner Forſchung und Arbeit,
mufte ich unverzüglich nach Beendigung ver vorhergehenden beginnen und
dießmal, wenn das ganze Werk nicht wieder, wie nach Vollendung ber
eriten Auflage, eine Reihe von Jahren fehlen follte, den zweiten Yan,
der ja auch erft neu bearbeitet war, unverändert laffen. ‘Dagegen tft ver
erfte troß engerem Drud um 164 Seiten ftärler geworben, welches An-
wachen zum Theil auf Einfügung neuer Artifel, vornehmlich aber auf
Bervoliftändigungen, Erweiterungen und Berbefferungen bereits vorhandener
beruht. Hier ift venn auch Das nur in zwei Eremplaren noch vorhandene,
für die deutſche Sprachforfhung nicht unwichtige Syllabierbichlein von
Sebajtian Helber (f. S. XX*) jest weit mehr herangezogen, als
früher, ebenſo vie ältefte „Teütfche Grammatica" von Balentinus
Icdelfamer und zwar in dem einzigen noch übrigen Eremplare des
erften, vier Bogen in Kleinoctav umfaffenden, kaum vor 1581 erfchtenenen
Drudes, bei welchen ber gleich darauf ausgegebene um einen Bogen er-
weiterte zweite, den ich im Herbſt 1857 auf ver Bibliothek zu Berlin
verglich, nicht außer Acht gelaffen wurde. Die dritte und lebte Auflage
„Setrudt zu Nürnberg durch Johann Vetreium, anno MDXXXVIH®,
die 3 Blätter mehr, als jene zweite, hat, blieb, da Gewinn daraus faum
zu erwarten war, unverglichen. Gebürtig war Ickelſamer aus oder bei
Rothenburg an ber Tauber, in deſſen Nähe die beiden Dörfer Ober-
und Niederickelsheim Liegen, und Idelfamer ift mit munbartlichem 4
xvi Borrede zur dritten Auflage.
— hochd. ei, oberd. ai, mhb. und ahd. ei, goth. di, eins mit Ickels⸗
hbeimer = aus Ydelsheim Stammenber, wie benn auch neben Ickel⸗
famer mitunter, freilich fpärlih, Ickelsheimer fich findet.
Zwei Wörterbücher, welche bei ver Gefchichte des deutſchen Wör-
terbuches nicht übergangen werben dürfen, lernte ich, ba fie überaus
felten find, erft ſpät kennen und ſchob, um fie nicht von den ihnen zunächſt
jtehenden trennen zu müffen, vie Titel S. XI in den Text in edigen
Klammern ein, durch welche fie gleich als Spätere Einfchaltungen in vie
Augen fallen. Auch S. XIII enthält eine Einfchaltung in folchen Klammern.
Eine befonvere Freude machte mir das Programm ver höheren Bür⸗
gerjchule zu Wriezen auf das Jahr 1869, in welchem, fo vielfach an mein
Wörterbuch anfnüpfend, eine wichtige Abhandlung von Dr. Oſkar
Sänide über die niederdeutschen elemente in unserer schriftsprache
(ſ. S. XX?) enthalten if. Darauf folgte von demfelben Gelehrten im
25. Jahrgange ver von Bonik, Jacobs und Rühle herausgegebenen Zeit-
Ichrift für das Gymnafial-Wefen S. 743—757 eine tief eingehende Be⸗
urtheilung des Wörterbuches, und nach biefer fürberte noch Überſendung
werthvoller Beiträge für einzelne Artikel. Alles dieß läßt mich um fo
tiefer beflagen, daß ver hochgeſchätzte Forſcher fo früh aus dieſem Leben
ſcheiden mufte.
Dann find umfaſſend benutzt die an mein Wörterbuch anfnüpfenden
reichen, höchſt dankenswerthen Spenden zur Altersbestimmung neu-
hochdeutscher Wortformen von Profefjor Dr. Fedor Bech zu Zeik
in Franz Pfeiffers Germania XVII, 257—274 und XX, 31—51
(ſ. S. XVII’). Dagegen waren mir die Bemerkungen und Ergänzungen
zu meinem Wörterbuche von Oberlehrer Dr. Gombert in dem im Auguft
1876 erfchienenen Jahresbericht des Königlichen Gymnaſiums zu Groß-
Strehlig in Oberichlefien (ſ. S. XIX) leider erft von dem Worte „Bofift“
an zugänglih und konnten ſonach nur von da an berüdfichtigt werben.
Einiges habe ich am Schluffe des erften Bandes in den Verbefjerungen
nachgebracht. Was Gombert aus dem Buchftaben M und dann aus ber
Tortfegung feiner Bemerkungen und Ergänzungen im Jahresbericht für
1877 mittheilt jowie zum Schluß in dem für das gegenwärtige Jahr bringen
wird, auch mir noch in bem zweiten Jahresbericht freundlich beigejchrieben
hat, tft einer fpäteren Auflage des Buches aufbebalten. Bei einem
Wörterbuch aber ift immer ein- und nachzutragen, und Beiträge ver-
pflichten ftets zu Dank, zumal wenn jie Wörter und Formen betreffen,
welche in fehwer erreichbaren Schriften verjtedt find. Möge auch ferner-
hin meinem Werfe die Theilnahme nicht fehlen, die bei dem jtets fort-
fchreitenden Ausbau mitförbert |
Gießen im Merz 1878.
XVII
Dorrede zur vierten Quflage.
Kaum waren einige Bogen dieſer neuen Auflage gebrudt, als ver
hochverbiente und hochverehrte Verfaſſer nach längerer Krankheit ver
Wiffenfchaft durch ven Tod entriffen wurde. Die in feinem Nachlaffe
vorgefuridenen zahlreichen Notizen, welche bei ven folgenden Bogen aufs
gewiſſen haftefte benugt wurden, legen Zeugnis davon ab, baf der Ver⸗
faffer bis zu feinem legten Athemzuge bemüht gewefen, fein fich ber
alfgemeinften Anerkennung erfreuenves Wörterbuch ſtets größerer Voll-
fommenheit entgegen zu führen. Es darf daher auch viefe vierte Auflage
mit Necht eine verbefferte und vermehrte genannt werben.
Die Verlagshandlung.
Angeführte Quellen.
Der Raumerfparnis wegen bleiben in ben Artikeln des Buches die meiften
Ouellen, neue wie alte, aus welden geſchöpft worben ift, unangeführt. Die aber, auf
welche hingewieſen wird, find bis auf wenige unten angegebene fo beutlich bezeichnet,
daß ihre Aufftellung in einem Verzeihnis unnbthig wäre. Über die Namen der Ver-
faffer von Wörterbüchern wie iiber dieſe felbft gibt Die Borrebe S. X— XIII Auskunft.
In Rüdfiht auf die Abkiirzungen und Ausgaben mögen hier verzeichnet ftehen :
Aasen, Ivar, norsk Orbog. Christiania
1873
Adelung, ſ. S. W.
Agricola ober Georg Agricola.
1546 gefchriebene Gloſſen zu Georgi
Agricola de re metallica libri XII.
Basilee 1657.
Alberus, Erasmus, dictiondrium, |.
©. XI Fabeln („Das Bud von ber
Zugent onb Weißheit.“) Franckf. a. M.
1550. Bbibber Sörg Bibeln (1589).
Aler, Baul, |. S
Alphart. Alpharts Tod im deutschen
Heldeubuch (von Müllenhoff) U.
Alsfelder Passionsspiel, aus ber Hand⸗
Pr bie ih mir 1847 auszog.
Blätter. Altdeutsche Blätter von
—— Haupt und Heinrich Hoffmann.
2 Bände. Leipzig 1836 und 1840.
Altdeutsche Predigten und Gebete aus
Handschriften. Gesammelt und zur
Herausgabe vorbereitet von Wilhelm
Wackernagel. Basel 1876.
Altenstatg, vocabularius, Basiles 1514.
Annolied, Ausg. von Bezzenberger.
Arudt, Ernft Moriz, Gedichte. Leipzig
1848.
Aventinus, grammatica. Norinberge 1518.
Barlaam, esi von ı Sean Beil er.
Baur, Arneb. Ur denbuch des
Aoſters —* in der Wetterau.
hefſ. Urk = heſſiſche Urkunden, 5 Bünde,
Darmſtadt 1860—1873.
Bech, Fedor, Spenden zur Altersbestim-
mung neuhochdeutscher Wortformen
in Pfeiffers Germania XVIII, 257—
274 und XX, 81—51.
Benecke, mittelhochdeutsches Wiörter-
buch mit Benutzung des Nachlasses
von G. Fr. Benecke ausgearbeitet von
W. Müller und Friedr. Zarnoke.
Leipzig 1854—1866.
Berthold. Berthold von Regensburg,
vollständige Ausgabe seiner Predigten
8 .. von an —5 — —** 862.
irlin er, Anton, ſchwäbiſch⸗augsburgi⸗
ſches —— München 1864.
örterbüchlein zum Volksthümlichen
aus Schwaben. freiburg i. Br. 1862.
Biterolf. Biterolf und Dietleib, herausg.
von Oskar Jänicke im deutschen
Heldenbuch I.
(Bode, oh. Joachim € Hop), Hum-
phry Kuůnters Reifen. Aus dem Eng⸗
liihen. 3 Bände. Leipzig 1772. Der
Dorfprediger von Wakefield. Bon
neuem verdeutſcht. Ebenda 1777.
Geſchichte des Thomas Jones eines
indelklindes. Bände. Aus dem
gliſchen. Ebenda 1786- 1788.
Bödiker, Johannes, Grund⸗Sätze der
Deutſchen Sprachen. Cölln an ber
Spree 1690.
Boethius, |. Notker Boethius.
Boner, Ausg. von Franz Pfeiffer.
Brant, Narrenschift, Ausg. von Zarncke.
Brem. Wtb Bernd eines bremifh-
nieberfächftf en Wörterbuchs. 6 Theile.
» Bremen 1767—1771 unb 1869.
Brodes, Berthold Heinrich, irdiſches
Bergniigen in Gott. I Hamburg 1787.
I 1739. III 1736. IV 1735. V 1786.
VI 1739. VII 1743. VIII 1746. IX
1748.
Bürger, Gottfr. Aug., ſämmtliche Werte
— von Bohtz Göttingen 1838.
ei den Gebichten find die erften Drude
verglichen fowie die Ausgaben von 1778
und bie in 2 Theilen 1789. Eine gute
fritifhe Ausgabe fehlt leider noch.
xx Duellen.
Campe, f. S. XII.
Castell, italieniſch⸗teutſch und teutid-ital.
Wörterbuch. Leipzig 1709.
Chamiſſo, Abelbert von, Werke. 6 Bde.
" Reipzig 18361839.
Chron. d. d. St. Chroniken der deut-
schen Städte vom 14. bis ins 16. Jahr-
hundert. Bis jegt 14 Bänbe. Leipzig
1862ff.
Clajus, Johannes, grammatica germanic®
lingus. Lipsise 1578.
Claudius, Matthias. Erfte Ausgabe.
Comenius, Johannes Amos, Auffgeichlof-
fene Güldene Spraden-Thür. Leipzig
1639.
Oorvmus. Fons Latinitatis Bicornis....:
Opus ab Andrea Corvino Oratori®
et Lingvs Latins quondam in Acade-
miä Lipsiensi P. P. inchoatum; Nunc
verdäJoanneGeorgioSchledero
Ratisbonensi, priori parte auctiüs red-
ditä, et posteriori noviter adjectä, in
hane formam digestum, ac publice
utilitatis grati&ä typis exscriptum.
Francofrrti 1660.
Dähnert, Johann Karl, plattveutiches
Wörterbuh nad der alten und neuen
pommerfhen und rügiſchen Mundart.
Stralfimd 1781.
Danneil, Johann Friedrich, Wörterbuch
der altmärkisch-platideutschen Mund-
art. Salzwedel 1859.
Dasypödius, dictionärium. Argentorati
1537. Der deutſche Name des Ber:
faffers ift wol Raubfuß.
Dentler, Joh. Jacob, clavis germanico-
latina, als anderer Theil der clavis
lingus latine. Basiles 1713.
Dictionariolum puerorum Germanicolati-
num, in gratiam studios® juventutis
congestum. Tiguri 1556. 8°. 319 SS.
Bon Fristus (f. d.). Ein Vorläufer von
Maaler (f. d.). Sehr felten.
Dictionärium, |. Neues zc.
Diefenbach, Laurentius, glossarium lati-
n0-germanicum medi®etinfime wtatis.
Francofurti a. M. 1857. Novum glos-
sarium latino-germanicum medis® et
infim» statis. Frankf. a. M. 1867. .
Diemer. Deutsche Gedichte des XI. und
XU. Jahrhunderts, ... . herausg. von
Joseph Diemer. Wien 1849.
Dietenberger, Johann, Biblia. Meynz
1534
Dieb, Philipp, Wörterbud) zu Dr. Martin
Luthers beutihen Schriften. So weit
erfchienen.
Diez, Friedrich. Bon der Gramm.
(Grammatik der romaniſchen Spraden)
ift Die 1856-1860 erſchienene zweite,
von dem Wibch (etymolog. Wörterbuch
der roman. Spraden) bie 1869—1870
erfhienene 3. Ausg. angezogen.
Döbel, Heinrich Wilhelm, Eröffnete
Jäger-Practica. Leipzig 1746. 3 Theile.
Drofte-Hülshof, Annete von, Gedichte.
Stuttg. und Tüb. 1844.
Diut. Diutiska von Graff.
Eckhart. Meister Eckhart, herausg. von
Franz Pfeiffer.
Eyilsson, Sveinsbjörn, lexicon poeticum
antiqu®elingusseptentrionalis. Hafnise
1859.
Erberg, Matthias von, Das Groffe Uni-
verfal- und Vollkommene Dietionarium,
Sp da ift Italiäniſch⸗Franzbfiſch⸗Teutſch,
ranzöfiih- Jtaliäniih-Teutih, Teutſch⸗
ranzöſiſch⸗Italiäniſch. In dieſen dreyen
prachen gantz neu herausgegeben.
Nürnberg, Martin Endters 1710. Nur
der dritte Theil iſt eitiert und zwar nach
Anführungen Gomberts, durch welchen
allein ich das Buch kenne.
Ermmelius, Helfricus, sylva. Argentorati
1680. Berfaft 1592.
Erec. Die 2. Ausg. von Moriz Haupt.
Erlösung, die, herausg. von Karl Bartsch.
Quedlinb. und Leipz. 1858.
Exodus, in Hoffmanns Fundgruben Thl. 2
©. 85—101.
Euychman, Jodocus, vocabularius predi-
cantium. Niirnberg 1488. S. Melber.
i aus dem fünfzehnten
Jahrhundert (herausg. von Adalbert
v. Keller). Stuttg. 18638. Nachlese
1858.
Fiſchart, Geſchichtklitterung (Gargantıra)
1608. Binenkorb 1588.
Frangk, Fabian, Teutſcher Sprach Art
vnd Egenſchafft, Orthographia ꝛe.
Frankfurt a. M. 1631.
Freyer, Hieronymus, Anweiſung zur
Teutſchen Orthographie. Halle 1722.
Fiedberger Passionsspiel, aus der Hand⸗
ihrift (f. Haupt Zeitschrift VII, 545
—556).
i
dr 9,1.8X
us, Ioannes, diotionarium latino-
germanicum. Tiguri 1556. Es ift
bieß die zweite Ausgabe. Die erfte,
gemeinfam mit Petrus Cholinus
eforgte, erſchien Tiguri 1541. Beide
Ausgaben jind durch bie bei Frisius
geſetzte Jahreszahl unterfhieben. Sieh
auch Dictionariolum und Nomenclator.
Frizner, John, Ordbog over det gamle
norske Sprog. Kristianis 1867.
Frommann, ©. Karl, die beutichen
Diundarten. 6 Zahraänge (f. S. VIf.).
ster Jahrg. Halle 18761.
Duellen.
Kundgr. Fundgruben für Geſchichte
beuticher Spradhe und Literatur, herausg.
v. Dr. Heinr. Hoffmann. 2 Theile.
Gangler, Lericon- ber Luremburger
Umgangsiprade. Luremburg 1847.
Gellert, Kabeln n. Erzählungen I Leipz.
1748. II 1751. Lehrgedichte. Ebenda
1754. Luftfpiele. Ebenda 1748.
Genesis, in Hoffmanns Fundgruben Thl. 2
S. 9—84.
Germania. Herausg. von Franz Pfeiffer,
später von Bartsch. Stuttgart 1856ff.,
fpäter Wien. Bis jet 22 Bände.
Jahrbuch der Berliniihen Gefellichaft
für Deutſche Sprade und Alterthums⸗
funde. Herausgegeben von Friedr.
Heinr. von der Hagen. 10 Bänbe.
Berlin, dann Leipzig, 1836—1858.
Geßner, Salomon, Schriften. 4 Thle.
Zürich 1762.
Gisander (Tnpwig Schnabel), Wunber-
liche Fata einiger Seefahrer. I Nord»
haufen 1781. II Halberfiabt 1772.
IM Nordhauſen 1789. IV Ebenda
1743.
gl. gloses.
gl. emmeram. gloss® ommeramensos.
gl. Aoront. glosse florentins.
gl. fuld. glosew fuldenses, herausgegeben
von Dronfe im Ofterprogramm Des
Gymnafiums zu Fulda 1842.
gl. herrad. glioss®s herradine.
gl. hrab. gloss® hrabanianm (glosss
Hrabani Mauri).
gl. jun. gloss® juniane.
gl. Iimdenbrog., gloss®e lindenbrogiane,
in Haupts Zeitschrift V, 5656—575.
gl. mons. gloss®e monseenses.
glossar. glossärium.
. beig. glossarium beigicum, von
Hoffmann von Fallersieben.
sam glosse san-blasians.
gl. trevir. glosse trevirenses, herausg.
von Hoffmann von Fallersieben.
gl. virgüd. glosse virgilianse, in Haupte
Zeitschrift XV, 1—119.
gl. wirceburg. glossse wirceburgensos in
Eckharts Francia orientalis II, 977
—981 und Haupts Zeitschrift XIV,
498—503.
Göckingk, 2. F. Günther, Lieder zweier
Liebenden. Leipz. 1779 (verglichen mit
der Ausg. 1777). Gedichte. 3 Thle.
Ebenda 1780—1782.
Golius, Theophilus, onomasticon latino-
germanicum, in vevm scholss Argento-
rensis collectum. 1579.
Gombert, Bemerkungenund Ergänzungen
zu Weigands deutschem Wörterbuche,
in dem Sahresbericht des lonigl. Gym⸗
XXI
naftums zu Groß⸗Strehlitz in Ober⸗
fhlefien fir das Schuljahr 1875/76 und
für das Schuljahr 1876/77. Eitiert ift
I und IL
Gothe. Angeführt it nad ber Sebez-
ausgabe, 60 Bde, Stuttgart 1828 — 1842.
Gottſched, Johann Chriſtoph, Grund»
legung ber Deutſchen Spradtumft.
Leipzig 1748. Vollſtündigere und Neu-
erläuterte Deutſche Sprachkunſt (5. Aufl.
jenes Werkes). Ebenda 1762.
Graf‘, althochdeutscher Bprachschatz.
Grein, C.W. M., Sprachschatz der angel-
sächsischen Dichter. 2 Bde. Cassel
und Göttingen 1861—1864.
Gretser, Jacob, Nomenclator latino-
grecogermanicus. Editio tertia. Ingol-
stadii 1600.
Grimm. Die Ausgabe des erften Vandes
ber bentfchen Grammatik ift burd eine
‚neben I geſetzte erhöhte Tleinere Zahl
angebeutet und die Gefchichte der deut⸗
fen Sprache nad der erfteu Ausgabe
eitiert, die deutſche Mythologie nach der
weiten.
Grolman, F. L. A. v., Wörterbuch der
in Teutſchland üblichen Spiebuben:
Spraden. Gießen 1822. must ift
v. Grolmans buräsoflenes Danberem-
plar mit reihen Einträgen.
hius, Andreas, Trauer-Spiele, auch
den und Sonnette. Breßlau 1668.
Griümel, Johann, Rit- Schnur Der
Hochteutſchen Orthographie. Neu-Rup-
pin 1707.
Gadran, Ausgabe von Ernft Martin.
Outzeit, ®. v., Wörterfha der Deut-
{hen Sprade Fiolande. Erfter Band.
Kiga 1864. Zweiter Band, bis K.
Hans, Johann Gottfried, Neues Teutiches
und Franzöfifhes Wörterbuch. 2 Bde.
Leipz. 1786 und 1788. Vollſtän⸗
diges deutſch-lateiniſches Handwörter⸗
buch. Zwickau 1801 (1811).
Hagedorn, Friedrich von, Verſuch eini⸗
er Gedichte, oder Erleſene Proben
oetiſcher Neben⸗Stunden. Hamb. 1729.
Berfuh in poetiſchen Fabeln und Er-
gelungen. Chenda 1738. Open und
ieder in fünf Büchern. Ebenda 1747.
Neue Fabeln und Erzehlungen in ge—
bundener Schreibart. Ebenda 1749.
Moraliihe Gedichte. Ebenda 1750.
Sämmiliche Poetifhe Werke. 3 Theile.
Ebenda 1764.
Hahns Passional. Das alte Passional
(das erſte und das zweite Buch), her-
ausg. von K. A. Hahn.
Haller, Gedichte. Bern 1828.
XXII
Haltrich, Plan zu Vorarbeiten flir ein
Spiotilon der ſiebenbürgiſch⸗ſächſiſchen
Volksſprache. Kronſtadt 1865.
Hans. Bruder Hansens Marienlieder
aus dem 14. Jahrhundert, herausg.
von R. Minzloff. Hannover 1863.
Haupt, Moriz, Zeitschrift für deutsches
Alterthum. Bis jet 21 Bde.
Hederih, Benj., Teutſch-Lateiniſches
Lexicon. Leipzig 1786.
Helber, Sebaftian, Teutiches Syllabier-
büdjlein, Freiburg im Vchtlandt 1698.
Nur in zwei Eremplaren noch vorhan⸗
ben, von melden Gottſched eins bejaß,
das ih lange Jahre vergeblich fuchte.
Beide Eremplare find in meinem Beſitz.
Hennig, G. E. S., preußiſches Wörter-
buch. Königsberg 1788.
Herbort von Fritsl&r, liet von Troye,
herausg. von George Karl Frommann.
Quedlinb. u. Leipm. 1837.
Herder, Johann Gottfried von. Frag⸗
mente „über die neuere deutſche Litera-
tm“, 1767; Kritiſche Wälder, 1769;
Altefte Urkunde des Menſchengeſchlechts
Riga 17741776. 1776. Plaftik. Ebenda
1778. Sieber ber Liebe. Leipzig 1778.
Das Bud von der Zukunft des Herrn,
des Neuen Teftaments Siegel. Riga
1779. Bom Geift ver Ebräiſchen Poefte.
3 Theile. Deſſau 1782—1788. Zer⸗
firente Blätter. Gotha 1791—1797.
Keen zur Philofophie der Geſchichte ver
MRentchheit 4 Theile. Kiga u. Leipz.
1784—1791; Briefe zur Beförderung
ber Humanität. 10 Theile. Riga 1798
—1797. Terpfihore. 8 Theile. Lübeck
1795—1796. Kalligone. 8 heile.
Leipzig 1800. Adraften. Ebenda 1801
—1804. Der Eid. Tübingen 1805.
Gedichte 2 Theile. Stuttgart u. Tü⸗
Bingen 1817. Sämmtlide Werte.
Tübingen 1805—1820.
. (Hermes, Joh. Timotheus) Sophiens
Reife von Memel nach Sachſen. 6 Bände.
B. Ausg. Leipzig, 1778. Zween litte-
rarifhe Märtyrer und beren Frauen.
2 Bünde. Ebenda 1789.
Heynak, Johann Friedr., Deutſcher Anti⸗
barbarus. 2 Bde. Berlin 1796f.
Hildebrandslied, Ausg. von Lachmann.
Höfer, Matthias, etymologiſches Wörter-
buch der in Oberdeutſchland, vorzüglich
in Öfterreich üblichen Diunbart. 3 The.
Linz 1818.
Zöfer Urk. Auswahl der ältesten Ur-
kunden deutscher Sprache im Königl.
Geheimen Btaats- und Kabinets-Archiv
zu Berlin, herausg. von Ludwig Franz
Höfer.
DOnellen.
Hölty. Höltys Gedichte, herauſsg. von
Halm
hor. beig. hors belgics.
Bulsius teutſch⸗ital. und ital.-tentfches
Dietionarium. Grand: a. M. 1605.
Hupel, A. W., Ipiotilon der deutſchen
Sprade in Lief- und Eftbland. Kiga
1795.
hymn. hymnorum veteris ecolesie XXVI
interpretatio theotisca 1880.
Zdelfamer „Ein Teütſche Gramma-
tica” von Balentinus Idelfamer.
Eitiert nah der älteften zu Augeburg
verfaßten und nur in einem einzigen
Eremplare noch erhaltenen Ausgabe
(4 Bogen in Kleinoctav), welde in
meinem Befſitz ift.
Inſel Felfenburg, |. Gisander.
Jünscke, Oskar, üher die niederdeutschen
Elemente in unserer Schriftsprache.
Wriezen 1869. Ein Programm.
Jeroschin, herausg. von Ernit Strehlke.
Aber au, nach den Seitenzahlen citiert,
Die Deutschordenschronik des Nico-
laus von Jeroschin, von Franz
Pfeiffer.
Karſchin, Anna Lonifa, auserlefene Ge⸗
bite. Berlin 1764. Neue Gebichte.
Mitau u. Leipig 1774. Gedichte.
Berl. 1792.
Kehrein, Joſeph, Volleipradhe im Her⸗
zogthum Naffau. Weilburg 1862.
Keller, Johann Heinrih, Beyträge zu
einem Spiotilon des Thliringer Walb-
gebirges. Jena 1819.
Kirſch. Kirschii abundantissimum cor-
nucopi® lingus latin® et germanic#
selectum. Noriberge 1723.
- Klein, Anton v., Deutſches Provinzial-
wörterbud. Fraukf. und Leipz. 1792.
Klopfiod, Friedr. Gottlieb, ſämmtliche
Werke. Leipz. 1828ff. Der Meifias.
Halle. 4 Bände (I 1760. II 1766.
III 1769. IV 1778). Oben. feip.
1798 (auch Hamb. 1771). Die bentiche
Selehrtenrepublil. Hamb. 1774. Gram-
matifche Geſpräche. Altona 1794.
Klofter-Altenberger Hſ., ſ. Haupts
Zeitschrift ®b. 6 ©. 532.
Konrad troj. Kr. Der trojanische Krieg
von Konrad von Würzburg, nach den
Vorarbeiten K. Frommanns und F.
Roths herausg. durch Adelbert v.
Keller. Stuttg. 1858.
Köpke’s Passional. Das Passional (brit-
te8 Buch), berausg. v. Köpfe.
Kramer (Krämer), Matthias, das nene
Dictionarium ober Wort Buch in Teutſch⸗
-
Duellen.
Staliänifcher Spraach. Nürnberg 1678.
Allgemeiner Schau⸗Platz, auf welchem
bermittelft einer kurtzen Frag-Orbnung
vorgeftellet wirb bie Teutſche und Ita⸗
liemjhe Benennung aller Haupt-Dinge
ber Belt. Ebenda 1679.
Kuen, Dionys, Oberf wäbildee Worter⸗
buch der Bauernſprache. Buchau 1844.
Lamprecht , Alexander. Ausg. von
Beismann.
Lamprechts Tochter von Syon, Gießener
Handſchrift, auch mit Bergleihung von
Zeithammers Handſchr. und ber Lobrijer.
?aurin. Laurin und Walberan, im
deutschen Heldenbuch I.
Leſſing, Gotthold Ephraim, an
Ehren (herausg. von Karl Lachmann
Bde. Berlin 1838—1840.
Le ver. r, Matthias, kärntiſches Worterbuch.
Mittelhochdeutsches Handwörterbuch,
jo weit erfdienen.
kb. ord. rer. liber ordinis rerum. Sande
Iarift von 1429, |. Haupts Zeitschrift
93.
VL 3
tihtwer, Magnus Gottfr., Kabeln.
Berlin u. Stralfund 1775. Ra Bud
und Rummer citiert.
Isrländ. Beimchron. Livländische Reim-
chronik, Ausg. v. Franz ‚Pfeiffer.
Loritz a, neues idioticon viennense.
tubwig, ehrifian, ,Leunqh Engliices
Lericon. Leipz. 1716. 2. Aufl. (mit
der erften ges Kantenb) 1745. 4. Aufl.
1789. nglifch > zeutie - Frantzöfiſch
Lexicon. Leipzig 1
Luther. Luthers Bibefüberfegung, im
urjprünglihen Xerte, nad Bindfeils u.
Niemeyers Abbrud. Luther mit rd-
mifcher Zahl zeigt Luthers Bücher und
Schriften nad en einzelnen Theilen
der Ienaer Ausgabe an : I 1575, und
fo weiter.
Maaler, f. ©. XL
Mareta, Hugo, Proben eines Wörter-
buches der österreichischen Volks-
ache. Wien 1861 u. 1865. mei
Programme.
Matheſius, Hiforien von... M.
Luthers anfan 2. Niürmberg 1566.
Barepta oder Bergpoftill. Ebenda 1562.
Matthiffon, Gedichte. Züri 1802.
Melber, J ohannes, vocabularius predi-
cantium. Argentine 1486. Eine neue
Ausgabe des Eychman (I. d.).
Meurer, Hermann, lexicalische Samm-
lungen aus Friedrich RückertsWerken.
Weimar 1872. Programm.
losich, Franz, lexicon palsoslove-
nico-greeco-Jatinum. Vindobon® 1862
—1865.
XXIII
Miller, J. M., Siegwart. Leipz. 1777.
Beytrag zur Geſchi te der
Ebenda 1776. 2te Aufl. 1780. Die
Geſchichte Gottfried Walthers, eines
Tiſchlers. Ulm 1786.
Milstäter Exodus und Milstäter Genesis.
Genesis und Exodus nach der Mil-
stäter Handschrift herausg. von Joseph
Diemer. Wien 1862.
Minnes. Minnesinger, beraudg. v. von
der Hagen
Möbrus, Theodor, altnordisches Glossar.
Moerbeek, Ad. Abr. van, neues beutich-
hollänbifches Wörterbud. Leipz. 1768.
Dritte Aufl. des Hoch⸗Nider⸗Teutſchen
Dictionariums von Matthias Kramer
(zuerfi Nürnberg 1719).
Mone Anz. Anzeiger für Kunde ber
deutſchen Vorzeit, herausg. von Mone.
Mone Zeitſchr. Beitfchrift für die Ge⸗
Inihte des Oberrbeind. Herausg. von
Morid, Karl Bhilipp, Borlefungen über
den Styl. Neue Ausgabe von Johann
Joachim Eſchenburg. Braunfchweig 1803.
Moſcheroſch, Hans Michael, wunderliche
und wahrhaftig Geſchichte Philanders
von Sittewald. 2 Thle. Straßburg, 1650.
— Sue, patriotiſche Phantaften.
4 Thle. Berl. 1775—1786.
Miller und Weit, die Aachener Mund⸗
art, Spiotilon.
Müller, Johann Gottwerth, Siegfried
von Lindenberg. 4 Thle. Leipz. 1790.
Müller, Maler, Werke. GHeibelb. 1811.
Bei einzelnen Schriften mit Bergleihung
ber erften Drude.
Mufius, Johann Karl Auguft, Sole
mährden ber Deutihen. 5 Thle
Gotha 1787. Moraliſche Kinbertlapper.
Ebenda 1788. Der deutſche Granbifon.
2 Thle. Eiſenach 1781f. Phyfiognomi-
ſche Reifen. 4 Hefte. Altenburg, 1788.
Myst. Mystiker, herausg. von Pfeiffer.
Nehring, Joh. Ehriftoph, manuale juri-
dico-politicum diversorum termino-
rum, vocabulorum ete. Franckf. u.
Leipz. 1694.
Neues Teutſch⸗ a Gen *
tionarium O Wort⸗B
in Verlegung Wiederholds des. u
Wiederholds Dietionarium genannt.
Neues Dictionarium Ober MWörter-Buh
Für einen Reiſenden. Teutſch-Fran⸗
töfiſch⸗ und Lateiniid. Genf, 1688.
Eine neue mit erft aufgelommenen
Wörtern vermehrte Auflage erſchien
ebenda 1695.
Nib. over Nibel. Nibelungenlied. Ausg.
von Karl Lachmann.
XXIV
Riebergall, Ernft Elias, des Burſchen
Beimfehr, oder : ber tolle Hund. Luſt⸗
fpiel in vier Aufzügen. In der Mund-
art der Darmftäbter Worms, 1887.
Niebergall ſchrieb unter feinem Stu⸗
dentennamen Streff.
Nieremberger, Benedikt Friederich,
Deutichlateimiiches Wörterbuch. Regensh.
Nomenslator Latinogermanicus novus.
Ex optimis quibusque authoribus,
juxta varias rorum Classes digen.
Tiguri 1556. Bon Prisius (ſ. d.). Bo
©. 149°*—208° ift ein Nomenolator
Germanicolatinus beigefilat.
Notker Ps. Notker Psalmen.
Notker Boethius, Martianus Capella,
aristotelische Abhandlungen, die Aus-
gaben von Graff.
Diearius, Adamns, newe orientalijhe
Keifebeichreibung. Schleßwig, 1647.
Angehangen mit eigner Seitenzahl „Ein
Schreiben bes WolEdlen, Geftrengen
ond Beften Johan Albredt von Man-
delslow. Schleßwig, 1645.
Olinger, Albert, Bnderricht ber Hoch—⸗
Teutſchen Spraach (Grammatica).
Argentorati 1574 (am Ende 1573).
Opikß, Martin, opera podtica. Amſter⸗
dam I 1646. II 1645. III 1645.
Einzeldrude der Werte find vergliden.
Ortnit. Im deutschen Heldenbuch III.
Otfr. Otfried, Evangelienharmonie
(Krist.), Ausg. von Kelle.
Passional, |. Hahns Passional und Köpke’s
Passional.
Passionsspiel, |. Alsfelder Passionsspiel
und Friedberger Passionsspiel.
Pomey, Franciscus, Das Groffe König.
ide Wörter⸗Buch, J. Teutſch⸗Frantzö⸗
Kate ranckfurt am Mayn.
1690. Etliche Beſchreibungen (diverses
descriptions), als Anhang zu „I.
a or Tentig “
Breciofa, f. Wolff.
Pudor, € —* der Teutſchen Sprache
Grunbri tigkeit Und Zierlichkeit. Colln
an der Spree, 1672.
Rabener, Gottlieb Pithelm, Satiren.
Leipzig 1766. 4 Thle.
'Babenschlacht, im deutschen Helden-
buch UI
Rädlein, europäifder Spradfänt-
Erfter Theil. Leipzig, 1711. ©. ©. X
Ramler, Karl Wilhelm, poetifche Tate
Bern, 1800 u. 1801. Gedichte. Berlin
1779.
Regel, Karl, die Ruhlaer Mundart.
eimar 1868. Das mittelnieder-
Dnellen.
ru Gothaer Arzneibuch. Gotha
1872
Reinwald, hennebergifches Idiotikon.
Richey, idioticon hamburgense. Hamb.
1755.
Pichthofen, Karlv., altfriesisches Wörter-
u6
Roſt, Johann Chriſtoph, vers bon
Säferergählimgen 174. Als ver-
mebrte Auflage : Berfuh von Schäfer:
oe 1768. Das Vorſpiel 1742.
Sachs, Hans, Gedicht (edichte) I
Rilrnberg 1590. II 1591. III 1588.
IV 1578. V 1579.
Salis, Gedichte. Züri 1800.
Semundar- Edda, Ausg. von Rask.
Salomönis hüs, in Adrians Mittheilungen
aus Handicriften xC. S: 417—455.
S Aller ad, Georg,
iller, Friedrich von. 7 find die
einzelnen Werke und Gedichte citiert und
die Stellen ven älteften Drucken ober
Karl Goedeke's kritiſcher Ausgabe ent-
nommen. Die Braut von Meffina
wurde, weil ohne Abtbheilung in Auf-
zug und Auftritt, nah der Seitenzahl
des erften Drudes (Tübingen 1808)
eitiert.
Schiller, Karl, zum Thier⸗ und Kräuter-
buche des medienburgifhen Volkes.
8 Hefte (Programme). Schwerin 1861
—1864. Beyträge zu einem mittel-
niederdeutschen Glossar. Schwerin
1867.
Schletist. Glossen. Schlettstädter Glossen
in Haupts Zeitschit V, 318ff.
Schmeller, ſ. ©. VI
v. Schmid, ſn dihee Wöorterbuch.
Schmidt (Prebi ger zu MWerneuchen),
Ariebrid Wilhelm Auguft, Gedichte.
erlin 1797. Almanach romantisch
ländlicher Gemählde. benda 1798.
manch der Mufen und Grazien flir
das Jahr 1802. Ebenba 1802.
Schmidt, weftermälbifches Idiotikon.
Schmidt, Klamer Eberhard Karl, ‚por
tifhe Briefe. Deffau, 1782. eue
poetifhe Briefe. Berlin, 1790. Obne
Beifegung des Namens erſchienene Er-
sählungen aus ber Geſchichte der Ac—
täontifhen Nachkommen. Berlin, 1789.
Komiſche und Humoriſtiſche Dichtungen.
Berlin 1802.
Schnabel, Ludwig, |. Gisander.
Schönsleder, Wolfgang, promptuarium
germanico-latinum. Dilingæ, 1618.
Die Mittheilungen find von Wubolf
Hildebrand, ber dieſe erfte Ausgabe
beſitzt. Zuweilen iſt, wenn die erſte
ih
Duellen.
abe die Wörter nicht bot, bie fünfte
illingen 1663 erſchienene eitiert;
bie bazwiichen liegenben Ausgaben waren
Pi vor der Hand unerreichbar.
öpf, tirolifhes Idiotikon.
< ottelius, Juftus Georg, Zeuge
Sprachkunſt. Braunſchweig 1641.
1663 erſchienene britte Aufl., auch BR
Schottelius sitiert, unter bejonderem
Titel, welden ſ. S
Schröer Vocab., Intainisch-deutschee
Vocabular von 1420. Presburg 1859.
Beitrag zu einem Wörterbuch der
deutschen Mundarten des ungrischen
Berglandes. Wien 1857—1859. Gott-
scheewer Mundart. Wien, 1869.
Sant art, Chriftian Friebe. Daniel,
. 2 Be. Frankf. a. M. 1787.
(Shummel, Joh. Sottlieb), Spitzbart,
eine lomi-tragi iſche Geſchichte für unjer
pidagogiſches — Leipzig, 1779.
Schü, Siegerländer Ipiotismen, in den
Sahresberihten der höheren Blirger- u
Realſchule zu Siegen 1845 u. 1848.
Schüge, Johann Yriebr., holſteiniſches
Idiotilon 4 Thle. Hamb: 1800ff.
Säwarbennnn, aeonharh, Synonyma.
Frandf. a. M.
diotionarium latinogermani-
cam, Norimberg® 15389. Synonymo-
rum libellus, Norimberge 1552.
Snorra-Edda, Ausg. von Rask.
ander, & la Mode-Sprach der Teutſch⸗
ſchen (Frembwörterbu N Nürnberg
1728. Der eigentlihe ame des Ver⸗
faſſers ift labom.
Stalder, | weigerifiet Idiotikon.
Steinbad, & S, Au
Stieler,
Stöber, —* Proben aus eines
elſäßiſchen 3 —X in den elfäßifchen
Reujahrsblättern für 1846 (Bafel, 1846)
S. 300—316.
Stoer. Dietionarium Germanico-Gallico-
Latinum. Geneve, Stoer, 1662. Zweiter
Theil des Dictionaire Frangois-Alle-
man-Latin et Alleman-Francois-Latin,
par Jacob Stoer. A Geneve, Btoer,
1664.
Stolberg, Chriftian und Yriedrid reo-
pold, Gedichte. Leipz. 1779. In 2
Bänden. Leipz. 1821.
Stratmann, Francis Henry, a dictionary
of the old english language. Kre-
feld 1867.
Streif, E., ſ. Niebergall.
Strodtm an u, idioticon osnabrugense.
Stürenburg, oftfriefifches Wörterbuch.
Siemerl. SBumerlaten, Gloffen, herausg.
von Hoffmann von Fallersieben.
IXV
der sunden wideretrit, Gießener Hand⸗
ſchrift von 1278. Nach der Seitenzahl
berfelben und auch zuweilen nad ber
Verszahl meiner Abſchrift citiert.
Totian, Ausg. von Säweler.
Teuthonista, ſ. S. X
Thümmel, Morik Auguſt bon, Wil⸗
helmine, dein. 1769, auch mit Berück⸗
fihtigung ber erften Ausg. von 1764.
Reife in bie mittäglihen Krovinen von
Sranfreih im Jahr 1786 bie 1786.
10 Theile. Ebenda 1791—1805.
Zobler, appengeilcher ehrt aß.
Train, 3.8. v., Wörterbud der Gauner-
und Hieksfpradie Meißen 1883.
Tristan, Ausg. von Maßmann.
Trochus, Beldansar, vocabulorum rerum
promptarium. sin 1517.
Uplend, “ui, Gedichte.
Silmir. “ "s VI.
Pirginal. Im deutschen Heldenbuch V.
voc. ober vocab. vocabularius, vocabu-
larium.
voc. ex quo, Eltuil 1469. Nur nod in
einem einzigen Eremplare voryanden,
welches die Großherzogliche Hofbibliothet
zu Darmftabt befitt.
voc. gemmagemmarum. Straßburg 1508.
voc. imcip. teut., vocabularius imcipiens
teutonteum ante latinum. Gegen ober
um 1500. Aus ber Großherzoglichen
Hofbibliothek zu Darmftabt, welde
außer dem bier angeführten Drude noch
einen zweiten beſitzt.
vocabula pro juventute scholastica. 1517.
vocabularium Kerönis, bei Hattemer
' Denkmahle des Mittelalters (Bt.
Gallens altteutsche Sprachschätze) I,
181— 218.
vocabularius optimus, aus dem 14. Jahrh.,
berausg. voon®ilhbelmWadernagel.
Bajel 1847.
vocabularius optimus. Liptzk 1501.
voc. — vocabularius theutonicus,
ſ.,S
Voß, Shan Heinrich, Luiſe, Königeberg
1823. Idyllen, Leipzig, Gedichte.
Königsberg 1802. Die taufend und
eine Nacht, arabiſche Erzählungen. Aus
bem Franzöſiſchen [bes Herrn Anton
Galland] liberjegt. 6 Bände. Bremen,
1781—1785.
WBadernagel, Wilhelm, altveut le
Fünfte Aufl. (1878),
förterbuc
Stuttg. u.
Leſebuch.
vierte Aus abe (1861).
zum altbeutichen Leſebuch. Die Umbeut-
hung fremder Wörter. Baſel 1868.
Altdeutſche Predigten, |. Altdeutsche
Predigten und Gebete,
XXVI
Wagner, Heinrich Leopold, die Kinder⸗
mörderin.
Walther. Walther von der Vogelweide,
berausg. von Karl Lachmann.
Weber, Johann Adam, XTeutich- Latei-
re Universal Wörter⸗Buch (Zweiter
Theil des kurzgefaßten Lateiniſch⸗Teut⸗
ſchen und Teutih«Pateinifen Universal
Wörterbuches). Chemnit, 1784. Die
Seitenzablen find nad dem deutſch⸗la⸗
teinifhen Theil citiert. Verglichen ift
die dritte, von Johann Daniel Heyde
beforgte Ansgabe in 8 Theilen (Dres-
den, 1770), deren britter das Deutfch-
Iateinifche Unioerfal-Eeörteroug enthält.
Weinhold, Karl, f. S. VI. Die beut-
fen Monatsnamen. Halle, 1869. Ale-
manniſche Grammatil. Berlin, 1863.
Bairifhe Grammatik. Ebenda, 1867.
Mittelhochdeutsche Grammatik. Pa-
derborn, 1877.
Weismann, Erycus, lexicon bipartitum,
latino - germanicum et germanico-
latinum. Stuttgardie, 1715. Auch
1703 in ber erften Ausgabe des beutfch-
Yateinifhen Theiles citiert, mit welcher
ganz der von 1713 ftimmt.
Weiße, Chriftian Felir, Gedichte. 3 Bde.
Leipz. 1772. Trauerſpiele. 5 Thle.
Ebenda 1776—1780. Luſtſpiele. 3 Bde.
Ebenda 1783. Komiſche Opern. 8 Thle.
Ebenda 1777 (verglichen die Ausg.
1768—1771). Der Kinderfrennd. 12
Thle. Ebenda 1780—1782.
Werlhof, Paul Gottlieb, Gedichte. Han⸗
nover, 1749.
Wieland, Chriſtoph Martin. Comiſche
Erzählungen. 1768. Dieſelben find
einzeln mit der Verszahl citiert. Idris.
Leipzig 1768. Der neue Amadis.
2 Bände. Ebenda 1771. Die Abberiten.
2 Theile. Ebenda 1781. Oberon.
Ehenda 1792. Nah Gefang und
Duellen.
Strophenzahl citiert. Horazens Briefe.
Meberjett. 2 Theile Deffau 1782.
Horazens Satyren, aus dem Lat. liber-
fett. 2 Theile. Leipjig 1786. Geheime
Gefhichte des Philoſophen Peregrinus
rotens. 2 Theile. Ebenda 1791.
ämmtliche Werke. Leipz. 1794ff.
Wigalois, Ausg. v. Franz Pfeiffer.
Weilhelmi, Joh. Gerlacus, Lexicon Ger-
manico-Latinum, al® zweiter Theil
ſeines Lexicon proso-metricum La-
tino-Grssco-Germanicum. Francofurti
ad Manum 1706.
Williram, Ausg. v. Hoffmann.
Withof, Johann Bhilipp Lorenz, aca-
demiſche Gedichte. 2 Theile. Cleve und
Leipzig 1782 und 1783.
Wolfdietrich. Im deutschen Helden-
buch IH.
Wolff, Pins Aleranber, el
Spiele. I. (worin 59—200 Breciofa).
Berlin 1828.
Wibch d. d. Syn. Mein Wörterbuch ber
deutſchen Synonymen.
Zadartä, Friedrich Wilhelm, Scherz⸗
hafte Epiſche nnd Lyriſche Gedichte.
Zwei Bände Braunſchweig und Hil-
desheim 1761. Die einzelnen epiſchen
Gedichte find mit Namen und Berszahl
citiert. Die Tageszeiten. Zweyte Aufl.
Noftod 1757. Die vier Stufen bes
Weiblihen Alters. Ebenda 1757.
Zeitschrift für deutsche Philologie, her-
ausgegeben von Ernst Höpfner und
Julius Zacher. Halle 1869. Bis
3ernig, Ehrifian Griebriß, Berfuh
erniß, Ehriftian Friedrich, Verfuch in
moraliiden und Schäfer - Gebicten.
Hamb. u. Leipz. 1748. Zernitz ftarb
am 1. Febr. 1745.
Bei Anführung von Schaufpielen deuten
bie beigefetten Zahlen Aufzug unb
Auftritt an.
Buchſtaben und Zeichen.
neu
Über +f.6©. VI und über (9) f.©.
—— \ (ſ. D Anm.),
Das ſchwediſche allmählich wie langes o ausgeſprochene & ift eigentlich Schwebe⸗
laut zwiſchen a und o und als folder bier im Buch auch in wetterauiſchen 2c. Wörtern
verwendet.
Verzeichnis vorlommender Abkürzungen.
Acc. ober Accuſ. Acenſativ
Adj. Adjectiv
Adv. Abverb
ahd. althochdeutſch (hochdeutſch vom 7.
bis ins 12. Jahrhundert)
altd. altdeutſch
altfranz. altfranzöftich
altfrief. altfriefiih
altniederd. altniederdeutſch
altnord. altnorbifd
altfächf. altfächfifch
altſlaw. altſlawiſch
angelſächſ. angelſächfiſch
Anm. oder Anmerk. Anmerkung
arab. arabiſch
Art. Ariikel
bayer. bayeriſch
bed. bedentet
Bed. Bedeutung
Bed. ober Bedd. Bedeutungen
bed. oder bedd. bedenten
bei. beſonders
Eilbf. bildlich
BL Blatt
döhm. böhmiſch
Comp. oder Compar.
Conj. Conjunction
Conj. Conjunctiv
daän. daniſch
Dat. Dativ
Dim. Diminutiv
eig. eigentlich
engl. engliſch
Comparativ
Fem. Femininum
franz. franzöfiſch
Gen. Genitiv
gleichbed. gleichbedeutend
goth. —*—
gr. griechiſch
Sramm. Grammatik
hebr. hebräiih
hochd. hochdeutſch
9. Handſchrift
Imp. Imperativ
imperſ. imperſonal
Inf. Infinitiv
in&bef. insbefondere
Interj. Interjection
intranſ. intranſitiv
isländ. islänbifch
ital. italieniſch
Jahrh. Jahrhundert
kelt. keltiſch
lat. lateiniſch
litth. oder litthau. litthauiſch
männl. männlich
Maſc. Mafculinum
mbp. mittelhodbentfe (hochdeutſch von
1150 bis gegen 1500)
mitteld. mitteldeutſch (Sprade Mittel»
deutſchlands vom 12. bie ins 15. Jahrh.)
mittellat. mittellateinifch
mittelnieberd- mittelnieberbeutfch
mittelniederl. mittelnieberländifch
neud. neubeutfch
neumieberl. neunieberlänbiich
Neutr. Neutrum
nhd. neuhochd. (hochd. etwa v. 1470 an)
niederd. nieber- oder plattdeutſch
niederl. niederländiſch
Nom. Nominativ
oberd. oberdeutſch
Part. Participium
Bart. Prät. Partieipium Präteriti
Paff. Paſſivum
Perf. Perfectum
perſ. perſiſch
Pl. oder Plur. Pluralis
poln. polniſch
Prup. Bräpofition
Präſ. Präſens
Prät. Bräteritum (Imperfectum)
portug. portugieſiſch
provenzal. provenʒaliſch
refl. reflexiv
rom. oder roman. romaniſch
ruf. uf
©. Seite, auch Sieh
f.
ſächl. Vachich
Sauſtr. Sanſkrit
ſanfkr. ſanſkritiſch
ſchwäb. ſchwäbiſch
ſchwachbieg. ſchwachbiegend
(bei fhieigerife
fieh dieſes
AXVIII
ſ. d. W. ſieh dieſes Wort
Sing. Singularis
ſlaw. ſlawiſch
ſpan. ſpaniſch
N: att ßarkdiegend
arkbieg. ſtarkbiege
Subſt. Subſtantiv
ſudd. füddeutſch
Sup. oder Superl. Superlativ
ſ. v. a. fo viel als (=)
tranf. tranfttiv
Abkürzungen.
unperf. unperfönfich
urfpr. urſprünglich
vgl. vergleiche
weibl. weiblich
metterau. wetterauifch
Wibch. Wörterbud
zuſammengeſ. zufammengejegt
zuſammengez. zufammengezogen
Zufammenf. ufammenfesung, Zufam-
menſetzungen
A .a. c She
M.
M, m, einer der vier fogenannten flüffigen Laute (f. 2).
Er ſteht in nächſter Berwandtſchaft mit dem N und if ein ſtürkerer Laut, ale
biefes, was ſich barin zeigt, daß es oft in R geihmwächt zu werben pflegt. Sieh
>. Bangert, Beſen, Boben, Braffen, Buſen, Faden, Schwaben, lobeſan (u. d. W.
Lob) 2c. und vgl. Brodem, Kahm, Odem ꝛc. Ebenſo iſt Ion mittelhochdeutſch in
ben Biegungsendungen faſt durchgehends m zu n geſchwücht, wie 3. B. der mhd.
Dat. BI. ddm vischem (den Fiſchen), wir tragem u. truogem (trngen) ac. in
Bergleichung mit ahb. dömm fiscum, wir trakamads u. truokumads ıc. zur Ge⸗
nüge veranſchaulichen. Ebenfo iR n Schwüchung in einfilbigen Wörtern wie Brunft,
Kunft, Bernunft, Zunft. Dagegen ericheint außerdem vor Lippenlauten (Labialen)
Übergang des n in m, 3. ®. in Amboß, empor, empfangen, empfehlen, esepfinben,
Himbeere, Imbiß, Leimbaum, Wimper ꝛc. was fi baher erflärt, daß bei einem
unmittelbar nachfolgenden Konfonanten gerne m vor dem Lippenlante ſteht, während
n ſich mit Kehl- und Zungenlauten (Gutturalen und Lingualen) verbinde. Sonſt
erſche int m fatt n in dem fremden Pilgram (f. b.), Pilgrim (ſ. d.). Dann findet '
Angleihung bes u zu m fatt, wenn jenes unmittelbar vor ober nach biefem fleht,
> DB. in immaßen, immittelſt, verbammen aus inmaßen, inmittelt, mbb. ver-
damnen. Außerdem if in Thurm (f. d.) früheres n in m übergegangen; m
aber aus n in bem verfäärnmpften bu ans b'n, ben, mit Ausftoßung bes b
haben wir in das Helm (f. b.), Schwalm 2 (f. d.) und 3. B. auch im Bamberg
Ratt Babeuberg. Bgl. R.
das Maal, in aa altfräntiiche Schreibung ftatt Mal (ſ. d.).
die u. das Maas ober Man, in aa ebenfalls altfränkiſche, mit 8 jelbft
umrichtige ober doch ungute Schreibung ftatt Maß.
©. die Maß n. das Maß.
f die Macaroni, ein Plural : gerollte Nudeln. Vgl. Matrone.
Aus dem gleichbed. venetianifhen Pl. macardni, beffen Sing. venetianifd
macar6ne wäre, ital. der maccheröne, weldes wol urſprünglich ſ. v. a. höchſt
leere (gleihfam glücklich machende) Speife, von gr. makärios (uaxdgıog), neugr.
makäri (uaxdoı), = glüdlich, felig. S. Diez Wibch IL, 48.
macaronifch, Adj., in macarontifhe Poeſie — Poeſie in Tatel-
nifher Sprache, infofern dieſe mit nachgemachtem Latein aus ben
Wörtern einer anderen Sprache verfegt ift.
Name [nah den macaroni (f. d.), der Leibipeife ber Italiener, vornehmlich ber
Lanblente) und Boefle aus Italien, wo ber Padnaner Typhis Odaxius (1 1488)
als Erfinder gepriefen wird. Die erſte Anwendung biejes ſpielenden Sprachge⸗
Beigann, Wörterbud. 4. Aufl. BP. 2. 1
— —
2 Made — Macht
menges in Deutſchland finbet fih um 1500 in einem kurzen Sprud, und bas
erfte macaronifche Gedicht bei uns if ein 15461550 gedichtetes Pasquill.
©. Oslar Schade im weimariſchen Sahrb. IL, 412. 415. 426 und Wilhelm
Wadernagel Gef. d. deutſch. Fit. 480.
bie Mache, ohne BL. : Handlung des Machens, Bearbeitens. Bon
mahen — durch Fraftanwenbung hervor⸗, zur Wirklichkeit bringen;
burch Kraftanwendung geftalten, zurichten d. b. daß ber Gegenſtand
it, wie er fein foll ꝛc. Reflexiv [ih machen = eine Richtung ein-
fchlagen, dann zu etwas werben. es macht warm, kalt ꝛc. (ſ. Anm.).
Bon machen auch: ver Macher, gewöhnlih nur in Zufammen-
fegungen wie ver Rappen», Hut-, Tuhmader ꝛc., wovon bie
Maceret; die Mahung. Zufammenf. : pas Machmwerk ıc.
Die Made fehlt im Mhd.; aber ahb. bie mahhA — Getreibe, Anſchläge, in
heilichmacha [= Seiligung (Notker Ps. 95, 6)] f. v. a. das Maden. Das
Berbum machen, mbb. machen, ahd. mahhön, machön, goth. makön (?), alt»
ſtichſ. macdn, angelfächf. macian [in gemacian, ge- iſt unfer ge-), altfrief. makia,
beb. urfprüngfi ſ. v. a. verbinden, zufammen-, anfligen (voc. Kerönis 139”. 168*.
Kero 47. 48), dann verbinbenb, zufanımenfligenb geftalten, ins Werl, tin Bereit-
haft fegen ꝛꝛ. Das Wort, mit welden «mad in das u. der Gemach (f. d.),
bag Gemah und gemach zufammengehören (vgl. Srimm Gramm. II, 736),
f&eint in feiner Wurzel (goth.) mak ber Lautverfhiebung gemäß zu bem dem lat.
macte — Heil bir! wol bir! zu Grunde liegenden Berbum mägere = ver
größern, erhöhen, zu Rimmen und das wie breden u. ſprechen biegende Wurzel-
verbum würde im Gothiſchen mikan (Prät. id) er mak, wir mökum, Bart. mukans),
im Abb. möhhan (Prät. id) er mah, wir mahumes, Part. mohhan, kimohhan)
gelantet Haben. Reflexiv ſich machen ſchon mitteln. sich machen. Aber es macht
warm, kalt ꝛe., eingefdhleppt durch Einfluß bes franz. il fait chaud, il fait froid,
z. 3. „Es madt ein wenig fühl" (Wieland com. Erz. ©. 24, 858). Bewerk⸗
ſtelligung auszubrliden ſteht Tahen mit bloßem Inf., 3.8. Einen eſſen maden,
laden maden 2c.; doch auch mit zu vor bem Inf., 3. B. „Sie machen mid zu
laden“ (Weiße Luffp. I, 88). Mader, älter⸗nhd. eben jo richtig auch Meder,
wie nod 3. B. wetteranifh der Mäder, it mbb. der machsre (?), macher,
ahd. m&hhari [in kamähhari], machärs; die Mahung, bei Fiſchart Binen-
torb (1588) 86° madung, 1709 bei Castelli S. 1875 Machung, heute nur in
Bufammenfegungen wie Bekanutmachnug zc., ſouſt veraltet, mhb. Die mächunge,
ahd. bie mähhunka (?), mächunga.
T die Mahination, Pl. —en : lüftiger Anfchlag, Ränkeſchmiedung.
Aus lat. die machinätio — funfmäßige Einrihtung einer Maſchine, um fle in
Bewegung zu fegen, lifige Unternehmung, Raul, von bem von lat. die mächins
(. Maſchine) abgeleiteten lat. machindri = Künftlies, dann Böfes ausfinuen,
auf Böſes denken.
bie Macht 1 Kor. 11, 10 erflürt Luther am Rande:
„Das if ber fhleier oder bede [über das Haupt], babey man merde, das [ba]
fie (das Weib nämlich] unter des Mannes macht ſey“ (ngl. 1 Mof. 3, 16). Alfo
gleiäfam „Zeichen ber Unterwerfung unter eine Macht“, und nur biblih als Über-
fegung des gr. die exusia(d&ovola) — Bermögen, Macht, in der VYulgata potestätem.
die Macht, Pl. Mächte : Körperkraft, Vermögen, etwas zu thun, bes
Machtſchildlein — Mäbchen | 3
ſonders überwiegenbes; [jet veraltet, aber 1 Mof. 49, 3 :] Zeugungs-
kraft, Zeugungsvermögen. Davon : mächtig. Zufammenf. : ber
Machthaber; machtlos, mit die Maͤchtloſigkeit.
Mat, mhb. die maht (Plur. die mehte, am früheſten mahte), auch = An⸗
Rrengung, Menge, Menſchenmenge, Kriegermenge, Heeresmacht, abb. u. altſächſ.
die maht (Pl. mahti), mittelb. die macht, goth. die mahts, angelfächf. bie meaht,
mäht, meht, miht, myht, altfrief. pie macht, mecht, altnorb. bie magt, makt
[bieß auf) — Menge), mekt, if urfprüngliches, noch ohne vorgetretenes ge⸗, goth.
ga-, abb. ka-, ki-, gebilbetes und fo bewahrtes Part. bes Prät. von bem goth.
Präterito-Präfene magan, ahd. makan, magan, unferm heutigen mögen (f. b.).
&. anch die gleichen urſprüuglichen Participien Kunf, TiR, Schuld. Im
Ipätern Mhd. bebeutet die maht and Gefchlechtstheil (als Glieb des Zeugungs-
vermögens, ſ. Gemädt), und einen ſchwachen unumgelauteten Blural - machten
baben wir bei Ohnmacht (f. d.). Bon Macht aber ift mittelk der Umilant
wirkenden Silbe - ig, mbb. -eo, -ic, ahd. -Rc, -ig, goth. -elgs, abgeleitet mächtig,
mbb. mehtec, mehtic, machtech, machtich, ahd. mahtic, mahtig, goth. mahteigs,
altſächſ. mahtig, magtig, angeljähf. meahtig, mähtig, mehtig, mihtig, altfrief.
mechtich, machtich, altnord. mektugr, — irgend etwas vermögend, Träftig,
überfräftig; das Neutrum dieſes Adjectivs im Both. (mahteig) mit Dativ aber
bebeutet f. v. a. „möglich“, etwa wie wir fagen : ihm if alles moglich. Das
Adj. macht los ift mittelb. im 14. Jahrh. machtlös, 1425 nieberb. machtelös
(Diefenbach glossar. 29°), außerdem im 15. Jahrh. auch machtlös — kraftloe,
ohmnädtig, wirkumg®-, geltungsloe, aber Machtloſigkeit findet fi erfi in dem
legten Biertel bes 18. Jahrh. Endlich Machthaber ſcheint ein erſt mit bem
19. Jahrh. gebildete Wort, von dem Älteren madt haben (1 Mof. 81, 29.
Mita 2, 1), Macht haben.
das Maͤchtſchildlein — vor ver Bruft des höchſten Priefters hangendes
Schildchen als Zeichen ſeiner Hoheit
nad 2 Mof. 28, 26ff. und 89, 8ff. Nur Sir. 45, 18, wo Machtſchiltlin.
Malin „Had un Mad’ — allerlei geringe, ſchlechte Leute durch⸗
einander ; dann ein Durcheinander von allerlei Schlechtem.
Niederdentſch, wo jene Bed. ſchon im 15. Jahrh. Der Urfprung ber in fi
reimenben Rebensart wie ber Wörter Had, Mad ift dunkel.
f die Maculatur, Pl. (—en) ungebräuchlich: Schmußpapier.
1694 bei Nehring ©. 570 das Maculatur, aud bei Zeffing 6, 10 n. 11, 662
da6 Macnlatar. Ans mittellat. bie maculatüra von lat. maculäre = fledig
machen, befledlen, welches von lat. die mäcula = Fleden (f. Makel) abgeleitet if.
+ die Mapame (fprih Madämm), Pl. —n : Frau, als Anrebewort
und Ehrenname für verheirathete Frauen. Ungut Mabam.
Schiller I. v. DO. 2, 2. Mit franzbfiſcher Sitte im 16. Jahrh. eingebrumgen
und 3. B. 1597 bei Gilhlisius grammatica ©. 56 MaDame geſchrieben. Franz. bie
madame urfpr. = meine Frau. Das einfache alt- n. nenfranz. bie dame if aus
lat. bie domina = Herrin, wofllr ſchon anf römiſchen Infchriften domna vorkommt.
Ds Mädchen, —s, PL. wie Sing. [aber „Mädchens“ bei Leffing
M. v. Barnh. 2, 7) : Kind weibliches Geſchlechtes; unverheirathete
Perſon weibliches Geſchlechtes; jüngere unverehlichte weibliche Dienerin
in anftändigerem Dienfte. Zufammenfegung : maͤdchen haft.
1*
4 Made — Magd
Schon im 17. Jahrh. burgebrungen, wenn au falſch Mädgen (Stieler
Sp. 1210f.) geiärieben, ueben dem im 16. Jahrh. in Mitteldeutſchland vor-
kommenden das medlein == lat. pudlla (Serränus dietionAr. BL. u2°), mittelb.
da6 meidichin, im 15. Jahrh. meydicheyn, meydichyn, meydichen, nieberb.
mädeken, gellirgt mäken. Sieb Magd, mhd. die maget, mittelſt Unterbrüdung
bes g meit, mittelb. die meit, mait, wovon unfer Mäbcd en bag Dim. if. 1517
nieberrhein. der Pl. medtger (Jasper Laet van Borchloen pronosticatio BI. B2°);
noch wetterauiſch MArercher (& = mhb. ei).
bie Made, BL —n : fußlofe Infectenlarve. Davon mapig.
Die Mabe nad mittelb. bie made, maden, benn mhd. ber made (au =
Ameifenei), abd. der mado, goth. der maha (= nagender Wurm, Marc. 9, 44.
46. 48), altiächf. der matho, augelſächſ. der mada ; altnorb. mit weiterer Ableitung
(-k) ber madkr. Unverwandbt mit Motte.
das Mädel, —s, BI. wie Sing., nicht fo edel, als Mädchen.
©. Magd. Aus dem Dim. oberb. im 14. Jahrh. das maidel, mittelb. bas
meidel, meydel geworben (f. Nagd Anm.). Gemein if ber Plural die Mädels
(Sdäubart II, 151.211. J. M. Miller Walther 295) mit dem aus bem Nieberb.
oder vielmehr dem Rieberlänbifchen eingebrungenen unorganifchen Plural-6 (f. -6).
das Mapdrigal, —s, PL — : Art 4—16geiliger finnreicher zärt-
licher Gedichte. Dichtungsart und Name aus Italien
gegen Zube des 16. Jahrh. [Mabrigale 3.8. 1596 in den neuen bentfchen Ge⸗
füngen von Hans Leo Hasler], zu welder Zeit große Vorliebe für italienifche
Muſik Mobe geworben war (f. Hoffmann die deutſch. Bejellichaftslieber &. VILIF.).
tal. der madrigäle, weniger mehr üblich madridle, franz. u. fpan. ber madrigal,
weldes, ba man ttalienifch friiher (ber) mandriäle [noch der mandriale = Vieh⸗
birt], ſowie fpan. ber mandrial fagte, nicht unwahrſcheinlich von ital. bie mAndra,
gr.-lat. die mandra, —= Viehherde, gr. bie mändra (udydoa) = Pferd, Hlirbe,
abgeleitet iR und alſo urfpräingli ſ. v. a. „Hirtenlieb, Schäfergebicht” bebentet
baben wird. ©. Diez Wibch I, 257.
F bas Magazin, —es, Pl. —e : Vorrathshaus, ⸗kaminer. Zufam-
men. : der Magazinverwalter, bie Magazinverwaltung.
Magazin wurde, wie e8 ſcheint, erſt im 17. Jahrh. aufgenommen, zunächkt
aus ital. ber magazzino, franz. ber magazin, reiner nnd richtiger magasin, ſpan.
ber magacen, mit vorſtehendem arabiſchen Artifel almagacen, almacen, von arab.
machsan, mit vorgefegtem Artikel almachsan, = Scheune.
bie Magd, Pl. Mägpe : [feit ver Mitte des 17. Jahrh. nur noch alter-
thümlich] Jungfrau; [dann] Dienerin, beſonders niedrige nach dem ˖
Sefindevertrage. Davon die Diminutive : das Mägpchen (falfch
Mägdgen), mitunter im 18. Jahrh., zumal in zierlicher Rede, ohne
allgemeinere Aufnahme zu finden, weil ſchon das Mädchen (ſ. d. und
hier unten die Anm.) entſchieden üblich war; das M ägbelein, fürzer
Mägplein, nur in ebelfter Rede. Bufanmenf. : mägbehaft
(Göthe XXVI 38 u. ſchon 1691 bei Stieler) = in der Weiſe
ber Mügbe; migtlid — jungfräulich edel, nur noch alterthümlich,
z. B. bei Bürger be; (das längſt veraltete) das Mägdthum —
Jungfrauſchaft, Jungfrauenſtand, Jungfrauenalter (4 Moſ. 30, 4).
Magd bei Adelung ohne hinreichenden Grund Mägb und wit langem ä
—
Magdalena — Mage 5
Mägde, wie and Jagd (f. b.). Gleich diefem Worte mit Rückkehr zum ahd. d
im Anslaut und zwar ſchon bei Anther. Mhd. die maget, (früher and) magit,
mit ansgekoßenem e magt, mittelb. bie maget, maged, zuerfi im 12. Jahrh. durch
Iufammenziehung mit Unterbrlidung bes g (vgl. Eidechſe, Getreibe 2c.) mhb.
a. mittelb. bie meit, mait ſnoch im Rhb. alterthümlich nnd im 18. u. 19. Jahrh.
oft dihterifch die Maid), = Jungfran, befonbers bie kenſche, reine [„die rain
magt, nit ain wip“ (Budolf Weltchronik, Gießner Hf. Bf. 82°); „in die
reine maget, nit ein wip" (Marien Himmelfahrt 114), unb fo nod bei
Luther], banı bienende Jungfrau, Dienerin iu Beziehung auf ihre Gebieterin
(ifre vrouwe Fran), auch 1894 munbartli weſtmitteld. die mAt [wie noch weiter-
auiſch, oberheififh 2c. bie MAd in ber Bed. Magd], ahd. die makad, magad,
fpäter maged, magid, goth. bie magape, altfädf. bie magath, magad, angelfähf.
die mäged, mägd, — Sungfran, mittelft ber goth. Ableitungefilbe -ab, abb. -ad,
mbb. ot al® weibliche Form von goth. der magus, mhd. (in ber magezoge, abb.
ber magazogo, — „Erzieher“ erhalten) ber mao — Anabe, altſächſ. der magu,
angelfäch]. ber magu, mago, = Knabe, Sohn, altnord. der mögr, = Sohn, eig.
Erzengter, gebildet (f. Grimm Gramm. III, 822), welches auf ven Sing. bes
Brät. von dem bei bem Präterito-Präfens mögen (f. d.) zu Grunde liegenden
goth. Wurzelverbum migan, ahd. mökan, zurückführt, wie ber Mage (f. d.) auf
ben Plural. Mägbchen ganz wie Müdchen noch in Proſa 1798 bei v. Göch⸗
baufen meine Reifen I, 132. Mägbelein (Opik. Voß Geb. II, 156ff. 162ff.),
Mägbdlein (Boß II,15. 111.152. 162 u. |. w.), iſt das mhd. das mägetlin, megetlin,
mägetlin, zufammengez. meitlin (?), welches bei Luther richtig Meiplin (Sad.
8,5. Matth. 8, 24) lautet, bei Serränus aber medlein (f. Mädchen), und fo im
Ned. zu Mädlein geworben fein wiirde, wie bas mittel. Diminutio das meidel
in Mädel (f. d.) wurde ober befier zu Maibel, welde Form Göthe II, 194
bat. Das Abj. mägdlich ik mbb. magetlich, ahd. magadlih (?), magotlih,
magedlich, — jungfränlih, wovon das Abo. magblih (Bürger 5*), mho.
magetliche, und das Magbtbum, mh. ber, das u. Die magettuom, magetuom,
zufammenge). maitum, mittelb. magetüm, — Jungfrauſchaft.
T Magdalena, Frauenname, ahd. Magdalenä (?), altfächf. Magdalena,
ans gr.-lat. Magdaldne, biblifdh-gr. Magdaldnd (Maydaanyn), — bie von ber
(am Weſtufer des galiläifhen Meeres gelegenen) Stabt Mägdala Geblirtige, wes⸗
halb ahd. Mariä Magdalönisgd Maria die Magbalenifhe (Tat. 178, 2). Der
Rame von ber befehrten Maria Magbalena (Luc. 8, 2. Marc. 15, 40. 47.
16, 1.9. Joh. 20, 1. 18). Geklirzt Lene, wovon das Dim. Lenchen.
dr Mage, —n, Pl. —n : Seitenverwandter.
Nur no in dr Shwärtmage = „Verwandter von männlicher Seite“ und
in ber Spillmage — „Verwandter von weiblicher Seite” Mhb. n. ahd. ber
mie, altfädjf. ver mäg, altnorb. ber mägr, — Blnts⸗, Seitenverwanbter, goth. ber
mögs — Eidam (Meb. 6, 18), nad Grimm Gramm. II, 27 entiproffen dem
Plural des Prät. des bei mögen (f. d.) vorauszuſetzenden goth. Wurzelverbume
migan, ahd. mökan, woher auch Macht (f. d. und Magb Anm.). Die Biegung
bes ahd. mAc iR ſtark (Gen. des mägen, BI. die mAgA), ebenfo die des mhd. m&o
(Sen. des mäges, BI. bie mäge), doch tritt eben mhd. fon zuweilen ein ſchwacher
BI. die mägen ein, welder einen Sing. ber mäge vorausfegt, und älter⸗neuhoch⸗
dentſch biegt man der Mag, bes, dem, ben, bie Magen, alfo gerade fo, ale
wenn der Mag flatt ber Mage ftlinde und damit durchweg ſchwach; angeliäcl.
ber mög, aber and ſchwachbiegend der mäge. Sqhwertmage if mhb. ber
6 Magen — Magnet
swörtmäc , zufammengef. mit Schwert (bev Waffe bes Ritters) zur Bezeichnung
der männlichen Seite der Verwandtſchaft, Spillmage dagegen zur Bezeichuung
der weiblichen Seite, mit bie Spille (f. d.)
ver Magen, —s, Pl. wie Sing. (aber gewöhnlich, obgleich fehlerhaft,
mit Umlaut die Mägen).: ber in der Bauchhöhle befindliche häutige
Sad zu Aufnahme und Verbaunng ber genoffenen Nahrungsmittel.
Aufammenf. : der Magentrampf, ⸗kreẽbs (= um fich freſſendes
Magengefchwir) zc.
&ig. der Maͤge, —n, Bl. —n. Dann mbb. ber mage, abb. ber mago, '
angelfädhf. ber maga, altnord. ber magi. Dunkler Abkuuft.
maͤger = verhältnismäßig ſchwach an Fleiſch; fettlos. Davon magern
[noch fehweiz.] = mager werben, hochd. ab», er-, vermagern;
mägern [noch fehweiz.] = mager machen, wofür bei Rüdert un-
richtig jenes (intranfitive) magern. Zufammenf.: vie Magertkeit.
Mhd. [hänflg] u. mitteld. mager (vgl. Hager Anm.), abb. magar (nicht makar),
angelſüchſ. mäger, altnord. magr, mittelt -er, abb. -ar, abgeleitet. Nicht entlehnt
aus, fonbern der Lantverſchiebung gemäß ſtimmend mit bem gleichbeb. Tat. mäcer;
doch ſcheint fon im Gothiſchen g flatt hvorzufommen (vgl. Bd. 1 &. 598), alfo
magrs (?). Das Berbum magern ift mhd. mägeren, ahd. mägaren (Diut. I,
520° = Job 80, 8); mägern mbb. megeren, ahb. mägarjan, das ableitende j (i)
dem r angeglidien mägarran (Diut. I, 506°), angelfädf. mägeregtan; Mager-
teit 1486 bie magerkait, 1440 maigerkait, b. i. mbb. magerchait (?) mit ein-
getretenem unedhten -ec,. gefürzt -c, nhd. »ig.
+ die Magte- (2filbig), ohne PL. : Zauberei, fchwarze Kunft. der
Magier = Zauberer, eig. perfifcher Priefter und Weifer. magiich
— zauberiſch, zauberhaft,
bereits 1678 bei Kramer teutf-ital. Wortb. 759° nad bem gleichbed. gr.-lat.
Abj. mägicus, gr. magik6s (unyıxdc), welches, wie gr.«lat. bie magia, gr. die magefa
(ucyela), = Banberei [woraus bei uns Magie], abgeleitet von gr.-lat. ber
mägus, gr. ber mägos (udyos), — perfifher Prieſter und Weiler, Zanberer,
welches aus perf. magh == (perftiiher nnd mediſcher) Priefter. Aus lat. mägi,
bem Rom. Pluralis jenes magus, fhon im Ahd. die magt — Weife, aber erſt fpät
im 18. Jahrh. Magier, 1778 bei Wieland Alpafia ver Mage, —n, Bl. —n.
+ der Magifter, —s, BI. wie Sing. : Lebrmeifter; Lehrer der freien
Kitnfte, von Facultäten ver Philofophie ertheilte Gelehrtenwürde; auch
höherer Stabtichullehrer. Davon die Magiſterin.
Jenes bereite im 17. Jahrh., auch ſchon angelfächl. ber magister (== Meifter), aus
lat. der magister = Vorgeſetzter, Lehrer, welches nal Grimm Gramm. II, 654
einen dem gr. megistos gleichen früheren Tat. Superlativ magistus vorausſetzt
(. meift u. Meifter).
T der Magtitrat, —es, Bl. —e : Stadtrath, ⸗obrigkeit. Zufommenf. :
bie Magiftratsperfon.
Jenes, bereits im 17. Jahrh., aus Tat. ber magisträtus = obrigfeitliches Amt,
bon magisträre = das Amt eines Vorgeſetzten (magister) verwalten.
f der Magnat, —en, Bl. —en : Großer des Reiches,
Aus dem gleihbebentenben, von lat. magnus — groß abgeleiteten, im ital. ber
magnäte erhaltenen mittellet. der mägnas (Gen. magnätis), wovon Jaber nur ber
Magnet — Mahr 7
Plural die magnäkton üblich iR, den das Spaniſche bewahrt bat und ber auch bei
ans im 17. Jahrh. üblich wer.
fder Magnet, —es, BY. — : Eifen und eifenhaltige Körper anzie-
hender Eifenftein. magnetifch, Adjectiv. magnetifieren. ver
Magnetismus. Zuſammenſ.: pie Magnetnapdel,
Magnet, mhd. der magnes, aber auch (ſchwachbiegend) der magnäte == Magnet-
berg, -Rein (Gadran 1109, 4. 1126, 3. 1180, 2. 1185, 4), magnet, an® lat. ber
magnes (Gen. magnötis), gr. der lithos Magn&t&s (Aldo; Mayvıitn.) =
Magnetſtein, eig. Stein (those) aus ber theſſaliſchen Landſchaft Magnesia, gr.
Moyvnola. Das Adj. magnetifch bildete fi nach gr.-lat. magnäticus. Wie
biefes aber von jenem lat. magnes abgeleitet if, fo and) franz. magnedtiser, woraus
magnetifieren, und von bem franz. Berbum tommt franz. der magnetisme, neulat.
ber magnetismus, woraus bei uns Magnetismus. Bol. au Agtſtein.
t die Magnificenz, PL. —en : Hoheit, Herrlichkeit, dann bei uns
Titel des Nectors und des Ranzlers auf Univerfitäten, auch bes re-
regierenden Bürgermeiſters einer freien Stadt. magntfik (fi kurz),
Adi. u. Adv. : großartig, prächtig, herrlich.
Magnificenz iR aus lat. die magnificdntia = Großartigleit zc., von lat.
magnificus [von magnus = groß u. fäcere = machen] = großartig, prädtig,
woraus franz. magnifique (ſprich manjifik’) und aus biefem weiter bereits zu
Anfange des 18. Jahrh. bei uns magnific, dann magnifil.
ver Magfame, —ns, Pl. —n (= Magfamenarten) : der Same ber
Pflanze papäver, dann biefe felbft.
Mid. der mägesäme, woneben mägensäme, mägensäm, mäns&me, 14689
mittelvhein. maynesam (voc. ex quo), zulammengef. 1) aus mhb. ber mäge ı.
ber mAn unferm Mohn (f. d.) und 2) aus mbb. same Game.
fdas Mahagoni, —'s, ohne Pl., und das Mahagoniholz, ein
feines, braunrothes, ſehr hartes Holz aus Mittel- u. Siüpamerica.
Im 18. Jahrh. aus engl. mahsgany, welches wol nach einer weſtindiſchen Be⸗
nennung gebifbet il. Das Holz felbf, um 1700 ale Balla von dem weſtindiſchen
Shiffscapitän Gibbons nad England gebracht, Tief kurz nachher befien Bruber,
Doctor Gibbons, zuerſt zn Tiſchlerarbeit verwenden.
die Mahd, BL —en : das Mühen, das Abgemähte; das Abgemähte
eines Tages. der Mähder, —s, Pl. wie Sing. : wer mäht.
mähdig, in ein-, zwetmähdig — ein-, zweiſchürig.
Mahd iR mbb. das, auch die mAt, welches auch als 2ten Theil der Zuſam⸗
menfegungen Srummet (f. b.) und Omet (f. d.) fih zeigt, ahd. mAd (? durch
Anfammenziehung eine® vorauszufegenben ülteren mähad), — das Mühen, das
Semähte, Anmähenbe, Heu, Wiefe, woneben bayer. ber Mahden (Schmeller
II, 550), wefterwälbifh Mahde (Schmidt 106), mhb. ber mAde, ahd. m&do (? zu⸗
ſammengez. ans mäAhado), = Reihe niebergemähtes Grafes, was wetterauifch der
Gemahde (f. d.). Abgeleitet, jenes mbb. mAt mittel ahd. -ad, goth. -ab, und
dieſes ſchwache mAde mittelſt ahd. -ado, von goth. -aba, von ahd. mähan, unferm
mäben (ſ. d.). Zunähf non jenem ahd. das mAd aber it dann weiter abgeleitet
ahd. bee mAdari (jufammengegogen alfo aus mAhadari, b. i. mAh-ad-ari), mAdAri,
mAdare, mädere, mbb. ber mAdsre, mAder u. (wegen bes im Abb. auslauten-
ben i dann auch mit Umlaut) ‚mmder, mittelb. ber mö&der (and in Konrads
8 mäben — mahlen
troj. Kr., Straßb. Sf. BL 164°), unfer obiges Nahder (f. mähen Um.) umb noch
Das Adj. mähdig. Trotz ber Ablammung von mähben wärbe richtiger ohne bas
Dehnungs⸗h Mad, Mäder, mädig gefrieben werben; das 5 iR, wie ans bem
vorhin angeflihrten Formen erfichtlich, in der Zufammenziehung ausgeſtoßen werben.
mäben = mit der Senfe im Striche abſchneiden. Davon der Mäher
= wer mäbt, im Hochbeutjchen geläufiger ver Mähder.
Jenes mähen mhb. me jon, meien, zuſammengez. msn, mittelb. möwen [noch
wetterauiſch möwe], 1469 wittelrhein. mähen (voc. ex que), abb. mähan (Prät.
ich er mäta flatt mähte), mäan, urfprimglidier mäjan (?), mähan (?), angelfädl.
mävan, goth. m4ian (?), Im Gorh. fand wahrſcheinlich ſtarke Biegung, wie bei
säian jäen (f. d.), mit Rebnplication Ratt unb man fagte alfo im Präteritum ich
er mäimd. Das Wort ſcheint urverwandt mit lat. metere == möähen, ernten, in-
fofern das + wicht zur Wurzel gehört. Der Mäher ſcheint im Mhd, wo man
mädsere (?), mAder, mssder, auch meder, mitteld. der m&dire, möder, unfer Mähber,
hir. richtig Mäder, hat, nit vorzukommen; aber im 15. Jahrh. findet fich mitteld.
ber möwe (die syben fryen künste, Rafleler Hi. Bl. 151*), ahd. mAjo (?), m&ho (?).
das Mahl, —es, BL. —e u. Mähler : öffentliche Verfammlung. Ver-
altet. Zufammenf. : ver Maͤhlſchatz (Gellert Luſtſp. 185. 188),
vie Maplftatt und die Mahlftätte, ver Gemähl (f. d.) ze.
Mahl, mhd. [nım no in Ableitungen und Zufammenfegungen] ba6 mahel,
mäl, abb. das mahal, Iatinifiert mallum, = Berfammlung, Gericht, Gerichtsflätte,
Gerichteverhandlung (f. die Aum. zu Gemahl). Der Mahlfchatz iſt 1482 ber
mahelschatz (voc. theus. BI. t4*), mbb. ber mahelschaz, mwoflir das ſchon im 12.
Jahrh. in der Zufammenfegung mit mhd. mehelen, ahd. mähaljan, — verloben,
ebelien, vermählen (f. b.), goth. mabljan = Bffentlicdh reden, vorkommende ber
mehelschag, dann mähelschaz, — das Kaufgelb für die Brant zur Ablöfung ber-
felben von ber angeborenen Mundſchaft und zum rechtmäßigen Eintritt in bie
Familie und den Schutz des Bräutigams, dann bie Berlobungs⸗, Heirathegabe,
Berlobungs-, Brantring (Parzwäl 489, 22), üblich iR. Die Mahlftatt = Bffent-
liche Gerichtsſtätte unfrer Vorfahren, Gerichtsort, Berfammiungsflätte, iR das
mb. bie mahelstat, mälstat, ahd. bie mahalstat, = Gerichtoſtätte (Muspilli 84),
Nichtſtätte.
das Mahl, —es, Pl. — und (weniger üblich und edel) Maͤhler: ein
Eſſen, im edelen Ausdrucke; ein feierliches Eſſen.
Die Schreibuug Mal, bie auch Luther bat, iR vorzüglicher und bie hiſt.
richtige, aber Mahl bie allgemein übliche, und in jenen Aufammenfehumgen
Abend⸗ Ehren-, Feſt⸗, Hochzeit-, Leichen⸗, Mittags-, Nachtmahl ıc.
ſcheint das h unſerm Auge unentbehrlich. Malzeit, wie einige richtig ſchreiben,
würde ſich eher ertragen laſſen. Verſchieden von Mahl im vorhergehenden
Artiktel. 1661 bei Maaler 277° das Maal, mhd. das mäl (Martina BI.
122, 86. Lohengrm 6881), urjprüngli wol — bie Tracht Speifen, anf ben
Zeitpamet (f. Mal = Zeitpunet) Aufgetragenes ſmhd. gesastiu mal“ == Effen
BL) zu befkimmter Zeit (Haupt Zeitschr. VII, 96, 6). Im Abb. findet ſich
weber mAl noch mahal in der Bedeutung. Alſo eins mit Mal 1.
das Mahl = 1) Zeichen, Zeitpunct, |. Mal 1; 2) Fleden, f. Mal 2.
mahlen, Präſ. (ſchwach) ich mahle, du maähleft, mahlit, er mahlet,
mahlt, wir mahlen zc., Prät. (ebenfalls ſchwach) ich er mahlete, mahlte,
Part. (ſtark) gemahlen :; durch Drehen (zwifchen Steinen, Walzenwert
mablen — Mahler 9
2. dgl.) in Meine Theile zerreiben. Bufammenf. : dr Mablgang;
ver Mahlgaft; das Mählgeld; die Maählmühle = Ge
treivenrüßle.
Das Berbum ift wegen ber uripräuglichen Kürze des a hiſt. richtig malen
[vemgemäß au Malgang, -gaft ze.) zn ſchreiben, wie Luther fhrieb, und
Friſch (1741) unterfhieb, wenn einmal unterſchieden werben follte, ganz mit
Net malen auf ber Mühle (mhd. main) und mahlen mit dem Pinſel (mbb.
mälen), nicht wie Stieler, ber biefes malen unb jenes mahlen fchreibt, welche
willfürlice umb verkehrte Unterſcheidung durch Gottſcheds Einfluß allgemein
Heli wurde und noch iR. Schottelius (1668), Steinbach (1784), Abelung
und nach ihm Eampe fchreiben ohne Grund beide Wörter mit bem behuenben
5 mablen. ©. anh malen 2. Die Rebensart : „Wer zuerfi fommt,
mahlt zuerſt“ gebt anf bie Bekimmung bes Schwabenfpiegels (Antg. von
Bild. Wadernagel) Ar. 812,10 „Där ouch & [eher] zuo dan mülen [Mühlen,
beffer wol im Sing. „ser müle“] kumt, där melt [mahlt] ouch 6%. Die ſchwache
Form bes Präteritums von mahlen bat aud das Neuniederlänbiiche, wo maalde
Ratt moel. Ehedem aber ein und noch munbartli, 3. B. wetterauifch zc., burdh-
aus Rarfbiegenbes Berbum : Bräf. ich mahle, bu mählf, er mählt, wir mählen zc.,
Brät. ih er muhl, Conj. ich milhle, Bart. (mie noch jetst hochd.) gemahlen; mhd.
maln (P®räf. id mal, du melst, er melt, wir maln :c., Brät. ich er muol, Bart.
gemalen, gemaln, aber 1497 aud ſchon im Prät. [mad er malte flatt muol, |. -
Weisth. II, 569, ahb. malan (Prät. ich er muol, Part. gimalan), goth. malan
(Prät. ih er möl, Bart. malans), altfädhf. malan, altnorb. mala. Das Wort
ſtimmt in den Lauten zu bem gleichbeb. Tat. mölere, ſteht alſo in Urverwandiſchaft
mit diefem, ift aber ein Wurzelverbum zweites Grabes, indem es ans bem Ging.
bes Brät. eines wie ſtẽhlen, hehlen zc. biegenben älteren goth. Wurzelverkums
milan (Prät. id er mal, wir mölum, Part. mulans), ahd. mölan (Präf. ich milu,
Brät. ih er mal, wir mAlumds, Bart. kimolan), = in Heine Theilden zerlegen
oder zerbrechen, zerreiben, hervorgegangen if. Bon dem Bräfene biejes älteren
milan find abgeleitet das Mehl, der Melm, bie Milbe, von bem Sing. bes
Prät. das goth. ber malma —= Sand (f. malmen), bad Malter, aus bem
Plural des Prät entiproß das Mal (f. Mal 1), enblid von ber Form bes Part.
Brät. lommen ber Mulm, goth. bie mulda (ahb. die molta, |. Maulwurf)
und abb. muljan, von welchem Mühle (f. d.) kommen könnte. S. Grimm
Gramm. I, 54. 70. 282. Mahblmitbhle iR fpät-mhb. die malmüle; Mahlgaſt
1417 weftmittelb. ber malogast (Weisth. V, 612, 17) d. i. malegast? Mahlgeld,
hei Stieler Malgelt, mbb. das malegölt, malgält.
mählen — in Farben barftellen. Siehe malen 2 und mahlen 1.
ver Mahler, —8, PL. wie Sing, = auf der Mühle Mahlenber,
in dem wetterauifhen Kinberruf an ben Müller (f. d.) und ven von ben be⸗
Ränbten Flügeln, zumal ben weißen bes Koblweißlinge Miller genannten
Schmetterling : Müller, Müller, Mahler! if das Sub. zur Bezeichnuug
der thätigen Perſon von mahlen (auf ber Mühle) und kommt im Hochdeutſchen
nit vor; aber weftmittelb. findet fi 1417 ber maler = Mahlgaft (Weisth. V,
613, 17), neumieberlänbifch der maler, altfüdf. ber mälere (Freckenhorster Hebe-
rolle ©. 88, 5), ielänb. ber mäilar, = Müller. Hennebergiſch beißt ber Weber⸗
net (phalangium opflio) Müller Müller Mahler (Brüdner Beitrag zu
einem heuneberg. Wibch ©. 5), und bayeriſch iR Milemäle = Müller, Schmetter-
ling (Sämeller, 2. Ausg. I, 1688).
8 mößen — mahlen
troj. Kr., Straßb. HT. BL. 164*), unfer obiges Mahder (f. mähen Anm.) umb uoc
das Adi. mähdig. Trotz ber Abſtammung von mäßen wärbe richtiger ohne bas
Debnnungs-d Map, Mäder, mädig gefährieben werben; das h if, wie aus ben
vorhin angeführten Formen erfiähtli, in ber Zufammenziehung ausgeſtoßen worben.
mäben = mit ver Senfe im Striche abfchneiden. Davon ver Mäher
= wer mähbt, im Hochbeutjchen geläufiger der Mähder.
Jenes mähen mbb. me jen, meien, zuſammengez. msn, mittelb. möwen [nod
wetterauifh m&we], 1469 mittelrhein. m&hen (voc. er que), abb. mähan (Brät.
id) er mäta flatt mAhte), mäan, urſprünglicher mAjan (?), mähan (?), angelfädl.
mävan, goth. miian (?). Im Goth. fand wahrſcheinlich ſtarke Biegung, wie bei
säian fen (f. d.), mit Rebnplication flatt und man ſagte alfo im Präteritum ich
er mäimd. Das Wort fcheint urverwandt mit lat. metere == mähen, ernten, in-
fofern das t nicht zur Wurzel gehört. Der Mäher ſcheint im Mhd. wo man
mädsere (?), mAder, mesder, auch meder, mitteld. ber mödire, möder, unfer Mähber,
bir. richtig Mäder, bat, nit vorzulommen; aber im 15. Jahrh. ſtudet ſich mittelb.
ber möwe (die syben fryen künste, Rafleler Hi. Ol. 151*), ahd. mAjo (?), m&ho (?).
das Mahl, —es, BL. —e u. Mähler : öffentliche Verſammlung. Ver⸗
altet. Zufammenf. : ver Mahlſchatz (Gellert Luſtſp. 185. 188),
bie Mählſtatt und die Mahlftätte, ver Gemapl (f. d.) ꝛc.
Mahl, mhd. [nur no in Ableitungen und Zufammenfegungen] das mahel,
mäl, ahd. das mahal, fatinifiert mallum, = Berfammlung, Geriät, Gerichtsſtätte,
Gerichtsverhandlung (f. bie Anm. zu Gemahl). Der Mahlſchaztz if 1482 ber
mahelschatz (voc. theut. BI. t4*), mhb. der mahelschaz, wofür das ſchon im 12.
Jahrh. in der Zuſammenſetzung mit mhd. mehelen, ahd. mähaljan, — verloben,
ebeliden, vermählen (f. b.), goth. mapljan = Bffentli reden, vorkommende ber
mehelschaz, dann mähelschag, — das Kaufgelb für die Braut zur Ablöfung der⸗
felben von ber angeborenen Mundſchaft umd zum rechtmäßigen Eintritt in bie
Familie und den Schutz bes Bräntigams, dann bie Berlobungs⸗, Heirathsgabe,
Berlobungs-, Brantring (Pareiwäl 439, 22), üblich if. Die Mahlftatt == Iffent⸗
liche Gerichtsſtütte unſrer Vorfahren, Geriätsort, Berfammiungsfätte, iR das
mbb. bie mahelstat, mAlstat, ahd. bie mahalstat, — Geriätsftlitte (Muspilli 84),
Nichtſtätte.
das Mahl, —es, Pl. — und (weniger üblich und edel) Mähler : ein
Eſſen, im edelen Ausprude; ein feierliches Eſſen.
Die Schreibung Mal, bie auch Luther hat, iſt vorzüglicher und bie hiſt.
ridtige, aber Mahl die allgemein tiblihe, und in jenen Zufammenjegungen
Abend⸗, Ehren-, Feſt⸗, Hochzeit-, Leihen-, Mittags-, Nachtmahl zc.
fheint das 5 unferm Auge unentbehrlih. Malzeit, wie einige richtig fchreiben,
würde fi eher ertragen laſſen. Berfchieden von Mahl im vorhergehenden
Ürtife. 1661 bei Maaler 277° das Maal, mb. das mAl (Martina BI.
122, 86. Lohengrin 6881), urjprlinglid wol — bie Tracht Speifen, auf ben
Zeitpunct (f. Mal = Zeitpunct) Aufgetrageues [mbb. gesaztiu mAl* — Effen
BL.) zu beſtimmter Zeit (Zaupt Zeitschr. VIII, 96, 6). Im Abb. findet fi
weber mAl noch mahal in ber Bedentung. Alfo eins mit Mat 1.
bas Mahl = 1) Zeichen, Zeitpunct, ſ. Mal 1; 2) Fleden, |. Mat 2.
mahlen, Präf. (ſchwach) ich male, du mähleft, mahlit, er mahlet,
mahlt, wir mahlen ꝛc. Prät. (ebenfalls ſchwach) ich er mahlete, mahlte,
Bart. (ftarf) gemahlen : durch Drehen (zwifchen Steinen, Walzenwert
mablen — Mahler 9
x. dgl.) in kleine Theile zerreiben. Zuſammenſ.: ver Maͤhlgang;
ver Maͤhlgaſt; das Maͤhlgeld; die Maͤhlmühle = Ge
treidemühle.
Das Berbum iſt wegen ber urſprüuglichen Kürze bes a hiſt. richtig malen
ſdemgemäß auch Malgang, -gaf zc.] zu ſchreiben, wie Luther ſchrieb, und
Friſch (1741) unterſchied, wenn einmal unterſchieden werben ſollte, ganz mit
Necht malen auf ber Mühle (mbb. main) und mahlen mit bem Binfel (mhb.
mälen), nit wie Stieler, ber dieſes malen und jenes mablen ſchreibt, welche
willfitrliche und verkehrte Unterſcheidung durch Gottſchede Einfluß allgemein
Ablich wurde und noch if. Schottelius (1668), Steinbach (1784), Abelung
unb nah ihm Campe freiben ohne Grund beide Wörter mit bem bebhnenben
5 mablen. ©. auh malen 2. Die Rebensart : „Wer zuerf kommt,
mahlt zuerſt“ gebt anf die Bekimmung bes Schwabenfpiegels (Antg. von
Wilh. Wadernagel) Nr. 512,10 „Dör ouch & [eher] zuo dan mülen [Mühlen,
beffer wol im Sing. „zer müle“)] kumt, där melt [mahlt) ouch 8%. Die ſchwache
Form bes Präteritums von mahlen bat au das Neunieberlänbifche, wo maalde
ſtatt moel. Ehedem aber ein und noch munbartli, 3. B. wetterauiſch zc., burch-
aus ſtarkbiegendes Berbum : Präf. ich mahle, du mählſt, er mählt, wir mählen zc.,
Brät. ih er muhl, Conj. ih mihle, Part. (wie noch jet hochd.) gemahlen; mhd.
maln ($räf. id mal, du melst, er melt, wir maln zc., Prät. ih er muol, Bart.
gemalen, gemaln, aber 1497 au ſchon im Prät. ſchwach er malte flatt muol, |. -
Weisth. II, 569, abb. malan (Prät. id er muol, Bart. gimalan), goth. malan
(Brät. ih er möl, Part. malans), altſtichſ. malan, altnorb. male. Das Wort
kimmt in den Lauten zu dem gleichbeb. Tat. mölere, fteht alfo in Urverwandtſchaft
mit diefem, ift aber ein Wurzelverbum zweites Grades, indem es and dem Sing.
des Brät. eines wie Rehlen, hehlen ꝛc. biegenben älteren goth. Wurzelverbums
milan (Brät. ich er mal, wir mölum, Bart. mulans), ahd. mölan (Prüf. id) milu,
Srät. id er mal, wir mAlumds, Part. kimolan), — in Meine Theilden zerlegen
ober zerbrechen, zerreiben, hervorgegangen if. Vou dem Bräjens dieſes älteren
milan find abgeleitet bag Mehl, ver Melm, bie Milde, von bem Sing. bes
Brät. das goth. ber malma — Sand (f. malmen), das Malter, aus dem
Blural des Prät. entfproß das Mal (f. Mal 1), endlich von der Korm bes Bart.
Brät. lommen ber Mulm, goth. bie mulda (ahd. bie molta, |. Maulwurf)
unb ahd. muljan, von welchem Mühle (f. d.) kommen Hinntee S. Grimm
Gramm. II, 54. 70. 282. Mablmithle iR fpät-mbb. die malmüle; Mahlgaf
1417 weftmittefb. ber malogast (Weisth. V, 612, 17) d. i. malegast? Mahlgeld,
bei Stieler Malgelt, mhd. das malegölt, malgölt.
mahlen — in Farben barftellen.. Siehe malen 2 und mahlen 1.
ber Mahler, —s, BI. wie Sing, = auf der Mühle Mahlender,
in bem wetterauiſchen Kiuberruf an ben Müller (f. d.) unb ben von ben be-
ſtänbten Ylligeln, zumal ben weißen des Kohlweißlinge Milller genannten
Schmetterling : Müller, Müller, Mahler! iR das Subfl. zur Bezeichnung
ber thätigen Berfon von mahlen (auf ver Mühle) und kommt im Hochdeutſchen
nicht vor; aber weftmitteld. findet fi 1417 ber maler = Mahlgaft (Weisth. V,
613, 17), neumieberlänbifch ber maler, altſtichſ. der mälere (Freckenhorster Hebe-
rolle ©. 88, 5), islänb. ber mäilar, — Müller. Hennebergiſch heißt ber Weber-
net (phalangium opilio) Müller Müller Mahler (Brüdner Beitrag zn
einem henneberg. Wibch ©. 5), und bayerifch iR Milemäle — Müller, Schmetter-
ling (Sämeller, 2. Yusg. I, 1588).
10 Mahler — Mehr
ber Mahler, bie Mahleret, die Mahlerfarbe ıc., f. malen 2.
ber Mahlgang, Mahlgaft, das Mahlgeld, f. mahlen 1.
mählich — in bequemer Ruhe und Langfamleit, nach und nach.
So färeibt auch Boß; bei Luther 1 Mof. 88, 14 aber meilich, bei
Späteren auh mehlid. Ungenau und ungut if bie Schreibung mälich, falſch
mählig, mälig. Das Wort kommt nur noch bier und ba im gewählten Gtile
bei Dichtern vor und Iantet als Adj. 1445 mächleich, im Ab. ord. rer. von 1429
Bl. 198 vielleicht fon (wenn ich das eigenthümliche Zeichen tiber bem a im ber
Hf. richtig deute) melich, 1482 mölich nu. gemälich (== langfam, im voe. theut.
DL. 18°), wovon das Abo. mählich, mbb. mechliche (?), aber 1420 mittelb.
auch fhon melich (Schröer vocabular. Wr. 2601). &. allmählih Anm. Dash
nad & flieht wegen bes früheren ch, nnb no 1784 Steinbad IL, 1 ſchreibt
mählich, baneben als üblicher möchlich.
bie Maͤhlmühle = Getreidemühle, ſ. mahlen 1. der Mählſchatz,
die Maͤhlſtatt (Maplftätte), ſ. das Mahl 1.
der Mahlftrom, ber ſtromartige Seeſtrudel an ber norwegiſchen Küſte.
Norwegiſch ber malstraum (Aasen 475°), dän. malström, nennieberl. ber
maalstroom, zufammengef. mit mablen 1.
bie Mahlzeit, PL —en : größeres Effen zu beftimmter Zeit; regel-
mäßig nach beftimmter Tagesabtheilung fich wiederholendes Eſſen.
Edler das Mahl (f. Mahl 2), womit Mahlzeit zuſammengeſetzt iR, welches,
obgleih 1505 im voc. gemmagemmär. Bl. 82" die mälzit das geiellige Mahl, lat.
convivium, bedeutet, desgleichen bei feinem erfien Erſcheinen im 14. Jahrh. (f.
Lexrer mhd. Handwtbch I, 2021), urfprünglich bo f. v. a. „bie Zeit zum
Mahl“ bezeichnen würde. Neuniederl. bie maaltijd.
die Mahne = Korb mit oder ohne Ohren. Wetteraniih. S. Mande.
die Mähne, Pl. —n: lang herabhängendes Hals-, Kammhadr.
Hiſt. richtig, aber uniiblih, die Mäne Mhd. bie man, mane, ahd. bie mana,
fehr felten mand, mittelnieberl. die mane, neunieberl. die maan, altnorb. bie mön.
Wetteraniſch ber Mon, wodurch bie mittelb. männliche Form ber mane beflätigt
wirb, altfrief. (mit o flatt a) der mona. Dunkles Urſprunges.
mahnen = (antreibend) gebenfen machen. Davon : ver Maähner,
wovon bie Mahnerin; die Mahnung.
Hiſt. richtig, aber unliblih, manen. Mhd. manen, ahb: mandn, felten mann,
altfädjf. manön, angelfähf. manian, monian, altfrie[. monia, altnoriveg. mana.
Das Wort Reht in Urgemeinſchaft mit lat. maomöre [ngl. mahlen 1 m. lat.
zmölere], ift aber im Deutſchen abgeleitet aus einem goth. Wurzelverbum minan
(j. Mann).
ber Mahr, —es, Pl. —e : drückender Nachtgeift, Alp.
Hif. richtig, aber unüblich, Mar. 1691 bei Stieler Sp. 1242 der Mar
und bie Mare, aber 1482 im Wittelb. nur bie mare [„Mare ist ein trug-
nusse des menschen vnd kumpt von seynem plut, lebern vnd lungen, wen im
dz [wenn ihm das] auff seynem hertzen ligt, [lat.] effältes, incubus* im voc.
theut. Bf. 16°), mbb. ber mar, ahd. (9. Jahrh.) bie marâ, nieberb. bie mör (in
ber Marf mare), mittelnieber!. bie mare (hor. beig. VII, 6), angelfädjj. ber mars,
engl. nightmare (night = Nacht), altnorb. die mare. Das Wort if nahver⸗
wandt dem poln. bie mora, böhm. bie mära (ſprich mfra), ehebem möra, = Alp
Muͤhre — Märte 11
und Kbenbfämetterfing (f. Grimm Mythol. 488); ruff. bie kikimora — Ge
ſpeuſt. Ob etwa aus Einer Wurzel (mar) mit ahb. merran (b. i. mer-r-j-an flatt
mers-jan) = Einen ärgern, zurlidhalten, hindern, hemmen, goth. marzjan
(d. i mar-z-j-an mit z, welches im Goth. Übergangslaut aus dem bier ableiten-
den s in r if) = jemand ärgern?
die Mähre — Nachricht, Gerlicht zc., mit bem Dim. das Mähren,
beffer und auch nicht unüblich Märe, Märchen, |. dieſe Wörter.
vie Mähre, Pl. —n : Stute; [gewöhnlich :] fchlechtes, elendes Pferd.
Hiſt. rihtig Märe anzunehmen, alſo ohne h, weldes ſich urſprünglich hinter r
ableitend fand, aber ſchwand; doch ließe fih auch dieſes h nicht ale bloß dehnend,
foubern al® vor das r gerlidt anfehen (ogl. Befehl), wie denn 1691 bei Stieler
©p. 1250 bie Märe und zugleich munbartlih bie Mer, noch bayer. bie Merch
(Sähmeller U, 618), 1482 bie merch (voc. thewt. BI. vi?), mbb. die merhe,
merche, merch, märch (Lieder Saal III, 400, 48), ahd. bie merihä d.i.merrihh&(?),
merichA, merh4, marhe, meria, welches durch Lantangleichung (i wegen bes ab-
leitenden, aus urfprünglihem i entwidelten j, und hh au® hj) aus marihja (?),
merihja (?), nriprlinglic marahia [? d. i. mar-ah-i-a (?)] entftanden if, alſo
mit weiblicher Enbung abgeleitet von ahd. das marach (ler alamann. 69) b. i.
marah (?), march, mihb. das march (mit ch ftatt h), fehlerhaft (aber üblich)
marc, = Pferd, goth. marh (?). Diefes aber fimmt der Lautverfhiebung gemäß
mit dem altkeltiſchen marka == Pferd (Pausanias X, 19, 4), iriſch marc, welſch
der march. Das Schwinben bes h hinter dem r aber zeigt fich bereits in angel»
füchf. der mear neben mearh, mearg, altnorb. der marr, miitelb. u. im 18. Jahrh.
am Nieberrhein das mar, == Pferd unb ebenfo in ber unferm Mähre ent-
ſprechenden weiblichen angeljädf. Korm bie myre (mit y flir e, ben Umlaut des a),
engl. mare, altnorb. (in der Declination abweichend) die meri, nieberd. bie märe,
mittel- u. altnieberb. mere (gl. jum. 272), — Stute, Dlutterpferd. Hiernach iR
eben bei umferer uhd. Form Mähre Einfluß bes Niederbeutfchen erkennbar, und
Luther fchöpfte fein die Mere (Sir. 83, 6) aus dem Mittelbeutichen.
mäbren — miſchend rühren. Wetterauifch 2c.: einmähren = Bad-
mehl mit Sauerteig mifchen zur Gährung, um Brotteig zu bereiten.
Hiſt. richtig, aber unüblih, mären, mit & flir € (ſ. A und ©), denn das Wort
iR das mh. u. mitteld. mörn [aber die wetterauifche Ausſprache mirn jegt ein
mbb. mern mit e, nicht 8 voraus) = zu Abend eſſen, dann eintunfenb miſchen
(Altväter, |. Leysers Predigten &. 158), miſchend umrlihbren. 1466 immeren =
einbroden (Diefendach nov. glossar. 219°); bilbli im lid. ord. rer. von 1429
81. 234 einmeren = [fat.] incöndere b. i. etwas einrlihren, anftiften, zu Anfange
bes 15. Jahrh. einmeren — beabfichtigen (Diefenbach glossar. 808"). in-, ein-
hier = mhb. in-.
bie Mahrte, BL. —n : kalte Schale. 3. 8. die Btermährte,
HiR. richtig, aber unüblich, Märte mit & für €; denn das Wort, das Ludwig
Mehrte, Weber Univerſalwtbch (1734) Mährde n. Mehrte ſchreibt, iR das mhd.
bie mörfte (Leysers Predigten &. 158), im 12. Yahrh. die mördta (gl. sanbl. 98°.
Did. III, 256, 15), möreda (Graf II, 846), mörda (Sumerl. 17, 27), = Speife aus
Flüffigem mit Brotbroden gemiiht, Abendmahl, neben dem gleihbeb. mhb. ber
möröt (speculum ecclesin ©. 155, 458f.), mört (ebenda ©. 85), im 12. Jahrh.
ber mördd, fpät-abb. möred (Notker Ps. 80, 17), ahd. der möröd = Gemiſchtes
(Kero 88). Bon mbb. möm mähren (ſ. d.). Der voc. theut. von 1482 hat
12 Mai — Mais
Bl. vi? ſowol „merot als prot in wein“ im Gebanfen an lat. das mdrum —
reiner Wein, al® au) „merat als prot in wasser®.
ver Mat, —es, BL. —e, beſſer (weil urjprünglich ſchwach) —en, BI.
—en : der dte Monat im Jahre; der Blütenmonat, pie Blütenzeit.
Davon das imperfonale maten = Mat werden. Zufammenf. : der
Matbaum = die (im Mai frifch grünende) Birke und Bude (ſ.
Anın.), dann ber als Mate (f. d.) gefeßte Baum; die Matblume,
das Maiglöckchen, eine befannte im Mai blühende glöckchenartige
Blume, convalläria; der Maikäfer, ein befannter im Mai
fliegender Käfer; das Matfraut = ber im Mai blühende und
beſonders duftende Waldmeiſter, asperula odoräta; der Matmonat
oder Matenmond (Hölty 14); der Mattrant oder Maiwein
— Wein über friſchem Maitraut (Waldmeifter) und Zucker bereitet
und ſonach im Mat getrunfen.
Mai if geflirzt aus der Maie, und fon 1482 May, mit ai im genaueren
Zurückgehen auf ben lat, nad Grimm Geil der beutid. Sprade S. 76 von
ber Göttin MAja bergenommenen Namen MAjus, aus weldem ſchon im Abb. (doc)
erft im 11. Jahrh.) mit dem hochdeutſchen Diphthong ei ber meio (gl san-
blasiane ©. 77°), im 12. Jahrh. ber meie (gl. herrad. 179P), mbb. ber meie
(®en. dös meien), meige, felten maie, maye, entlehnt worden war, woher baun
meien, meigen, unfer maien, = Mai werben. Der meie aber wirb von ben
Diätern als Monat des Frühlings und der hohen Freude viel gefeiert. Der alte
deutſche Name besjelben ift der wunnimAnöth, wunnemänöth, winnemänöth,
d. i. Weidemonat = Monat in weldem ber Hirt auf die (frifägrline) Weide
treibt (f. Wonnemonat). Maiba um if 1475 clevifch Der meyboem = „buecken-
boem* Buchenbaum (Teuthonista); Maiblume bei Lonicerus Kreuterb. 217°
in umeigentliher b. 5. mit dem Gen. bes Sing. gebilbeter Zufammenjegung bie
Meyenblume, aber bei Luther Weish. 2, 7 Meyenblume = im Mai
blühende Blume und 1482 mayenplum = Nabelpflanze (voc. theut. BI. t5*).
Mailramt erfi nad 1880 auf asperula odoräta libergetragen mb Maitrant
erſt zu derfelben Zeit entflanden, etwas fpäter noch, wie e8 ſcheint, Maiwein.
bie Maid, Pl. —en, nur noch dichteriich für Mädchen, ſ. Magp.
ber Mate —n, Bl. —n : grüner Feftzweig, (geftedter) Feſtbaum mit
grünem büfchelförmigem Wipfel; im Forftwefen ein durch den alljähr-
lihen Safttrieb entftandener Zweigſchoß.
Bei Luther (8 Mof. 28, 40. Pf. 118, 67. Marc. 11,8) ber (?) Meige [nur
ber BI. Meigen findet fi], fpäter Meie, — grüner Baumzweig zu feſtlichem
Schmuck, 1716 bei Lud wig Sp. 1224 die Maye, bei Boß die Maie, mhb.
im 14. Jahrh. auftauchenb der maye — grüner Feſtbaum, »ziweig, iſt nichts anders
als die ältere Form unferes Monatsnamens ber Mai (f. b.), mhd. ber meie, in
Anwendung auf bie im Mai friſch grünenden Birken, Buchen, Pappeln, Weiden
u. dgl. Bol. Maibaum unter dem Worte Mai.
der Diater, oberbeutfche Schreibung ftatt hochd. Meier (f. d.).
bas Maiglöckchen, ver Matlüfer ıc, |. ver Mai.
ver Mais = Holzſchlag, -abtrieb, ungut ftatt Mat (f. b.).
der M ais, —es, ohne PL. : türkifches Korn, Welſchkorn (ſ. d.).
Maiſche — Majoran 13
Aus franz. ber mals, ital. nu. ſpan. ber mais, ein mit der Pflanze, bie Columbus
nad Europa brachte, überlommenes americanifhes Wort ven Haiti, wo es mahis
gelautet haben foll.
die Matfche, malſchen, häufig in Schriften vorkommende oderdeutſche
Schreibung fir die hochdeutſche Meiſche (j. d.), meifchen.
der Maik, —es, PL. — : Holzſchlag, ⸗abtrieb; abgetriebener Platz im
Wald. Oberbentiche Schreibung; bochbeutich richtiger Meiß. Zur
fanmenf. das Maiß⸗, Meißholz, = Buſch⸗, Reishol;.
Ungut Mais. 1460 ber mayß (Weisth. III, 698) d. i. in ſtrenger Schreibung
meiz (?), 1881 Bfterreid). ber maigg, 1330 maiz, — Holzabtrieb, fpät-mhb. ber
meiz = eingemeißelter Zierat, von älter⸗vberd. maißen (ſ. Meißel), noch
Bayer. maißen, —= bauen (Schmeller, 2. Ausg. I, 1668), mbb. meizen, ahd.
meigan (Prät. id) er miag, Part. meizan), goth. mditen (Prät. ih er mäimäit,
Bart. mäitans), — ſchneidend hauen, abbauen, im Alt- u. Mittelhochd. auch f. v. a.
ſchneiden, ab-, einſchneiden, welches rebuplicierenbe Berbum aus dem Sing. bes
Prät. eines nur noch fpät-mhb. erhaltenen Wurzelverbums migen = einfchneidenb
ebhanen (Kolmarer Handschr. Nr. 179, 7), ahd. mizan (? Präf. ih migu? Prät.
id er meiz? wir mizumds? Part. migan?), goth. meitan (? Prät. ich er mäit?
wir mitum ? Bart. mitans?).
ver Mattrant, ver Matwein, |. ver Mat.
+ bie Majeftät, BL. —en, in der Anrebe betont Majeftät, = Hobelt,
Herrlichkeit; Koönigs⸗, Kaiſerwürde. Davon das Adj. majeſtätiſch.
Zuſammenſ.: der Majeſtätsbrief — vom höchſten Herrſcher er-
theilter Gnaden⸗, Freiheitsbrief; das Majeftatsverbrecden.
Majeſtät, bei Luther (5 Moſ. 5, 24 ꝛc.) Maieftet, mhd. u. mitteld. bie
majestät, jpät.-mbb. auch ſchon majestet, aus bem von lat. mAjus = magnus
groß abgeleiteten bie majdstas (Gen. majestätis) — Größe, Hoheit, dann aud
Anrede an ben Kaifer. Dieß 3. B, wenn Horaz (Epist. 2, 1, 258) ben Kaijer
Augußus majestas tda anredet. Im Abb. überſetzte man es durch das mit
abb. ba® u. ber makan, magan, — Macht zufammengefegte bie magenchraft,
mbb. die magenkraft, == hohe, erbabene Macht, und auch durch bie mahtheit
Machtheit).
fer Major, —es, PL. —e : Befehlshaber eines Bataillons, ber zu⸗
nachft höhere Offizier über dem Hauptmann und Rittmeifter.
Die noch im gewbhnlichen Leben übliche Benennung iR Oberfimdädtmeifter,
neben welcher im SOjährigen Kriege bereits Major vorlommt, aufgenommen aus
dem gleichbebentenben ber mayor bes ſpaniſchen Heerweſens. Dieſes fpan. ber
mayor aber ift Iat. mäjor = größer, [Inbftantivifh :) ver Größere, Höhere.
ber Majoran, —s (—es), BL —e, eine belannte Gewilrzpflanze.
Im’14. Jahrh. der maiorkn (voc. opt. Nr. 48, 188), fpäter aud) mayorfn,
mayerön, meyröne, aus ber mittellat. Benennung die majorkna, welches Umbilbung
des gr.-lat. Namens der Pflanze ber u. bie amAracus, das amAracum, gr. ber
amärakos (dudoaxos) u. das amärakon (Audoaxov).. Im Myhd. (bei Heilbling
L, 406) vielleicht im Gebanten an ber meie, meige, Mai, if jenes mittellat.
majorkna umgebilbet in ber meigramme, weshalb noch bayer. der Maigram. —
Im gewohnlichen Leben betont man gerne Majoran.
14 Majorat — Mafrone
+ das Majordt, —es, BL. — : das Vorzugsrecht ber Älteften, dann
das nur auf ben Älteften vererbliche Gut in einer Familie. Zufam-
menf. : ber Majoratsherr.
Majordt bereits im 17. Jahrh. ans dem gleichbebentenben mittellat. ber
majorftus, von lat. mäjor == größer, dann größer ber Geburt nach, Älter.
+ majorenn, Adj.: großjährig, mündig. Davon die Majorennität.
Jenes Adj. ans dem gleihbeb. mittellat. majorennis, welches mit Ableitung zu⸗
ſammengeſ. aus lat. mäjor = größer, älter (j. Majorat), und ber dunus Jahr,
alſo gleihfam mAjor annis = Älter an Jahren.
+ de Majorität, Bl. —en : die Stimmenmehrheit, das Stimmenmehr.
Aus mittellat. die majdritas (Gen. majoritätis) — überwiegende Größe, von
lat. mAjor = größer (f. Major, Majorat).
T die Majustel, PL. —n : großer Buchftab. Vgl. Minustel.
Aus mittellat. majäscula (nämlich die litera — Buchſtab), dem Fem. des Tat.
Abj. majisculus = etwas größer, bem Dim. von mAjor == größer.
ber Maͤkel, —s, Pl. wie Sing. : verunreinigender Fleck, unfchön
Machendes. Davon : maleliht, malelig, = Matel habend;
mäleln — Fleden, Fehler. auffuchenn tadeln, daun kleinlich taveln,
wovon die Mäkelei und ver Maͤkler. Zufammenf. : matellos.
Makel ſchon auftauchend bei Frauenlob S. 44, 26, 18, wo ber makel von
Adams Sündenfalle. Entlehnt aus fat. Die mäcula — Fled, Flecken, Schanbfled.
Bol. au das Mal 2. Bei Niebuhr nad dem Geſchlecht im Lat., aber unge-
wöhnli : Die Makel. Das Adj. makelicht 1691 bei Stieler Sp. 1217.
Das Berbum mäleln findet fih aus nieberb. mäkeln ins Hochd. aufgenommen
ex 1769 bei Herber frit. Wäld. IL, 12 unb zwar mit Acc. „ein Meni ...
urtheile und richte, nnd mädle Wörter“ ; ebenfo Mäkler aus bem von mäkeln
‚abgeleiteten nieberb. ber mäkler == Tadelgern, und Mäbkelei aus nieberb. bie
mäkelije — ZTabelfudt.
mäfeln = (für Gewinn) den Unterhänbler machen, als Unterhänbler
thätig fein. Davon : bie Mäkelet; ver Mäkler mit ver Zufanmen-
fegung der Mäklerlohn.
In der Wetterau maleln, Makler. 1678 bei Kramer teutiä-ital. Wortb.
758° ber Madler u. Mädler. Aus bem Nieberbeutihen, wo mäkeln, bie
mökelije (unfer Mäfelei) n. ber mäkeler (unfer Mäller, 1598 Meleler),
neunieberl. makolen u. ber makelaar (unſer Mäkler), 1475 eleviſch ber mdkeler
(= „ondereoeper“ lnterfäufer).. Woher das Berbum im Nieberb. u. Rieberl.?
+ die Matrele, BL. —n: Art eines Heringe freſſenden Raubfiſches.
Mhd. im 14. Jahrh. der macr&l (voc. opt. Nr. 40, 89), mitteld. gegen 1500
bie maor&le (Weisth. II, 62), aufgenommen aus: nieberl. ber makreel, welches
aus der mittellat. Benennung ber macardllus, maordllus, maquerdlius, franz. ber
maqueresu. Jenes macaröllus 2c. aber iR dunkles Uriprunges und nicht, wie
man früher annahm, abgeleitet von lat. bie mäcula = „Fleck“ in Hinſicht auf bie
Aüdenfreifen bes Fiſches, wonach jenes franz. maquereau flatt maclereau fliube.
die Matrone, Bl. —n : Art Zudergebadenes aus Mandelteig.
1709 ber Plural Madaronen (Onstells 1875*). Als eingeblirgert üblich mit
doch würde befier, weil das Wort undeutſche Betonung behalten bat, Macrone
Mal 15
gerieben. Aus dem gleihbebenienben franz. bee macaron von venetianifch
macaröne == gerollte Rubel (ſ. Macardni).
das Mol, —es, PL. —e und (üblicher) Mäler : Erkennungszeichen,
Ziel, Grenzzeichen; Zeitpnnet, in welcher Bed. das Wort nur als
mal in Zufammenfegungen und Zufammenfchiebungen vorlommt,
3-8. ein⸗ zwei», breimal ac. dlle-, einige-, fein», vielmal, mand.
mal, auh mand liebesmal ſzuſammengeſchoben aus mand liebes Mat] xc.,
beidemal, das⸗, biejes-, bießmal, jedesmal, mit einemmeal, mit
einmal (= plöglid), daB erfemal, zweitemal zc.; ein dndbermal, zum
britten-, ftebentenmal zc., zum letztenmal (d = &) ober Idgtenmale.
Diefes zählende -mal getrennt zu ſchreiben, wie Adelung wollte, z. 8. ein,
zwei ıc. Mal, einige Mal, diefes Mal, das erfie Mal ꝛc. kommt une
gegenwärtig altfräntifh vor. Mb. n. abd. das mAl = ausgezeichneter Punct dem
Drte wie der Zeit nad, Zeichen, Zeitpunct, Abſchnitt (Theil) und Wedel der
Zeit, im DMbp. auch ſ. v. a. Schmud, Zielpunct, Brenzzeichen, beſtimmte Effens-
zeit (f. Mahl 2), Mahlzeit, Gaſtmahl; gotb. das mel — Zeitpunct, Zeittheit,
Zeit, im Plural p6 möla = Buchſtaben ze ichen [gleihfam als örtlicher Punct],
Schrift. Entiproffen dem Plural des Prät. des goth. Wurzelverbums milan (f.
mablen 1) und fo urfprünglih Theilchen (Bunct), dann, was ben Begriff bes
Zeittheiles amlangt, unferm Fremdwort die Minute (pars minfta) von lat.
mindere, — „in Heine Theile zerlegen“ vergleihbar (f. Grimm Gramm. II, 54).
Übrigens erſcheint nad) Zahlwörtern und mit biefen zufammengefllgt >» mal ober,
eine unorganifhe Verbindung bildend, der num veraltete, ſchon im Althochd. ad⸗
verbigliih gebrauchte Dativ des Plurale -malen, mhd. mälen, ahd. mAlum, erft
im 15. Jahrh., aus welchen ber voc. theut. von 1482 acht-, achthundert-,
dreyssig-, dreyhundert-, funffhundert-, hundert-, sechs-, sechtzehen-, sibentzig-,
sehenmal unb funf-, funfftzig, neunhundert-, zweintzig-, zwelffmalen, drey-,
vier-, viertzehenmaln enthält. Diefe uneigentlihen Jufammenfegungen mit «mal
unb malen aber lagen nahe, ba im Mittel. 3.8. zöm andern mäle, zöm sibenden
mäle, im Althochd. zeinemo mAle einmal, bei Notker z& andermo mäle, zd drin
mälen 3mal, einzön mälen = jebesmal (Boethius ©. 211, 210), manigön
mälen == immer, vorausgiengen, in welchen Verbindungen und ähnlichen man Mat
jet andy lieber mit dem vorhergehenden Zahlworte, wie vorhin gezeigt, zuſam⸗
menfdreibt, 3. B. zum erfien-, anberu-, brittenmal zc., bei Luther noch
zum anbern mal, zum britten mal, wie er au ein mal, zwey mal,
drey mal, vier mal zc., taufent mal ſchreibt, jedoch mandmal.
das Mal, —es, BI. —e u. Mäler : Flecken, verunftaltende Stelle.
1469 das mAl = „flöck, [fat.] menda“ (voc. ex quo), mhb. (felten) das mäl, ahd.
das mil, wovon 5. B. mält in ahd. die anamäli, nhd. das anmal, nhd. (ohne Umlaut)
das Anmal, durch Lautangleihung ſchweiz. Ammal, = Narbe, Fleden, Mutter
mal, iR eins mit bem vorhergehenden das Mal = Beiden, was auch burd bie
Rebensart „ber I g ezeichn et“ — „hat ein Mal” an Beſtätigung zu gewinnen
ſcheint. Diefes Dal aber if verbrängend eingetreten für das davon in feinem
Uriprunge völlig verſchiedene nur noch munbartlide das Mail, ridtiger hochd.
Meil, mbd. n. abb. das meil, = Flecken, Mal, befonders Wundmal, fittlihe Be-
flecung, Stinde, goth. das mail [06 aus älterem mahil (?)], = Runzel (Epheſ. 5,27),
eig. Flecken, angelfähl. das mAl — Muttermal, woneben gleihbebentenb bayeriſch
bie Maile, mh. die meile, ahb. (bei Williram) bie meild, welches, wenn goth.
si, ahd. ei durch Schwinben eines h zwiſchen a oder e und i entflanden if, ber
14 Majorat -
das Majorat, —es, BI. —e
das nur auf ben Alteften verer'
men. : ber Majoratsherr.
Majordt bereits im 17. Q-
majorätus, von lat. mäjor = gr
f mejorenn, Abi. : großjäh
Jenes Abj. aus dem gleichte:
fammengef. aus lat. mäjor = :
alfo gleihfam mäjor annis =
T die Majoritat, BL. —e:
Aus mittellat. die majöri'
lat. mAjor = größer (f. Vi:
T die Majustel, BL. —
Aus mittellat. majdscu'
Abj. majäsculus = etwas
ver Maͤkel, —s, BL.
Machendes. Davon :
mäleln = Fleden,
wovon bie Mäfele:
Makel ſchon aufta:
Adams Stindenfalle.
Bol. auf das Mal :
wöhnli : die Ma!
Das Verbum mäfe:
er 1769 bei Herd
urtbeile und richte, ı:
„ abgeleiteten niederd.
mäkelije — Tade
mäteln = (für .
thätig fein. Da
fegung der Mi
Au der Wette
758* der Madı
mökelije (unfer
ueuniederl. mak
(= „onderco:
+ na Ma ro
— — —
= — zu
une am
— ——
— — a = N
— F — en 7— ==
— — —
— —
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LEERE — —
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nz = E Ten
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— — .. —— 7—
er ae — r EEE"
Malſtatt — Mal; 17
süim. Insulin. Dietoll [d. i. Schmelzbares, Auflssbares] von dem goth.
zmmeegplnne =. 1). mahlen 1 u. Melm).
u rer Mahlſtatt, |. das Mahl 1. Ein anderes
A —— it att = Bielftatt, Ziel, |. das Mall, z. B. „Vom
mi iſtatt beiner Küffe“ (Bürger 63).
iingpe - .tud it malstat = mal, zyl, zylmaß, ende, [fat.] möte im
Bl. 15°.
ichtige Maählſtätte, |. das Mahl 1.
.„ Pl. wie Sing., ein im. Großherzogthum Heſſen ꝛc.
+ Simmer haltendes —— an Gewicht gegen
Pfund. Zuſammenſ.: der Malterſack = ein ein
— faffender Sad.
= ‚altes deniſches Fruchtmaß, das größe Getreidemaß, bed. eigentlich
—uls ein Mann eine Stiege binanf tragen kann (vgl. bie Stelle aus
an mg von 1441 bei Friſch I, 637°) zum Mahlen ober aud bie
Mn s- Rüuͤhlgaſt auf Einmal mahlen läßt (vgl. Schmeller IL, 571); alſo
“ "ter, malder, ahb. das maltar (?), malter, altſächſ. das maldar,
— airzung ans -at), altfähf. -d, und -ar von mahlen (f. b.), ahd.
seitet. Übrigens begeichnete mhd. malter, mittelnieberb. malder, auch
ı 32 ober 64 (Grimm Rechtsalterth. 767) und jegt hält das Malter
J. das Geſcheid 1). Der Malterfad ik mhd. der maltersac.
‚ter (4filbig) = Pöftlicher füßer Wein von der Stadt NE-
„alväsia auf der Halbinjel Moren.
„unbe bes Volle Malvaſier (8filbig, ie = 1), und noch z. B. in ber
2c. von förlicher Süße : das iR, ſchmeckt wie Malmesir. Mhd. mal-
saupt Zeitschr. VI, 417, 4), im 15. Jahrh. auch bereit malmasier, im
ıd. nebenbei malmasy.
ve, BL. —n, eine befannte ſchön blühende Pflanze. -
ı 18, Jahrh. aus ber Tat. Beneunnug bie mälva, welche, neben gr.-lat. bie
ne, aus gr. bie maläch& (uaAdyn) von maldssein (uaAdoosır) = „erwei-
wegen der erweichenden Kraft des Krautes und ber Wurzel auf Geſchwüren
: Der Wetteraner nemmt bie Gartenmalve, indem er fi das Fremb-
Malve durch Anlehnung verbenticht, die Maulrofe
.alz, —es, BL. —e : zum Bierbrauen, Brantweinbrennen, Eſſig⸗
‚ea, durch Erweichen zubereitetes Getreive. Davon : malzen,
„oe baun der Mälzer — das Malzgeſchäft beforgenver Braufnecht.
en. : die Malzbarre over »börre.
: ba, an ibm ꝛc. iR Hopfen und Malz verloren = alle
daß etwas daran wird, vergeblich Malz, mbb. u. abb. das mals, alt«
p #. altnord. das malt, angelſüchſ. das mealt, entiproß dem Sing. bes Prät.
ongellädhl. Wurzelverbums möltan (Prät. ich er mealt, wir multon, Bart.
Ban) — ſchmelzen (f. d.) d. 5. wei machen, aufldfen, weldes ber Lautver⸗
hang gemäß mit griech. meldein (Eider) == erweichen, ſchmelzen machen,
Bet. Das Berbum malzen it mh. malsen [baß altſäichſ. meltian wiirde neu⸗
mälzen fein, wie aud wirklich bayeriih u. älter-nbb. melzen vorlommt,
melta — ermweiden, aufldjen) und der Mälzer mbb. ber mölzwre (?),
Bier, altfächf. ber mälteri,
!gand, Wörterbuch. 4. Aufl. 3. Br. 2
Hr "AH
18 Mama — mar
T die Mama, Pl. (ſelten) —en : Mutter. Ausdruck Meiner Finder.
Mit der Aufnahme franzöftiger Sitte üblich geworden, aus franz. die maman,
fpan. mama, welches das lat. u. gr. bie mamma — Mutter in ber früheften
Sprache Heiner Kinder, Mutterbruf, Ziize. Bgl. Mamme, Memm und Memue.
tier Mamelud, gekürzt Mamliuck, auch (jtrenger dem Arabifchen gemäß)
Mamelut (u kurz), Mamluk, —en, BI. —en : ein von chriftlichen
Eltern geborner, aber im muhamedaniſchen Glauben erzogener Leib-
wächter (Selave) des ägyptiſchen Sultans; Glaubensabtränniger ;
Schandbube, Treulofer, Heuchler.
Schon im 16. Jahrh. aus dem gleichbed. ital. der mammalüooo, welches aus
arab. mamlük Selayo, eig. Beherrſchter, dem Participium bes Paſſivs von malaka
— beſttzen, beherrſchen.
bie Maͤmme kommt im gemeinen Leben vor, wenn von der Mutter
in ihrem mütterlihen Wirken geiprochen wird.
Schon bei Stieler (1691) Sp. 40. Elſäüfſtſch, ſchweiz. überhaupt f. v. a.
Mutter. Aus lat. bie mamma (f. Mama).
die Mämme — Feigling, jegt üblih Memme (f. b.).
F der Mammon, —8, ohne PL. : Neichthum an irdiſchem Gut.
Bei Luther Matth. 6, 24 unb Luc. 16, 9. 11. 18 und nad diefen Stellen
üblich geworben. Aus halbäijh mAmdn N np) u. mammön (109). welche aus
bebr. matmön an) = Schatz, Reichthum, von hebr. täman (1099) — ver⸗
bergen, aufbewahren. Im Gothiſchen ſteht der mammöna nach ber griechiſchen
Form ber mammönßs (uauumväg).
vos Mammuth, beffer, aber unüblich Mammut, —es, BL. —e :
Niefen-Landthier der Vorwelt. Zufammenf. : vr Mammutbs-
knochen.
Aus rufſ. m4mont, wie der Ruffe Ludloff jenes Thier im Jahr 1696 zuerſt
benannt bat, wol von bem in einigen tartariſchen Mundarten gebräudlien mamma
= Erbe, weil die Jakuten und Tungufen das Thier unter ber Erbe wie bie Maul⸗
würfe withlend glaubten.
+ die Mamfett, BL. —en : Jungfer.
„Hatte ih nicht Recht, Mamſell?“ (Leffing I, 884); „Mas befehlen Sie,
Mamſell?“ (Weiße Trauerſp. V, 164); „Mamſell Riekchen“ (Göthe XXV, 852).
©. auch Hölty der Kenner ©. 67 u. 69 fowie Schiller Kab. m. L. 1, 2. 2, 8.
8, 6. 4, 6f. Im BL oft Mamfells (Leffing I, 416. Gbthe an. a. DO.) Im
18. Jahrh., in welchem nad franz. Sitte ehrenbe Begeihunng, gelürzt aus franz.
bie mademoiselle = Jungfrau, eig. „mein (ma) Fräulein (demoiselle).“ Die
neufranz. Ehrenbezeichnung bie demoiselle, altfranz. damoisiel, jegt ein mittellat.
dominicdlis ale Diminutiv auf -c-ella von lat. dömina = Herrin (f. Madante)
voraus. In neuerer Zeit iR Mamfell nicht mehr ebel,
man (mit kurzem a), Bronomen ber dritten Perfon, durch welches: ohne
Bezug auf ein beftimmtes Subject ausgefagt werben joll, was zugleich
von mehreren PBerfonen gelten Tann, 3. B. man tanzt ıc.
Ebenſo ſteht Ihon im Mhd. ſmhd. u. mittelb. aud mit Artikel der man, ein
man, = man, felbft bloßes man und barauf beziigliches ör im nächſten Satze
(Erec 5287 u. ©. 890)], im Ahd., Atjächf., Angelfäcf. man, welches das Subſt. ber
Man — manch 19
men, unfer Mann, if, deſſen wirklicher Begriff „Menſch bes bem weiblichen Ge⸗
ſchlecht entgegenſtehenden Geſchlechts im geſetzten Alter”, bier zumal ba viefes
Subſt. and Menſch Überhaupt ausdrädt, in Unberimmtheit ſich verliert und nicht
mehr gefihlt wird, weshalb das Wort ebenfowel von Franen gefagt werben Tann.
Es ſteht Überall ale wirklicher Singular, aber ganz in dem Sime des älteren
Pluralt, der von Mann im Mhd., Ahd. u. Altſächſ. ebenfalls man lautet. Im
Goth. iR das Subſt. manna nur mit ber Berneinung ni pronominal gebraudt.
Übrigens Recht, ebenfo wie unfer man, das franz. on, altfranz. om, welches das
altfran. hom == Wtenid, d. i. lat. hömo, ik. Was bie Schreibung betrifft, fo if
man eins ber wenigen Wörter, melde ohne Berboppelung bes Auslautes bie
Kürze des Vocales bewahrt haben (vgl. ab, bar in Barfuß, bin, ob, nm, mit zc.),
umb e8 wirb bente noch gerabe fo gefärieben, wie vor tanfenb Jahren, mährend
Mann, um bie Kürze des a anzuzeigen, bie im Neuhochdeutſchen üblich gemorbene
Berboppelung des m erhielt.
man (a furz) = nur. 3. 2. das ift man wenig ꝛc.
n +. wo Alles von der Kauft ihr ging, — Und ihr das Heu man flog, ale
wie gemauf’t” (H. v. Kleiſt d. zerbr. Kr. 7). Nur im Nieberbeutfchen volksüblich.
Niederd. man, men, mittelniederd. men, — nur, fonbern, aber, dän. u. ſchwed.
men = fonbern, aber, flatt mhb. wan = anfßer, ausgenommen, [eine Berneinung
beſchränkend] nur, fonbern, aber, ebenfo wie umgekehrt im Mittelhochdentſchen wan,
wen ftatt bed Pronomens man, (lautlo6) men man vorlommt. Sene mhb. Bar-
tilel wan aber iR Kürzung bes aus der Verneinungspartifel ni, (abgeſchwächt) nö
und dem in feinem Urfprunge bunlelen wan zufammengefetten mbb. niwan, nöwan,
erweitert niuwan, niuwen ſworans oberb. bei Hebel nummıen], fpät-ahb. niwan,
nöwan, urfprlinglih [mit ber dem lat. nec entſprechenden ahd. Form nih]) nihwan
(Docen Misoellaneen I, 27), altjädjj. nöwan, növan, novan, — nichts ale, nur,
außer, wenn nich.
manch, Mafe. mancher, Fem. manche, Neue. manches, nur noch
altertGümlih manniger (f. mannig), mannige, mäanniges,
pronominales Abj. : der, die, das eine und andere, beſonders von vielen.
Mit großem Anlaute Mancher, Manches, im PL. Manche zu
Ihreiben, wann das Wort ſubſtantiviſch d. h. unabhängig zu allgemeiner
Bezeichnung fteht, tft wol üblich, aber im Grunde unnöthig. Zuſam⸗
menf.: mancherlei, ehedem manmnigerlei, aneinandergerlicte Ge⸗
nitive bes Plurals (f. -Tei), vor Subftantiven, gleichviel ob dieſe im
Sing. oder Pl. ftehen, wie ein biegungsfofes Adjectiv geſetzt; man ch-
mal, urfprünglih manig-, mannigmal, im gemeinen Leben auch
mandhesmal. S. auch mannig mit mannigfadh,
mannigfalt zc. Bei Luther bereits mand nad dem Mitteldentſchen, wo
vornehmlich durch Einfluß des Niederdeutſchen [mittelnieberb. mannich neben mannig,
altfrief. manich, monich, monech, manch] neben manic bie Yorm manich
(Lamprecht Alex. 4484 :c.), manch (f. Pfeifers Jeroschin 198. 808. LXVIIf.),
mit ch ſtatt e, g eniſchieden durchgedrungen if; ſchon kurz nach 1100 and im
Hochd. mancch (3: B. Genesis 84, 12. Bol. auch mannigfalt). Mho. manec,
manic unb, wie jene® manela gekürzt, mane, manig,. menie, menig, menich,
ahd. manao, manag uud in ber Endung verſchwücht manig, goth. manags (ſäch⸗
lich bloß manag, nidjt mänagata), altfähf. manag, maneg, = viel, dann „bon
vielen jeber“ und fo im Mittelhochdentſchen ſchon Der heutige unbeſtimmte prono-
28
20 Mandat — Mande
minale Begriff; angeljäh]. manig, monig, mänig, engl. many, altnord. margr.
Nicht abzuleiten von ber man (unferm Mann, ſ. d.) in bem collectiven Begriffe
Leute, weil dann im Gothiſchen, Althochdentſchen 2c. ebenfo, wie in dem von man
abgeleiteten goth. Abj.mannisks, ahd. mennise, = menſchlich (ſ. Meuſch), nn zu er-
warten wäre, fonbern dunkler Herkunft; aber das Wort ſtimmt iu feiner Urver-
wandtſchaft mit bem altflaw. Abi. mndg”, ruf. mnogiy, poln. mnogi, böhm. mnohy,
ferb. mit Übergang des n in I mlogi, = viel. Die oben bemerkte ſubſtantiviſche
Stellung bes Wortes findet ih ſchon im 12. Jahrh. 3. B. maniges (Gem.) si
in [ihn] vrägöten (Genesis 84, 28), und felbf die Form ohne Biegungsenbung
ſteht ſubſtantiviſch, z3. B. manic [mancher] irwarb dA dön töt ( Lamprecht Alexander
4441), überhaupt aber wirb ahd. u. mbb. der Nom. Sing. vor feinem Subſt, vor
bem er attributio lebt, gewöhnlich ohne die Geſchlechtsendung gefett, 3. B. ahd.
manag man, mb. manc man, woher nhd. noch 3. B. Mauch Hofſchranz“
(Bürger Geb. 1778 ©. 162) flatt „mander Hofſchranz“. Steht manch im Nom.
Sing. ohne Biegungsenbung vor einem Adj., fo hat biefe® flarle Form, 3. 8.
mand tapfrer Held, manch edle Frau, manch ſchönes Kind, mhd. manec
wörder man, manec cl&riu frouwe ıc., aber auch beim Neutrum zugleich oft
mit Auslaffung der Enbung bes Adj., 3. DB. „Maud blutig Treffen wird um
nichts gefochten“ (Schiller d. Picc. 2, 7). Auch in dem Nom. bes Plurals, wo
mand gebogen wird, hat regelrecht das folgende Adj. Karte Form, z. B. mande
tapfre Heldenzce. S. Grimm Gramm. IV, 556. Doc daneben mitunter „manche
tapfern Helden“, wie 3.8. „wie manche Spröben fließen” (Wieland Idris
4, 59). Ebenſo, freilich felten, im Nom. Sing. 3.8. „mancher Hriftliher Bauer
., mander freier Mann” (Juſt. Möſer patr. Phant. I, 163f.), „mander
Weiler“ (GObckingk Geb. I, 158), flatt der regelrechten mancher chriſtliche
Bauer 2c., mancher Weije. Herner, aber richtig, nur felten und ungewöhnlich,
ein mander, 3.8. „Ein mancher faffe Mut” (Maler Müller Fauſt); „Er
bielt ein manche s Glas bis oben angeflillet” (Drollinger &. 66). Das Adj.
manderlei lautet im voc. ex quo von 1469 mancherley, mhb. maniger leie,
manger leien (Minnes. II, 154°, 3, 1). Das Av. mandmal (bei Luther
Marc. 7, 8. Hebr. 1, 1) ift Verbindung ſtarker ſächlicher Accuſative des Singulars,
wie einmal, dießmal, ein andermal; 1716 bei ludwig Sp. 1198 mannig
mahl und mannidmahl. Im Mittelhochdeutſchen würde e8 manec mäl lauten. -
f das Mandat, —es, BI. —e : Bevollmächtigung, obrigfeitliche Ver⸗
ordnung. der Manbatar, —s, BL —.
Mandat, bei Alberne diotiondr. BL. 14* u. qqi* manbat== Gebot, Be
febl, iR aus dem von Tat. mandAre = auftragen, anbefehlen, beftellen, kommenden
lat. da8 mandätum = Auftrag, Taiferlicher Befehl, woher ber mandatärius =
Bevollmächtigter, woraus im 18. Jahrh. Mandatar, 1599 nieberl. mandataris.
bie Mande, Bl. —n : Korb ohne Henkel. Davon das Dim. : das
Mändchen. Zufammenf. : ver Mandenmacher S. auch Mane.
Mande, 1691 bei Stieler Sp. 1225f. der Manb und Maun, if nicht
hochdeutſch, ſondern das nieberb. die mande, nennieberl. bie mande, mand, miitel-
nieberl. u. 1475 clevifh die mande, angelfähf. bie mand, mond, engl. maund.
Mit Angleijung bed d zu n, alfo nn and nd auf dem Weſterwalde bie Mann, in
ber Wetterau die Mäne, meshalb (ba wetterau. a and = mıhb. n. ahd. ou, uhd.
au) bei Alberus dietionar. BI. Qq 1d die Daun [mit ber Erflärung „Lorb, ben
bie weiber off dem hauptern tragen”] und BI. F2* manne [„bie korb obber
mannen vff den heuptern tragen“); mit Übergang bes d in g um Aachen bie
Mandel — Mange 21
mange — großer Korb von beſtimmtem Maße (Miller u. Weig 150). Aus
dem dentſchen Worte warb au franz. bie manne = Korb. Das Münden,
mittelmieberl. mandekin.
bie Mandel, PL. —n : Zahl von 15 (Göthe XI, 220); Fruchthaufen
[von 15 Garben] auf dem Felde (Richter 15, 5).
Bei Enther ber Mandel (Muth 8, 7), im Blural die Mandel (Richter
15, 5. Hof. 12, 12) und manbeln (Jeſ. 17, 11); jett gewöhnlich umveränbert
bei vorausgehenbem Bahlworte, z. B. vier Mandel ꝛc. Ebenſowol das
Bandel, unb fo bei I. Gottw. Müller Giepfr. v. & L 117 um. Gotter
Eher 2,6. Schmallaldiſch (Bilmar 260); mitteld. ber mandel (2). Dunkler
Herkunft.
bie Manbel, PL. —n, jtatt Mangel = Glättrolle. S. Mange.
Reh Adelung in einigen Gegenden. Bei 3. H. Boß im tentſchen Merkur
v. 3. 1784 Ar. 11 ©. 184.
vie Mandel, BL. —n, eine befannte Frucht; dann nach der Ähnlichkeit
bie Halsdrüſe. Zufammenf. : ver Mändelbaum, -berg (zuder-
hutartiges Badwert von Mandeln), das Manpdelbrot, ver Man-
belfern, die Manbelmilch, ver Manpelteig ıc.
Mandel, mbb. bie mandel, abb. bie mAndalA, nenniederl. ber amandel, aus
tel. die mändola, pronenzalifd) Die amandola, welches aus dem gleichbedeutenden
gr.-fat. die amygdala, gr. die amygäsld (duvyddin). Mandelbanm iR mäb.
der mandelboum, ahb. der mandalpoum; Mandelkern mhd. ber mandelkärne,
mandelkörn; Mandel milch mb. bie mandelmilich, mandelmilch.
vie Manndelkrähe, bie biane Frühe, coräcias gärrula.
Der Rame, weil ber Bogel zur Erntezgeit, wo bie Mandeln (ſ. Maubel ı)
auf dem Felbe Reben, in Scharen zu uns lommt und ſich gern auf biefe fekt.
Daber au die Benennung Garbenträhe.
manbeln = 1) intranfitiv : Mandeln d. h. Haufen von 15 Garben
(i. die Mandel 1) bilden ober geben; 2) tranfittv : in Mandeln
jegen, nah Mandeln zählen.
mandeln, nach Adelung in einigen Gegenven ftatt mangeln =
mangen, mit ber Glättrolfe glätten. S. die Mandel 2,
Tbie Mandoline, PL. —n, eines Tautenartiges Tonwerkjeug mit 4
und mehr Metallſaiten.
Im 18. Jahrh., in welhen Manboline, Mandolin, anfgenommen aus
franz. bie mandoline, von dem gleichbed. franz. die mandole (neben älterem
mandore), ital. die manddla, welches mit m flatt p, b und Erweichung des x zu
lau franz. bie pandore, ital. bie pandüra, panddra, und fpanifch ſchon die banddla;
diefe aber finb aus gr.-fpätlat. die pandüra, gr. die pandfira (nuvdorpa). Bol.
Diez Wibch L, 802.
be Mane, wetteranifch ſtatt Mande (f. d.). Tavon das Dim. das
München. Zufammenf. : der Manenmader = Rorbflecter.
vie Mange, Pl. —n : Slättrolle für Wäſche. Auch die Mangel.
Urſprünglich: große, mit Steinen beihwerte Walze, in ben Fabriken felbR von
Pierden gezogen unb boppelt auf einander gebenb, zum Plätten, Glätten unb
Glänzenbmaden der Tücher (vgl. Bichey 160f.). Mhd. die mange, fpät gekürzt
22 Mangel — Mangold
mang, aber im 12. Jahrh. der mango (gl. trevir. 16, 25), mange (gl. herrad.
182°), = Mafhine zum Schleudern von Steinen im Kriege, aus wittellat. bie
mänga, mängo, eigentlih unb üblich die mängana, urſprünglich gr.-mittellat. das
mänganum, der mänganus, = Wurfmafhine im Kriege, melde ans gleid-
langen doppelten Hölzern beſtand (f. Perte monumenta II, 785, 363—865), bie
nad der urſprünglich griech Benennung das mägganon (udyyavor) Rollen ober
Walzen waren (vgl. Henr. Stephamus thesaurus grec® lingus, Paris 1842, V,
482 f.). Dem Bilde dieſes Kriegswerkzeuges entfpredend madte man dann ba®
friedliche Werkzeug zum Glätten, und fo findet fidh bereits in dem britten Biertel
bes 15. Jahrh. zu Nürnberg jene® mang in der Beb. Glättmaſchine, ⸗rolle, ⸗walze
fir Weberwaaren (Tucher Baumeisterb. 78, 22. 325, 22. 25). Reben Mange
bildete ſich durch Übergang des m in 1 aus ital. der mängano = Schleuder ı.
Glättwalze ober »preffe, d. i. jenem gr.-mittellat. mänganum, unfere erſt älter-
nhb. Form die Mangel, nieberd. die mängele (Schambach 180*), neunieber!.
ber mangel, mit nd flatt ng (f. D) 1716 bei Ludwig Sp. 1205 neben mangel
bie mandel, fowie aus dem vou dem Subfl. abgeleiteten ital. manganare —
ſchleudern u. mit der Glättwalze glätten, d. i. mittellat. manganfre — mit ber
Wurfmaſchine fhleubern, unfer mangeln, nieberb. mangeln, neunieberl. mangelen,
1716 bei Ludwig a.a. DO. (neben mangeln) manbeln, — mit ber Glättwahe
glätten. Im Althochdentſchen würde man bie mängala ober mängald, und flir
mangeln mängalön gefagt haben. Unfer mangen endlich if das von jenem
ſput⸗ ahd. mango abgeleiteten mbb. mangen in früh—mhd. ermangen == „burd)
Schleudern mit dem Wurfgefhlig bezwingen”, aber mangen fir fi ſtehend beb.
fpät-mbb. ſ. v. a. preſſend glätten, glätten, und ſteht fo bildlich in dem Sinne von
„ausgleichen“ bei Wolkenstein (f 1445) Nr. 118, 2, 4
ver Mangel, —&, Pl. Mängel. Bon mangeln = nidt da fein
oder haben, fo daß Unvollkommenheit entſteht. Zufammenf. mit
Mangel: mangelhaft mit die Mangelhaftigkeit.
Mangel, mbb. häufig ber mangel neben bem feltenen mhd. bie mang , 1402
ber mang, welches auch — Gebrechen. Das Berbum mangeln, weldes auch,
wiewol ungewöhnlich, mit dem Gen. gefligt wirb ſz. B. „Meine Lampe mangelt
D18“ (Göthe XLI, 226)], lautet im Mhd. mängelen, mangeln, im Ahd.
[felten] mAnkolön (in gimankolön (Otfried 4, 11, 86 in ber Freiſtuger Hf.), mdn-
golön (durch Lantangleihung flatt mangalön), fehlt übrigens den andern alten ger-
manifhen Spraden. Im 11. Jahrh. ein einfacheree mangön (Merigarto in ben
Fundgr. II, 5, 40) = ermangeln, entbehren, unb ein imperfonales, unferm mir
mangelt, e8 mangelt mir gleihflehenbes mir mengit (Prät. mir mangta)
findet fi bei Notker (} 1022). Dunkler Abſtammung. Das Adj. mangelhaft
1497 mangelhafft (Weisth. II, 569).
bie Mangel = Glättrolle für Wäfche, |. Mange.
das Mangfutter — Futter aus untereinander gemengtem Getreide.
das Mangkorn — gemengtes Getreide.
Zuſammengef. mit der Mang (Stieler Sp. 1268), auch altengl. mang, mong
(Stratmann 385), = Milhung, und Mangfutter bereits bei Stieler a. a. ©.
Mit Manglorn fiimmt engl. mangceorn; 1457 thüringiſch [mitteld.] das ge-
mangkorn (Weisth. III, 623. Mhd. das gemano — Gemenge), das mangel-
korn = Menglorn (Weisth. I, 677). Bol. mengen.
ver Mangold (d kurz), —es, PL. —, ein Pflanzenname,
manich — Manu 23
beſeuders bie Pflanze beta vulgkris bei Linnd, wie benn eben von biefer Pflanze
jüon i. I. 1482 mangolt (voc. theut. BI. t5°) ſteht, im 14. Jahrh. der mangolt
(AMegenberg) , in ber uriprlinglicderen Yorm manegolt (Fragmente 88%, 89). Der
Name ift ber ahd. Maunsname Mana-, Mani-, Manegold und ſcheint Bezug auf
ben in der altnorbifhen Götteriehre vorlommenben Ramen ber als Gefangenen bes
Königs Frödi Gold mahlenden iefenjungfran Menja zu haben (vgl. Grimm
Mythol. 1160), welcher fi aus altnord. das men — Golbhalsband, was ahd. das
menni, erffärt.
manich (a kurz), beffer [weil ftreng hochdeutſchſ manig, aber üblicher
mannig (f. d.).
der Manichäer, —s, BI. wie Sing. : Schuldforberer.
Stubentenansbrnd. Aus lat. Manicheus = Anhänger des Manes ober
Mani, welder in Perfien eine heidniſch⸗chriſtliche Secte ftiftete und 276 getöbtet
wurde. Die Manichsi, mhd. (entlehnt) Manachdi, waren noch im Mittelalter als
Ketzer verhaßt unb den Heiden und Inden gleihgeachtet (vgl. Berthold 402, 15).
bie Mante (2filbig), Pl. —n (Ifilbig) : Wut, unbezwingbare Sucht
wonach. .
Im 18. Jahrh. aus gr.-Tat. die mAnia, gr. Die mania (uavla) = Raferei, Wit,
Gier 2c., von gr. mafnesthai (ualveodeı) = rafen, wüten.
T die Manier (Ailbig), BI. —en : Behanplungs-, Handlungs, Le⸗
bensart; Ausprudsweife nach Eigenthümlichkeit. Davon : manie-
tiert ge-, verfünftelt. Zufammenf. : manierlich == wolgefittet,
höflich, womit zufammengef. die Danterlichleit.
Manier, fon in mbb. [18. Jahrh.]) die maniere == Weiſe [fo Tristan 116,
14. Dann im 14. Jahrh. „nAch aller där wise und maniere* (Klofter-
Altenberger Hf. 81. K8P)], mittelb. bie manire, nieberrhein. zu Anfange des 18.
Jahrh. die maneir (Karimeines BI. 588, 8, wo nad ber Mundart ei, b. i. &i,
—= mhd. ie), iR aufgenommen ans franz. bie manidre, ital. Die manidra, — Art
und Weiſe, eig. Hanbhabung, Benehmen, von bem von lat. bie mänus = Hand
abgeleiteten wmittellat. Abj. manArius (fatt lat. manufrius) = handlich. &. Diez
Wibch L, 262. Das Abi. (u. Abo.) manterlih u. bie Manierlichkeit finden
ſich erſt 1678 bei Kramer tentſch⸗ital. Wortb. 761°.
ins Manifeit, —es, Bl. — : Staatserflärung ıc.
Eig.: Sffentlihe Erfliärung Bereits im 17. Jahrh. ans mittellat. das mani-
fdstum, welches das Nentrum bes lat., mit bie mAnus = Hand zuſammengeſetzten
%j. maniföstus, a, -um = handgreiflich, fihtbar, offenbar, ſubſtantiviſch ge-
nommen if. '
manig (a Kurz), äbliher mannig (f. d.).
ver Mann, —es, BI. Männer und bei Zählung von Kriegern, auch
Arbeitern ꝛc. Mann ſz. B. drei Mann, wieviel Mann?) : Menich
(j. jedermann, jemand, niemand); Perfon bes durch Natur:
wie geiftige Kraft eriten Gefchlechtes in gefegtem (reiferem) Alter;
Verheiratheter; Perfon jenes Gefchlechtes in überwiegender Natur-,
geiftigen, fittlichen Sraft; [mit dem ſchwachen PL. die Mannen] Ba-
all, Lehnspflihtiger. S. auh man u. Menſch.
Schon bei Luther im Plural Menner und bei Zählungen von Kriegern ober
14 Majorat — Makroue
+ das Majorat, —es, BL. — : das Vorzugsrecht ber Älteſten, dann
das nur auf ben Älteſten vererbliche Gut in einer Familie. Zufam-
menf. : ber Majoratsherr.
Majordt bereits im 17. Jahrh. ans dem gleichbebentenben mittellat. ber
majorätus, von lat. mAjor — größer, dann größer ber Geburt nad, Alter.
+ majorenn, Adj.: großjährig, mündig. Davon die Majorennttät.
Jenes Adj. aus dem gleichbed. mittellat. majorennis, welches mit Ableitung zu⸗
fammengef. aus lat. mAjor — größer, älter (j. Majorat), und ber Annus Jahr,
alfo gleichſam mAjor annis — Älter an Yahren. |
+ die Majorität, BI. —en : die Stimmenmehrheit, das Stimmenmehr.
Aus wittellat. die majöritas (Gen. majoritätis) = überwiegende Größe, von
lat. mäjor = größer (f. Major, Majorat).
T die Majustel, Pl. —n : großer Buchſtab. Vgl. Minuskel.
Aus mittellat. majusoula (nämlid bie litera = Buchſtab), dem Fem. bes lat.
Adj. majäsoulus == etwaß größer, dem Dim. von mAjor — größer.
ber Maͤkel, —s, Bl. wie Sing. : verunreinigender Fed, unfchön
Machendes. Davon : maleliht, malelig, = Matel habend;
maͤkeln — Fleden, Fehler. aufjuchend tadeln, dann Heinlich tabeln,
wovon die Mätelei und ver Mäfler. Zufammenf. : mäkellos.
Makel ſchon auftauchenb bei Frauenlob ©. 44, 26, 18, wo ber makel von
Adams Sündenfalle. Entlehnt aus fat. die mäcula — Fled, Flecken, Schanbfled.
Bol. and das Mal 2. Bei Niebuhr nad dem Geflecht im Lat., aber unge-
wöhnlih : Die Makel. Das Adj. makelicht 1891 bei Stieler Sp. 1217.
Das Berbum mäleln findet fi) aus nieberb. mäkeln ins Hochd. aufgenommen
erſt 1769 bei Herder krit. Wälb. IL, 12 unb zwar mit Acc. „ein Menfh ...
urtheile und richte, und mädle Wörter“ ; ebenfo Mäkler aus dem von mäkeln
‚abgeleiteten nieberb. ber mäkler = Tabelgern, und Mäkelei aus nieberb. bie
mäkelije = Tadelſucht.
mälfeln = (für Gewinn) den Unterhänbler machen, als Unterhändler
thätig fein. Davon : Die Mäkelei; ver Mätler mit ver Zufammen-
fegung der Mätlerlohn.
In der Wetteran maleln, Makler. 1678 bei Kramer teutſch⸗ital. Worth.
758° ber Madler u. Mädler Aus dem Nieberbeutihen, wo mäkeln, bie
mökelije (unfer Mätelei) n. der mäkeler (unjer Mäkler, 1598 Meteler),
neunieberl. makelen u. ber makelaar (unfer Mäller), 1475 clevifdh ber mdkeler
(= „ondercoeper“ Unterlänfer). Woher das Berbum im Nieberb. u. Rieberl.?
T die Matrele, BL —n: Art eines Heringe freffenden Raubfiſches.
hd. im 14. Jahrh. der macor&l (voc. opt. Nr. 40, 89), mittelb. gegen 2500
bie maor&le (Weisth. II, 62), aufgenommen ans nieberl. ber makreel, weldes
aus der mittellat. Benennung ber macarellus, macrdllus, maquerdllus;, franz. der
maquereau. Jenes macardllus zc. aber if dunkles Uriprunges und nicht, wie
man früher annahm, abgeleitet von lat. bie mäcula — „Fleck“ in Hinſicht anf bie
Rückenſtreifen bes Kifchee, wonach jenes franz. maquereau flatt macleresu fllinbe.
die Matrone, Bl. —n: Art Zudergebadenes aus Mandelteig.
1709 ber Blural Madaronen (Castell 1875"). Als eingeblirgert üblich mit L,
doch wiirde beffer, weil das Wort unbeutfhe Betonung behalten hat, Macrone
Mal 15
geiärieben. Aus dem gleichbebentenben franz. ber macaron bon venetianiſch
macaröne — gerollte Rubel (f. Macaronmi).
das Mal, —es, Bl. —e und (üblicher) Mäler : Erfennungszeichen,
Ziel-, Grenzzeichen; Zeitpnnet, in welcher Ber. das Wort nur als
«mal in Zujfammenjegungen und Zufammenfciebungen vorlommt,
1-8. ein», zwei», breimal ac, alles, etnige-, fein», vielmal, mandh⸗
mal, ang mand liebesmal ſzuſammengeſchoben aus mand liebes Mal] zc.,
beidemal, ba®-, diefes-, dbießmal, jedesmal, mit einemmal, mit
einmal (= plöglih), das erfiemal, zweitemal zc.; ein dndermal, zum
dritten-, fiebentenmal zc., zum legtenmal (de = ä) ober Iegtenmale.
Diefeß zählende ⸗mal getrennt zu fähreiben, wie Abelung wollte, 3. 8. ein,
zwei zc. Mal, einige Mal, dieſes Mal, das erfie Mal zc. kommt uns
gegenwärtig altfränfifh vor. Mhd. n. ahd. das mAl = ausgezeiäineter Punet bem
Orte wie der Zeit nad, Zeichen, Zeitpunct, Abſchnitt (Theil) und Wedel ber
Zeit, im Mhd. auch f. v. a. Schmud, Zielpunct, Grenzzeichen, befimmte Effens-
zeit (f. Mahl 2), Mahlzeit, Gaſtmahl; goth. das mel — Zeitpunct, Zeittheil,
Zeit, im Plural p6 möla = Buchſtaben ze ichen [gleihfam als ürtliher Puncth,
Särift. Lutfproffen dem Plural bes Prät. des goth. Wurzelverbums milan (f.
mahlen 1) und fo urſprünglich Theilchen (Punct), baun, was ben Begriff bes
Zeittheile® anlangt, unferm Fremdwort bie Minute (pars minfta) von lat.
mindere, = „in Heine Theile zerlegen“ vergleichbar (f. Grimm Gramm. II, 54).
Übrigens erfheint nah Zahlwörtern und mit biefen zufammengefligt - mal ober,
eine unorganifhhe Verbindung bildend, ber nun veraltete, ſchon im Althochd. ab»
verbialifch gebrauchte Dativ des Plurale malen, mbb. mälen, ahd. mAlum, erſt
im 15. Jahrh., aus weldem ber voc. theut. von 1482 acht-, achthundert-,
dreyssig-, dreyhundert-, funffhundert-, hundert-, sechs-, sechtzehen-, sibentzig-,
zehenmal und funf-, funfftzig, neunhundert-, zweinteig-, zwelffmalen, drey-,
vier-, viertzehenmaln enthält. Dieſe uneigentlihen Zufammenfegungen mit -mal
uud »malen aber lagen nahe, ba im Mittelb. 3.8. zöm andern mäle, zöm sibenden
mäle, im Althochd. zeinemo mAle einmal, bei Notker zö andermo mäle, z& drin
mälen Smal, einsen mälen = jebesmal (Boethius ©. 211, 210), manigen
mälen = immer, vorausgiengen, in welden Verbindungen und ähnlichen man Mat
jetzt auch lieber mit dem vorbergehenben Zahlworte, wie vorhin gezeigt, zuſam⸗
menidreibt, 5. B. zum erſten⸗, anbern-, brittenmal ac., bei Luther nod
zum aubern mal, zum dritten mal, wie er aub ein mal, zwey mal,
brey mal, vier mal ze., taufent mal f&reibt, jeboh mandmal.
bas Mal, —es, BI. —e u. Mäler : Flecken, verunftaltende Stelle.
1469 das mAl — „flöck, [Iat.] menda* (voc. ex quo), nıhb. (felten) das mäl, ahd.
das mäl, wovon 3. B. mAli in ahd. die anamAli, nhd. das anmäl, nhd. (ohne Umlant)
das Anmal, buch Lantangleihung ſchweiz. Ammal, = Narbe, Fleden, Mutter-
mal, if eins mit dem vorhergehenden da8 Mal = Zeichen, was au durch bie
Revensart „ber iR gegeihnet“ — „hat ein Mal” an Bekätigung zu gewinnen
ſcheint. Diefes Mal aber if verdrängend eingetreten für das bavon in feinem
Urfprunge völlig verfhiebene nur noch mundartliche das Mail, ridtiger hochd.
Meil, mbb. n. abb. das meil, == Flecken, Mal, befonders Wundmal, fittliche Be-
flecung, Siinbe, goth. das mail [ob aus älterem mahil (?)], = Aunzel (Epheſ. 5, 27),
eig. Fleden, angelfächl. das mal — Muttermal, woneben gleichbedentend bayeriich
die Maile, mb, die meile, ahb. (bei Williram) bie meild, welches, wenn goth.
ai, ahd. ei durch Schwinben eines h zwiſchen a ober e unb i entflanben if, ber
16 Mal — malmen
Lautverſchlebnng gemäß mit lat. die mAcula == led, Flecken, ſimmen wirbe (f.
Grimm Gramm. I*, 170. 581), ımb jenem ai, ei entipricht angelſüchſ. &
das Mal == öffentliche Berfammlung ꝛc. richtiger Mahl (f. Mahl 1).
das Mal = Eſſen, wofür allgemein üblich, aber nicht fo gut Mahl
(f. Mahl 2).
mal, |. das Mal 1. Davon das Abj. -»malig in einmalig zc.
Diefes ⸗malig bilbete fih erſt im 17. Jahrh.
T der Malachit, —es, BL. —e : Berggrün, (grünes, eigentlih mal-
vengrünes?) Tohlenfaures Kupferer;.
Aus gr.-mittellat. der malachites, gr. malachſtês (ueAaylıng), von gr. bie
maläch& (ualdyn) Malve (f. b.).
malepeien in vermaledeien = arg verwünſchen.
Mhb. vermaledien, znfammengef. mit ben im 15. Jahrh. vorlommenden Berbum
maledien, maledigen, aus lat. maledicere = ſchmaͤhen, eig. Übles fagen, Boſes
auwünſchen, woraus auch ital. maledire = verwünuſchen, verfluden.
malen, mit oder auf ver Mühle, ſ. mahlen 1.
malen, Prät. ich mälete, malte, Part. gemalet, gemalt : ausbildend dar⸗
ftellen, mit Farben beftreichen, in Farben barftellen. Davon ber Maler,
wovon bie Maleret, die Malerin und das Adj. malerifc.
Über die Schreibung f. mahlen 1. Jenes malen, mhd. mAlen = Beiden
maden, färben, bunt verzieren, bildenb entwerfen ober barftellen, (mit Farben)
zeichnen, auf», verzeichnen, abb. mAlön u. mAldn, — bildend ſchaffen ober darftellen,
(mit Karben) zeichnen, nachbilden, -ahmen, altſächſ. malon = (mit dem Schwerte)
zeichnen, verwunben, islänb. mala, if abgeleitet von ahd. das mAl = Beiden,
goth. das mEl —= Zeitpunct, Zeit, im BI. p6 mEla die Schrift (f. Mal 1 Anm.),
woher auch, mittelft j abgeleitet, goth. möljan == fhreiben. Der Maler it mhd.
der mäAlssre, mäler, ahd. der mAlari, mäläri, und bie Malerin mbb. bie
mälerinne, mälerin, auch = ſich ſchminkende weiblihe Perſon.
malen an Adverbien, ſ. Mal 1 und vermalen zc.
mälig, ungut ober vielmehr unrichtig ftatt mählich (f. b.).
+ maliziös — boshaft, tüdifch.
1728 malitios (Sperander 861°), ans bem gleichbeb. von lat. bie malitia =
Bosheit, Tücke, abgeleiteten lat. Adi. malitidsus, woraus auch franz. malicieux,
an welches man fpäter bei malizids mit gedacht haben mag.
+ die Mallepoft, BL. —en : Brieffelleifen, Briefpoft.
Malle ik das franz. bie malle, fpan., portug., provenz. bie mala, — Fell⸗
eifen, aus ahd. die mälaha, mhd. bie malhe, = lederne Taſche, Reiſeſack, welches
ber Lantverfhiebung gemäß mit dem gr. ber molgos (uoAydc) = „Sad von
Ochſenhaut oder Rindsleder“ ſtimmt.
malmen — in Heine Theilchen zerreiben, üblicher zermälmen, bei
Luther Dan. 6, 23 zumalmen. mälmicht und malmig.
Jeues Berbum, das im Mhd. malmen unb im Abb. malmön lauten würde
(vgl. Grimm Gramm. I, 998), und bie ebenfalls erſt im Nhb. erfcheinenben
Adjective malmicht [1691 bei Stieler Sp. 1804) u. malmig führen zurüd
auf das mittel -m (ale Kürzung ans -am) abgeleitete goth. ber malma == Sand
(Matth. 7, 26. Röm. 9, 27), ahd. der malmo (?), weldes mit dem ſtarkbiegenden
Malſtatt — Mal; 17
altuorb. der mälmr == Metall [b. i. Schmelzbaree, Anflösbaree] von dem gotb.
Wurzelverbum milan (f. mahlen 1 u. Melm).
die Malftatt, richtiger Mahlſtatt, f. das Mahl 1. in anderes
Wort ift die Malftatt = Zielftatt, Ziel, |. pas Mall, 3.8. „Vom
Geliht, ver Mahlftatt deiner Küffe* (Bürger 63°).
Diefer legte Ausdruck il malstat = mal, zyl, zylmaß, ende, [Iat.] meta im
voe. theut. von 1482 Bl. t5*.
die Malftätte, richtiger Mählſtätte, |. das Mahl 1.
das Malter, —, BI. wie Sing., ein im. Großherzogthum Heffen ıc.
8 Meften oder 4 Simmer haltendes Zrodenmaß, an Gewicht gegen
oder etwa 200 Pfund. Zufammenf. : der Malterfad = ein ein
Molter Frucht faſſender Sud.
Jenes, ein uraltes dentſches Fruchtmaß, das gröſte Getreidemaß, beb. eigentlich
ſoviel Getreide als ein Maun eine Stiege hinauf tragen Tann (vgl. die Stelle aus
einer Reichsſatzung von 1441 bei Friſch L 637%) zum Mahlen oder au bie
Tracht die ber Mühlgaſt auf Einmal mahlen Täßt (vgl. Schmeller II, 571); alfo
mhb. das malter, malder, ahd. das maltar (?), malter, altſächſ. das maldar,
mittelſt -t (Kürzung aus -at), altfädf. -d, und -ar von mahlen (f. d.), abe.
malan, abgeleitet. Übrigens bezeichnete nıhb. malter, mittelnieberb. malder, and)
eine Zahl von 82 ober 64 (Grimm Recdhtsalterth. 767) und jett Hält das Malter
64 Geſcheid (f. da Geſcheid 1). Der Malterfad if mh. ber maltersac.
der Malvafier (Afilbig) — Föftlicher füher Wein von ber Stapt Na—
poli di Malväsia auf ber Halbinfel Morea.
Im Munde des Bolls Malvaſier (Bfilbig, ie = 1), unb noch z. 8. in ber
Betterau zc. von köſtlicher Süße : bas if, ſchmeckt wie Malmesir. Mhb. mal-
fasier (Haupt Zeitschr. VI, 417, 4), im 15. Jahrh. auch bereit malmasier, im
14. Jahrh. nebenbei malmasy.
die Malve, BL. —n, eine befannte fchön blühende Pflanze. -
Im 18. Jahrh. ans ber Tat. Benennung die mälva, weldhe, neben gr.-lat. bie
mälache, an® gr. bie malächd (uxAdyn) von malässein (uaAdoosıy) = „erwei-
den“ wegen ber erweichenben Kraft bes Krantes und ber Wurzel auf Geſchwüren
z del. Der Wetterauer nennt die Gartenmalve, indem er fi das Fremd-
wort Malve durch Anlehnung verbeutfäht, vie Manlroje.
das Malz, —es, PL. —e : zum Bierbrauen, Brantweindrennen, Eſſig⸗
ſieden, durch Ermweichen zubereitetes Getreive. Davon : malzen,
wovon dann der Mälzer = pas Malzgeſchäft beforgenver Braufnecht.
Zufammenf. : vie Malzbarre oder »börre.
Rebensart : ba, an ibm zc. if Hopfen und Malz verloren = alle
Mühe, daß etwas darans wirb, vergeblid. Malz, mh. u. ahd. das malz, alt-
fähf. m. altnorb. das malt, angelfähf. das mealt, entiproß dem Sing. bes Prät.
des angeljähl. Wurzelverbums möltan (Brät. ich er mealt, wir multon, Bart.
molten) = ſchmelzen (f. db.) d. 5. weich machen, aufloſen, welches ber Lantver-
ſchiebung gemäß mit griech. meldein (u&Adsır) erweichen, ſchmelzen machen,
Kimmt. Das Berbum malzen it mhd. malsen ſdas altjlichf. meltian würde neu⸗
dentſch mälzen fein, wie auch wirklich bayeriſch u. älter⸗nhd. melzen vorkommt,
altuord. melta — erweichen, auflöjen) und ber Mälzer mhd. ber méelzæareo (?),
melczer, altjädhf. der mälteri,
Beigamd, Wörterbuch. 4. Aufl. 3. ®. 2
18 Mama — man
+ die Mama, BL. (felten) —en : Mutter. Ausprud Feiner Kinder.
Mit der Aufnahme franzöſiſcher Sitte üblich geworben, aus franz. die maman,
fpan. mama, welches das Tat. u. gr. die mimma — Mutter in ber frilheſten
Sprache Heiner Kinder, Mutterbruft, Zige. Bol. Mamme, Memm und Memme.
Fer Mamelud, gekürzt Mamluck, auch (jtrenger bem Arabifchen gemäß)
Mamelut (u kurz), Mamluk, —en, BL. —en : ein von chriftlichen
Eltern geborner, aber im muhamedaniſchen Glauben erzogener Leib»
wächter (Sclave) des ägyptiſchen Sultans; Glaubensabtrünniger;
Schandbube, Treulofer, Heuchler.
Schon im 16. Jahrh. aus dem gleichbeb. ital. ber mammaldcco, welches aus
arab. mamläk — Selay, eig. Beherrfchter, dem PBarticipium bes Paffivs von malaka
= beſttzen, beherrſchen.
bie Mamme kommt im gemeinen Leben vor, wenn von ber Mutter
in ihrem mätterlichen Wirken gefprochen wir.
Schon bei Stieler (1691) Sp. 40. Elſäüfſtſch, ſchweiz. liberhaupt f. v. a.
Mutter. Aus lat. bie mamma (f. Mama).
vie Mämme — Feigling, jet üblih Memme (f. d.).
+ der Mammön, —8, ohne PL. : Reichthum an irbifchem Gut.
Bei Luther Matth. 6, 24 und Luc. 16, 9. 11. 18 und nad dieſen Stellen
üblich geworben. Ans Kalbäilh mAmdn (top) u. mammön (my), welche aus
hebr. matmön (ann) — Schatz, Neihtkum, von bebr. täman qvx) = tem
bergen, aufbewahren. Im Gothiſchen fleht ber mammöna nach der griechiſchen
Form ber mammönds (uauuwväg).
das Mammuth, beffer, aber unüblich Mammut, —es, BI. —e :
Kiefen-Landthier der Vorwelt. Zufummen. : vv Mammuths-
knochen.
Aus rufſ. maͤmont, wie der Ruſſe Ludloff jenes Thier im Jahr 1696 zuerſt
benannt bat, wol von dem in einigen tartariſchen Mundarten gebräuchlichen mamma
= Erbe, weil die Jakuten und Zungufen das Thier unter der Erbe wie die Maul⸗
wäürje wilhlend glaubten.
+ die Mamfelt, Bl. —en : Iungfer.
„Hatte ih nit Recht, Mamſell?“ (Leſſing L 884); „Was befehlen Sie,
Mamſell?“ (Weiße Trauerſp. V, 164); „Mamfell Riekchen“ (Gbthe XXV, 852).
©. aud Hölty der Kenner ©. 67 u. 69 fowie Schiller Kab. m. 8. 1, 2. 2, 8.
B, 6. 4, 6f. Im BL oft Mamfells (Leffiug I, 416. Gbthe a. a. DO.) Im
18. Jahrh., in weldem nad franz. Sitte ehrenbe Bezeichnung, gekürzt aus franz.
bie mademoiselle = Jungfrau, eig. „mein (ma) Fräulein (demoiselle).“ Die
neufranz. Ehreubezeichnung bie demoiselle, altfranz. damoisiel, fegt ein mittellat.
dominicdlla ale Diminutiv auf -c-ella von lat. dömina = Herrin (f. Madame)
voraus. In neuerer Zeit iR Mamfell nicht mehr ebel,
man (mit kurzem a), Bronomen der britten Berfon, durch welches: ohne
Bezug auf ein beftimmtes Subject ausgefagt werben ſoll, was zugleich
bon mehreren Perjonen gelten kann, 3. B. man tanzt ıc.
Ebenfo ſteht fon im Mhd. [mbb. u. mitteld. auch mit Artilel der man, ein
man, = man, felbft bloße man und darauf bezliglihes Ar im nähften Satze
(Erec 5237 u. ©. 390)], im Ahd., Altfächl., Angelſachſ. man, welches das Subf. ber
man — mandı 19
men, unfer Mann, if, befien wirflicher Begriff „Menſch bes dem weiblichen Ge-
ſchlecht entgegenftehenben Geſchlechts im gefegten Alter”, bier zumal da biefes
Subſt. auch Menſch liberhaupt ausprädt, in Unbeſtimmtheit fi verliert und nicht
mehr gefühlt wird, weshalb das Wort ebenfomel von Frauen gefagt werben Tamı.
Es Reht überall ale wirklicher Singular, aber ganz in dem Sinne bes älteren
Plnrals, der von Mann im Mhd., Ahd. u. Aftfächf. ebenfalls man lautet. Im
Goth. iR das Subſt. manna nur mit ber Verneinung ni pronominal gebrandit.
Übrigens ſteht, ebenfo wie unfer man, ba8 franz. on, altfranz. om, welches das
altfeanz. hom == Meufd, d. 1. lat. hömo, if. Was bie Schreibumg betrifft, fo if
man eins ber werigen Wörter, welche ohne Werboppelung bes Auslautes bie
Kürze des Vocales bewahrt haben (vgl. ab, bar in Barfuß, bin, ob, um, mit zc.),
und e8 wirb bente noch gerade fo geiärieben, wie vor tauſend Jahren, während
Mann, um bie Kürze bes a anzuzeigen, die im Neuhochdeutſchen üblich gemorbene
Berboppelung des n erhielt.
man (a fur) = mur. 3. B. das ift man wenig ıc.
„. . . wo Alles von ber Fauſt ihr ging, — Und ihr das Heu man flog, ale
wie gemauf’t” (H. v. Kleift d. zerbr. Kr. 7). Nur im Nieberbeutfhen volksüblich.
Nieberd. man, men, mittelnieberb. men, = nur, fonbern, aber, bän. un. ſchwed.
men = fonbern, aber, fatt mb. wan = aufer, ausgenommen, [eine Berneinung
befäränfenb] nur, fonbern, aber, ebenjo wie nngelehrt im Mittelhochdeutſchen wan,
wen ftatt des Pronomen® man, (lautlos) men man vorlommt. Jene mıbb. Bar-
tifel wan aber if Kürzung bes aus der Verneinungspartilel ni, (abgeſchwächt) nd
und dem in feinem Urfprunge dunkelen wan zufammengefegten mhb. niwan, nöwan,
erweitert niuwan, niuwen ſworaus oberd. bei Hebel nummen), fpät-ahb. niwan,
nöwan, urfpringlich [mit ber bem lat. neo entſprechenden ahd. Form nih) nihwan
(Docen Miscellaneen I, 27), altjäf. nöwan, növan, novan, = nichts als, nur,
außer, wenn nicht.
manch, Maſc. mäncher, Sem. manche, Neutr. manches, nur noch
alterthümlich maänniger (ſ, mannig), mannige, mäanniges,
pronominales Adj. : ber, bie, das eine und andere, befonders von vielen.
Mit großem Anlaute Maucher, Manches, im PL. Manche zu
ihreiben, waun das Wort ſubſtantiviſch d. h. unabhängig zu allgemeiner
Bezeichnung fteht, ift wol üblich, aber im Grunde unnöthig. Zuſam⸗
menf.: mancherlet, ehedem mannigerlei, aneinandergerückte Ge-
nitive des Plurals (f. «Lei), vor Subftantiven, gleichviel ob dieſe im
Sing. oder BL. ftehen, wie ein biegungsloſes Adjectiv gejegt; manch
mal, wrfpränglih manig-, mannigmal, im gemeinen Leben auch
mandesmal. S. auch mannig mit mannigfadh,
mannigfalt zc. Bei Luther bereits mand nad dem Mitteldeutſchen, wo
vornehmlich durch Einfluß bes Niederdeutſchen [mittelnieberb. mannich neben mannig,
altfrief. manich, monich, monsch, manch] neben manic bie Form manich
(Lamprecht Alex. 4484 ıc.), manch (f. Pfeiffers Jeroschin 198. 808. LXVIIf.),
mit ch flatt e, g emtidieben durchgedrungen if; ſchon kurz nach 1100 and im
Sedb. manech (3. B. Gönesis 84, 12. Bgl. auh mannigfalt). Mbb. manec,
manie und, wie jene manch gelürjt, mane, manig,. menic, menig, menich,
abe. manac, manag und in ber Endung verſchwächt manig, goth. manags (jäd-
lich bio manag, niit mänagata), altjädf. manag, maneg, — viel, bann „bon
vielen jeder“ und fo im Mittelhochdentſchen fon ber heutige unbefimmte prono-
928
20 Mandat — Mande
minale Begriff; angelſächſ. manig, monig, mänig, engl. many, altnord. margr.
Nicht abzuleiten von ber man (unferm Mann, f. d.) in dem collectiven Begriffe
Leute, weil dann im Gothiſchen, Althochdentſchen zc. ebenfo, wie in bem von man
abgeleiteten goth. Abj.manniaks, ahb. mennise, = menſchlich (ſ. Menſch), an zu er-
warten wäre, ſondern dunkler Herkunft; aber das Wort ſtimmt in feiner Urver⸗
wandtſchaft mit bem altſlaw. Abj. mndg”, ruf]. mnogiy, poln. mnogi, böhm. mnohy,
ferb. mit Übergang bes n in 1 mlogi, = viel. Die oben bemerkte ſubſtantiviſche
Stellung bes Wortes findet fih ſchon im 12. Jahrh. 3. B. manigen (Gen.) si
in [ihn] vrägöten (Genesis 84, 28), unb felbf die Korm ohne Biegungsenbuug
ſteht fubRantivifch, 3. B. manic [mancher] irwarb dA dön töt (Lamprecht Alexander
4441), überhaupt aber wirb ahd. u. mbb. der Nom. Sing. vor feinem Subſt., vor
dem er attributin ſteht, gewöhnlich ohne bie Geſchlechtsendung geſetzt, 3. B. ahd.
manag man, mhd. manc man, woher uhd. no 3. B. „Man Hofihranz“
(Bürger Geb. 1778 ©. 162) ſtatt „mander Hoffhranz*. Steht maund im Rom.
Sing. ohne Biegungsenbung vor einem Abj., fo bat biefes ſtarke Korm, 3. B.
manch tapfrer Held, manch eble Frau, mand ſchönes Kind, mhd. manec
wörder man, manec clAriu frouwe zc., aber auch beim Neutrum zugleich oft
mit Anslaffung der Endung des Adj., 3. DB. Manch blutig Treffen wird um
nichts gefochten” (Schiller d. Bicc. 2, 7). Auch in bem Nom. bes Plurals, wo
mand gebogen wirb, hat regelrecht das folgende Adj. ſtarke Form, z. B. maude
tapfre Helden ꝛe. S. Grimm Gramm. IV, 556. Doc daneben mitunter „mande
tapfern Helden“, wie 3.8. „wie manche Spröden ſchließen“ (Wieland Ipris
4, 59). Ebenfo, freilich jelten, im Nom. Sing. 3. B. „mander Kriftlider Bauer
..., mander freier Mann” (Su. Möfer patr. Phant. L, 168 f.), „mander
Weiſer“ (Göckingk Geb. I, 158), flatt der regelrechten mander chriſtliche
Bauer ꝛc., mandher Weife. Ferner, aber richtig, nur jelten und ungewöhnlich,
ein mander, 3.8. „Ein mander faffe Mut” (Maler Müller Kauf); „Er
bielt ein manche 8 Glas bis oben angeflillet” (Drollinger ©. 66). Das Abj.
manderlei lautet im voc. ex quo von 1469 mancherley, mhb. maniger leie,
manger leien (Minnes. II, 154°, 3, 1). Das Adv. manchmal (bei Luther
Marc. 7, 8. Hebr. 1, 1) iR Verbindung ſtarker ſächlicher Accuſative des Singulars,
wie einmal, bießmal, ein andermal; 1716 bei ludwig Sp. 1198 manuig
mahl nnd mannichmahl. Im Mittelhochdentſchen würde es manec mäl lauten. -
T das Mandat, —es, Bl. — : Bevollmächtigung, obrigkeitliche Ver⸗
orbnung. der Manpatar, —s, Pl. —.
Mandat, bei Alberus diotionär. BI. 114 u. qqi* maubat = Gebot, Be-
fehl, iR aus dem von lat. mandäre — auftragen, anbefeblen, beftellen, Tommenben
fat. das mandAtum = Auftrag, Taiferlier Befehl, woher der mandatärius =
Bevollmäßtigter, woraus im 18. Jahrh. Mandatar, 1599 nieberl. mandataris.
bie Mande, BI. —n : Korb ohne Henkel. Davon das Dim. : das
Mändchen. Aufammenf. : ver Mandenmacher. S. auch Mane.
Manbe, 1691 bei Stieler Sp. 1225f. der Manb uud Mann, if nidt
hochdeutſch, ſondern das nieberb. bie mande, nennieberl. die mande, mand, wmiitel-
nieberl. u. 1475 clewifh die mande, angelfähfl. die mand, mond, engl. maund.
Mit Angleihung bes d zu n, alfo nn aus nd auf dem Weſterwalde bie Mann, in
der Weiterau bie Mäne, weshalb (da wetteran. & au = bb. u. ahb. ou, uhd.
au) bei Alberus dicetionar. WI. Qq 1? die Maun [mit der Erfiärung „lorb, beu
bie weiber off ben hauptern tragen“) und BI. F2* manne [„bie korb obber
mannen vff ben heuptern tragen“); mit Übergang bes d in g um Aacheu bie
Mandel — Marge 21
mange = großer Korb von beffimmten Maße (Miller n. Weig 150). Aus
bem deutſchen Worte warb auch franz. die manne = Korb. Das Mändchen,
mittelnieber(. mandekin.
bie Mandel, Pl. —n : Zahl von 15 (Göthe XL, 220); Fruchthaufen
[von 15 Garben] auf vem Felde (Richter 15, 5).
Bei Luther der Mandel (Ruth 8, 7), im Plural bie Mandel (Richter
15, 5. Hof. 12, 12) und manbeln (Ief. 17, 11); jetzt gewöhnlich unverändert
bei vorausgehendem Bahlworte, z. B. vier Mandel ꝛc. Ebenſowol das
Mandel, und fo bei 3. Sottw. Müller Siegfr. v. 2. I, 117 u. Gotter
Eſther 2, 6. Schmallaldiſch (Bilmar 260); mittel. der mandel (7). Dunkler
Herkunft.
die Maändel, BI. —n, jtatt Mangel — Glättrolle. S. Mange.
Rah Adelung in einigen Gegenden. Bei 3. H. Bo im teutfhen Merkur
v. 9. 1784 Nr. 11 ©. 184.
die Mandel, BI. —n, eine befannte Frucht; dann nach ber Ähnlichkeit
die Halsprüfe. Zufammenf. : ver Manpelbaum, -berg (zuder-
hutartiges Backwerk von Mandeln), das Manpelbrot, ver Man-
eltern, die Mandelmilch, ver Mändelteig ıc.
Mandel, mbb. die mandel, ahb. bie mändald, neunieberl. ber amandel, aus
ital. die mändola, provenzalifdh bie amandola, welches aus dem gleichbebentenben
gr.-lat. Die amyfgdala, gr. die amygädld (duvydain., Mandelbanm ift mäb.
ber mandelboum, abb. der mandalpoum; Manbdeltern mh. ber mandelkärne,
mandelkörn; Mandelmilch mıhb. die mandelmilich, mandelmilch.
die Manpdelträhe, bie blaue Krähe, coräcias gärrula.
Der Rame, weil der Bogel zur Erntegeit, wo bie Manbeln (f. Mandel 1)
auf dem Felde Reben, in Scharen zu ums tommt und fi) gern auf dieſe ſetzt.
Daher auch die Benennung Garbenkrähe.
mandeln = 1) intranfitiv : Mandeln d. h. Haufen von 15 Garben
(i. bie Manpel 1) bilden over geben; 2) tranfitiv : in Mandeln
fegen, nah Mandeln züblen.
mandeln, nach Adelung in einigen Gegenden ftatt mangeln =
mangen, mit ber Glättrolfe glätten. S. die Mandel 2.
t die Mandoline, Pl. —n, Meines Tautenartiges Tonwerkzeug mit 4
und mehr Metalljaiten.
Im 18. Jahrh., in welden Mandoline, Manbofin, aufgenommen ans
franz. die mandoline, von dem gleichbeb. franz. bie mandole (neben ülterem
mandore), ital. die mandöla, welches mit m flatt p, b umb Erweichung bes r zu
l aus franz. Die pandore, ital. bie pandära, pandöra, nnd ſpaniſch ſchon bie banddla;
biefe aber find aus gr.-fpätlat. bie pandüra, gr. bie pandüra (zavdoroan). Bol.
Die; Wibch I, 802.
die Mane, wetterauifch ftatt Mande (f. d.). Davon das Dim. das
Minden. Zufammenf. : dr Manenmacher — Korbflechter.
die Mange, Pl. —n: Glättrolfe für Wäſche. Auch die Mangel.
Urſprünglich: große, mit Steinen beſchwerte Walze, in ben Kabrilen ſelbſt von
Pferden gezogen und doppelt auf einander gehend, zum Plätten, Glätten und
Glamendmachen der Tier (vgl. Bichey 160f.). Mbb. Die mange, fpät gekürzt
2 Mangel — Mangold
mang, aber im 12. Jahrh. der mango (gl. trevir. 16, 25), mange (gl. herrad,
182°), = Mafdine zum Schleudern von Steinen im Kriege, aus wmittellat. bie
mänga, mängo, eigentlih und libli die mängana, urſprünglich gr.-mittellat. das
mänganum, ber mänganus, — Wurfmaſchine im Kriege, melde aus gleich
langen boppelten Hölzern beftand (f. Pertz monuments I, 785, 363—865), bie
nah der urjprünglich griech Benennung das mägganon (udyyayor) Rollen ober
Walzen waren (vgl. Henr. Stephanus thesaurus grec® lingus, Paris 1842, V,
482 f.). Dem Bilde biefes Kriegswerkzeuges entſprechend machte man dann das
friedliche Werkzeug zum Glätten, und ſo findet ſich bereits in dem dritten Viertel
bes 15. Jahrh. zu Nürnberg jenes mang in der Bed. Gläuttmaſchine, ⸗rolle, ⸗walze
für Weberwaaren (Tucher Baumeisterb. 78, 22. 825, 22. 25). Neben Mange
bildete ih dich Übergang des n im 1 aus ital. ber mängano = Gälender u.
Stättwalze ober -preffe, d. i. jenem gr.-mittellat. mänganum, unſere erſt älter-
nhd. Form die Mangel, nieberb. bie mängele (Schambad 130°), neunieberl.
ber mangel, mit nd ftatt ng (f. D) 1716 bei Ludwig Sp. 1205 neben mangel
bie mandel, fowie aus bem von bem Subfl. abgeleiteten ital. manganare =
ſchleudern u. mit der Glättwalze glätten, d. i. mittellat. mangandre — mit ber
Wurfmafchine fhleubern, unfer mangeln, nieberb. mangeln, neunieber!. mangelen,
1716 bei Ludwig a.a.D. (neben mangeln) manbeln, = mit ber Glättwalze
glätten. Im Altbochbentichen wiirde man bie mängala oder mängald, und fiir
mangeln mängalön gefagt haben. Unfer mangen enblih iR das von jenem
fpät-abb. mango abgeleiteten mbb. mangen in frlib-mbb. ermangen = „burd
Schleudern mit dem Wurfgeihlig bezwingen”, aber mangen fir fi) ſtehend beb.
fpät-mbb. ſ. v. a. preſſend glätten, glätten, und ſteht fo bilblich in dem Sinne von
„ausgleihen” bei Wolkenstem (} 1445) Nr. 118, 2, 4.
ver Mangel, —s, Pl. Mängel. Bon mangeln = nidt va’ fein
oder haben, jo daß Unvollkommenheit entſteht. Zufammenf. mit
Mangel: mangelhaft mit die Mängelhaftigkeit.
Mangel, mhd. häufig der mangel neben dem feltenen mıbb. die mang, 1402
ber mang, welches auf — Gebreden. Das Berbum mangeln, weldes and,
wiewol ungewöhnlich, mit bem Gen. gefligt wird ſz. B. „Dieine Lampe mangelt
Ols“ (Göthe XLII, 226)], Tautet im Mhb. mängelen, mangeln, im Abb.
[felten] mänkolön (in gimankolön (Otfried 4, 11, 86 in ber Freifinger Hf.), män-
golön (durch Lautangleichung ftatt mangalön), fehlt librigens den anbern alten ger-
maniſchen Spraden. Im 11. Jahrh. ein einfacdhere® mangön (Merigarto in ben
Fundgr. II, 5, 40) = ermangeln, entbehren, und ein imperfonales, unferm mir
mangelt, e8 mangelt mir gleihflebeubes mir mengit (Prät. mir mangta)
findet fi bei Notker (} 1022). Dunkler Abſtammung. Das Adj. mangelhaft
1497 mangelhafft (Weisth. II, 569).
bie Mangel — Gflättrolle fir Wäſche, |. Mange,
das Mangfutter — Futter aus untereinander gemengtem Getreide,
das Manglorn = gemengtes Getreide.
Zuſammengeſ. mit ber Mang (Stieler Sp. 1268), auch altengl. mang, mong
(Stratmann 385), = Miſchung, und Mangfutter bereits bei Stieler a. a. D.
Mit Manglorn fimmt engl. mangcorn; 1457 thüringiſch [mittelb.] das ge-
mangkorn (Weisth. III, 623. Mhb. da8 gemano — Gemenge), das mangel-
kon = Mengkorn (Weisth. I, 677). Bol. mengen.
der Mangold (d kurz), —es, PL. —, ein Pflanzenname,
manich — Men 23
beſeuders bie Pflamje böta vulgkris bei Linnd, wie benn eben von biefer Pflanze
füon i. 3. 1482 mangolt (voc. theut. BI. t5°) ſteht, im 14. Jahrh. der mangolt
(Megenberg),, in ber urfprlinglicheren Yorm manegolt (Fragmente B8t, 89). Der
Name ift ber abb. Manusname Mana-, Mani-, Manegold und ſcheint Bezug auf
ben in ber altnorbifchen Götterlehre vorkommenden Ranıen ber als Gefangenen bes
Könige Frödi Gold mahlenben Rieſenjungfrau Menja zu haben (vgl. Grimm
Mythol. 1160), welcher ih ans altnord. das men — Golbhalsband, was ahb. das
menni, erflärt.
manich (a kurz), beffer [weil ftreng Hochveutfch] manig, aber übticher
mannig (f. d.).
fderr Manidhäer, —s, BI. wie Sing. : Schuldforberer. |
Stubentenausbrud. Aus lat. Manicheus = Anhänger des Manes ober
Mani, mwelder in Perfien eine heidniſch⸗chriſtliche Secte ſtiftete und 276 getöbtet
wurde. Die Manichsi, mhb. (entlehnt) Manachdi, waren noch im Mittelalter ale
Ketzer verhaßt und ben Heiden unb Inden gleichgeadhtet (vgl. Berthold 402, 15).
bie Manie (Zfilbig), PL —n (Ildig) : Wut, unbezwingbare Sucht
wonach.
Im 18. Jahrh. aus gr.⸗lat. die maͤnia, gr. bie mania (zavle) = Raferei, Wut,
Gier zc., von gr. mafnesthai (zalveodaı) = vafen, wüten.
f die Manier (Zfilbig), PL. —en : Behandlungs, Handlungs⸗, Les
bensart; Ausprudsweife nach Eigentgümlichkeit. Davon : mante-
riert ge-, verlünftelt. Zufammenf. : manterlich == wolgefittet,
böffich, womit zufammengef. die Manterlichkeit.
Manier, fon in mhb. [18. Jahrh.] bie maniere — Weiſe [fo Tristan 116,
14 Dann im 14. Jahrh. „näch aller där wise und maniere* (Klofter-
Altenberger Hf. Bi. KSP)], mittelb. die manire, niederrhein. zu Anfange bes 18.
FJahrh. die maneir (Karimeinet BI. 588, 8, wo nad ber Munbart ei, b. 1. 8i,
= mhb. ie), iR aufgenommen aus franz. die manitre, tal. die maniera, = Art
uud Weiſe, eig. Handhabung, Benehmen, von dem von lat. bie minus = Hand
abgeleiteten mittellat. Wbj. manfrius (fatt lat. manufrius) = handlich. S. Diez
SWibch I, 262. Das Abi. (m. Adv.) manterlih n. bie Manierlichkeit finden
fi erſt 1678 bei Kramer teutieital. Wortb. 761".
+ das Manifeit, —es, BI. — : Staatserflärung ꝛc.
Eig. : Sffentliche Erklärung. Bereits im 17. Jahrh. aus mittellat. das mani-
fdstum, welches das Neutrum bes Iat., mit die mAänus = Hand zuſammengeſetzten
bj. maniföstus, -a, um = handoreiſich, ſichtbar, offenbar, ſnbſtantiviſch ge⸗
nommen M-
manig (a Kurz), üblicher mannig (f. d.).
ver Mann, —es, Bl. Männer und bei Zählung von Kriegern, auch
Ürbeitern ꝛc. Mann ſz. B. vrei Mann, wieviel Mann?) : Menſch
(. jedermann, jemand, niemand); Perfon bes durch Naturs
wie geiftige Kraft eriten Gefchlechtes in geſetztem (reiferem) Alter;
Verheiratheter; Perjon jenes Gefchlechtes in überwiegender Natur-,
geiftigen, ſittlichen Kraft; [mit dem ſchwachen PL. die Mannen] Ba⸗
fall, Lehnspflichtiger. S. au man un. Menſch.
"Shen bei Luther im Plural Menner und bei Zählungen von Kriegern ober
24
T
Kriegstüchtigen Man, 3. B. 600000 Man zu fnfe, 80000 ſtreitbar Man, alle
Man (1 Sam. 14, 22) 2c.; ber Plural Mannen wirb er 1641 bei Sch otteling
Sprachkunſt 279 vergeihnet. Alle brei Pluralformen gehen ans ben alten Biegungs-
weifen des Wortes im Witbeutfchen hervor, welde, injoweit es nöthig if, ſogleich
nachher angegeben werben follen. In Zufammenfegungen aber, in welden Mann
das letzte Wort if, hat der Plural gewöhnlich Leute flatt Männer, 5. B. Ader-,
Sanpt-, Lehnslente zc. Mhd. der man, entweber burd alle Caſus ungebogen
nnd alfo auch im Pl. die man unfer die Mann, ober im Gen. Sing. bes
mannes, mans, im Rom. Pl. bie manne und, wie Shmeller H, 577 anfliprt,
erſt (nach der Ähnlichkeit fEchlicher Wörter wie Kind, Lamm, Weib sc.) im voc.
v. 3. 1429 manner, aufierdem im 15. Jahrh. mitteld. menner, mennir, unſer
Männer, fowie mhd. die mannen = ?ehensleute, unſer Maunen, ahd. ber
man, Gen. mannes u. ungebogen man, Nom. u. Xcc. BI. ungebogen man (unfer
BI. die Mann), altfädf. der man, Gen. mannes, mannas, Pl. man; aud im
Angelfähf., Altfrief. u. Altnord. (in biefem ber madr flatt mannr) biegt das
Wort unregelmäßig. Der Gothe hatte die unferm ber Aar, Erbe, Knabe zc. gleich⸗
ſtehende ſchwachbiegende Form ber manna — Menſch, welchem aber auch ſtarle Caſus⸗
formen zukommen, z. B. im Gen. Sing. ſtark des mans (ſtatt mannis), im Rom. u.
Acc. BI. ſchwach mannans (unfre Form die Mannen) und flarl mans (flatt mannds)
unfer die Mann. Jener ſchwache Plural findet fi auch im Nennieberländifchen, wo
bie mannen neben dem ſtarken die mans, während im Mittelnieberlänbifhen nur
Kart die man (auf von Dieuftmannen, z. B. hor. beig. IU, 71, 2507), die mans
unb die manne vorlommt. Das Wort bebeutet urſprünglich f. v. a. „bentendes
Weſen“ und entfproß dem Ging. bes Brät. eines verlornen goth. Wurzelverbums
minan (Prät. id er mam, wir mönum, Part. munans), ahd. mönan (Prät. ich er
man, wir mänum&s, Part. monan, kimonan), = benten, woran benten, welches fich
nod in bem, etwa unferm „id er mag“ vergleichbaren goth. Präterito⸗Prüſens d. h.
zum Präſens geworbenen alten Präteritum man (Plur. wir munum, Infinitiv
munan) = id) glaube, halte dafür, erachte, gedenke, erhalten bat. Bon bemfelben
Sing. des Prät. (man) if dann noch mahnen (f. b.), ahd. manön, von, dem
Präſens goth. ih mina, abb. minu, aber Minna (f. b.) und, was basielbe ift,
Minne (f.d.) ahd. minna, fowie altnord. da® minni = Erinnerung, Becher zum
Gedächtnisſtrunke, abgeleitet; von dem Part. des Prät. (goth. munans) endlich
fommen die altnorbifchen Wörter der muni == Gemlith, der munr == Bergnligen,
Wolluſt. Eben diejes voranszufegenbe Wurzelverbum (minan) nun Rimmt in bem
urverwanbten Spraden mit dem in bem rebnplicierenben at. memmismisse = ſich
erinnern, gedenken, zu Grunde liegenden verlornen lat. mAnere (j. Grimm
Gramm. I’, 571), dem aus dem gleichfalls rebuplicierenden gr. mömoma
(u£uova) = ich gebente, will, zu erſchließenden Präfens menein (uEvsıv), ferner
mit dem fanffr. man = benten, meinen, glauben, litthau. mineti = woran benten
[manyti benfen], ruf. mnjet’ = meinen, böhm. mnieti, und bie Subflantive biejer
Berba Iat. bie mens = Sinn, Gemith, Denkkraft, gr. das menos (uEvoc) =
Wille, Willenskraft, Kraft, ſanſtr. das mammas = Gef, Gemüth find mit bem
goth. der muns — Gedanke, Abſicht, Beſchluß' und jenem vorhin angeführten altnorb.
der munr zufammenzubalten. Ein älteres Wurzelverbum aber, welches in feiner Blural-
form bes Präteritums unferm Wurzelverbum au Grunde Liegt, zeigt meinen (f. b.).
das Manna, —'s, ohne PL, ein gelber u. füßlicher Baumfaft, welcher
in Heinen burchfichtigen Körnchen gefammelt wird.
mannbar — mannig 25
Mid. das mannk (Frauonlob ©. 18, 6, 10), ahb. das mannd, goth. manna,
angelfächf. das manna, aufgenommen ans biblifch-gr.-fat. das männa, gr. das
minna (sdyva), welches and arab. mann eig. = Geſchenk, Gabe, von arab.
manna == theilen, wolthun (zutheilen).
mannbar = bes Mannes fähig d. 5. Heirathsfähig, urſprünglich von
Berfonen weibliches Gefchlechtes, mit der Zufammenjegung bie Mann
barkeit. das Männchen, Diminutiv. mannhaft = feft, ftand-
haft wie ein Mann, mit die Maͤnnhaftigkeit. die Mannheit,
ohne Pl, = Mannestüchtigkeit.
Männchen, nieberb. männken, mittelnieberi. mannekin, ift von Mann abge-
Idtt, mannbar, -baft, Mannheit dagegen find mit biefem zufammengefept.
Das Ubi. mannbar iR mhb. manbsere, mittelb. manböre, — zeugungefähig vou
weiblichen Berfonen, von männlichen manbar erfi 1489 bei Schannat Fuldiſcher
Lehen⸗Hof ©. 381, 451. Manbarkeyt bei Dasypödius BI. 1974 u. 381°. Das
%j. mannhaft ik mhd. manhaft = mann-, ftanbhaft, tapfer, wovon gleichbeb.
das mbb. Abj. manhaftie, älternhd. manhafftig (Amos 2, 16), damit bann
wiemmenge). mittel. manhaftikeit (b. i. manbaftic-heit) = Gtanbhaftigkeit,
anfer Mannhaftigkeit. Mannheit mhb. u. mittelb. bie manheit = mann⸗
haftes Weſen, tapferes Welen, Tapferkeit, mannhaftes Thun, Mannesalter, im
Nhd. dann auch ſ. v. a. Zeugungsvermögen bes Mannes, männlides Zeu-
gungeglied.
mannig, richtiger , aber jegt unüblich (weil man bei nur einem n ver-
ſucht fein könnte, das furze a gegen die Ausfprache zu vehnen) manig.
Eine jegt außer den Zufammenfegungen mannigfadh, manntg-
faltig (alterthümlih mannigfalt) mit nie Mannigfaltigteit,
mannigfalten == vervielfältigen [„das Luftgefiever mannichfalte
fih auf Erden“ (Herder Alt. Urkunde I, 57)], auh wol mannig«
mal, nur feltene Form,
3.8. „buch mannigen Gieg“ (Göthe L, 195). Unhochdeutſch mannich ober
manid und darnach mannichfach, manniäfalt ac, wie ſchon z. B. in ber
Genesis 35, 40 maniehvalt, 1469 mittelrhein. rmaniehfeldig (voc. &x quo). Die
eigentlide, reine bob. Form it manig, mannig, benn mhd. manee, manie,
ahd. manae, manag, goth. manage, worüber |. bie Anm. zu mand. Das Abi.
mannigfad if mhb. manecvach (?), mittelb. manicvach (Jeroschin 21555.
23769); mannigfalt mbb. manec-, manicvalt, abd. manac-, managfalt, manic-,
manigfalt, urfpr. manacfaldi (voc. Kerönis 192°), goth. managfalbs, altſüchſ.
managfald, angelfächf. manigfeald, altnorb. margfaldr, = vielfältig, wovon das
ahb. Adv. manacfalto (Ratt manacfaldo), manag-, manach-, manigfalto, bb.
manecvalde; das ohne Umlaut gebliebene mannigfaltig mhb. mänicvaldio,
-veltic, mittelb. manichvaldech, mitteld. (mit Umlaut) mänicveldio (Salamönis
hüs ©. 437, 40), 1469 mittelrhein. manichfeldig (voc ex quo), ahd. manac-, manag-,
manigfaltic, = vielfältig; bie Mannigfaltigteit mhd. dDiemanicvalticheit, mittelb.
manicvaltekeit, manigveldikeit, = Bielfältigfeit; mannigfalten mhd. manec-,
menic-‚manichvalten, manigfalten, = vervielfältigen, auch ſ. v. a. bunt zufammenfegen,
ahd. manac-, manig-, mangfaltön, == vervielfahen. Bgl.-fach u. falt. Formen wie
mandfoh, mandfalt ac. find vbllig unüblich; aber in ihnen müſte mit dh
26 mäunigli) — Maunebilb
manch geföprieben werben, zumal ba das im Hochdeutſchen zu erwartende mang
wie bang, Drang, lang 2c. gefprocden werben würde.
männtglich = jedermann, alle Männer und jeder einzeln.
Bei Ditern [„wie männiglid bewußt“ (Hölty S. 18, 128)]; anferbem nur
noch in Kanzleien geläufig, Mhd. männeglich (Parwäl 898, 24. 897, 9),
menneclich neben manneclich, mannech-, mannichlich, ahd. (aber nicht frilhe)
maniclih, ungut mannichlich, eigentlich mennegelich (Lanæelet 2976), mannege-
lich (G@önesis 28, 10. 60, 84), ahd. mannögilih (Otfried an Ludwig 8), abgeſchwacht
mannic-, manniglich, manniglih, nicht zufammengef. aus mannig (mandı) unb
«Lich, fonbern zuſammengeſchoben aus mbb. manne gelich, b. i. ahd. mannd kilih (P);
neben dem fo gelänfigen gleichbedeutenden mannölih, mannölich, mannilih, dann
mannelich, mhb. mannelich (?), im Innern gelürzt manlich, män-, menlich. In
ahd. mannökilih und manndlih aber if mannd ber Gen. bes BI. von ber man
Maun (f. d.) und in bem legten lih unfer ⸗lich (f. d.), in bem erften kilih
unfer glei (f. d. und jeglich), welche beibe, zumal kilih, bei vorgefeßtem Ge⸗
nitiv im Ahd. ſoviel als „jeber“ bedeuten, alfo jene mannökilih unb mannölih
gleihfam : der Männer gleih, ber Männer jeder, db. h. die Geſammtheit ber
Männer, bie Männer insgefammt wie einzeln. Das i vor g und im ahd. mannilih
vor J ift Angleihung des früheren 6, daun o an das i in lih, und bas Abjectiv
war fhon im Althochdeutſchen mehr im Nominativ üblich, feltner decliniert. Zu⸗
fammenfegung mit mannig (f. d.) anzımehmen verbietet auch ſchon das doppelte
n bier im Alt- n. Mittelbochbeutfchen.
bie Männin = vom Mann Stammende, feine Angehörige ꝛc.
Anßer den Zufammenfeßungen bie Amt-, Hauptmänninzꝛc. nur noch alter-
thümlich. Bei Luther (1 Mof. 2, 28) Mennin, mb. bie meninne, mennin,
auch = Mannweib (voc theut. v. 1482 Bl. vi"), bas Femininum von ber
Mann.
männtfh, Abj., = einem Mann angemeffen (Schiller Mach. 1, 5).
Auch in berg-, faufmännifch zc., fowte in ein-, zweimännifch
ꝛc. Erſt im 16. Jahrh. (vgl. Menſch).
Mhd. mennisch = menſchlich d. h. als Menſch ausſehend (nur Parswäl 457, 29),
im 15. Jahrh. ſ. v. a. mannhaft, männlich (voc. theut. dv. 1482 BI. v1*).
vas Mannlehen, gekürt Mannlehn, —, BI. wie Sing. : in
männlicher Nachkommenſchaft vererbendes Leben (Tehn).
Mhd. in Urkunden das manldhen. Gewöhnlich, aber weniger gut, iu nneigent-
Tier d. h. mit dem Gen. von Mann gebilbeter Zuſammenſ. Maunsleben.
das Männlein, edleres [oberd.] Dim. v. de Mann. Vgl. Männchen.
Mhd. das mennelin, ahd. das mannilin. Bgl. ⸗lein.
maͤnnlich, Adj.: kräftig und muthig als Mann. Mit Umlaut maͤnn⸗
lich, Adj.: einem Manne geziemend, dem Charalter des Mannes ge⸗
mäß. Zuſammenſ. die Männlichkeit.
Jene beiden Adj. find urſprünglich eins, denn mhd. manlich ſowie mit Umlant
menlich, fpät-ahb. (11. Jahrh.) manlich, — dem Manne geziemenb, muthig,
tapfer, wovon das mhb. Adv. man-, wmenliche, -lich, = Mannesweiſe, tapferer
Weiſe. AZufammengel. mit abb. u. mhd. man Mann (f. d.). Männlichkeit
if fpät im 15. Jahrh. manlich-, manligkeit, manlikeit.
das Männsbild, —es, BI. —er. Bol. das Weibsbild.
Manntaft — manſchen 4
Bei Luther ef. 44, 18 n. Ser. 80, 6 bas Mansbilbe, 2 Mof. 28, 17 im
B.Mansbilde, von gegoffenen im Pl. Manssilder (Hf. 16, 17). Manns
bild iR nmeigentliche Anfammenfegung aus mhb. mannes bilde (Parswäl 497, 29),
wo das bilde (nnjer Bild) — lebende Geſtalt, Berfon.
die Mannihaft, BL —en : Gefanmtheit von Männern wozu.
Mh. die manschaft — Lehnshuldigung, ⸗treue, ⸗»pflicht, dann auch (aber
erk in Urkunden) Inbegriff ver Mannen eines Herrn, woraus bie heutige Be⸗
beutung fon bei Auther 1 Sam. 24, 8. 26, 2. Bol. ⸗ſchaft.
das Mannfen, —s, Bl. wie Sing. : Mannsperfon (Böthe I, 155).
Erf 1711 bei Rädlein 621°, welder S. 1040* au Weibfen (f. d.) bat;
ebenfo 1719 bei Kramer hoch⸗niederteutſches Dictiondr. 141° Mannfen
das Mannsgeräthe. pas Mannslehben, Mannslehn, befler
Männlehen (f. d.). der Mannsmenfh= bie Mannsperfon
(18. Jahrh.). mannstolf. vie Mannstreu, bie Pflanze eryngium.
das Mäannsvolt. die Mannszucht. das Mannweib = Weib
mit männlichen Benehmen, männlicher Kraft. ’
Ausgenommen Mannmeib, uneigentliche (genitivifhe) Zufammenfegungen mit
ber Mann. Das erfie bei Luther 5 Mof. 22, 5 Mans gerete = „männlider
Anzug“, nach dem Hebräifhen, wo 93 »> Mannemenih bei 3. H. Voß
Sp. 6, 36 aus nmieberb. der Mannsminsch, -minsche (Schütze IL 101. Sham-
bad 180%). Das Abj. mannstoll zeigt fi in mbhb. mannes tol. (ZsederSaal
DO, 587, 91). Der Name Mannstreu enblih, bei Lonicerne (} 1586)
Krenterb. BI. 1030f. Mannstrem, if nad der Wirkung ber Wurzel gegeben,
welde die Mannheit oder Zeugungskraft des Mannes zu ſtärken und zu mehren
gebraudjt wurde. Mannweib 1678 bei Kramer teutfch-ital. Wortb. 762 in der
Bed. Zmitter.
t das Mandvre (ſprich Manawer), —s, Pl. wie Sing. : Tünftliche
Wendung, Heer-, Schiffsſchwenkung, Heeresübung manöprteren
({prih manewriren). Beide erjt im 18. Jahrh.
Man övre if aus franz. bie manoeuvre = Hand-, Kumflgriff 2c., wörtlich
ſ. v. a. Handarbeit, welches aus dem gleichbed. mittellat. bie mandpera, zufammen-
gef. ans lat. bie mänus = Hand und bie dpera — Arbeit. Bon jenem franz.
Subſt. kommt dann das franz. Berbum manoeuvrer, worans manborieren.
tbie Manſaͤrde, Bl. —n : Dachſtube.
Aue franz. die mansarde, welches zuerft = gebrochenes Dach, und ein seien
(Son 1721 bei une à la Mansarde (Jablonski Lex. ©. 156°), fo benannt nad)
dem Erfinder besfelben, bem franzöftihen Baumeiſter Frangois Mansard (geb.
1598, + 1668).
manſchen = burd einander mengen, bef. flüffige Speifen. Davon ver
Manfcher, wovon weiter pie Manfcheret. Uneble Wörter.
Das ſchon im 17. Jahrh. üblide Manſchen (Stieler Sp. 1268), and
mantſchen (Rädlein 622°), fheint, wie knutſchen (f. d.), mit einem an® tz,
z hervorgegangenen tich (f. d.) aus Älterem mantzen, manzen gebilbet, welches durch
Ansſtoßung des Kehllautes c oder g gekürzt iſt aus mangzen (?), manczen (P),
ahd. mäncazan (?), einer Ableitung mittel mhbb. -zen, -ezen, ahd. -azan, von mhb.
mengen mengen, im Prät. muamete, aljo von dem Stamme manc, mang.
Manider bei Stieler a. a. O.
28 Manſcheſter — Murbel
T der Manſchẽeſter, ein ſammetartiges (Baumwollen⸗) Zeug,
erfunden in ber Stabt Manchester in England und zuerſt dort gewoben. Bei
uns erft im 18. Jahrh., mit ſch nah der engliihen Ausfprache bes Namens ber
Stabt : Mäntschest’r.
T die Manfchette, BL. —n : Handermel, -traufe.
Bereits 1711 bei Rädlein 621P, aus franz. bie manchette, einer Ableitung
von franz. bie manche = Ermel, welches aus Tat. bie mänica = Ermel von bie
mänus = Hand.
ver Mäntel, —s, BI. Mäntel : weites am Halfe zufammengehaltenes
Überfleid ; verhüllende Üebervedung worüber; Form zum Einguß.
Mhd. der mantel (Pl. mentel), mandel, mitteld. auch Schirm für Belagerungs-
werkzenge, fowie im 15. Jahrh. mitteld. mantil von ber äußeren Bekleidung in der
Baukunſt, ahd. der mantal (?), mandal, mantil, mandil, mantel, nır von jenem
Überfleib, aus mittellat. der mantellus, fat. das mantellum, mantölum, == weites
Überlleid. Die ſprichwörtliche Redensart „ven Mantel nah dem Winde ehren“
ericgeint fchon im mbb. man sol dön mantel kören, — als ie [je] die winde
sint gewant (Thistan 262, 82f.).
ber Mantel, —s, PL. Mäntel : von einem zufammengefalteten Stücke
Tuch im Hanvel der vordere Theil, welcher durch die Preſſe ein ſchö⸗
neres Anjehen erhält und um das ganze geſchlagen zur Schau
ausgelegt wird. Eins mit dem vorhergehenden Mantel.
der Mantelfad = länglicher runder Retfefad zunächft zum Mitführen
bes Mantels (f. Mantel 1) zu Pferde. das Mäntelſtück —
von einem Stüde Tuch das Stüd, an dem fih ber Mantel (I.
Mantel 2) befindet; [bilvlich in ver Wetterau :] das Beſte von
Werthoollem, 3. B. er befommt bei der Thellung dag Mantelſtück.
T die Mantille, PL. —n : Frauenzimmermänteldhen zum Staate,
Im 19. Jahrh., aus franz. bie mantille — ſchwarzſeidenes Frauenmäntelchen,
fpan. die mantilla — Schleiertuch ber ſpaniſchen Franen ilber ben Kopf bie zum
Gürtel, von lat. das mantellum, woraus auf unfer Mantel (j. Mantel 1).
die Manufactur, BL. —en : Anftalt im Großen zur Anfertigung
von Zeugwaaren, Gewirten, Gewinden und bergleihen. das Manu-
jertpt, —es, Pl. —e : Hanpichrift, beionders eines Druckwerkes.
Beide bereite 1728 bei Sporander; im 16. Jahrh. nieberl. manufacture = Hanb-
arbeit. Aus franz. u. engl. die manufacture = (kunſtgerechte) Handarbeit und Werk⸗
haus zu berfelben als einer Waare, d. i. neulat. bie manufactärs, zufammengef.
aus lat. bie mänus = Hand und die factüra = Zubereitung von fäoere = machen.
Manufeript ift aus mittellat. ba8 manuscriptum d. i. lat. mänu scriptum =
mit ber (eigenen) Hand Gefchriebenes.
vie Mappe, Pl. —n : Bapier-, Schriften-, Zeichentafche.
Bereits im 17. Jahrh. geläufig; 1668 bei Schottelins ©. 1861 die Mappe
= Bapier „davon man das gefchriebene wieber ablefhen Tann”, 1678. Mappe =
Karte, Lanblarte (Kramer teutid-ital. Wortb. 762°). Bon lat. die mäppa =
Vortuch bei Tiſche (Serviette), auch benugt, um barin Speifen vom Mahle mit
nah Haufe zu nehmen.
der Märbel, —s, BI. wie Sing, was. Slüder, Schuffer.
Märden — Müre 29
Iu Thüringen (ugl. Reinwald I, 100). Urſprünglich „Schufſer (Sqhnell⸗
fügeldien) von Marmel (Marmor)“, deun das Wort if das 1711 bei Rädlein
622° verzeichnete ber Marbel, Marmel, fpät-mbb. ber märbel, marbel, —
Marmor, in ber märbelstain (voc. von 1419 bei Schmeller IL, 620), 1429
marbelstain (did. ord. rer. Bl. 18®), = Marmorflein. Diefem märkel, markel
aber gebt, wie im 15. Jahrh. ber marwelstein zeigt, ein märwrel, marwrel vor-
aus, welches mit Übergang des m in w das mh. ber marmael, mermel, tbb.
Marmel (f. d.) iR. Bgl. b ans w Bb. 1 &. 125 und w aus m zeigen Bayer.
Erwel, Haiwel, Paiwel, Wirwel (in Aventinns bayer. Ehronif, Ausg. v. 1566,
8.78 Wirbel) ſtatt Ermel, Hälmlein, Bälmlein (Sproß), Würmlein, wie man denn
auch bayerifh ber Marwel = Marmor u. Schnellkügelchen von Stein (umfer
obiges Märbel) jagt. Siehe Schmeller a. a. DO. und defien Mundarten Bayerns
©. 118, 6559. Bgl. auf mau 2. Engl. marble — Marmor und fleinernes
Schnellkügelchen iR aus franz. marbre flatt marmre, alſo romaniſcher Bilbung.
das Märchen, —, Pl. wie Sing. : Erzählung einer erbichteten Be-
gebenheit oder zufammenhängender Begebenheiten, bei. wunderbarer.
Dim. von bie Märe (f. d.), weldes von ihm heute verdrängt if.
ter Marcipan, befier als Marzipan (f. d.),
weil aufgenommen aus ital. marzapäne.
ver Marcomanne, —n, Bl. —n, genauer als Martomdnne,
weil undeutſch in Form und Betonung aus bem latinifierten MarcomAnnus,
richtiger Marcömanus (Tieitus Gierm. 42), welder urſprünglich dentfche Vollsname
juerfi bei Oxsar de bello Gallico 1, 54 vorlommt und im Althochdeutſchen zunächſt
Marahaman, Marcaman, mit Verbunlelung bes Zufammenjegungs-a Marco-
man, im Gothifhen Markamans Ianten würde unb unzweifelhaft Grenzmann, Grenz-
bewohner bebentet als Zufammenfegung mit die Mark = Grenze (f. bie Marl 1).
Reindentfh in Form und Betonung würde gegenwärtig Märkmann fein, u. auch
don im Althochdeutſchen iR nah Zac. Grimm Marcman gangbarer Mannsname,
im Mittelhochd. der marcman = Grenzwädter, Markgraf (Klage 1859).
ver Marder, —s, BI. wie Sing., ein befanntes kleines Raubthier.
Davon das Adj. mardern = aus Marverfell gemacht.
Jenes auch, aber ungut und feltener, Marter. Mhd. der marder, auch (mit Aus⸗
fall des innern r) mader, anferbem ber mart, ahd. (erſt im 11. n. 12. Yahrb.)
marder, goth. marbrs (?), angeljächl. meard. Wol aus dbem gleichbebentenden lat.
bie märtes (Martialis 10, 87, 18), wovon mittellat. ber martus, mardarus, mar-
darius, woraus jene beutfdhen Formen auf -er.
bie Märe, Pl. —n: Gerücht, Nachricht wovon; Erzählung einer Be-
gebenheit, einer erbichteten Begebenheit sc. (was Märchen); Er-
dichtetes. Nur noch alterthümlich. Davon : das Märchen (f. d.)
und das urfprünglich hochd. Diminutiv das Märlein (vgl. -Tein).
Bbllig unnöthig iR mit bem Dehuungs⸗h die Schreibung Müäühre, Märchen,
Miährlein, welche wol als die üblichſte, aber nicht als allgemeine und bif.
richtige bezeichnet werben Tann. Die Märe if mhd. bie meere, mittelb. bie
märe, = Berühmtheit, mündliche Außerung, Rebe, Kunde, Nachricht, Erzählung,
Dichtung, Ereignis, Umſtand, ahd. erſt bei Notker (} 1022) die märi = Be
rübmtheit, Gerücht, Nachricht, abgeleitet von dem ahd. Adjectiv mAri, märe, mhd.
mere, mittelb. möre, goth. märs (?), altfächf. mAri, angelfäd. msre, möre (zuerft
= hell, Har, hehr, dann belannt, berlihint 2c.), altuorb. meerr (eig. = rein), moœrr⸗
30 Marelle — Maria
ze wovon gefprocdhen unb zwar viel und gern gefprochen wirb, befannt, berühmt.
Bon biefem Adj. aber ift auch abgeleitet abb. mArran [d. i., da bier rr Lautan⸗
gleichung aus xj, märjan (?), eig. mArien (?)], mbb. mseren, goth. mörjan, =
(etwas) verkündigen, bekannt maden, von welden Berbum banı ahd. das märi,
märe, mhb. das msre, mitield. das märe, — was man zu ſagen, zu erzählen
bat, Kunde, Gerliht, Nachricht, Rebe, Erzählung, Erzählung einer denkwürdigen,
. wunderbaren Begebenheit, die Begebenheit ſelbſt (ale Gegenſtand der Erzählung),
erbidhtete Erzählung, Erdichtetes, Erdichtung, Ereignis, altfrief. das möre == Kunde.
&. Srimm Gramm. IH, 500. Übrigens gieng biefes Neutrum in jenem em.
bie Märe auf. Das Märlein, bei Zuther (Luc. 24, 11) Merlin, ift mbb.
das merelin, merlin. Das wetterauifhe : Was iR d’ Mir (ber Märe)? Es
iR etwas d’ Mir (der Märe)! = (zu fehen und) zu hören, findet fih fhon im
Heldenbud (1545) BI. r4d „Wer Hopfiet fo ernftlide, — Was mag ber märe
fein?“ yub BI. 27° „bo lieff ber Berner bald, vnd molt es befehen mas ber mere
were”, wo voraus geht, daß ihm „bie mer e“ (== Begebenheit) gefagt worben war.
Diefes der märe it ber Gen. Sing. von bie Märe.
die Marelle, gekürzt von Amarelle (f.d.). Auch non ber Apricofe.
1711 bei Rüpdlein &. 622° (ber BL.) „Marellen, Amarellen“, fowie S. 628*
bie „Marille, Merille, Abricoſe“; 1678 bei Kramer tentfh-ital. Wortb. ©.
673° die Marelle — Weidielliride und S. 678° die Marille = Upricofe,
1605 Marillen (Zulsius 96*).
+ Margaretha, Margarethe, Frauenname, hift. richtig Marg a⸗
reta, Margarete,
nıhb. Margaröte, aus gr.-lat. Margardta, eig. Margarita, welches aus gr. ber
margaritös (uxpyaplıns) = Perle, worans mhb. n. mittelb. bie margarite, felten
auch (mittelb.) margaröte, = Perle, welches auch als Ehrenbezeichnung der Jung⸗
frau Maria (Walther 4, 86) fomwie ber heiligen Eliſabeth vorkommt. Gekürzt
Grethe, wovon Dim. Grethechen, hiſt. richtig Grete, Gretchen.
ver Märgel, märgeln, üblicher Mergel (ſ. d.), mergeln (f. d.).
+ das Marginale, Pl. Marginalien (Dſilbig): Randbemerkung.
Bereits im 17. Jahrh. Die fählihe Form des neulat. Adjectivs marginklis
= ben Rand (lat. margo, Gen. märginis, f. die Mark 1 Anm.) betreffend.
+ Marta, —s, mit abgefhwächter Endung Marte (Zjilbig), —ns,
BI. die Marien, Frauenname. Zuſammenſ. mit bem Gen : bas
Martenbild = Bild ver Jungfrau Maria, ber Mutter Jeſu; der
Marienfaden, das Martengarn, = fllegender Sommer, nad
der Jungfrau Maria benannt, welche fi das Volt auch fpinnend
dachte (f. Grimm Mythol. 440); das Martenglas und bas
Mariengras, f. die Aum. zu Frauen; der Martengrofhen
== 8 Pfennige geltende Scheivemünze mit dem Bilde ber Jungfrau
Maria; der Martentüfer, das Martienfälbchen, = ein rothes
Käferhen mit 7 ſchwarzen Pünctchen, ein mythiſcher Name, in welchem
Maria für die altnorbifhe Göttin der Liebe Freyja, ahd. Frouwä
(f. die Anm. zu Frauen), eingetreten fcheint, ebenjo in das Marien-
pantöffelden — bie Pflanze trifölium melilötus, beren Blumen
Marie — Dart 31
einem Weiberfchuh ähnlich find; der Martentag — Gehächtnisfeit-
tag der Jungfrau Maria. Martane, Frauemame.
Maria, Marie, mbb. Marik u. Marjä, Marje (Gen. Marien, Marjen, Mergen),
ahb. Marif ı. Marjä (Gen. Martin u.Marjün), goth. Maria, Marja, auch Mariam. Aus
firälid-gr.-[at. Maria u. Märia, tirchlich⸗gr. Marla (Maola), welches aus Mariäm
(Megıdu), wie bie GSeptuaginta für ben hebr. Sranennamen Mirjäm (Op)
ſchreiben. Dieſes Mirjam aber ift eigentlich abftractes Subſt. von ber Wurzel mär&
ap'-) — wiberfpenftig fein, ber auch ber merf ) — Widerſpruch, Wider⸗
ſpenſtigkeit, augehört; danach Maria ſ. v. a. Widerſpruch, d. h. Widerſprechende,
Widerſpenſtige. Mit märar Nm) = bitter fein“ bat ber Name nichts zu
ſchafſfen. Mariane if das Fem. des von jenem kirchlich-gr.⸗lat. Marik abge-
leiteten wittellat. Abj. mariknus = ber Yungfrau Maria (Mutter Jeſu) augehörig.
t die Marine, Pl. —n: Seemacht, Flotte (3. B. Handelsmwarine).
Bereits 1728 bei Sperander 366°. Das gleichbed. franz. bie marine, aus ber
fubRantisifh genommenen weibl. Korm bes lat. Abj. marinus = das Meer (lat.
märe) angehend, Meer⸗, See».
f marinteren, Bart. Prät. mariniert : einen Seegefhmad geben, in
Eijig mit Gewürz einmachen.
Bereits 1678 bei Kramer teutſch⸗ital. Wortb. 768° mariniren, aus dem
gleichbeb. frang. mariner, welches lateiniſch marinäre lauten würde, von lat.
marinus (f. Marine Anm.).
be Markt, PL —en : Grenze (f. Anm.); Grenzland, -provinz; (abge
grenzte) Uinterabtheilung eines Gaues; abgegrenzter Grund und Boden
als Bezirk; Gleichberechtigten gemeinfam gehöriges gefchloffenes Wal d⸗e,
Weidegebiet.
Mark if das alte, echtbdeutſche Wort fiir Grenze (f. d.), aber jet durch biefe®
geläuflg geworbene urſprünglich flawiihe Wort faR verbräugt und nur mehr noch
alterthümlich, 3. DB. „iR bier die Markt feiner [des Menſchen] Bekimmung ?“
(Säiller Räub. 8, 2); „Bier ſteh' ih an ben Marken meiner Tage” (Körner
Leyer n. Schw. 1814 &. 65). Mhd. Die marke, marc, march in den obigen Be-
Deutungen, abb. bie marha, marcha, märacha, marca, marha, = Grenze, aber
auch ſchon Bezeichnung, Aufſchrift (GE san-blasiane 4°), goth. bie marke, =
Grenze, altſachſ. bie marca = Provinz, Landgebiet, endlich angelſüchſ. die mearo
== Zielpumet, Ziel, Grenze, Gebiet, Gemarkung, bagegen altnord. bie mörk (Gen.
mearkar) = Bald, welche Ber. nah Jacob Grimm (Grenaltertbümer S. 2f.
und dentſche Mythol. S. 60), infofern das altuorb. Abj. (mit y, dem Umlaute
be6 u) myrkr, bän. n. ſchwed. mörkr, — bunlel, finfter, bazm gehalten wird, bie
urteelingikhe fein dürfte, wie denn in Sprache und Poeſte ver ſchwarze, dunkle
Bald fein gutes Recht Hat, derſelbe fi zum Grenze vorteefflih eignet und im
Alterthume wirklich große Wälder Vöolkerſcheiden machten. Die obige letzte Be⸗
bentung Bald, Waldgebiet läge. hiernadh tief in dem Worte die Marl be-
gründet, weiches übrigens ber Lautverfhiebung gemäß geuan mit lat. ber u. bie
margo (Gen. märginis) = Raub, äuferfies Ende, Grenze, Rinmt.
die Mark, unverändert beim Zählen [;. B. wieviel Mark? brei
Mark ıc], ein Gold⸗ oder Silbergewicht (24 Karat Gold, 16 Xoth
Silber, eine feine Mart — eine Mark reines d. h. unvermifchtes
32 Marl — Marke
Gold oder Silber); Rechnungsmünze, welche z. B. in Hamburg und
Lübeck als Mark Courant = 12, in Hamburg als Mark Banko
= 15 Silbergroſchen preußiſch iſt. Im neuen Reichsmünzgeſetz vom
9. Juli 1873 die als Rechnungseinheitsſtück beftimmte, 1/s des bis⸗
herigen preuß. Thalerd ober 35 Kreuzer rheinifch betragende Silber-
münze, von welcher 90 ein Pfund wiegen.
Mhd. die marke (Nibel. 1068, 8), fat immer gekürzt marc [im Pl. marke
und geflivgt marc], auch march, ahd. (nur einmal unb zwar im 12. Jahrh.) nach⸗
weisbar) bie march (gl. trevir. 9, 11), — !/, Pfund (Goldes ober Silbers),
jpäter nad diefem Gewichte auch eine Art Gelbes, 1475 clevifh marck = 12
Scillinge, wie noch jett in Hamburg und Lübeck; altnorb. die mörk (Gen.
markar) = !/, Pfund Silber, mittellat. (aus dem Deutichen) die märca =
, Pfund. Woher aber jenes beutihe Wort ?
das Mart, —es, Pl. (ungewöhnlid) —e : innere fette Maſſe ber
Knochenhöhlen; innere lodere Maffe ver Stämme, Afte, Stengel ꝛc.;
inneres Saftiges der Früchte; [im Nhd. bildlich:) Nahrhaftes und
Beites wovon (1 Mof. 45, 18); ftarfe innere Kraft Gotthelf).
Bei Luther, Alberus, 1505 im voc. gemmagemmärum, 1488 bei Eychman
Bl. n1* das mard; 1482 im voc. theut. Bl. t6* mit Ausfall des r zweimal ba6
mack [in Knochen und Federn], Mit F, d fatt g, denn bie richtige hochd. Form
würde Marg fein, wie Shmeller (II, 615) im Baheriſchen anfegt und wie wir
Berg, Balg, Klang zc. ſchreiben, nicht Berl, Ball, Klank 2c. Mhd. das marc
(Gen. marges), früh and mit ch flatt g (vgl. mannid flatt mannig) march,
ahd. das marac (Gen. märages. Diut. III, 518°. 501°), marc (Gen. marges),
marg, goth. marg (?), altniederd. das marg, nieberländ. das marg, merg, angel»
fädjf. mearh, engl. marrow, altfrief. das merg, merch, altuord. der mergr, ſchwed.
ber märg, bän. der marc. Dunkles Urfprunges umb mittel -ag, -ac, nbb. »g,
abgeleitet; ob aber zufammengebörig mit bem gleiääbeb. zend. mazga, altflaw. der
mozg”? Im Abd. kommt das Wort nur von dem Mark in ben Knochen vor,
mb. im 14. Jahrh. aber auch fon von bem im Baume.
Markart, Name des Hähers in Göthe's Neinele Fuchs.
Aus Marquart im Beineke Vos. S. die Anmerk. zu Markolf.
die Marke, Bl. —n : Zeichen, Kennzeichen.
Diele weibl. Form zuerſt bei Steiubach (1784) II, 27; bagegen 1691 noch bei
Stieler Sp. 1271 und früher das Mard, mbb. das marc (Gen. marken),
== Beiden; ahd. [nur einmal und zwar im 9. Jahrh.) marc — Begremung
(Mapmanı Denkmäler I, 82, 21), woher dann, durch bie Bedeutung „Be⸗
zeichnung“ (gleichſam Grenzzeichen) hindurchgegangen, jener mhb. Begriff „Zeidhen*
fi bildete, wie bereit8 altnord. ba® mark — Kennzeichen iſt; auch nieberb. das
mark — Zeichen, Merkmal. Das Wort, mit Übergang bes weiblichen Geſchlechtes
ins ſächliche, iR Kilrzung aus ahd. die marha, marcha, goth. die marka, — Grenze
(f. die Mark 1), und unfer gegenwärtige die Marke kehrt in Enbung und Ge-
ſchlecht gleichſam wieber zu jener unverkürzten äfteften meiblihen Form zurlid.
die Marke, Pl. —n : Handlungs, Waarenzeichen; NRechenpfennig u.
dgl. in Vertretung des Geldes beim Spiele.
Aus franz. biemarque = Zeichen, Kenn-, Abzeichen, Stempel, ital., provenzal., fpan.,
portugief. bie marca, welches aus goth. bie marka, ah. marca zc. (f. bie Mark 1).
marlen — Marlolf 833
marten = abgrenzen, bezeichnen.
Ab. marchön, nieberb. marken (= kennzeichnen, beſonders Waaren), angel-
fühl. mearcian (= bezeichnen), von ahd. marcha zc. (f. die Mart 1).
ber Märter, —8, BI. wie Sing. : aus einer Mark Gebürtiger, Marl-
bewohner ; Berechtigter an einer Mart (einem Markwalde 2c.). Zus
fammenf. in ver legten Bed. : das Märkerding = (Rüge⸗)Ge⸗
richt der verfammelten Märker,
im 15. Jahrh. das merkerding [Ding (f. d.), mhd. u. ahd. das dine, — Ge⸗
richt. Märker ik mh. ber mérkære (?), merker, abgeleitet von bie Mark 1
(. d.). j
ver Marketénder, —s, Pl. wie Sing. : mit ins Feld ziehender Sol-
batenwirtb. Davon die Marketenderin, Bl. —nen.
Jenes mit beibehaltener frember Betonung deutſch gebildet und ans ber Kriege-
ſprache geläufig, bei Moſche roſch Philander v. &. der Mardatenter, im Sim-
pliciffimne Margnetender, 1647 bei Dlearins u. 1678 bei Kramer
tentſch⸗ital. Wortb. 768° Mardetenter (= Einzelverkäufer bei Wallfahrten),
früher and Mercatender. Aus ital. ber mercatänte = Kauf⸗, Handelsmann,
eig. Bart. bes Bräf. von ital. marcatäre = Handel treiben, feilihen (n arkt en,
f. Markt), welches von ital. der mercdto = Markt, Hanbel, d. i. lat. ber mer-
chtus (f. Markt), abgeleitet iſt. Jenes mercatänte aber lautet im Altfranz. ber
marchedant, banı mit Ausſtoßung des d marcheant, neufran. (zuſammengez.)
marchand, welches ebenfalls die Beb. „Kaufmann“ bat.
ver Markgenoß (o kurz), Gen. Markgenoffen, Bl. Markgenoffen, ober
ver Martgenoffe, —n, PL —n, = Mitberedtigter an einer
Markt (einem Markwalde, |. Markt 1). Weitere Zuſammenſ.: die
Maͤrkgenoſſenſchaft.
ver Markgraf, —en, Pl. —en: (einem regierenden Fürſten unter⸗
georbnneter) Fürſt einer Mark (eines Grenzlandes). Davon bie
Märkgräfin, PL — nen. Zufammenf. : die Märkgrafſchaft.
Martgraf, mbb. der märcgräve, marcogräf, mittelb. auch marcgröve, ahd. ber
märcgrävo, märggrävo, marcegräve, ftreng-ahd. märahkräfo (?), urſprünglich =
Ponigliher Richter eines Grenzlandes. Markgräfin if mhb. märcgrevinne,
märegrävinne, im 12. Jahrh. die marchgrevin (Sumerl. 41, 68), und Mark⸗
araffhaft mhd. die marcgräfschaft.
marficht, Abi. : vol Markes; martähnlih. 1691 bei Stieler.
T marfieren = ber, anzeichnen; ftempeln; mit Nachdruck hervor⸗
beben ıc. Das Part. Prät. markiert insbefondere = in fcharfer
Zeihnung bervorftechend (von Geſichtszügen 2c.).
1728 bei Sperander 867* marquiren, aus franz. marquer — bezeichnen zc.,
bon die marquo (f. Marke 2).
martig = voll Markes. S. markicht.
Ob, weil ohne Umlaut (&), im Abb. vorausfegenb margac [man fagte marachaft,
marghaft, d. i. uhd. marthaft]? oder bloß neuhochdentſche, ber ahd. Ahleitungs-
ſilben -ac und -ie (f. -ig) vergeffene Bildung?
ver Markolf, —es, BL. —e : der große Waldvogel, Häher (f. d.).
Veigand, Wörterbuch. 4. Aufl. 2. Bp- 3
34 Martomanne — Markt
1469 mittelrhein. eyn marckolffe = lat. gräculus (voo. ax quo), mittelnieberb.
im 15. Jahrh. der markolf, mittelnieber!. 1490 marcolf (kor. beig. VII, 804. 18°);
in Gießen entfiellt ber Märgilwer, weldyes im Neuhochd. Mar külb er zu ſchreiben
wäre. Diefes Markolf aber ift ber auf den Häber ale Wald vogel, Walb-
freier tibergetragene ahd. Mannsname Marcholf, Marcolf, uriprünglider
Marculf (Förstemann altd. Namenbuch I, 916), Marculph, welder ohne
Kürzung bes zweiten Wortes der Zuſammenſetzung, alfo volländig, ahd. Marc-
wolf, goth. Marka-vulfs lauten umb bie Bed. Walbmolf d. 5. Waldgieriger
(vgl. Ludolf, aud Adolf), nad dem Walde ungeftiim Berlangender oder auch
vielleich Waldfchreier haben würde. Im Beimeke Vos 15 n. 1777 beißt, ähn-
fi wie Markolf, der Häher Marquart, weldes der abb. Diannename Marah-
wart, Marachward, Maracwart, Marcwart, Marcuart, Marguart, = Wald⸗
oder Grenzwart, b. 5. Wald-, Grenzwächter, gleichſam „Hörer“ if, angeljädl.
der mearcveard —= Wolf (ale Wächter der Waldgemarkung). Bgl. die Mark ı
und ber Wart.
ber Markomanne, —n, Bl. —n, richtige Marcomanne (f. d.).
die Markſcheide, BL. —n, = Grenzſcheide; Grenzfcheide zweier Zechen
({. Zeche). der Marticheider eig. — ber abzugrenzen verfteht, der
eine Zeche (f. d.) abzugrenzen weiß ꝛc. die Märkſcheidekunſt =
Kunft durch Vermeſſung die Markt (= Grenze, |. die Mark 1) einer
Zeche (f. d.) zu [beiden (j. ſcheiden 1), eine Zeche durch Ver⸗
meffung über und unter ber Erbe abzugrenzen 2c., bie unterirbifche .
Geometrie. der Martftein, —es, Bl. —e, — Grenzſtein von
Grund und Boden, |
mbb. der marc-, march-, margstein, ahd. ber march-, marcstein, altnorweg.
ber marksteinn. Markſcheide if mhb. die marcscheide.
der Markt, —es, BI. Märkte : öffentliche Zufemmenkunft von Kleine
verkäufern und Käufern an beftimmtem Pla und bejtimmter Zeit zu
Berlauf nnd Kauf; Plag, wo ver Markt gehalten wird; ſehedem
auch :] was Marktflecken; [vann, jegt ungewöhnlich :] wa Markt⸗
ftäd (f. d.). martten = ben Martt beziehen, Markt halten,
Handel treiben, handeln zu Verkauf oder Kauf, dann fo bis ins Klein⸗
liche handeln. Zufammenf. mit Markt: ber Marktfleden —
Vleden mit Marktgerechtigleit d. 5. dem Rechte, Markt zu halten ;
ver Marttmeifter; ber Marktplag; der Marktpreis; das
Märktſchiff = Schiff auf einem Fluß, um bie Befucher des
Wochenmarktes bin und her zu führen; ver Marktfchreier = auf .
Märkten umherziehender feine Waare oder Geſchicklichkeit laut anpret-
jender Mann, Charlatan (f. d.); das Maäͤrktſtück = auf dem
Markt gekauftes und von biefem her gegebenes Gefchent; ver Maͤrkt⸗
tag, -zettel (= die Marktpreiſe angebenver Zettel) ꝛc.
Markt, älter⸗nhd. auch mit abgeworfenem t Mard, mhd. ver market, markt,
marckt, margt, fpäter auch merket, ahb. ber märhat (?), märchat, marcat,
mercat, merkat, mittelb. (thüringiſch) ber mart [weshalb noch wetterauiſch ber
Märt, Mät, Merrt, Mört], = Handel auf öffentlihen Plage zu beftimmter Zeit,
Marmel — marmeln 35
biefer Platz ſelbſt, Handelswaare, Warlipreis, befonberer Ort mit Markigerechtigkeit
(Marttkedlen). Schon in frühefter Zeit aus lat. ber merchtus = Hanbel, Kauf und
Berlauf, Markt, von lat. merchri = handeln, Handel treiben, welches von Tat.
bie merx (Gen. mercis) = Waare. Das Berbum marften iR 1482 u. cleviſch
1475 marckten, mbb. märketen, ahd. märhatön (?), = Handel treiben, Markt
halten, verkaufend und kaufend handeln, ans dem von jenem lat. mercätus abge-
feiteten mittellat. mercatäre = Handel treiben. Das Marktſchiff iR mb.
marketschif, auch merktschif, 1482 marckschiffe (voc. theut. BL. 16°). Markt-
freier bereite 1678 bei Kramer tentſch-ital. Wortb. 763°, wo „Marcktſchwätzer,
Mardtiihreyer”.
ver Marmel, —s6, BI. wie Sing., ein befannter gefchägter feiner und
fefter, glättbarer Kafkftein. Davon- das Adj. marmeln, und Zufam-
menfegungen find die Marmelplatte, »fäule, dr Marmel-
ftein, wovon das bj. marmelfteinern ꝛc. Als ebler aber gilt
uns im jüngern Neuhochdeutfchen bie reine fremde, volfflingende Form,
zu weldher man zurücehrte, ver Marmor, —s, PL. wie Sing, mit
dem davon abgeleiteten Adj. marmorn und ben Zufammenfegungen
das Marmorbiln, die Marmorplatte, -fünle, ver Marmor-
ftein, die Marmorftufe, -«treppe (epp = äpp) ıc.
Marmel, älter⸗nhd. wie bei Luther (3. 8. Eſther 1, 6) der marmel, mhb.
der marmel, feltener mit Umlaut mermel (f. Märbel), ahb. der marmul, einmal
au durch Rautangleihung murmul, mittelnieber!. marmer (Diut. II, 222°), entlehnt,
jene mit Erweichung bes Enb-r zn 1 ans lat. da® märmor, gr. ber mArmaros
(udpuapos), welches letzte zuerſt Stein, Feloblock Uberhaupt bebentet. Die aus dem
Lat. rein aufgenommene Form Marmor erjheint erft uhd. und zwar bei Luther
Lob. 18, 21. Das Abi. marmeln if mbb. marmelin, and mermelin, im Abb. _
(11. Sabrh.) aber mit Bewahrung des r marmorin (unfer Abi. marmorn);
Marmelfänte, bei Luther (Eher 1, 6. Hobel. 5, 15) Marmelfeule, mbb.
bie marmel-, mermelsfil; Marmelftein (1 Chron. 80, 2) mit ber marmel-,
auch mermelstein, abb. (12. Jahrh.) marmilstein, angelfähf. der marmanstän,
mearmstän. Das Adj. marmelfteinern aber fteht flatt marmelfteiuen (vgl.
Reinern), mhbb. marmel-, märmelsteinin, gegen ober um 1500 marmorfteinen
(voc. meip. teut. BL. y4P).
tdie Marmelaͤde, BL. —n : mit Zuder verbidter und in flache
Schachteln ꝛc. gegoffener Saft von Früchten.
1728 bei Sperander ©. 866° Marmelade, aus frau. bie marmelade eig. =
Quittenmus, poring. die marmelada, von portug. ber marmelo == Quitte, welches
mit Übergang bes erfien 1 in r ans gr.-Iat. Das melimälam, gr. das melimälon
(ueilumAov) = Honigapfel [gr. das meli (uEA.) == Honig unb bas mElon («7A0r)
= Apfel. Die Quitten Tote man nämlih mit Honig, wie fpäter mit Zuder,
zu einem bidlen Safte ein. Bol. Diez Wibch IL, 1586.
marmeln (Abj.), die Marmelplatte, »fänle zc, ber Marmor,
. MarmelL T marmorteren = nad Marmorart bemalen.
marmorn (Abj.), die Märmorplatte, »füule ıc., f. Marmel,
Jenes marmorieren, 1728 bei Sperander ©. 866° marmoriren, bayer.
marweliern (vgl. Märbel), iſt ans bem von Tat. das märmor abgeleiteten Yat.
marmordre — mit Marmor überziehen. g*
36 Marobe — Marl
+ marode, Abi. : nachzligelnd, abgemattet, entfräfte. maropteren
— als Nachzügler (unter vem Scheine der Entkräftung) zurädbleiben,
um unerlaubter Weiſe zu plünbern oder Beute zu machen.
Ans gemeine Leben übergegangene, namentlich durch ben 80jährigen Krieg
geläufig gewordene Ausdrücke ber franzöftih-beutihen Soldatenſprache, umb zwar
iR marode aus bem franz. militäriihen Ausbrude bie marode == umerlanbte
Plünderung, welde, wie belannt, bejonbers von Nachzüglern u. dgl. geübt wird,
marobieren aus franz. maroder, marauder, — plänbernb umherſtreifen, auf
nmerlanbte Pllinderuug ausgeben. Beide franzöfiihe Wörter aber, marode und
marauder, maroder, finb nit, wie im Simpliciffimue (Tb. 1 BE 4
Kap. 18) angegeben wirb, von dem aus jenem Kriege belannten kaiſerlichen Oberften
v. Merode herzuleiten, welden Sohaun von Werth bei einem Mahle des Kur-
fürften von Köln im Zmeilampfe erſchlug, fonbern lommen von franz. ber maraud
= Bettler, Taugenidits, ber, welches unllarer Abſtammung if. Siehe Diez Wibch
DI, 869. Sperander (1728) 864° ſchreibt auch jenes Adj. entlehut maraudo.
+ die Marone, Pl. —n, die große edle Kaſtanie.
Bereits ber Blural 1728 bei Sperander ©. 866°. Uns ital. ber marröne,
franz. ber marron, fpät-gr. das märaon.
+ ber Maroquin (ſprich Marokäng), —s, ohne BL. : narbiges ge-
färbtes Ziegenleber.
Das franz. der maroquin, eig. marroquin. Der Name daher, weil biefes
Leber urſprünglich von Marocco [mhb. Marroch] in Africa kam.
4 die Marotte, Bl. —n: Narrheit, Brille; Lieblingsthorheit.
Das gleichbed. franz. die marotte, welches zuerfi „Narrenfcepter mit einem
Buppentopfe” bebeutet, flatt die mariotte von franz. Marion = Mariechen, dann
Heines Mädchen, woher auch das franz. Dim. bie marionette = Puppe, eig.
Mariechen.
} der Marquis (ſprich markt), im Sing. u. Pl. unverändert, ein
Adelstitel in Frankreich, urfprünglih Markgraf.
Schon ins Mittelhochdeutſche bei Wolfram von Eschenbach unb bann auch bei
Ändern aufgenommen : ber markis. Es iR das franz. ber marguis, ital. ber
marchöse, aus utittellat. der marchensis == Markgraf, welches eigentlich bj.
von dem aus dem Dentſchen (ahd. marcha, marca) fiberlommenen wittellat. bie
märcha, mAzoR, Mark (f. die Mart ı).
dee Mari, —es, BI. Maͤrſche: Gang bes Solbaten auf Befehl;
Tonftüd zur Begleitung diefes regelrechten Ganges, '
1663 der Mari = Heerzug, Zugorbuung (Schottelius ©. 1862), mhb.
die marsche = Nele (Beinfrid 4847. 28522), aus franz. bie marche (ſprich
marsch’), = Gang, Tritt, eig. f. v. a. Reife, von marcher (f. marſchier en).
bie Marſch, Pl. —n : niedriges fettes Land an Waſſern.
1663 bei Schottelius Sp. 1861 die Mari — Weibe- und ergiebige® Land,
aufgenommen aus nieberb. bie marsch, gewöhnlih mit Ausſtoßung bes r ſogl.
barjdj] masch, oflfrief. marak, mask, = Niederung am einem Flufſe; mittel-
nieberl. mersche, maersche, = Weibeland, 1475 clevif (im Zbushonista) marsch
= grüne Fläche, Weideland; augelfächl. ber merso == nutzbarer Wafferboden, bei
Cädmon Exodus 888 vom bloßgelegten Boben bes rothen leeres, Iatiniftert ber
marascus = nußbarer Wafferboben, engl. marsh == Sumpf. Stimmenb mit bem von
marſch — Marftall 37
fat das märe Meer abgeleiteten mittellat. ber mariscus = Sumpf, unb fo von dem
jest veralteten nieberl. Die mare, maar, meer, = Meer (f. d.), großes Waſſer,
Kanal, angelfüchl. der mere — Meer, großes ſtehendes Gewäfſer, Sumpf.
marſch! DBefehlswort zum Marjchteren, gleichſam „vorwärts !*
Säiller d. Piec. 4, 1. Der franz. Imperativ marche (ſprich marsch’)! =
geh! geh vorwärts! von marcher (f. marfdieren).
ver Marfchall, —es, Pl. Marfhälle, einer der höchften Hofbeamten
und Feldherrn; Stabträger (Führer) bei öffentlicher Feierlichkeit. Da⸗
von die Maͤrſchallin. Zufammenf. 1) eigentlihe : das Mar-
ihallamt; — 2) wmmeigentliche : das Marfchallsamt, ver Mar-
Ihallsftab, pie Märſchallswürde zc.
Marihall, mit abgeworfenem anslautenden P, denn noch 3. B. bei Schup⸗
pins (f 1661) Marſchalck, mbb. ber marschalc, älter marschalch, ahd. ber
märahscalh, marscalh, märahschalc, marschalch, doch auch ſchon um ben
Anslaut geltirzt marscal (gl. jun. 299), märischal, marschal (gl. Aoront. 982®),
Satiniftert in den altb. Gefegen ber mariscäleus, — Pferdeknecht, dann über eine
Anzahl (bei den Alamannen 12) Pferbe gefetter Diener, enblih [wie auch Ca⸗
valier (f. d.), franz. ber chevalier, — Hofebelmann, Xitter, von ber chevals
mittellat. ber cabällus, = Pferd] ein vornehmer Hofbeamter, welchem bie Sorge für
das heimifhe wie das frembe Geſinde (Gefolge) zu Pferd und deſſen Herberge
eblag (Nibel. 11, 1. 1561, 4. 748, Bf. 1585, Bf. 1687. 1674. 1808), aber aud)
hänfig Führung und Shut ber Nachhnt und im Sireite (Nidel. 177,4. 1589, 3f.),
alio ſ. v. a. Befehlshaber ber reifigen, waffenfühigen Mannſchaft des Hofes, beim
beutfjen Orden ber nächſte Beamte nad dem Großeomthur. Zuſammengeſ. aus
ahd. das marah == Roß, Bferb (f. die Mähre) unb abb. der scalh, (bamm)
scalch, (enblih) scale, = Diener, Knecht, unferm Schalt (f. d.). Übrigens if
unfere gegemvärtige Form ohne anslantenbes E dem militärifch überwiegenden
Einfinffe der franzöſiſchen aus dem Iatinifterten Deutſchen gebilbeten ber mardchal
— hoher Beamter, Oberanflihrer des Heergefolges, zuzuſchreiben, unb bie Ber-
boppelung bes I erfolgte zur üblichen Bezeichnung der Kürze bes vor bemfelben
ſtehenden a. Marfchallin, 1508 die marfheldin, if mb. die marschalkin,
— Fran des Marſchalles (Tristan 47, 23); Marſchallamt mhb. das marschalc-
ambet (?), -ambt, -ampt (Lichtenstein 249, 27), -amt.
marfchteren = in gemefjenem regelrechten Schritt gehen, insbeſondere
militärtich.
Durch den Bojährigen Krieg geläufig geworben und ſelbſt bamals gemein-
üblier, als jetzt [f. Simpkcissimus Teutſcher Michel (1678) ©. 701], aber 3. B.
ki Shuppins (F 1661) no marchir en gefährieben, weil aus franz. marcher
= den Fuß auf etwas fegen, mit bem Fuße prefien, treten, gehen. Bol. Diez
Btt& IL, 870f.
das Marſchland, —es, PL. Märfchländer, was die Marſch (f. d.).
das Diarsfegel = das 2te Segel bes großen Maſtes.
Aus niederl. das marszeil, zufammengef. 1) aus nieberl. bie mars, bän. das,
füweb. ber märs, = Maftlorb, unb 2) aus nieberl. das zeil, unferm Segel (f.
b.), deſſen früheres tiefes e (£) ber Wurzelſilbe in ber nenhochdentſchen Ausiprache
ein hohes (e) geworben if.
ver Marftall, —s, BL Märftälle : zahlreiche Pferde enthaltender
Stall eines Hohen Herrn oder einer anfehnlichen Gemeinheit.
36 marobe — Mari
+ marode, Abi. : nachzügelnd, abgemattet, entfräftet. marodieren
— als Nachzügler (unter vem Scheine der Entkräftung) zurückbleiben,
um unerlaubter Weiſe zu plündern oder Beute zu machen.
Ans gemeine Leben libergegangene, namentlid durch ben SOjährigen Krieg
geläufig gemorbene Ausdrücke ber franzöſtſch-⸗deutſchen Soldatenſprache, und zwar
iſt marode aus dem franz. militäriſchen Ausdrude die marode = unerlaubte
Plünderung, welche, wie bekannt, beſonders von Nachzüglern n. dgl. gelibt wirt.
marodieren aus franz. maroder, marauder, — plündernd umherſtreifen, ar
unerlaubte Plünderung ausgeben. Beide franzöſtſche Wörter aber, marode un!
marauder, maroder, find nidt, wie im Simpliciffimus (Th. ı Bch
Kap. 13) angegeben wird, von dem aus jenem Kriege befannten kaiſerlichen Oberſie
9. Merode herzuleiten, welchen Sohann von Werth bei einem Mable bes K.
fürften von Köln im Zweikampfe erſchlug, fondern fommen von franz. ber mar.
— Bettler, Taugenihts, ber, welches unklarer Abſtammung if. Siehe Diez
DO, 369. Sperander (1728) 864° ſchreibt auch jenes Adj. entlehnt maraudc.
f die Marone, Bl. —n, die große edle Kaſtanie.
Bereits ber Plural 1728 bei Sporander ©. 866°. Aus ital. ber ıı
franz. der marron, fpät-gr. das märaon.
f ber Maroquin (fprid Marokäng), —s, ohne BL. : narki
färbtes Ziegenleder.
Das franz. der maroquin, eig. marroquin. Der Name daher,
Leder urfpriüngli von Marocco [mhb. Marroch] in Africa kam.
T die Marotte, Bl. —n : Narrheit, Grilfe; Lieblingsthort
Das gleichbed. franz. bie marotte, welches zuerſt „Narrenicer:
Puppentopfe“ bebeutet, flatt die mariotte von franz. Marion —
Meines Mädchen, woher au das franz. Dim. bie marionette
Mariechen.
f der Marquis (fpri markt), im Sing. u. Pl. u
Adelstitel in Frankreich, urfprünglich Markgraf.
Schon ins Mittelhochdeutſche bei Wolfram von Eschenb«-
Andern aufgenommen : ber markis. Cs if das franz. t.:
marchöse, aus mittellat. ber marchönsis — Markgraf,
bon dem aus bem Deutſchen (ahd. marcha, marca) über
mareha, märce, Mark (f. vie Mark 13)
ber Mar ſch, —es, Pl. Maͤrſche Gang bei
Tonſtück zur Begleitung dieſes —— Gin
1663 ber Mari = Heerzug, Buporbmumg
die marsche — NReiſe (Beinfrid 347. 262)
ınarsch’), = Gang, Tritt, Dean Reife
bie Mari, PL u am U
1663 bei Shottellus €
aufgenommen aus mieberb, bi
tar 13 u.
y “7| Pam u
De ®
er
E_ 0
ei 389
— —— — ‚en.
ie er, Ver — delbrot.
m zn — —— — — ) Marcipan, weil
Dee ee — — pan, veraltet marza-
En ar ee een a s gr.slat. die mäza —
—— — — = pan. ber pan, bebeutet
we, — rutſch-ital. Wortb. 764*
FIRE = Schleife von Band
—— — — äſchig.
d. (mit 8, dem Umlaute
mn * 3.
— — — — Htendes Triebwerk.
— ——— ba), Zuſammenſ.:
die machine = Kunſt⸗
—— n ' mächina, gr, Die möchans
te
= &
—
WE T ES - ä 5 s
En (asculina : das männliche
u lb, mascnlinus = männliches
= = m. von mäs — männlide® Ge-
— — DODdðlth der Kenner 150);
"ie mäse, ahb, bie mäAsa, welches
j
J
' Diaseller, ſ. Maßholder.
renartige oder flammige Zeich—
. im demſelben, dann fo von
won imafericht, mäſerig, Adj.;
ı bilden. S. auch tie Maſer.
usar, inasor, miser, — fnorren, Aus-
rd», Nußbäumen u. vgl), Becher ans
„abrh. bon Hol; mit Abern und Flammen⸗
son 1482 #l.t7* „masseor oder fledrin-
eat; angelfächſ. maser, altıord. der mösurr,
Das Abi. majericht lautet im 12. Jahrh.
“bb, mäserön — fnorrig werben.
‚ abernartige, flammige u. bergleichen
olz; natürliches Dial auf der Haut
? Plural vie Majern = (finder:)
rotben Flecken.
sttelin® ©. 1362. Der Eing. die Mafer
verblih geworbene der Diafer (f. d.). Cbenfo
gel, Diftel zc.
40 maferiht — maffiv
mäfericht, maferig, f. ver Mafer.
die Maserle (e = ä) f. Maßholder. die Mäfern (Krankheit) f.
die Mafer. Das Verbum mafern f. ver Mafer. ber Mas—
holder, ungut ftatt Maßholder (f. d.). mafig, f. Mafe.
die Mafle oder, wie man gewöhnlich, aber, weil ff der eigentliche Laut
ift, weniger angemeffen fchreibt, Mäs ke (ſchon bei Stieler Sp. 1218),
BL. —n : falſches unkenntlich machendes Geficht, unkenntlich machenbe
Verkleidung. Zufammenf. : ver Mäſkenball; ver Maftenzug —
von majftierten Perſonen gebilveter Zug.
Unfer nhd. Mafte if, wie au 1678 bei Kramer tentſch⸗ital. Wortb. ©. 764
die Schreibung Mas que zeigt, aus franz. ber masque — falſches unfenntlic
machendes Geſicht, urſprünglich die Kinder ſchreckendes, mittellat. ber mascus, ge-
wöhnlih aber die masca, welches zuerſt „Hexe” bebentet, nah Jacob Grimm
(Mythologie S. 1036) von Tat. (vor 200 nad Chr. Geb.) mastichre [welches
portug. zu mascar, provenzaliſch zu maschar, altfranz. mascher wurbe] = kauen,
weil fte (Die Hexe) Kinder frißt. Ähnlich Tat. (bei Plautus) ber mandäcus =
Popanz, gleihfam (Kinder-)Kreffer, von manducäre — kanen. Bgl. Diez Wibch
I, 266ff. Jenes masca = Here aber fommt, wie die langobardiſchen Geſetze
zeigen, frühe bei ben Dentfhhen vor, und im Abb. findet fi} bie tälamasca,
mbb. bie talmasge, mittelnieberl. talmasche, = Scredgefiht, Schredgefalt,
Geſpenſt.
f die Maſkerade, BL —n: Mummenſchanz, Mummerei.
Bereits 1691 bei Stieler Sp. 1218, aus einem gedachten franz. bie masque-
rade flatt des wirklichen mascarade, ital. bie mascherätse, von ital. mascheräre
[woraus unſer zumetlen gehörtes maflerieren]) = maflieren, dem Berbum von
ital. bie mäschera — Maſte. Weniger gut fhreibt man, wem auch gewöhnlich,
Masterape (f. Maske).
T maffteren = vermummen. NRefleriv ſich maftteren.
Weniger gut, aber gewöhnlih, mastieren gefärieben. Aus dem gleichbe-
bentenben franz. se masquer von masque Maske (f. d.). Für vermaſkieren
findet ih im 17. Jahrh. auf ver maſchen b. i. ver-maf-den.
das Mäsleid mit masleibig, falſch ftatt Mäßleid (f. d.) ıc.
T mafjscrieren = niebermegeln, blutig töbten.
1694 bei Nehring S. 581 massacriren. Ans franz. massacrer bon bie
massacre — Niebermegelung, Blutbad, mittellat. (13. Jahrh.) das mazdorium,
welches nad Diez Wtbch II, 372 aus einem beutjhen Worte [06 mhd. (oberb.)
metziger, metzger, nhd. Metzger (f. d.)?] aufgenommen ſcheint.
bie Maffe, Pl. —n: große verbundene Menge. Zuſammenſ.: maj-
fenhaft, Adj. u. Adv.; maffenweife, Apv.
Mhd. die masse = ungeftalteter Stoff, Menge, befonbers dichte, wie Metall-
Humpen, abb. (nur bei Notker Boeth. ©. 185, 147) bie massa — Stoff, aus lat.
bie massa = Klumpen, zufammenhangenbe Dienge.
bie Maffel, Pl. —n : kurzer, bider, Zkantiger Stab Roheiſen.
Wol aus Yat. bie mässula == Heine Maſſe, dem Dim. von lat. bie massa —
Maffe (f. d.).
r mafjio = groß und fchwer (maſſen haft), gewichtig, dicht, feit,
derb; lbildlich:] plump, ungefchliffen, zu derb.
Maſt — Maſtir 41
Bereits bei Stieler Sp. 1218, wo auch bie Ableitung „maßiviſch“ d. i.
maſſiviſch, und fo geläufig erſcheinend. Aus franz. massif = dicht, gediegen,
art, welches ein neulat. massivus von lat. massa (f. Maſſe) vorausfekt.
ver Maft, —es, Pl. —en (unorganifch ftatt —e) : Schiffsbaum zum
Tragen der Segelftangen fammt ven Segeln und ber Taue. Davon
smaftig (f. d.).
Maft, mbb. der mast = Stange, Fahnen⸗, Speerftange, dann jener Schiffs⸗
baum, ahd. (felten) der mast, nieberb., nieberl., 1475 eleviſch ber mast, augelſächſ.
ber mäst, altnorb. der mastr. Das -t ift ableitend, die Wurzel dunkel.
vie Maft, PL. —en : Fettmahung; Futter zum Fettmachen.
Mhd. u. mittelb. ber, die u. Da®.mast = Fettmachung, Futter, Frucht, zur Er⸗
giebigkeit Dienendes, ergiebig gemachtes Land, ahd. ber (?) mast flatt magzt (?),
angelfächl. die mäst, mit Übergang bes goth. t (= ahb. z) in s [vgl. mitffen,
wiffen] nnb dam mit ableitendem -t von berjelben Wurzel (goth. matan, ahd.
mazan), aus welder das Maß = Speife (|. Maßleid), ahd. ber, das maz, goth.
ber mats, entfprofien iR. Bol. Grimm Gramm. IL, 208.
maft = gemäftet, fett, wolbeleibt. „Bei maften Pächtern“
bei Schiller Räub. 4, 6; 1544 „ber leib, der groß, maf und fleyichig if“
(Ryff Spiegel ber Gefunbheit BI. 16%). Abd. das Adj. mast (nur Notker Ps.
77, 31) = fett.
vr Maftbaum, als beftimmterer Ausbrud ftatt ber Maſt (f. d.).
Mh. der mastboum, mit geſchwundenem t masboum, ahd. ber mastpoum.
vr Maftparm, —es, Pl. Maftpärme, — ver Afterdarm.
1469 ber mastdarm (voc. ex quo), zu Unfange des 15. Jahrh. auch fhon mit
Ausfall des t masdarm. Urfprünglid Darm, durch welden bei der Maft
(Rahrnng) der Kotb weggeht. Ein verbüllender Ausbrud flatt bes friiheren ber
Arſchdarm mhd. u. ahd. (im 12. Jahrh. der arsdarm).
maften, intranfitiv : fett werben; als Maft anfchlagen (das Fettwer-
den fürdern). Dagegen mäften, tranfitiv : fett machen.
Dieſes mäſten it mhd. mesten (auch bildlich), ahd. mastan [b. i. nripr.
mast-j-an (2)], welches dann zu mestan werden muß, angelſächſ. mästan; jenes
maften mbb. u. mittelb. masten, ahd. mastEn (?). Bon die Maß.
ber Maftich (bet Luther Hef. 17, 17), f. Maſtix Anm.
maftig — überaus wolgenährt, Adj. von bie Mat.
Erft im 15. Zahrh., in welchem 1556 maftig (Prisius 840°. 890°, 919°.
Maaler 284). Bon die Maft (f. d.).
:mäftig in ein-, breimaftig = einen Maft, drei Maiten babend.
ver Majtir, Gen. unverändert, ohne Pl., eine Harzart.
Bei Frisius 805° n. Maaler BI. 284° der Maftir, Iat.-mbb. (im 14. Jahrh.)
bei Megenberg ber mastix, aus mittellat. ber mastix, welches aus bem gleichbe-
dentenben gr.-lat. die mästice, mästiche, gr. bie mastichd (zaorlyn), einem wol
mit gr. die mästax (udorat) = Mund, Kauwerkeng, zufammengehörigen Worte,
weil mar den Maftig, wie nocd jet im Morgenlande, kaute, um ben Athem wol-
riehend zu machen. Spät-mbb. aber and) ber masting (Heilmittelbud von 1400
in der Gießener Hf. Nr. 992 Bl. 120°), 1482 „mastick oder [geflirzt] mast“ (voc.
heut. BL. 17°), mittelnieberb. mastic, mastich [woher noch bei Luther Hef. 17,
17 der mafid).
42 Maſtkorb — Maße
ver Mafttorb, zufammengef. mit ver Maſt.
Mittelhochdeutſch Hatte man baflir da® Fremdwort bie keibe, und mittelnieber-
fänbif fagte man bie mars (f. Marsfeget).
ber Maͤſtochs, —en, PL. —en, unverfürzt der Maftochfe, —, Bl.
—n. das Maftfhwein, —es, BI. —e.
Jenes if ahd. der mastohso — fettgemadter Ochſe; Maſtſchwein 1482 das
mastswein, mbd. u. mittelb. mastswin (Benner 15496). Beide zuſammengeſ. mit
die Maft (f. d.). Aber and ahd. der mestohso (Mäftodhfe) und mbb. das
meste-, mestswin (Mäffhwein), zufammengef. mit mäften (f. d.).
bie Maftung, das Subft. der Handlung von maften; dagegen bie
Mäftung, das Subft. der Handlung von mäften.
Maſtung im 15. Jahrh. Die mästunge; Mäftung im 12. Jahrh. die mestunge
(Sumerl. 18, 58), fpät-ahb. bie mästunga.
die Maͤß, BI. (immer mit vorgefegter Zahl) unverändert : beſtimmtes
Wieviel einer Flüſſigkeit, I/, Eimer bayeriich, / Ohm großberzoglich
befiiich, aber auch von Heibel-, Preifel-, Stachelbeeren, Bohnen, Erbfen
u. dgl. Das Meßgefäß Heißt das Maß (f. d.).
Das, wie bie Hut, Mark, Bein ꝛc. flatt mbb. huote, marke (doch auch bereits
marc), pine 2c., um ba® -e gelürzte ımb fo (bie mAg) ſchon im 14. Zahrh.-auf-
taucheube, von dem Plural bes Prät. von meffen (f. db.) abgeleitete mhb. Die
mäze (f. Maße) — das Wieviel einer Linie, eines Raumes, eines Gewichtes,
einer Kraft, bie beſtimmte, zugemeffene Menge wovon, bie Mitte zwiſchen zu viel
und zu wenig, Bermeibung bes Zuviel, das anſtandsvolle Sichbeſcheiden, die Art
und Weife, ahd. die mAza — das Wieviel einer Linie, eines Raumes, einer Aus-
behnung u. dgl., goth. die möta (?). Unfre heutige Beb. „Schenkmaß“ aber ſchon
im 15. Jahrh. bei Zans Bosenblüt: „Unsölig sey der, der ein sollichs erdenckt,
— Das [daß] man die m&ß soll machen clein“ (alid. Blätter I, 402, 1, 16f.).
Das Wort ſtimmt ber Lautverjhiebung gemäß mit lat. der mödus = Maf. ©.
die Maße, welches gekürzt in Maß z. B. „Hat jebem feine Maß, fein Jam⸗
mermaß [hier das Maß] befimmt” (Andreas Gryphiue Zrauerip. 1663
©. 365); bei v. Brimmelshanfen z. B. in aller Maß; „meiner Sunden —
Bergebung reihe Maß zu finden“ (Göthe XII, 198).
das Maß, —es, Bl. — : das Wieviel in Raum, Gewicht, Zeit,
Kraft; ab-, zugemeffene Menge; das womit man die Größe im Raume
mißt; Meßgefäß zu flüffigen over trodenen Dingen; der Inhalt piefes
Meßgefäßes [doch bei Flüffigkeiten und einigen andern Diugen die Maß].
In der vorlegten Beb. fon mhd. im 18. Jahrh. auftauchen das mAz (Kasser-
chronik 3884 in ber Heibelb. Hf.), daun auch in ber legten Beb. und in der von „Art
und Weile.“ Wol mit Übergang in bas fächliche Geſchlecht geklürzt aus mhd. bie
mägze (f. die Maß), und bereits bei Luther völlig geläufig base mas. Im
Mittelbeutfhen war das übliche Wort das mög, unb im Abb. fagte man nur bas
mdz (f. Meß). Ähnlich bei unferem Babe (f. db.) mhd. bie gAbe neben mhd.
die göbe,.
das Maͤßblech — blechernes Meßgefäß von einer Mag Inhalt.
bie Maße, Bl. —n : meflende Größe; beftimmte Ausbehnung oder
Größe einer —— Mitte zwiſchen zu viel und zu wenig; Vermeidung
des Zuviel (Sir. 33, 30. Jer. 10, 24); Art und Weiſe.
maßen — Moßlaune 43
Im Dat. BI. mit Maßen; im Acc. BI. über die Maßen; älter-ubb. im
Hcc. Sing. Über die Maße, bei Luther 3. ©. 1 Mof. 41, 49 ober bie maß,
2 Cor. 4, 17 ober alle mas. Auch noch in den unorganiihen Berbinbungen
des Gen. BI. mit dem Dat. BI. Maßen (f. maßen) dermaßen (jumeilen der⸗
mäßen betont), Ebener-, einiger-, gemiffer-, ſolchermaßen zc. (vgl.
Grimm Sramm. II, 188); doch Tönnte fih and) hier ber mhd. Gen. des BI.
mägen erhalten haben und fo rein genitinifche Verbindung zu fehen fein. — Die
, Maße it mıhb. die mäze, ahb. die mäza, |. die Maß Anm.
maßen = nad) der Maße daß, indem, weil. Vgl. immaßen.
Beraltete Eonjunction bes Kanzleiftiles, ber Dat. Pl. von die Maße (f. d.), ınhb.
‘bie mäze, hier in der Bed. „Art und Weiſe“ (f. die Maß). Urſprünglich Abver-
verbium, mo benn mhd. mäzen = nicht zuviel (Nibel. 1993, 1). Gleicherweiſe
als Adv. Meht der mhb. Dat. Sing. mäze.
vie Maßgabe, Pl. —n. maßgebend, Part. des Präf. von (das)
Map geben, woher das Subft. die Maßgebung,
welches bereits 1691 bei Stieler Sp. 1284; Maßgabe er 1727 bei Aler
S. 1368, wo maßgab. Maß geben zufammengeichoben fon gegen ober um
1500 maßgeben (voc. theut. BI. n4?).
ver Maß hoͤlder (a kurz), —, Pl. wie Sing., eine Ahornart, Acer
camp6stre. Auch die Maßeller (a furz und e = d), Maßerle
(a kurz und e = A), richtig betont Maßeller, Maßerle.
Maßholder, bei Dasypddius 2° u. 882* mit baum zufammengejekt Mafs-
holder, bei Serränus dictionär. Bl. a3”? bloß ein Maßholder, mit Anlehnung,
weil man bie alte Form nicht mehr verſtand, an Holder = Holunder und falſcher
Betommg flatt Maßolder, wie noch im Bolle gehört wird [3. B. wetterauiſch
Mäseoller), mbb. der mäzalter, mit verbunkeltem a mägolter, mit s flatt Z
masolter und im 14. Jahrh. ſelbſt ſchon masholter (voc. opt. S. 47, 41, 56), ahb. die
mäzaltr&, mäzzaltra, mAzalder&, mit Berbunfelung des mittleren # zu o mäzelträ,
mäzzoltra, aud) mäzulträ, und abgeſchwächt in bem ableitenben zweiten a mäzgiltira,
mäzziltra, mäzeldera, woraus dur Lantangleihung (lt zu 11) mit Wahrung bes
früheren weiblichen Geſchlechtes die Mäßeller und fofort, ba man aus Misver-
Rand »eller für die Eller = Erle nahm, die Maßerle. Zufammengef. aus
einem dunkeln Sub. (der? ba8?) mazal [Adelungs Ableitung von bie Maſe
(. d.) it falfch] und bie -ter&, -trä, — größeres Holzgemwäds, Baum (f. -ber).
Merkwürdig if bie angelfädhf. Yorm mäpuldor, mäpuldre, engl. mapletree, ba
ſich 3 (angelſächſ. t) und p nit berühren (f. Grimm Gramm. II, 581). — Bol.
Wachholder.
mäßig (& lang) = das Zuviel vermeidend; bie Art und Weiſe wovon
habend ober zeigend. Davon mäßigen, refleriv ſich mäßigen, mit
die Mätßigung. Zufammenf. : die Mäßigkeit.
Das Abj. mäßig, mbb. maezec, magic, mittelb. mögig, and = angemeffen,
genehm, ahb. mägic ſwovon das ahb. Abo. mäzigo, unfer nhd. Adv. mäßig], ab-
geleitet von die Maße. Das Berbum mäßigen if 1482 messigen (voc. theut.
ÖL v2°) und Mäßigkeit 1482 die messigkeit, mittelb. die mägekeit (‚Elisabeth
8711), d. i. mhb. mwgicheit (?).
bie Mäßkanne, der Mäßkrug, = Kanne, Krug von einer
Map Inhalt. Beide 1716 bei Ludwig Sp. 1218.
44 Maßleid — Material
der Maͤßleid (a kurz), —es, ohne PL. : Effensüberbruß, Wiberwille
gegen Speife aus Übergenuß, bann überhaupt Überpruß aus Übergenuß.
maßleidig, Abj.,
bei 3. 9. Boß Horaz Sat. 2, 4, 89 im Bers maßleibig betont. Der
Mafleid, üblich in Schwaben (Schmid 876) u. Baden, mit Übergang bes Ge
ſchlechtes an® 1482 bie maßlayde, mb. bie magleide [„swöme (wen irgend) di
spise (Speife) widerstöt, 8 hö (ehe er) si in ddn munt ndöme, dör hät die
mazleide“ ($umnbgr. I, 888*)], ahb. bie mazleidi (Notker Ps. 106, 18), altnorb.
(ſchwachbiegend) der matleidi, zufammengef. 1) aus dem, einem voranszufegenben
[der Lautverfchiebung gemäß mit lat. madandere — Tanen, infofern n eingeſchoben
wäre, ſtimmenden] goth. Wurzelverbum matan (Prät. ih er möt, Bart. matans) —
fanen, fpeifen, entiproffenen mbb. das mag (d. i. neud. Maß), ahd. da®, in Ältefter
Zeit ber mag, gotb. ber mats, altſächſ. ber mat, altnorb. ber matr, = Gpeife
(f. Meffer Anm), und 2) aus dem von dem Adj. Teib abgeleiteten mhd. bie
leide, ahb. leidi, = ſchmerzliches Geflihl von Widerwärtigem, Betrubnis, Trauer,
wie benn and) bei Notker Ps. 118, 20 magleid in dem Sinne unferes Abj. maß-
leibig vorkommt, welches zuerſt im 16. Jahrh. erfeint, 3. 8. bei Dasypödıus
982°, wo mafsleybig.
base Mäßlhieb (a betont, bei I. M. Miller Geb. S. 35), üblicher
im Dim. das Mäßliebchen (ie betont), auch die Mäfliebe (ie
betont), = Günfeblume, bellis.
1711 die Maßliebe (Räblein 624°), 1691 das „Maßlieb“ (Gtieler
Sp. 2502), „Maßliebgen”“ ober „Naßlieben“ (beibes ebenba Sp. 1156),
im 16. Jahrh. Maflieben, nieberländ. bie matelief, madelieve, madelief,
mittelnieberl. mateliefbloem (kor. beig. VII, 18°). Der Name, ans bie Maße
und bie Liebe mittelnieberl. bie lief = Geliebte, ober das Lieb, zufammengefegt,
f&eint auf einer an bie Blume ſich Inlipfenben jet unbelannten Bollsanfhauung,
einem Bollsglauben zu beruhen.
die Maͤßnahme, PL. —n; die Mäfßregel, BL. —n; ver Mapftab,
BI. Mapftäbe. Zufammengef. mit das Maß.
Mafregel 1777 bei Adelnng; Maßnahme eine junge Taum vor 1830
entflandene Bildung, der die Maßnehmung bei Wieland vorausgieng,; Maß-
ab im 15. Jahrh. der mößstab.
+ der Matador, —es (—8), Pl. —e : Tüchtigfter; Haupttrumpf.
Im 18. Jahrh. aus fpan. ber matador — Tobtfäläger, Todter (in Stier-
fämpfen), von bem aus fat. mactäre = opferu, töbten, gemorbenen fpan., portug.,
provenzal. matar —= ſchlachten, töbten.
ver Maͤtapfel, —s, BI. Maͤtäpfel, eine Art fefter Apfel.
+ das Material, —es (—6), Pl. Materialien : Rohſtoff, Geräth,
Bevarf wozu. Zufammenf. : der Materiglienhändler; die Ma-
terialwaare, ber Materialismus; ver Materialtfi, —en,
BL. —en, = Gewürzhändler ꝛc., Geiſtesleugner zc.
Material if die ſächliche Form (materiäle) bes lat. Abj. materiälis = „zum
Stoffe (fat. matéria, f. Materie) gehörig” ſubſtantiviſch genommen und ber
bereits 1716 bei Ludwig Sp. 1219 verzeichnete Plural Materialien nah bem
im 17. Jahrh. pebantiih bei uns gebrauchten Plural jener Form „materiälia ge-
bildet. Materialift bereits 1678 bei Kramer teutſch⸗ital. Wortb. 765°.
Materie — Matrone 45
Tdie Materie, PL —n : Stoff; das woraus etwas gefertigt fft
(Baruch 6, 24) ober wirt; Inhalt, Gegenftand; [ohne BL.) Eiter.
Mhb. bie matäörje, matärge, matörige, — Stoff, Gegenftand, im 14. Jahrh.
auch f. v. a. Eiter, im 12. Jahrh. mattörjd, aus lat. die matdria = Stoff.
f materiell = ftofflich; Törperlich; auf den Stoff, das Körperliche
Bezüglich, fachlich; inhaltlich zc.
Das franz. Abj. materiel ans lat. materiälis (f. Material).
T bie Mathematik (1 kurz), ohne BL. : die Größenlehre. der Mathe-
matiler. mathemätiſch, Adj. u. Adv.
Alle von dem gr.-lat. Abj. mathemäticus, gr. mathömatikös (urdnuerıxdc),
aus befien Fem. gr.-lat. bie mathemätica, gr. bie mathömatik& (vadnuarıxy),
nömlih t6chnd (T&yyn) Kun, unfer Mathematil, 1678 Mathematie, if, wie
von dem Mafc. gr.-fat. mathemäticus, gr. uxdmuarırds, jnbflantivifch genommen,
unfer Mathematiker gebilbet wurde. Jenes gr. Abi. aber ſtammt von bem
kon gr. mathein (uaderv) == lernen abgeleiteten gr. das mäthöma (udInua) =
das Gelernte, Kenntnis, Wifſenſchaſt, defſen Pl. mathömata (undruare) = Zahlen-
lesre und Meßkunde (Feldmeßkunſt).
Mathilde, Frauenname, ift ahd. Mathilda,
volkänbiger ahd. Mahthilda (?), ebenſowol abb. Mathilt, ſtreng⸗ahd. Mahthilt,
Iatinifiert Mathildis, welder Name „Machtkampf“ d. 5. gewaltige Kämpferin,
Kriegerin, Heldin bebentet. Zuſammengeſ. 1) ans ahd. die maht, unferm Macht
(j. b.), und 2) aus abb. bie hilt (?), gotb. hilds (?), altfächf. u. angelfächl. bie hild,
altnorb. die hildr, = Kampf, unb (fo bei Mathilda) ahb. die hilta (?), hiltja (Zilde-
drandslied 6), = Kampf, Gefecht. Im Altnordiſchen iR fogar jene® Hildr eigent-
ih Name einer Wallyrie ober Schlachtjungfrau und fo gleihjfam Kriegsgättin
(f. Grimm Mythol. 393f.). — S. auch Mechthild.
vie Matrage, PL. —n : mit Haaren oder Seegras ꝛc., urſprünglich
mit Wolle gefülltes und durchnähtes Unter- over Ruhebett.
Mit Übergang bes z (ß) in 3, tz, denn mhb. ber, bie (?), ba® mäterag, matrag,
aus dem gleihbeb. mittellat. da® maträtium, franz. ber materas, ital. ber materässo
und dann bie materässa, welde, wie bie fpan. u. portug. Form ber almadraque
zeigt, mit romaniflerter Enbung aus arabifi matrahh = Ort wohin etwas ge-
worfen wird, Unterwurf, Sitzküfſen (Dowy Oosterlingen 64), von tarahha = er
wirft bin, gebilbet find.
tbie Matritel (t tu), Pl. —n: Einfchreibebuch ver Geſellſchafts⸗
glieder, der Einkünfte eines Amtes; Aufnahmeſchein auf einer Hoch-
ſchule. Im 17. Jahrh. die Matricul,
aus lat. die matricula — öffentliches Verzeichnis, dem Dim. von dem lat. von
die mäter — Mutter abgeleiteten bie mAtrix (Gen. matricis) = Mutter, Gebär-
mutter, Stamm, das Bffentlihe (gleihfam das Stamm-)Berzeiähnis.
t bie Matrize, BI. —n : (fupferne) Hauptform, in welcher vie Lettern
(Druckbuchſtaben) abgegoffen werden; Prägeſtock ıc.
Aus dem gleichbed. franz. die matrice, urſpr. = bie Gebärmutter, dann das
worin etwas erzeugt wirb, welches aus lat. bie mätrix (f. Matrikel Anm.).
Tbie Matroͤne, BL. —n : ehrwürbige alte Fran.
Im 17. Zahıh, die Matron, aus lat. die matröna = verheirathetes Frauen⸗
jummer, befouder® von vornehmem Stande, von lat. bie mater = Mutter.
46 Matrofe — Matte
der Matrofe, —n, Bl. —n : gelernter Schiffspiener, Schiffsmann.
Wie mhb. ber marnsre, marner, — Schiffsmann aus mittellat. ber marinkrius,
franz, marinier, fo if das im 17. Jahrh. als Matroje zu uns überlommene
nieberl. ber matroos, bän. n. ſchwed. matros, aud franz. ber matelot, im 13.
Jahrh. mathelot, flatt materos, welches höchſtwahrſcheinlich aus fpäter-lat. ber
mattärius = Einer ber auf der Matte (lat. matta — grobe Dede) ſchläft, und
bie Matrofen unb Seefolbaten fchlafen auf Hange- ober Hängematten: Die
Ableitung des matelot aber von mieberl. und niederd. ber mast — Mitgefelle,
Kamerad, if bebenflih, weil dieſes einfache Wort Leinen Eingang in das Fran-
zöftihe gefunben hat. ©. Diez; Wibd DL, 872.
ber Matſch, —s, PL —e : der Fall bei einem Spieler, daß vieler
das Spiel fehimpflich verloren hat. matfch, Adv.: fo, daß das Spiel
für den Spieler ſchimpflich verloren [gleihfam faul, verborben] ift.
Davon matfhen = matſch machen.
Wie bei Hatfhier (f. d.) Ratt Hartſchier, mit unterbrildtem x vor, ti;
denn urfpriingli lauten die Wörter, wie aud, 1691 Stieler Sp. 1218 bat,
Martfh und martfhen, bayeriſch märtſchen, als überlommen aus bem
gleihbebeutenden ital. Spielausbrud far (machen) oder dar märcio, marciäre
(Schmeller I, 622). ©. ba8 folgende matſchen.
mätſchen — breichweich quetfchen. Davon matfchig.
Dieß matihen if eins mit bem vorigen flatt bes früheren martſchen (im
Simpliciffimns) und bed., wie bayerifh u. ſchweiz. märtfhen, zuerf „(zu
Brei) quetfhen.” Pol. Schmeller II, 622. Aus ital. marciäre (ſprich
martschäre) = in Fänlnis bringen, von dem Abj. märcio (ſprich martscho)
= fanl, verfault, verborben, woraus unfer matſch Ratt martſch (f. der Match).
matt = [vom König im Schachfpiel] zuglo8 und bamit überwunden ;
an Kraft erfchöpft; fait bis zur Wirfungslofigkeit ſchwach oder un»
kräftig. S: auch Mattheit, Mattigfeit.
Das mhb., mittelnieberb., mittelniederl. Adj. mat, urſprünglich eine Art Inter⸗
jection, tancht zuerſt in ber 2ten Hälfte bes 12. Jahrh. auf und zwar als Ausdruck
(Zuruf) im Schachſpiele, dann auf dieſes anfpielenb und bald in allgemeinem Be⸗
griffe. Zunüchſt aus franz. mat, und eben bieß, wie provenzal. mat, ital. matto,
ipan. u. portug. mate, mittellat. mattus, if aus arab. mAt (mäta) == „er iſt ge-
Rorben” verbunden mit perf. schäh — König in dem arab. manriſchen Schadhipiel-
ausbrud (f. das Schach) mAt schäh = ber König ik geftorben (tobt). S. Wibch
b. dent. Syu. I, 806. Früh⸗mhd. auch als Subfl. der mat = das Matt im
Schachſpiel, dann f. v. a. Erfhöpfung, wie in jener Bed. ſchon fpan. ber mate.
bie Matte, BI. —n: Grasland reiches erfreuliches Aufwuchſes.
Mhd. die mate, matte, bei Wolkenstein (} 1445) auch bie matze, ahb. ber
mato (Gen. mätawes), welde ahd. Form aber nur bei Notker (Ps. 104, 834.
108, 23) in ver Zufammenfegung ber matoscröcch Wieſen hlpfer = Heufärede
vorkommt; 1475 eleviſch mate, neunieberl. das mat, altfrief. mede, altengl. me-
dewe, midewe, eugl. meadow. Unverwandt mit mäben.
die Matte, Pl. —n: grobe, von Stroh, Binfen, Baft u. dgl. gefloch-
tene Dede.
Bei Dasypödius 582° u. Serränus dictionfr. Bl. 02° die Make, 1605 bei
Hulsius96> „Matte, Mag”. Mb. bie matte, dann im 15. Jahrh. auch mit regel-
Matte — Matz 47
rechter Berſchiebung des tt in ts (zz) bie matse [3. ®. „Er neigt sich Af ein
matzen, die höt dr von bynzen [Bingen] geflochten* (Schers-Oberlin I,
1013), ahd. die matt&, nen», mittelnieberb. matte, neunieberl. das mat, angel-
fädf. meatta. Aufgenommen aus lat. bie matta —= grobe Dede von Binfen zc.
die Matte, BI. —n : zerfegte geronnene Milch.
Bei Alberus dietionär. Bl. gg3? math in „fees math“. Mittelb. und zwar
ſchon früh im 15. Jahrh. (4. B. 1420) die matte, matten, neunieberl. bie matte,
mat; oberb. regelrecht mit & ber Map. In romaniſche Mundarten libergegangen
[altfranz. maton = Käſekuchen, catalanifh) matd — Rahmläfe, |. Diez Wibch I,
369). Dunkler Herkunft.
+ MattHaus, Mannsname, mittelb. Matheus, aus
gt.⸗lat. Mattheus, bibliſch⸗gr. Matthaios (MarYaTos), weldes aus einer Ab-
fitung von hebr. bie matath (my) = Geidhen!. Bgl. Matthias. „Es if
Mathäi am legten“, bei Bürger Geb. 1778 ©. 161 „Mathä’ am letzten“ [d. h. im
Evangelinm bes Apoſtels Mathäus am legten Kapitel] = es iſt gar aus, zum
(ſchlimmen) Ende gelommen. Beitnther auch bereits gekürzt Matthes. &. Mag 2.
die MattHeit, zufammengef. mit dem Adj. matt. mattig, Abj. von
vie Matte 3. Unorganifches «ig bagegen zeigt ſich in bem ebenfalls
mit jenem Abj. matt zufommengefegten vie Mattigleit, welches
aber von etwas gelinderer Bedeutung als Matt heit ift.
Mattigleit fon im 17. Jahrh., im 16. nieberl. mattigheyd (Kılkan 808").
f Matthias, Mannsname, mitteln. Mathias, aus
or.-lat. Matthias, bibliſch⸗gr. Matthias (Mar$las), welches wol aus hebr.
MatathjAh MAY) —= Geſchenk Gottes, zufammengef. aus hebr. die matath
(Han) = Geihent, Gabe und Jäh (mr), ber Kürzung von J&howäh (mim), dem
Ramen bes Rationalgottes ber Hebräer. Tyrol. gekürzt Hies, wovon tyrol. u.
bayer. das Dim. Hieſel. S. auch Map 2.
fdie Maturität = Reife. Zuſammenſ.: die Maturitätsprüfung.
Jenes ans lat. die matäritas (Gen. maturitätis) von matfirus = reif.
ver Mag — zerjegte geronnene Milch, |. die Matte 3.
der Mag, —es, BL. —e [bei Adelung die Mäte, welches aber nicht
gerade üblich ift] : Rufname des zahmen Staares (weshalb der Staar-
mag]; fih in einfältiger Weife benehmenver Menſch (Göthe XII, 71),
3. B. auch in der Plauder⸗, Sptel-, Tändelmak.
May in dem Begriffe des einfältigen, lächerlichen Menſchen ſchon im 16. Jahr⸗
hundert, im 17. Jahrh. auch gerne Mag von Drespen. Mit nnorganifhen,
weil Ratt the, eigentlih th's geſetzten & ſogl. der Harz mit 3 fatt t's] ans
Mathis, Mathes (vgl. Matzfotz), von welden dieſes Kürzung bes Ramens
Matthäus (f. b.), jene® bes Namens Matthias [fo beißt 3. B. bie Kirche zu
Sant Matthias in Breslau in den mit 1602 enbigenben Denkwürdigkeiten bes
ſchleſiſchen Ritters Hans von Shweinihen IH, 14 „zum St. Mage”). ©.
anch Weinhold ſchleſ. Wibh 61°. Ein anderer Mannsname Mat (Gen. Matzens,
Dat. u. Ace. Magen) it ber mhb. Rame Matze (?), ahd. Mazo (Gen. Mazin),
Maszo, Matzo, welder nah 3. Grimme Bermntbung (Gramm. III, 692) ver-
tranliches Dim. aus dem ahd. Mannenamen Madalfrit, -frid, wie Gdk aus
Gottfried ahb. Cotafrit. Bl. bie Metze 1.
38 Mirte — Marunke
Mhd. der marstal, einmal vollſtändiger marchstal, ahd. ber marstal [im Innern
umnberliryt marahstal (?), marhstal (?)], urfpräinglig — Pferbeftall, weil zuſam⸗
mengef. aus ahd. das marah — Roß, Pferd (ſ. die Mähre 2) u. stal Stall.
bie Märte, wofür mit unnöthigem h, aber übih4Mährte (f. d.).
bie Marter, BL. —n: Blutzeugnis; Berrängnis bis aufs Blut. De-
n : der Märterer, wofür üblib Märtyrer (ſ. Märthyr);
martern, wovon weiter der Marterer. Zufammenf. : die Mar-
terwoche — Charwoche, mhd. u. bei Jeroschin marterwoche.
Marter ik mhd. die märtere, faß immer gekürzt marter, martyr, mit Über-
gang bes r der Ableitungsfilbe in 1 martel ſwetterauiſch noch bie Mährtel], martil,
— Blutzeugnis, arge Bebrängnis, Dual, auch das Krenz als Zeichen bes Leidens
Chriſti, ahd. Die märtyra, märtira, märtara, märtera, martra, aus dem kirchlichen
gr.-lat. da8 martyrium = Blutzeugnis für die Wahrheit der chriſtlichen Religion,
gr. das martfrion (uaprigıov), weldes von gr. [&olifch] der u. bie mArtyr (udorve)
tirchlich = Blutzenge (ſ. Närtyr). Märterer ift mhd. ber märtersere, merterer,
märtelsre, märteler, mittelb. ber märteröre, merteröre, märtelöre, mertelöre,
abo. (erſt bei Notker) märtiräre, märteräre, unb martern mbb. martern, märteren,
marteln, ahb. märtarön, martirön, martolön [burdh Lautangleihung bes a in -al
ju o flatt martalön].
t Martha, Srauenname, goth. Marpa, aus dem bibliſch⸗gr. Namen
Marth& (Map8d) Luc. 10, 28 u. Joh. 11, 1ff., bem von aramuiſch mAr =
Herr abgeleiteten Fem.; alfo f. v. a. Herrin.
+ marttialifh — kampfmuthig oder friegerifch wild.
1678 „martial iſch“ — Triegerifh (Kramer teutſch⸗ital. Wortb. 768), ge-
bildet nach Tat. martiälis = zum Mars, bem römiſchen Kriegsgotte, gehörig.
T Martin, Mannsname. Uneigentliche Zufammenfegungen : pie Mar-
tinsgans = auf Martinstag fällige Zinsgans, dann Gans, welche
am DBorabenbe bed Martinstages als Feftbraten verzehrt wird; ber
Martinstag = Gedãchtnistag bes Heiligen Martin (11. Rov).
Martin, im gemeinen Leben abgeſchwächt Märten, ans dem mittellat. Namen
Martinus == £riegerijder, von Mars (Gen. Märtis), dem Namen bes römiſchen
Kriegsgottes. „die Mertens Gans” bei Hans Sachs IL, 4, 904.
f der Martyr, allgemein üblih Märtyrer, weniger üblich in mehr
beutjcher Form Märterer (f. Marter), —s, Bl. wie Sing. :
Blutzeuge. Davon die Märtyrin, Märtyrerin, Märtererin
(nit Märterin, wie Adelung dem Wollaute zu Gefallen will).
Mart yr, bei Otfried der martyr, angelfächf. ber martyre, if geradezu aus
bem bereits unter Marter (f. b.) angegebenen kirchlichen gr.⸗lat. der n. bie märtyr
= Blutzenge, gr. (üoliſch) märtyr, üblich⸗gr. märtys (udorvs) = Zeuge, Zeugin.
Märtyrer, mit »er, abb. -Ari, gebilbet, if das ebenſowol in unfer Märterer
fih entwidelnde ahb. ber martiräre von ahd. die märtyra, märtira (f. die Marter).
Die Märte rerin lautet im Mhb. (um 1200) märterärinne, märtererinne, —
Blutzengin. — Die Zufammenf. das Maͤrtyrthum bei Schiller M. St. 1, 6.
T die Marunte,. Bl. —n: Art Heiner gelber Apricofen; große gelbe
&ierpflaume.
Dieje legte bei Nemnich IV, 1072 au Malonte, Maronte. Woher viefe
Namen, von melden jener der ältere ſcheint?
März — Maier 39
ver März, |. Merz märzen, |. ausmerzen,
+ der Marzipan, —s, BL. —e : Zuder- und Manpelbrot.
Beier ale (ſchon im 16. Jahrh. und im Anfange bes 17.) Marcipan, weil
ans dem gleichbebentenben ital. ber marzapäne, jpan. ber mazapan, veraltet marza-
pen, welder Name nah Mahn in feiner erfien Hälfte das gr.-lat. Die mäza —
Mehlbrei bewahrt zu haben ſcheint; bie 2te, ital. ber pane, ſpan. ber pan, bebentet
„Brot“. Bol. Diez Wibch I, 266. 1678 bei Kramer teutſch⸗ital. Wortb. 764*
und 1711 bei Rädlein 623 das Marzepan.
die Mäſche, BL. —n: Schlinge im Striden ꝛc.; Schleife von Band
oder Schnur (Roft Schäferged. 93). Davon mafchig.
Maſche ik mhd. die masche, ahd. bie masch; altnorb. (mit 5, dem Umlante
des a ber Wurzelfilbe) der möskvi. Dunkles Urfprunges.
t die Maſchtne, Pl. —n: die Hauptarbeit verrichtendes Triebwerk.
Davon die Mafchinerte (Ailbig), Pl. — n (Bſilbig). Zufammenf.:
mafhinenartig, ⸗»mäßig ıc.
Maſchine, bereits bei Ludwig geläufig, iſt aus franz. bie machine — Kunfl-
gerüße, Triebwerk, welches das gleichbeb. gr.-lat. bie mächina, gr. bie möchand -
(ungayn) = künſtliches Hilfswerlzeng.
T das Masculinum (lat.), —, PL. (lat.) Masculina : das männliche
Geſchlecht; Wort männliches Gefchlechtes.
Die ſubſtantiviſch geſetzte ſüchliche Form bes lat. Abj. masculinus = männlides
Geſchlechtes, von mäsculus = männlid, dem Dim. von mäs = männlides Ge-
ſchlechtes, männlich.
die Mäſe, BL —n: Wundenmal, Narbe (Hölty der Kenner 150);
verunzierender Fleden. Davon mafig,
um 1500 masig. Jenes Subſt. if mbb. Die mAse, ahb. bie mäsa, welches
Dumfles Urfprunges.
bie Maseller (e ä), richtig betont Maseller, |. Maßholder.
ver Mafer, —s, Pl. wie Sing. : Inorrenartige ober flammige Zeich-
nung von Natur im Holz, Aber u. dgl. in demſelben, vann fo von
Natur gezeichnetes Holz felbft. Davon : mäſe richt, mafertg, Adj.;
mafern = von Natur in Mafern bilden. ©. auch bie Maier.
Mafer, mhd. der maser, abhb. ber masar, masor, maser, == Knorren, Aus-
wuchs am Holze (an Ahorn, Birken, Kirid-, ARußbäumen u. bgl.), Becher aus
Hol wit Mafern, aber auch im 15. Jahrh. von Holz mit Abern unb Flammen⸗
zeichnung gefagt, wie im voc. theut. von 1482 BI.t7* „masser oder fledrin-
holt, [fat.] murra® (ogl. Flader) zeigt; angelfädhf. maser, altnorb. ber mösurr,
= Ahorn. ‚ Dunkler Herkuuft. Das Adi. maferiht lautet im 12. Jahrh.
mäserocht, und mafern ift fpät-abb. mäserön = fuorrig werben.
die Mafer, Pl. —n : Inorrens, abernartige, flammige u. bergleichen
Zeichnung von Natur im Holz; natürliches Mal auf ber Haut
(2effing VIO, 49). Der Blural die Mafern = (Finder)
Krankheit mit Ausichlag und rothen Fleden.
Diefer Plural bereits bei Schottelius ©. 1862. Der Sing. die Mafer
aber it nichts anders, ale das weiblid geworbene der Majer (f. d.). Ebenſo
bie Angel, Diſtel ze. Ratt ber Angel, Diſtel zc.
40 maferidt — maffiv
mafericht, maferig, f. ver Mafer.
die Maserle (e = ä) f. Maßholder. die Mafern (Krankheit) |.
die Mafer. Das Verbum mafern f. ver Mafer. der Mas-
bölder, ungut ſtatt Maßholder (f. d.). mafig, f. Mafe.
die Maͤſke ober, wie man gewöhnlich, aber, weil ff ver eigentliche Laut
ift, weniger angemefjen fchreibt, Maske (ſchon bei Stieler Sp. 1218),
BI. —n : falfches unlenntlich machendes Geſicht, unfenntlich machende
Verfleivung. Zufammenf. : ver Maftenball; ver Maftenzug =
von majfierten Perſonen gebilveter Zug.
Unfer nhd. Maſke if, wie au 1678 bei Kramer teutſch⸗ital. Wortb. S. 764
die Schreibung Mas que zeigt, aus franz. ber masque — falſches unkenntlich
machenbes Geftcht, urfprlingli bie Kinder ſchreckendes, mittellat. ber mascus, ge⸗
wöhnlih aber bie masca, welches zuerſt „Here“ bebentet, nach Jacob Grimm
(Mythologie S. 1036) von Tat. (vor 200 nad Chr. Geb.) masticäre [weldes
portug. zu mascar, provenzalifh zu maschar, altfranz. mascher wurbe] = kauen,
weil fie (bie Hexe) Kinder frißt. Ähnlich Tat. (bei Plautus) ber mandäcus =
Bopanz, gleihfam (Kinder-)Xreffer, von manducäre = Tauen. Bol. Diez, Wibch
I, 266ff. Jenes masca — Here aber fommt, wie bie langobardiſchen Geſetze
zeigen, frühe bei ben Deutichen wor, und im Ahd. findet ſich die tälamasca,
mbb. bie talmasge, mittelnieberl. talmasche, — Schreckgeſicht, Schredgefalt,
Geſpenſt.
f die Maſkeraͤde, Pl. —n : Mummenſchanz, Mummerei.
Bereits 1691 bei Stieler Sp. 1218, aus einem gedachten franz. bie masque-
rade flatt bes wirklichen mascarade, ital. bie mascheräts, von ital. mascherhre
[moran® unjer zuweilen gehörtes majlerieren] = maflieren, dem Berbum von
ital. bie mäschera = Mafle. Weniger gut fhreibt man, wenn auch gewöhnlich,
Maskerade (j. Maske).
T maffteren = vermummen. NRefleriv : jih maſkieren.
Weniger gut, aber gewöhnlih, mastierem gefchrieben. Ans bem gleichhe-
beutenben franz. se masquer von masque Maske (f. d.) Kür vermaftieren
findet fih im 17. Jahrh. au ver maſcheu d. i. ver-maj- den.
pas Masleip mit masleibig, falfch ſtat Mäßleid (f. d.) ꝛc.
r mafjacrteren = niebermegeln, blutig tödten.
1694 bei Nehring S. 581 massacriren. Aus franz. massacrer von bie
massacre — Niebermegelung, Blutbab, mittellat. (13. Jahrh.) das mazserium,
weldes nad) Diez Wtbch IN, 872 aus einem deutſchen Worte [ob mhb. (oberd.)
metziger, metzger, nho. Metzger (j. d.)?] aufgenommen ſcheint.
bie Maffe, Bl. —n : große verbundene Menge. Zufanmen‘. : maf-
fenhaft, Adj. u. Adv.;3 maffenmweife, Abv.
Mhd. die masse = ungeftalteter Stoff, Menge, befonbers Dichte, wie Metall-
Humpen, ahd. (nur bei Notker Boeth. ©. 185, 147) bie massa — Gtoff, aus lat.
bie massa = Klumpen, zuſammenhangende Menge.
bie Maffel, BL. —n : kurzer, vier, Ilantiger Stab Roheiſen.
Bol aus Tat. die mässula — Heine Maffe, dem Dim. von lat. bie massa —
Maffe (f. b.).
r maffivp = groß und fhwer (maſſenhaft), gewichtig, bicht, feft,
berb ; [bilplich :] plump, ungefchliffen, zu derb.
Maſt — Maſtir 41
Bereits bei Stieler Sp. 1218, wo auch bie Ableitung „maßiviſch“ d. i.
maffivif, und fo geläufig erſcheinend. Aus franz. massif = bit, gebiegen,
ſtart, welches ein nenlat. massivus von lat. massa (ſ. Maffe) vorausjekt.
ver Maft, —es, Pl. —en (unorganifch ftatt —e) : Schiffsbaum zum
Zragen ber Segelftangen jammt den Segeln und ber Taue. Davon
mäftig (f. b.).
Maf, mhd. der mast = Stange, Fahnen⸗, Speerftange, dann jener Schiffs⸗
baum, abb. (felten) ver mast, nieberb., nieberl., 1475 eleviſch ber mast, angelfächl.
der mäst, altnorb. ber mastr. Das -t ift ableitend, bie Wurzel bunkel.
vie Maft, Pl. —en : Fettmachung; Futter zum Fettmachen.
hd. u. mittel. ber, bie n. das mast = Fettmachung, Futter, Frucht, zur Er⸗
giebigkeit Dienendes, ergiebig gemadhtes Sand, ahd. ber (?) mast flatt magt (?),
angelfächf. die mäst, mit Übergang bes goth. t (= ahb. z) in s ſogl. müffen,
wiffen] und danı mit ableitendem -t von berjelben Wurzel (goth. matan, ahd.
mazan), aus welcher das Maß — Speife (f. Maßleid), ahb. ber, das maz, goth.
der mats, entiproffen IR. Pol. Grimm Gramm. II, 208.
maft = gemöäftet, fett, wolbeleibt. „Bei maften Pächtern”
bei Schiller Räub. 4, 6; 1544 „ber leib, ber groß, maſt vnd fleyſchig iR“
(Ryff Spiegel der Gefunbheit Bl. 16%). Abb. das Abj. mast (mur Notker Ps.
77, 31) = fett.
ver Maftbaum, als beftimmterer Ausbrud ftatt der Maſt (f. d.).
Mhd. der mastboum, mit geſchwundenem t masboum, ahb. ber mastpoum.
ver Maftparm, —es, BI. Maftvärme, — ber Afterdarm.
1469 ber mastdarm (voc. ex quo), zu Anfange des 15. Jahrh. auch ſchon mit
YAusfoll des t masdarm. Urfpränglid Darm, durch welden bei ber Maſt
(Nahrung) der Koth weggeht. Ein verhüllender Ausbrud flatt des früheren ber
Arſchdarm mhd. u. ahd. (im 12. Jahrh. der arsdarm).
maften, intranfitiv : fett werben; als Maſt anſchlagen (das Fettwer⸗
den fördern). Dagegen mäften, tranfitiv : fett machen.
Diefes mäſten ift mhd. mesten (auch bildlich), ahd. mastan ſd. i. urfpr.
mast-j-an (7)], welches dann zu mestan werden muß, angelſüchſ. mästan; jenes
maften mhd. u. mitteld. masten, ahb. mastön (?). Bon die Maft.
ber Mafttch (bei Luther Hef. 17, 17), |. Maftir Anm.
maftig = überaus wolgenährt, Adj. von die Mat.
Erft im 15. Jahrh., in welchem 1556 maftig (Frisius 840°. 890*. 919°.
Maaler 284%). Bon bie Maſt (f. d.).
-mäftig in ein-, breimaftig — einen Maft, drei Maiten habend.
ber Maftir, Gen. unverändert, ohne Pl., eine Harzart.
Bei Frisius 805* u. Maaler BI. 284° der Maftir, Iat.-mbb. (im 14. Jahrh.)
bei Megenberg ber mastix, aus mittellat. der mastix, welches aus bem gleichbe-
deutenden gr.-lat. bie mästice, mästiche, gr. bie mastichd (uaor/yn), einem wol
mit gr. die mästax (udoras) = Mund, Kaumerkzeug, zufammengebörigen Worte,
weil man ben Maftir, wie noch jetzt im Morgenlanbe, laute, um den Athem wol⸗
riehend zu machen. Spät⸗mhd. aber and) ber masting (Heilmittelbud von 1400
in der Gießener Hf. Nr. 992 BI. 120°), 1482 „mastick oder [geflirgt] mast“ (voc.
theut. BI. 17°), mittelnieberb. mastic, mastich [woher noch bei Luther Hef. 17,
17 der maftid].
40 maferidt — maffiv
mafericht, maferig, ſ. ver Mafer.
die Maserle (e = 8) f. Maßholder. die Mafern (Kranthett) ſ.
die Mafer. Das Verbum mafern f. ter Mafer. ver Mas—
holder, ungut ftatt Maßholder (f. d.). mafig, |. Mafe.
die Mafte ober, wie man gewöhnlich, aber, weil ff ver eigentliche Laut
ift, weniger angemeffen fchreibt, Maste (fehon bei Stieler Sp. 1218),
BI. —n : falfches unkenntlich machendes Geſicht, unfenntlich machende
Verkleidung. Zufammenf. : ver Maflenball; ver Mafltenzug =
von maffierten Perfonen gebilteter Zug.
Unfer nhd. Mafte ift, wie auf) 1678 bei Kramer teutſch⸗ital. Wortb. ©. 764
die Schreibung Mas que zeigt, aus franz. ber masque — falſches unlenntlid
machendes Geſicht, urfprlinglich die Kinder ſchreckendes, mittellat. der mascus, ge-
wöhnlih aber bie masca, welches zuerſt „Here“ bebeutet, nach Jacob Grimm
(Mythologie S. 1036) von Tat. (vor 200 nad Chr. Geb.) masticäre [weldes
portug. zu mascar, provenzaliſch Zu maschar, altfranz. mascher wurbe] = tanen,
weil fie (bie Here) Kinder frißt. Ähnlich Iat. (bei Plautus) ber mandicus =
Bopanz, gleihfam (Kinber-)Freffer, von manducäre = kauen. Bol. Diez Wibch
I, 266ff. Jenes masca = Here aber lommt, wie bie Tangobarbifchen Geſetze
zeigen, frühe bei den Deutihen vor, und im Abb. finbet fi bie tälamasca,
mbb. bie talmasge, mittelnieberl. talmasche, = Schreckgeſicht, Schredgefalt,
Geſpenſt.
f die Maſkeräde, BL. —n: Mummenſchanz, Mummerei.
Bereits 1691 bei Stieler Sp. 1218, aus einem gedachten franz. bie masque-
rade ftatt bes wirklichen mascarade, ital. die mascherätse, von ital. mascheräre
[woraus umfer zumeilen gehörtes maſkerieren]) = maflieren, dem Berbum von
ital. die mäschera = Mafle. Weniger gut fchreibt man, wenn auch gewöhnlich,
Maskerade (. Maste).
T maffteren = vermummen. WRefleriv : ſich maſktieren.
Weniger gut, aber gewöhnlich, mastieren geſchrieben. Aus dem gleichbe⸗
beutenben franz. se masquer von masque Maske (f. d.). Fiir ————
findet ſich im 17. Jahrh. auch ver maſchen d. i. ver⸗maſ⸗-chen.
das Mäsleid mit mäsleidig, falſch ſtatt Maäßleid (f. DER
r maffacriteren — niebermegeln, blutig töten,
1694 bei Nehring ©. 581 massacriren. ns fran: masanorer Br
massacrıe — Miebermebelung, Blutbab, mittellat: (18: Sahrh.) Be
welches nach Diez Wtbch II, 372 aus einen beniidhen Muorte fob :
metziger, metzger, nbb. Mekger (f. d,)?] aufgenommen fe tl.
bie Mafie, Pl. —n : grofie berbumbene Menge Alam
fenhaft, Abj. u. —* mäſſenweiſe, Abu, *
Mhd. bie masse — ungeflalteter Stoff, Menge, beſond rot In
Humpen, abhd. (uur bei Notker Bosth. 1-2 188, bien
die massa — Klum une Menge
die Maͤſſel,
Wol au
Mafie U
T mafii
berb 4
Ser — ur
» em
Bereitĩ bei Stieler a re > |
moffivifd, aub fe gli; ee mu ui. —
fort, welches ein meulı. masse ır 2 zum.
—— — —
—
ver Maft, —es, FL a ma Z
Tragen der Segeianger iume me oz —
„mäſtig (ſ. E.L
Maſt, mit. per mas = Zum mer
banm, abb. ficken mr ma zum mm -° 77
der mäst, altuımt. pr mem ie - — zum —
vie Maft, PL —ı : em: ur
Rh. u mic x*rx = 2 mem
giebigkeit Dinemet urn meoı
angelfähf. bie ma. 2 Imar =*
wilfen tt da er 2 mm
mazan), 018 weiber ne 9. °.= m *
der mats, entivrefietr & . Por m _
maſt = gemälte, gr. mim. „m ı —
bei Schiller ——
(Ryff Spiegel br Brummen 8. =
771, 31) = fett.
ver Maftbaum, ae munmr m — -
Mhp. ber mastuoun m wm Ar 2
vr Maſtdarm, — — =- - -
1469 ber masıüaıı m 2 m . = -
en —
Udtermmerat mi ze - er
maften, intvasiım : mer „..
ven fördern). Turm L- © = - .
Dieſes mife Er ee e --
mast-jan (?)], mie nur 2 u = 2 5
maſten mbb. = mu me 2 J
der Maͤſtich (bei u. — -
maftig = überaut miemir -
Eh im ı5 Bis >>
Maaler 2) B:,nı
:näftig in eim-,
Mair, FR ze —- |
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44 Maßleid — Material
der Maͤßleid (a kurz), —es, ohne PL. : Effenstiberpruß, Wiberwille
gegen Speiſe aus Übergenuß, dann überhaupt Überpruß aus Übergenuß,
maßleidig, Abj.,
bei 3. 9. Boß Horaz Sat. 2, 4, 89 im Ber maßleibig betont. Der
Maßleid, üblich in Schwaben (Schmid 876) u. Baben, mit Übergang des Ge-
ſchlechtes aus 1482 bie maßlayde, mhd. bie mazleide [„swöme (wem irgend) di
spise (Speiſe) widerstöt, & hö (ebe er) si in din munt nöme, dör hAt die
magleide“ (funbgr. I, 888*)], abb. bie mazleidi (Notker Ps. 106, 18), altuorb.
(ſchwachbiegend) ber matleidi, zufammengef. 1) aus dem, einem voranszufegenben
[ber Lautverſchiebung gemäß mit lat. mändere = kauen, infofern n eingefhoben
wäre, flimmenben] goth. Wurzelverbum matan (Brät. ich er möt, Part. matans) —
fauen, fpeifen, entiproffenen mbb. das mag (db. i. nend. Maß), ahd. das, in ältefter
Zeit der maz, gotb. der mats, altfächf. ber mat, altuorb. der matr, = Speiſe
(f. Meffer Anın.), und 2) aus dem von bem Abj. leid abgeleiteten mhd. bie
leide, ahd. leidi, = ſchmerzliches Geftigl von Widerwärtigem, Betrlibnis, Trauer,
wie benn auch bei Notker Ps. 118, 20 magleid in dem Siune unferes Abj. maß-
leidig vorkommt, welches zuerſt im 16. Jahrh. erſcheint, z. V. bei Dasypödıus
982%, wo maſsleydig.
bad Mäßlieb (a betont, bei I. M. Miller Ger. ©. 35), üblicher
im Dim. das Mäßliebchen (ie betont), auch die Mäßliebe (ie
betont), = Gänjeblume, bellis.
1711 die Maßliebe (Räblein 624), 1691 das „Maßlieb“ (GStieler
Sp. 2502), „Maßliebgen“ ober „Maßlieben“ (beides ebenba Sp. 1155),
im 16. Jahrh. Maßlieben, nieberländ. bie matelief, madelieve, madelief,
mittelniederl. mateliefbloem (hor. beig. VII, 18°). Der Rame, aus bie Maße
und bie Liebe mittelnieberl. die lief = Geliebte, ober das Lich, zuſammengeſetzt,
ſcheint auf einer an die Blume fi Inlipfenden jekt unbekannten Vollsauſchauung,
einem Bolleglanben zu beruben.
bie Maßnahme, BL —n; die Maͤßregel, PL —n; der Mäßftab,
BL. Mäpftäbe. Zufammengef. mit das Maß.
Maßregel 1777 bei Abelung; Maßnahme eine junge kanm vor 1880
entfanbene Bildung, der bie Mafnehmung bei Wieland vorausgieng; Maß-
tab im 15. Jahrh. der mößstab.
+ der Matapor, —es (—8), Pl. —e : Tüchtigfter; Haupttrumpf.
Im 18. Jahrh. aus fpan. der matador = Tobtihläger, Töbter (in Stier-
impfen), von dem aus lat. mactäre = opfern, töbten, gewordenen fpau., portug.,
provenzal. matar = ſchlachten, töbten.
der Deatapfel, —, BI. Matüpfel, eine Art fefter Apfel.
+ das Materidl, —es (—8), BI. Materialien : Rohſtoff, Geräth,
Berarf wozu. Zufammenf. : ver Materialienhändler; vie Ma-
terialwaare. ber Materialismus; der Materialiſt, —en,
BI. —en, = Gemürzhändler 2c., Geiftesleugner ꝛc.
Material iR bie ſächliche Form (materiäle) bes fat. Abj. materiälis = „zum
Stoffe (lat. materia, ſ. Materie) gehörig” fuhftantivifch genommen und ber
bereits 1716 bei Ludwig Sp. 1219 verzeichnete Plural Materialien nad) dem
im 17. Jahrh. pebantifch bei uns gebranchten Plural jener Form „materiälia“ ge-
bildet. Materialift bereits 1678 bei Kramer teutich-ital. Worth. 765°.
Materie — Matrone 45
T die Materie, PL. —n : Stoff; das woraus etwas gefertigt iſt
(Baruch 6, 24) ober wird; Inhalt, Gegenftand; [ohne PL.) Eiter.
hp. die matörje, matörge, matörige, — Stoff, Gegenftand, im 14. Jahrh.
auch f. v. a. Eiter, im 12. Jahrh. mattörj&, aus lat. bie materia — Stoff.
f materiell = ftofflih; körperlich; auf den Stoff, das Körperliche
bezüglich, fachlich; inhaltlich zc.
Das franz. Adj. materiel aus lat. materilis (f. Material).
T die Mathematik (t kurz), ohne DL. : die Größenlehre. der Mathe-
matiler. mathemätiſch, Adj. u. Apr.
Ale von dem gr.-lat. Abj. mathemäticus, gr. mathömatik6ds (uadnuarıxdc),
aus deſſen em. gr.-lat. bie mathemätica, gr. bie mathömatikd (uadmuarıxı),
nämlich t6chn& (7&yyn) Kunſt, unjer Nathematik, 1678 Mathbematic, if, wie
von dem Mafc. gr.-Iat. mathemäticus, gr. uxdnuarıxzds, jubflantivifch genommen,
unfer Mathematiker gebildet wurbe. Jenes gr. Abj. aber flammt von bem
von gr. mathein (uadeiv) — lernen abgeleiteten gr. ba® mäthöma (udInuc) =
das Selernte, Kenntnis, Wiffenfchaft, defſen BI. mathömata (ua9ruara) = Zahlen-
lehre und Meßkunde (Feldmeßkunſt).
Mathilde, Frauenname, ift abd. Mathilda,
vollkänbiger ahd. Mahthilda (?), ebenſowol ahd. Mathilt, ſtreng⸗ahd. Mahthilt,
Istinifiert Mathildis, welcher Name „Machtkampf“ d. 5. gewaltige Kämpferin,
Kriegerin, Helbin bebentet. Zuſammengeſ. 1) ans ahd. die maht, unferm Mat
([. b.), und 2) aus ahb. die hilt (?), goth. hilds (?), altfächl. u. angelſtichſ. bie hild,
aftnorb. Die hildr, = Kampf, und (fo bei Mathilda) ahb. die hilte (?), hiltja (.Zilde-
brandslied 6), = Kampf, Gefeht. Im Almordiſchen iſt fogar jene® Hildr eigent-
ih Rame einer Walkyrie ober Schlachtjungfrau und fo gleihfam Kriegsgöttin
(. Grimm Mythol. 898f.). — S. auch Mechthild.
die Matrage, PL —n : mit Haaren oder Seegras ꝛc., urjprünglich
mit Wolle gefülltes und durchnähtes Unter⸗ ober Ruhebett.
Mit Übergang bes z (f) in 3, &, denn mhb. ber, die (?), das mäteraz, matraz,
aus dem gleihbeb. mittellat. das maträtium, franz. der materas, ital. der materässo
und dann bie materdssa, weldhe, wie bie fpan. u. portug. Form ber almadraque
zeigt, mit romaniflerter Endung aus arabifch matrahh = Ort wohin etwas ge-
worfen wirb, Unterwurf, Sitzküfſen (Domy Oosterlingen 64), von tarahha = er
wirft bin, gebilbet find.
Tdle Matritel (ti kurz), Pl. —n : Einſchreibebuch der Geſellſchafts⸗
glieder, ver Einkünfte eines Amtes; Aufnahmeichein auf einer Hoch-
ſchule. Im 17. Jahrh. Die Matricul,
aus Tat. die matricula = öffentliches Verzeichnis, dem Dim. von dem lat. von
“ die mäter — Mutter abgeleiteten bie mAtrix (Gen. matricis) = Mutter, Gebür-
mutter, Stamm, das Bffentlie (gleihfam das Stamm-)Berzeichnis.
T bie Matrize, BL. —n : (kupferne) Hauptform, in welcher vie Lettern
(Druckbuchſtaben) abgegofien werben; Prägeftod ꝛc.
Aus dem gleichbeb. franz. bie matrice, urfpr. = bie Gebärmutter, dann das
worin etwas erzeugt wirb, weldes aus lat. Die mätrix (f. Matrilel Anın.).
Tdie Matrone, Pl. —n: ehrwürbige alte Frau.
Im 17. Jahrh. die Matron, ans lat. die matröna == verheirathetes Frauen⸗
zimmer, befoubers von vornehmen Stande, von lat. bie mater = Mutter.
46 Matrofe — Matte
der Matrofe, —ı, Bl. —n : gelernter Schiffspiener, Schiffsmann.
Wie mhb. der marnsere, marner, = Schiffsmann aus mittellat. ber marinkrius,
franz, marinier, fo if das im 17. Jahrh. ale Matrofe zu uns liberlommene
nieberl. ber matroos, bän. u. ſchwed. matros, auch franz. ber matelot, im 13.
Jahrh. mathelot, ſtatt materos, welches höchſtwahrſcheinlich aus fpäter-lat. ber
mattärius — @iner der auf ber Matte (lat. matta — grobe Dede) ſchläft, und
die Matrofen und Seefolbaten ſchlafen anf Hange- oder Hängematten. Die
Ableitung bes matelot aber von nieberl. und nieberd. ber maat — Mitgejelle,
Kamerad, iſt bedenklich, weil biefes einfache Wort Leinen Eingang in bas Fran-
zöfifhe gefunden hat. &. Diez Wibch HI, 372.
ber Matſch, —s, PL. — : der Fall bei einem Spieler, daß biefer
das Spiel fehimpflich verloren hat. matſch, Adv.: fo, daß das Spiel
für den Spieler fchimpflich verloren [gleichfam faul, verborben] ift.
Davon mätſchen — matfch machen.
Wie bei Hatfhier (f. d.) ſtatt Hartſchier, mit unterbriidtem v vor tſch;
denn urſprünglich lauten bie Wörter, wie aud, 1691 Stieler Sp. 1218 hat,
Martfh und martfhen, bayeriſch märtſchen, als überlommen aus bem
gleihbebeutenden ital. Spielansbrud far (machen) oder dar märcio, marciäre
(Sämeller DO, 622). ©. bas folgende matſchen.
mätſchen = breichweich quetfchen. Davon matfchig.
Dieß matfhen if eins mit dem vorigen flatt bes früheren martſchen (im
Simpliciffimus) und beb., wie bayerifh um. fehweiz. märtihen, zuerſt „(zu
Brei) quetſchen.“ Bol. Schmeller U, 622. Aus ital. marciäre (fprid
martschäre) = in Fäulnis bringen, von dem Abj. märcio (ſprich martscho)
= faul, verfault, verborben, woraus unjer matſch ſtatt martic (f. der Matſch).
matt = [vom König im Schachſpiel] zuglo8 und bamit überwunden;
an Kraft erfchöpft; fait bis zur Wirkungsloſigkeit fchwach oder uns
kräftig. ©: auch Mattheit, Mattigfeit.
Das mhb., mittelnieberb., mittelnieberf. Abj. mat, urſprünglich eine Art Inter
jection, taucht zuerſt in ber 2ten Hälfte des 12. Jahrh. anf und zwar als Ausbrud
(Zurufſ) im Schachſpiele, dann anf dieſes anfpielenb und bald in allgemeinem Be-
griffe. Zunähr aus franz. mat, und ebeu dieß, wie prowenzal. mat, ital. matto,
ſpan. u. portug. mate, mittellat. mattus, ift aus arab. mät (mäta) = „er ift ge-
ſtorben“ verbunden mit perf. schäh = König in dem arab. maurifhen Schachſpiel⸗
ausbrud (f. das Schach) mAt schäh = ber König if} geflorben (tobt). S. Wibd
b. dentf. Syn. I, 306. Früh⸗mhd. auch ale Subfl. der mat = das Matt im
Schachſpiel, dann f. v. a. Erſchöpfung, wie in jener Bed. ſchon ſpan. ber mate.
die Matte, BL. —n: Grasland reiches erfreuliches Aufwuchſes.
Mhd. die mate, matte, bei Wolkenstein (} 1445) auch bie matze, ahd. ber
mato (Gen. mätawes), welche ahd. Form aber nur bei Notker (Ps. 104, 84.
108, 23) in der Zufammenfegung ber matoscrdcch Wieſen blipfer = Heufchrede
vorfommt; 1475 eleviſch mate, neuniederl. das mat, altfriej. mede, altengl. me-
dewe, midewe, engl. meadow. Unverwandt mit mäben.
die Matte, Bl. —n: grobe, von Stroh, Binfen, Baft u. dgl. gefloch-
tene Dede.
Bei Dasypödius 582° u. Serränus dietionfr. BI. 02 bie Mage, 1605 bei
Hulsius96® „Matte, Ma". Mhd. bie matte, dann im 15. Jahrh. auch mit regel-
Matte — Matz 47
rechter Berſchiebung bes tt in ts (zw) bie matze [j. V. „ör neigt sich Üf ein
matzen, die höt ör von bynzen [Binzen) geflochten“ (Scherz-Oberkn I,
1013)], abb. bie mattâ, neu-, mittelnieberd. matte, neunieberl. das mat, angel»
fühl. meatta. Aufgenommen aus lat. die matta — grobe Dede von Binfen zc.
die Matte, Bl. —n : zerfegte geronnene Milch.
Bei Alberus dietionär. Bl. gg 8? math in „kees math“. WMittelb. und zwar
ſchon früh im 15. Jahrh. (3. B. 1420) bie matte, matten, neumieberl. bie matte,
mat; oberb. regelreht mit # ber Mat. In romanifhe Munbarten Übergegangen
faltfranz. maton — Käſeluchen, catalaniſch mato = Rahmkäſe, |. Diez Wibch L
269). Dunkler Herkunft.
f MattHaus, Mannsname, mitteln. Mathöus, aus
gr.»Iat. Matthæus, bibliſch⸗gr. Matthaios (MarYaToc), weldes ans einer Ab-
feitung von bebr. die matath (Amy) — Geſchenk. Bol. Matthias. „Es if
Matbäi am legten“, bei Bürger Geb. 1778 ©. 161 „Mathä’ am letzten“ [b. h. im
Evangelinm bes Apoſtels Mathäus am legten Kapitel] = es if gar aus, zum
(ſchlimmen) Ende gelommen. Beitntber auch bereits gekürzt Matthes. ©. Map 2.
die Maͤttheit, zufammengef. mit dem Apj. matt. mattig, Abj. von
vie Matte 3. Unorganifches ⸗ig dagegen zeigt fich in dem ebenfalls
mit jenem Adj. matt zufammengefegten die Mattigfeit, welches
aber von etwas gelinderer Bebeutung als Mattheit ift.
Mattigleit ſchon im 17. Jahrh., im 16. nieberl. mattigheyd (Kılkan 808*).
t Matthias, Mannsname, mitteln. Mathias, aus
gr.-Iat. Matthias, bibliſch⸗gr. Matthias (MarYlas), welches wol aus hebr.
MatathjAh (TAAN) — Geſchenk Gottes, zufammengef. aus hebr. die matath
(map) = Geigent, Babe und Jah (m), ber Klirzung von JEhowäh (ip), bem
Ramen des Rationalgottes ber Hebräer. Tyrol. gekürzt Hies, wovon tyrol. u.
Bayer. das Dim. Hieſel. S. auch Matz 2.
Tdie Maturität= Reife. Zuſammenſ.: vie Maturitätsprüfung.
Jenes aus lat. die matäritas (Gen. maturittis) von matürus — reif.
der Mag — zerſetzte geronnene Milch, |. die Matte 3.
bee Mag, —s, BI. —e [bei Adelung die Mäte, welches aber nicht
gerade üblich ift] : Rufname des zahmen Staares (weshalb der Staar-
mag]; fich in einfältiger Weije benehmenver Menſch (Göthe XII, 71),
3. B. auch in der Blaupder-, Spiel-, Tändelmatz.
Mat In den Begriffe bes einfältigen, lächerlichen Menſchen ſchon im 16. Jahr⸗
hundert, im 17. Jahrh. aud gerne Mat von Drespen. Mit unorganiſchem,
weil Ratt ths, eigentlich th's geſetzten tz ſogl. der Harz mit 3 Ratt t's] aus
Mathis, Mathes (vgl. Matzfotz), von welden biefes Kürzung bes Namens
Matthäus (f. b.), jenes bes Namens Matthias [fo Heißt 3. B. bie Kirche zu
Sant Matthias in Breslau in den mit 1602 enbigenben Denkwürdigkeiten bes
ſchleſiſchen Ritters Hans von Shweiniden II, 14 „zum St. Make”. ©.
ah Weinhold ſchleſ. With 61°. Ein anderer Mannename Mat (Gen. Matzens,
Dat. un. Acc. Magen) if ber mbb. Name Matze (?), ahd. Mazo (Gen. Masin),
Mazzo, Mateo, welder nah 3. Srimms Vermuthung (Gramm. IH, 692) ver-
tranfides Dim. ans dem ab. Mannsuamen Madalfrit, -frid, wie Oöꝶ aus
Gottfried ahd. Cotafrit. Bl. Die Metze 1.
48°‘ Map — Mauer
der Mat — taube Erbe, Steinart, taubes Erz Nicht von matt.
ver Maͤtzen, —s, BI. wie Sing., eigentlih ver Mage, — ns, Pl. —n:
bünner aus Wafler und Mehl bereiteter Ofterfuchen ver Tuben.
Bei Adelung fehlt das Wort, und Campe bat gegen ben geläufigen Gebraud
die Mage, BL. —n. 1482 der matz (voc. theut. Bl. t7*) ſtatt matze, und ber
matzenkuch (ebenda Bl. z4*) ſtatt matzenkuoche ber Mätzenküchen. Aus
ber Sprache unferer Yuben aufgenommen, wo mazzo, welches bebr. bie mazz&äh
(My) = ungelinertes Brot, wie es die Juden zu Oſtern efien.
ver Mager, —s, Bl. wie Sing. : troden geworbene zähe Feuchtigkeit
in ven Augenwinleln und an den Wimpern.
In der Wetterau, joll aber au im Schwäbiſchen vorlommen (f. Sä mid 31).
Bei Dasypödius 382? Mat, 1482 ber „mascher oder greck in den augen,
[fat.] pituita® (voc. theut. Bl. t 7°) und mescher (ebenda Bl. v2?). Woher
if das Wort?
vie Magfog, Pl. —en : Fraftlofer, feiger Menich.
Norddeutſch betont Matzfötz. Ein niebriger, unanfländiger Ausbrud. Nach
Höfer öſterreich. Wibch IL, 240 in Ofterreih der Matzfotz. Der erfte Theil der
Zuſammenſetzung if ber auch zur Bezeichnung eines einfältigen Menſchen gebrauchte
(. Map 2) Manusname Matthes, Matbis,d.i. Matthäus, Matthias, nicht
aber ber alte beutihe Mannsname Mag (f. ebenda), denn aus bem Jahr 1629
findet fi bei Adrian Mittbeilungen aus Handſchriften S. 814 neben ähnlichen
groben Schimpfwörtern (vgl. Hundsfott) die Mathes fo —= Hahnrei (?).
Der zweite Theil dagegen ift eins mit bem zweiten jenes HSunbsfott, und das
t, woflir wegen ber Kürze bes u neub. tt, bat, ba es bier vorhochbeutfcher Laut⸗
Rand if, ſich regelrecht hochdeutſch in % fortgeſchoben, eine Verſchiebung, welche
bei dem Worte außer ber Zuſammenſetzung ſchon im voc. theut. von 1482 BI. ib*
vorfommt. — Osnabrückiſch Matzpumpe ift gleiher Bilbung u. Bedeutung.
manen, das Verbum zur Bezeichnung des gewöhnlichen Schreien ber
Kate. üblicher miauen. Auh mauzen, maunzen.
Zenes mauen (Schiller Wall. Lager 9) finder fih ſchon 1678 bei Kramer
tentſch⸗ital. Wortb. 765° und if mbb. (14. Jahrh.) mAwen, welches auch vom
Schreien Tagenartiger Thiere überhaupt lebt, 3. B. des Löwen. Das Wort ſtimmt
mit dem Schrei des Thieres. ©. auch maunzen.
die Mauer, Bl. —n : fteinerne Wand. mauern. Zufammenf. : ber
Manerbreher — Kriegswerkzeug zum Cinftoßen einer Mauer;
ve. Mauerpfeffer, eine auf Mauern, Felfen zc. wachſende Pflanze
mit (pfefferartig) beißendem Safte, s6dum acre; die Mauer-
Ihmwalbe = in Mauerhöhlen niftende Schwalbe, ver Mauer:
fpecht, an Mauern Hetternne Spechtart. Zufammenf. mit mauern
ift die Mauerkelle (el = All) = elle zum Mauern, früher (zu-
fammengef. mit Maurer) die Maurertelle,
Mauer ftebt ſtatt Maur, wie der voc. theut. von 1482 bat und z. B. Luther
ſchreibt; doch auch ſchon mit dem mol bes Wollautes wegen zwiſchenein vor r ge-
fhobenen unorganifchen e bei Alberus diotionkr. Bl. LI2? n bb4® mawer,
1469 wmittelrheinifh bie müer wie ber mÄäerer (Manerer) im voc. ex quo, 1471
mittelb. mer. hp. die müre, mür, abb. u. altſächſ. bie müra , altfrief. bie
Maule — Maufbeere 49
mfıre, augelfächf. u. altnorb. ber mür, aus dem gleiäbeb. lat. ver mürus. Die
gothiſche und alſo eigentlich deutſche Benennung war bie vaddjus, aber Gteinban
wurde von bem alten Dentichen als etwas rbmiſches angefeben (vgl. Weinhbolb
dentſche Frauen S. 882). Das Berbum manern, ehebem urfprlinglicher m auren,
lautet im Mittelhochbentihen müren, ans dem gleihbeb., von jenem lat. mürus
abgeleiteten mittellat. müräre. Bgl. anch Maurer. Statt Manerbreder fagte
man im Althochdentſchen bie mürprähha d. 1. nend. bie Marerbrede; fir
Manerpfeffer, 1678 Maurpfeffer, 1482 mauwrsteinpfeffer (voc. theut.
BL 17°); fir Mauerſchwalbe tm 16. Jahrh. maurfchwalben.
die Mauke, ohne BI. : lähmende Fußkrankheit des Pferdes.
Iſt mit hochdentſchem Diphthong an bie niederd. Form bie muke (mit u =
mbb. fi), 1475 cleviſch muyekon (Tbuthonista); mhb. aber bie müche (Frauenlob
©. 192, 885, 2. Vgl. Haupt Zeitschr. VI, 487), wonach alfo bie richtige und
rein · hochd. Form Mauche lauten müſte. Dunkles Urfprunges.
bie Mauke — Gelbwerden und Dorren häufiger kurzer Schoſſe am
Weinſtock. Ob vielleicht Kürzung aus lat. mücor =
Schimmel, au aus bem Weinftod rinnenbe, ihm ſchädliche Feuchtigkeit?
die Mauke, Pl. —n: (heimlicher) Ort zum Aufbewahren,
zunäh der Apfel, bes Obſtes. Rheinanfwärts nach Schwaben vorgedrungen.
Ans mittelnieberl. (16. Sabrh.) muyk d. i. muik, mit unterbrüüdtem d aus ben
älteren vorlommenben muydick ober beffer muedeke, mudeke (hor. beig. VII,
19%, gi. deig. 72f.), = Ort zum Aufbewahren bes Obſtes, welches eins mit
Mutid 2 (f. d.). Gleihermeife zeigt mittelnieberl. muyck — mild, weich,
Unterbrüdung eines d, denn e8 if das branbenburgiiche, berlinifhe (nah DOslar
SJänide) müdike = teiggeworben.
bad Maut, —es, BI. Mäuler, was Mauleſel (ſ. d.), «thier (f.d.).
Löngf veraltet; aber 1781 von Voß (Obüßee 6, 68. 88. 111. 258. 816. 7, 2)
ernent, ohne Beifall zu finden. Häufig bei Luther. Mhd. der u. bann das mül,
auch (in dem dentſchen Brevier ans dem 14. Jahrh., Gießner Hf., BI. 110*)
ber mavle b. i. müle, ahd. n. augeljächl. der mül, aus lat. ver mülus = Maul⸗
tbier, Mauleſel.
das Maut, —es, Pl. Mänler : Offnung des Kopfes zum Einnehmen
ber Nahrung. Bon Menfchen unevel. ©. auch Mäulchen Anm.
Mhd. das mül ſPl. 1814 mÄler, ebenſowol im 14. Jahrh. miuler (?)],
anch das müle, ahb. (felten) bie müla, ſelbſt noch mittel. die müle (Lamprecht
Alex. 4283), altfrief. ber mälla, altnorb. ber müli, goth. das mul (Pf.
Grimm Gramm. I®, 101), welches letzte zu erichliehen ans goth. fairmuljan =
das Maul verbinden zur Enthaltfamleit von Kutter, Speiſe. Dunkles Urfprunges.
ber Maulaffe, —n, BL. —n : dummer, alberner Gaffer,
ig. wer in dum mer Berwunberung ober Erwartung mit aufgefperrtem Manle
gafft ober verweilt. Der Affe galt ben alten Deutſchen für ein bummes Thier,
weshalb auch das Wort zur Bezeichnung eines Thoren, eines zum Geſpbtte bienen-
den Menfhen gebraucht wirb (f. Aff u. Gauch); baber Maulaffe, Maulaff,
and ion im 15. Jahrhundert ber maulaffe (Phetnachtep. 589, 18) als Schelte,
mid. (18. Jahrh.) mit Mund zufammengef. der mundaffe (Virginal 280, 8).
bie Maulbeere, BL. —n, eine bekannte, aus einer zufammengefegten
ſüßen Beere beftehenden Baumfrucht. der Maulbeerbaum.
Beigand, Wörterbuch. 4. Aufl. 2. B. 4 "
40 maſericht — maffivo
mäafericht, mafertg, f. ver Mafer.
die Maserle (e = 8) f. Maßholder. die Maͤſern (Krankheit) f.
die Mafer. Das Berbum mafern f. ver Mäfer ber Mas-
bölder, ungut ftatt Maßholber (f. d.). mafig, f. Mafe.
die Maͤſke oder, wie man gewöhnlich, aber, weil ff ber eigentliche Laut
ift, weniger angemeffen fchreibt, Mas te (ſchon bei Stieler Sp. 1218),
BL. —n: faljches unkenntlich machendes Geficht, unkenntlich machende
Verkleidung. Zuſammenſ.: ver Maflenball; ver Maflenzug =
von maſtierten Perjonen gebilveter Zug.
Unfer nbd. Maſke ift, wie auch 1678 bei Kramer teutid:ital. Wortb. S. 764
die Schreibung Mas que zeigt, aus franz. ber masque — falſches unkenntlich
machendes Geflät, urjprlinglich bie Kinder ſchreckendes, mittellat. der mascus, ge-
wöhnlich aber die masca, welches zuerft „Here“ bebentet, nah Jacob Grimm
(Diythologie S. 1086) von lat. (vor 200 nah Chr. Geb.) masticäre [meldes
portug. zu mascar, provenzalifdy zur maschar, altfranz. mascher wurbe] — kauen,
weil fie (bie Here) Kinder frift. Ähnlich Tat. (bei Plautus) ber manddcus =
Bopanz, gleihfam (Kinder-)Freffer, von manducäre = fauen. Bgl. Diez Wibch
I, 266ff. Jenes masca — Here aber kommt, wie bie langobardiſchen Geſetze
zeigen, frühe bei ven Deutihen vor, und im Abd. finbet fi bie tAlamasca,
mhd. bie talmasge, mittelnieberl. talmasche, — Schredgefiht, Schredgeftalt,
Geſpenſt.
f die Maſkerade, BL. —n : Mummenſchanz, Mummerei.
Bereits 1691 bei Stieler Sp. 1218, aus einem gedachten franz. Die masque-
rade flatt bes wirklichen mascarade, ital. bie mascheràta, von ital. mascheräre
[woraus unfer zuweilen gehörtes maflerieren] = majtieren, dem Berbum von
ital. die mäschera = Mafle. Weniger gut fohreibt man, wenn auch gewöhnlich),
Maskerade (f. Maske).
T maftieren = vermummen. Refleriv : [ih maſkieren.
Weniger gut, aber gewöhnlich, mastieren geſchrieben. Aus dem gleichbe-
beutenben franz. se masquer bon masque Maske (f. d.) Fir vermaftieren
findet fih im 17. Jahrh. auch ver maſchen d. i. ver-maf- deu.
das Maäsleid mit mäsleidig, falich ftatt Mäßleid (ſ. d.) ac.
T mafjacrieren = niebermeteln, blutig töbten.
1694 bei Nehring S. 581 massacriren. Aus franz. massacrer von bie
massacroe — Miebermegelung, Blutbab, mittellat. (18. Jahrh.) das mazserium,
welches nach Die, Wibch DI, 372 aus einem beutfhen Worte [ob mhd. (oberb.)
metziger, metzger, nbb. Metzger (f. d.)?] aufgenommen ſcheint.
die Maͤſſe, Bl. —n : große verbundene Menge. Zuſammenſ.: maf-
ſenhaft, Adj. u. Apv.; maffenwetfe, Apr.
Mhd. die masse —= ungeftalteter Stoff, Menge, beſonders dichte, wie Metall-
Humpen, ahd. (nur bei Notker Boeth. S. 185, 147) bie massa — Stoff, aus lat.
bie massa = Klumpen, zufammenbangende Menge.
bie Maffel, PL. —n : kurzer, dicker, Zkantiger Stab Roheiſen.
Wol aus Tat. bie mässula — Heine Mafle, dem Dim. von lat. bie massa =
Mafie (f. d.).
r mafjfip = groß und ſchwer (maffenbaft), gewichtig, dicht, feit,
berb ; [Bilplich :] plump, ungefchliffen, zu derb.
Maſt — Mafir 41
Bereitö bei Stieler Sp. 1218, wo aud bie Ableitung „maßiviſch“ d. i.
maſſiviſch, und fo geläufig erſcheinend. Aus franz. massif = diät, gebiegen,
ort, welches ein neulat. massivus von lat. massa (f. Maffe) vorausfegt.
der Maft, —es, BI. —en (unorganifch ftatt —e) : Schiffsbaum zum
Tragen ber Segeljtangen ſammt den Segeln und der Taue. Davon
:maftig (f. d.).
Maf, mbb. der mast = Stange, Fahnen-, Speerflauge, dann jener Scifis-
baum, abb. (felten) ber mast, nieberb., niederl., 1475 cleviſch ber mast, augelſüchſ.
der mäst, altnorb. ber mastr. Das -t ift ableitenb, die Wurzel bunkel.
bie Maft, BL. —en : Fettmahung; Futter zum Fettmachen.
Mhd. u. mitteld. der, bie n. das mast — Fettmachung, Kutter, Frucht, zur Er-
giebigfeit Dienenbes, ergiebig gemachtes Land, ahb. der (?) mast flatt magt (?),
angelfächf. bie mäst, mit Übergang bes goth. t (= ahd. z) in s ſogl. müffen,
wiffen] und dann mit ableitenbem -t von berfelben Wurzel (goth. matan, ahd.
mazan), aus welder bag Maß = Speile (ſ. Maßleid), ahd. ber, ba8 maz, goth.
der mats, entiproffen if. Bpl. Srimm Gramm. II, 208.
maft = gemäftet, fett, wolbeleibt. „Bei majten Pächtern“
bei Schiller Räub. A, 6; 1544 „ber Leib, ber groß, maſt vnd fleyichig if“
(Ryff Spiegel der Gefunbheit BI. 16°). Abb. das Abj. mast (nıır Notker Ps.
77, 31) = fett.
ver Maftbaum, als beftimmterer Ausorud ftatt ver Daft (f. d.).
Mhd. ber mastboum, mit geſchwundenem t masboum, ahd. der mastpoum.
ver Maftparım, —es, PL. Maftpärme, — ber Afterdarm.
1469 ber mastdarım (voc. ex quo), zu Anfange bes 15. Jahrh. auch ſchon mit
Ausfall des t masdarm. Urfprünglid Darm, buch welden bei der Maft
(Nahrung) der Koth weggeht. Ein verblillender Ausdruck flatt des friiheren ber
Arſchdarm mhd. u. ab. (im 12. Jahrh. ber arsdarm).
maften, intranfitiv : fett werben; als Maſt anfchlagen (das Fettwer⸗
den fördern). Dagegen mäften, tranfitiv : fett machen.
Diefes mäften iſt mhd. mesten (auch bildlich), ahd. mastan [b. i. urfpr.
mast-j-an (?)], welches dann zu mestan werben muß, angelfädf. mästan; jene®
maften mhb. u. mittel. masten, ahd. mastön (?). Bon die Mafl.
ver Maftich (bet Luther Hef. 17, 17), f. Maſtix Anm.
maftig = überaus wolgenährt, Adj. von die Maſt.
Erf im 15. Jahrh., in welchem 1556 maftig (Frisius 3400. 890°. 919°.
Maaler 284) Bon die Maft (f. d.).
:maftig in ein-, breimaftig — einen Maft, drei Maiten habend.
ver Maftir, Gen. unverändert, ohne PL., eine Harzart.
Bei Frisius 805° u. Maaler BI. 284° der Maftir, Iat.-mhb. (im 14. Jahrh.)
bei Megenberg der mastix, aus mittellat. der mastix, welches aus bem gleichbe-
bentenben gr.-lat. Die mästice, mästiche, gr. die mastichd (uaor/yn), einem wol
mit gr. die mästax (udora&) = Mund, Kauwerkzeng, zufammengebörigen Worte,
weil man den Maftir, wie noch jegt im Morgenlanbe, laute, um den Athem wol-
riedenb zu machen. GSpätsmbb. aber and) ber masting (Heilmittelbud von 1400
in der Gießener Hf. Nr. 992 BI. 120*), 1482 „mastick oder [gefiirjt] mast“ (voc.
thad. BL 17°), mittelnieberb. mastic, mastich [woher noch bei Luther Hei. 17,
17 der maſtich)].
42 Maſttorb — Mafe
ver Maftforb, zufammengef. mit der Maft.
Mittelhochbentfh hatte man baflir das Frembwort bie keibe, unb mittelnieber-
laändiſch fagte man * mars (ſ. Marsſegel).
der Maͤſtochs, —en, Pl. —en, unverkürzt ber Maͤſtochſe, —, BI.
—n. das Näftfhmwein, — 8, BL. —e.
Jenes ift ahd. ber mastohso — fettgemaßter Ochſe; Maſtſchwein 1482 bas
mastswein, mbb. u. mittelb. mastswin (Renner 15496). Beide zufammengef. mit
bie Maf (f. d.). Aber auch ahd. ber mestohso (Mäfochfe) unb mho. bas
meste-, mestswin (Mäffhmwein), znfammengef. mit mäften (f. d.).
bie Maftung, das Subft. der Handlung von maften; bagegen bie
Mäftung, das Subft. der Handlung von mäften.
Mafung im 15. Jahrh. bie mästunge; Mäfung im 12. Jahrh. Die mestunge
(Sumerl. 13, 58), fpät-ahb. bie mästunga.
die Maß, Pl. (immer mit vorgefegter Zahl) unverändert : beftimmtes
Wieviel einer Flüffigfeit, 1/0 Eimer bayerifch, Ya Ohm großherzoglich
heifiich, aber auch von Heidel-, Preiſel⸗, Stachelbeeren, Bohnen, Erbien
u. dgl. Das Meßgefäß heißt das Maß (f. d.).
Das, wie die Hut, Marl, Bein ꝛe. ftatt mıhd. huote, marke (doch auch bereite
maro), pine zc., um das -e gefürgte und fo (bie mA) ſchon im 14. Jahrh. auf⸗
tauchende, von dem Plural des Prät. von meſſen (ſ. b.) abgeleitete mhd. die
mäge (j. Maße) — das Wieviel einer Linie, eines Raumes, eines Gewichtes,
einer Kraft, bie beſtimmte, zugemefjene Menge wovon, bie Mitte zwifchen zu viel
und zu wenig, Vermeibung des Zuviel, das auſtandsvolle Sichbeſcheiden, bie Art
und Weife, ahb. bie maza — das Wieviel einer Linie, eines Raumes, einer Aus-
behnung u. dgl., goth. bie möta (7). Unſre heutige Bed. „Schenkmaß“ aber ſchon
im 15. Jahrh. bei Hans Rosenblüt: „Unsôlig sey der, der ein sollichs erdenckt,
— Das [daß] man die mAß soll machen clein* (altd. Blätter I, 402, 1, 16f.).
Das Wort ſtimmt der Lautverfhiebung gemäß mit lat. der mddus = Maß. ©.
die Maße, welches gekürzt in Maß z. B. „Hat jebem feine Maß, fein Jam⸗
mermaß [hier das Maß] befimmt” (Andreas Gryphius Trauerſp. 1663
©. 365); bei v. Srimmelshanfen 3. B. in aller Maß; „meiner Sttuben —
Vergebung reihe Maß zu finden“ (Göthe W, 198).
das Maß, —es, Pl. — : das Wieviel in Raum, Gewicht, Zeit,
Kraft; ab⸗, zugemeffene Menge; das womit man bie Größe im Raume
mißt; Meßgefäß zu flüffigen oder trodenen Dingen; der Inhalt dieſes
Meßgefäßes [doch bei Flüſſigkeiten und einigen andern Dingen pie Maß].
In der vorlegten Beb. ſchon mhd. im 13. Jahrh. auftauchen Das mAg (Kaiser-
chronik 8384 in ber Heibelb. Hf.), dann aud in ber letzten Bed. und in ber von „Art
und Weiſe.“ Wol mit Übergang in das ſächliche Geſchlecht gekürzt aus mhd. die
möge (f. die Maß), und bereits bei Luther völlig geläufig das mas. Im
Mitteldeutſchen war das übliche Wort das mdz, und im Ahb. fagte man nur das
mög (f. Meß). Ühnlid bei unferem Gabe (f. d.) mhb. die gäbe neben mhd.
bie göbe.
das Maͤßblech — blehernes Mefgefüß von einer Map Inhalt.
bie Maße, Bl. —n : meflende Größe; beftimmte Ausdehnung oder
Größe einer ——ã Mitte zwiſchen zu viel und zu wenig; Vermeidung
des Zuviel (Sir. 33, 30. Jer. 10, 24); Art und Weiſe.
maßen — Maßkanne 43
Im Dat. BI. mit Maßen; im Acc. BL. über bie Maßen; älter-nbb. im
Acc. Sing. über bie Maße, bei Luther 3. B. 1 Mof. 41, 49 ober bie mas,
2 Cor. 4, 17 ober alle mas. Auch no in ben unorganifhen Verbindungen
des Gen. BI. mit dem Dat. BI. Maßen (f. maßen) dermaßen (nweilen ber-
mäßen betont), Übener-, einiger-, gemwifjer-, ſölchermaßen zc. (nl.
Grimm Gramm. II, 188); doc könnte ſich aud Hier der mhb. Gen. des BI.
mäzen erhalten haben und fo rein genitivifche Berbindung zu ſehen fein. — Die
, Maße ift mhd. die mäge, ahb. die mäza, f. die Maß Anm.
mäßen = nad) der Maße daß, indem, weil. Bol. immaßen.
Beraltete Eonjunction des Kanzleiftiles, der Dat. BI. von bie Maße (f. b.), mhb.
"die mäze, bier in ber Beb. „Art und Weiſe“ (f. die Maß). Urſprünglich Abver-
verbium, wo denn mhb. mäzen — nicht zuwiel (Nibel. 1993, 1). Gleicherweiſe
ale Adv. ſteht der mhd. Dat. Sing. mäze.
vie Maßgabe, Pl. —n. maßgebend, Part. bes Präf. von (das)
Map geben, woher das Subft. die Maßgebung,
welches bereits 1691 bei Stieler Sp. 1284; Maßgabe er 1727 bei Aler
&. 1368, wo maßgab. Maß geben zufammengefhoben ſchon gegen oder um
1500 maßgeben (voc. theut. BI. n4?).
ver Maß holder (a kurz), —s, Pl. wie Sing., eine Ahornart, &cer
camp6stre. Auch die Maßeller (a kurz und e = d), Maßerle
(a fur; und € = A), richtig betont Maͤßeller, Mäaßerle.
Maßholder, bei Dasypddius 2? n. 882° mit baum zufammengefeßt Mafs-
holder, bei Serränus dictiondr. BI. a8” bloß ein Maßholder, mit Anlehnung,
weil man die alte Form nicht mehr verfland, an Holder = Holunder und falſcher
Betomung Ratt Maßolder, wie noch im Bolke gehört wirb [3. B. wetterauiſch
Mässoller], mhb. der mägalter, mit verdunkeltem a mägolter, mit s flatt 3
masolter und im 14. Jahrh. ſelbſt fon masholter (voc. opt. S. 47, 41, 55), ab. bie
mäzaltr&, mäzzaltra, mäzalderd, mit Berbunfelung bes mittleren a zu o mägelträ,
mäzzoltra, auch mäzulträ, und abgefhwächt in dem ableitenben zweiten a mäzziltira,
mäzziltra, mäzeldera, woraus durch Lantangleihung (lt zu 1) mit Wahrung bes
früheren weiblichen Gefchlechtes bie Maßeller und fofort, da man aus Misver-
Rand »eller für die Eller = Erle nahm, die Maßerle. AZufammengef. aus
einem dunkeln Sub. (der? da8?) mazal [Adelungs Ableitung von die Maſe
(f. d.) iR falſchj und die -ter&, -tr&, — größeres Holzgewächs, Baum (f. -ber).
Merkwürdig ift bie angelfäcdhl. Form mäpuldor, mäpuldre, engl. mapletree, ba
ſich 3 (angelſächſ. t) und p nicht berühren (ſ. Grimm Gramm. II, 581). — Bgl.
Wachholder.
mäßig (A lang) = das Zuviel vermeidend; die Art und Weiſe wovon
habend ober zeigend. Davon mäßigen, refleriv [ich mäßigen, mit
bie Mäßigung. Zufammenf. : die Mäßigkeit.
Das Adi. mäßig, mbb. mazeo, mezic, mittelb. mözig, auch = angemeffen,
genehm, ahd. mäzic ſwovon das ahb. Abo. mAzigo, unfer nhb. Abo. mäßig), ab-
geleitet von bie Maße. Das Berbum mäßigen if 1482 messigen (voc. theut.
DL v2?) und Mäßigkeit 1482 bie messigkeit, mittelb. die mägekeit (Klisabeth
8711), d. i. mhb. megicheit (?).
die Maäßkanne, der Mäßkrug, = Kanne, Krug von einer
Map Inhalt. Beide 1716 bei Ludwig Sp. 1218.
44 Maßleid — Material
ber Maͤßleid (a kurz), —es, ohne BL. : Effenstiberbruß, Widerwille
gegen Speife aus Übergenuß, dann überhaupt Überpruß aus Übergenuß.
maßleibig, Adj.,
bei 3. 9. Boß Horaz Sat. 2, 4, 89 im Vers maßleidig betont. Der
Maßleid, üblich in Schwaben (Schmid 876) u. Baben, mit Übergang bes Ge-
ſchlechtes aus 1482 die maßlayde, mhb. bie mazleide [„swäme (wem irgenb) di
spise (Speife) widerstöt, & hö (ebe er) si in dön munt nöme, dör hät die
magleide“ ($unbgr. I, 883*)], abb. bie mazleidt (Notker Ps. 106, 18), altuorb.
(ſchwachbiegend) ber matleidi, zufammengef. 1) aus bem, einem vorautzuſetzenden
[der Lautverfhiebung gemäß mit lat. madndere = Tauen, infofern n eingeſchoben
wäre, ſtimmenden] goth. Wurzelverbum matan (Prät. id) er möt, Part. matans) =
fauen, fpeifen, entfproffenen mhb. das mag (b. i. nenb. Maß), ahd. das, in Kltefter
Zeit ber maz, goth. der mats, altfäcdhf. ver mat, altnorb. ber matr, = Gpeife
(f. Meffer Anm), und 2) aus dem von bem Abj. leid abgeleiteten mhd. bie
leide, ahd. leidi, = ſchmerzliches Gefühl von Wiberwärtigem, Betrübnis, Trauer,
wie beum andy bei Notker Ps. 118, 20 magleid in dem Siune nnjeres Abj. maß-
feidig vorlommt, welches zuerſt im 16. Jahrh. ericheint, z. B. bei Dasypödius
982, wo mafsleybig.
das Maͤßlieb (a betont, bei I. M. Miller Ged. ©. 35), üblicher
im Dim. das Mäßliebchen (te betont), auch die Mäfliebe (ie
betont), = Gänfeblume, bellis.
1711 die Maßliebe (Räblein 624), 1691 das „Maßlieb“ (Stieler
Sp. 2502), „Maßliebgen“ ober „Maßlieben“ (beives ebenba Sp. 1155),
im 16. Jahrh. Maflieben, nieberläud. bie matelief, madelieve, madelief,
mittelnieberl. mateliefbloem (hor. beig. VII, 18°). Der Rame, aus bie Maße
und bie Liebe mittelnieberl. bie lief = Geliebte, ober das Lieb, zufammengefekt,
ſcheint anf einer an die Blume ſich Inlipfenben jett unbekannten Vollsanſchauung,
einem Bollsglanben zu beruhen.
die Mäfnahme, BL. —ı; die Mäßregel, BL —n; ver Maͤßſtab,
BL. Maäpftäbe. Zufammengef. mit das Maß.
Maßregel 1777 bei Abdelung; Maßnahme eine junge Taum vor 1880
entflandene Bilbung, ver die Maßnehbmung bei Wieland voransgieng; Maß⸗
ftab im 15. Jahrh. der mößstab.
F der Matapor, —es (—8), BI. —e : Tüchtigfter, Haupttrumpf.
Im 18. Jahrh. aus fpan. ber matador = Tobtfäläger, Töbter (in Stier⸗
fämpfen), von dem aus lat. mactäre = opfern, töbten, gemorbenen [pan., portug.,
provenzal. matar — ſchlachten, töbten.
ver Maͤtapfel, —s, BI. Maͤtäpfel, eine Art feiter Apfel.
+ das Moterial, —es (—8), BI. Materialien : Robftoff, Geräth,
Bedarf wozu. Zufammenf. : der Materialtenhändler; bie Ma-
terialwaare. ber Materialismus; der Materialtjt, —en,
BL. —en, = Gewürzhändler ıc., Geiftesleugner ıc.
Material ift bie ſächliche Form (materiäle) bes Tat. Abj. materiälis = „zum
Stoffe (lat. matéria, f. Materie) gehörig“ jubftantivifh genommen unb ber
bereit8 1716 bei Ludwig Sp. 1219 verzeichnete Plural Materialien nad bem
im 17. Jahrh. pebantifch bei und gebrandhten Plural jener Form „materiälia“ ge-
bildet. Materialift bereits 1678 bei Kramer teutſch⸗ital. Wortb. 765P.
Materie — Matrone 45
Fdie Materie, BL. —n : Stoff; das woraus etwas gefertigt iſt
(Baruch 6, 24) oder wird; Inhalt, Gegenftand; [ohne BL.) Eiter.
Mhb. bie matärje, matörge, matörige, — Stoff, Gegenftanb, im 14. Jahrh.
auch |. v. a. Eiter, im 12. Jahrh. mattärja, aus lat. bie materia — Stoff.
f materiell = ftofflich; Törperlich; auf den Stoff, das Körperliche
bezüglich, fachlich ; inhaltlich ꝛc.
Das franz. Adj. materiel aus lat. materiälis (f. Material).
T die Matpematit (t kurz), ohne BL. : die Größenlehre. der Mathe-
matiler. mathemätiſch, Abj. u. Adv.
Alle von dem gr.-lat. Adj. mathemäticus, gr. mathömatikös (urdnuarıxzde),
aus beffen em. gr.-lat. bie mathemätica, gr. die mathömatik6 (vadmuarızn),
nämlich t6chnd (rEyyn) Kunf, unjer Mathematik, 1678 Mathematie, if, wie
von dem Maſe. gr.-Iat. mathemäticus, gr. uadnuarıxzödc, Tubftantivif genommen,
unfer Mathematiker gebilbet wurbe. Jenes gr. Abi. aber ſtammt von bem
von gr. mathein (uaderiv) = lernen abgeleiteten gr. bas mäthöma (udInur) =
das Gelernte, Kenntnis, Wiffenfhaft, befien Pl. mathömata (uadrjuara) = Zahlen-
lehrte und Meßkunde (Feldmeßkunſt).
Mathilde, Frauenname, ift ahd. Mathilda,
volfkänbiger ahd. Mahthilda (?), ebenjomol ahd. Mathilt, fireng-ahb. Mahthilt,
Iatinifiert Mathildis, welder Name „Madtlampf” d. h. gewaltige Kämpferin,
Kriegerin, Heldin bebentet. Zuſammengeſ. 1) aus ahb. die maht, nnferm Macht
(. d.), und 2) aus ahb. bie hilt (?), gotb. hilds (?), altſächſ. u. angelfädhf. bie hild,
altuorb. die hildr, = Kampf, und (fo bei Mathilda) ahb. bie hilta (?), hiltja (Zilde-
brandslied 6), = Kampf, Gefecht. Im Altnorbifchen if fogar jene® Hildr eigent-
id Rame einer Wallyrie oder Schladitiungfrau und fo gleihfam Kriegegättin
(. Grimm Mythol. 898f.).. — &. auf Mechthild.
vie Matrage, PL. —n : mit Haaren ober Seegras ꝛc., urfprünglich
mit Wolle gefüllte und durchnähtes Unter- ober Ruhebett.
Mit Übergang des z (8) in 3, $, denn mhb. ber, die (?), das mäterag, matraz,
ans dem gleichbed. mittellat. das maträtium, franz. ber materas, ital. der materässo
und dann bie materässa, welche, wie bie fpan. u. portug. Form ber almadraque
zeigt, mit romanifierter Enbung aus arabiſch matrahh = Ort wohin etwas ge⸗
worfen wirb, Unterwurf, Sislüffen (Domy Oosterlingen 64), von tarahha = er
wirft bin, gebilbet find.
T die Matritel (k kurz), BL —n : Einfchreibehuch ver Geſellſchafts⸗
glieder, der Einkünfte eines Amtes; Aufnahmefchein auf einer Hoch-
ſchule. Im 17. Jahrh. die Matricul,
ans lat. bie matricula — Bffentliches Verzeichnis, dem Dim. von bem lat. von
"die mäter — Mutter abgeleiteten die mAtrix (Gen. matricis) = Mutter, Gebär-
mutter, Stamm, das Bfientliche (gleihfam das Stamm⸗)Verzeichnis.
TbieMatrize, Bl. —n: (fupferne) Hauptform, in welcher die Lettern
(Drudbuchftaben) abgegoffen werben; Prägeſtock ꝛc.
Ans bem gleichbed. franz. die matrice, urfpr. == die Gebärmutter, dann das
werin etwas erzeugt wirb, welches aus lat. bie mätrix (f. Matrikel Anm.).
Tdie Matrone, Bl. —n: ehrwürbige alte Fran.
Im 17. gahıh, bie Matron, aus lat. die matröna == verheirathetes Frauen⸗
zimmer, befonber® von vornehmen Stande, von lat. die mater = Mutter.
46 Matrofe — Matte
ver Matrofe, —n, Bl. —n : gelernter Schiffsbiener, Schiffsmann.
Wie mbb. ber marnsre, marner, = Schiffsmann aus mittellat. ber marinArius,
franz, marinier, fo iR das im 17. Jahrh. ale Matrofe zu uns lberlommene
nieberl. ber matroos, bän. u. ſchwed. matros, auch franz. ber matelot, im 13.
Jahrh. mathelot, flatt materos, welches höchſtwahrſcheinlich aus fpäter-Iat. ber
mattärius = Eiuer ber auf der Matte (lat. matta = grobe Dede) [hläft, und
die Matrojen und Seefolvaten fchlafen auf Hange- ober Hängematten. Die
Ableitung bes matelot aber von niederl. und nieberb. ber maat — Mitgefelle,
Kamerad, if bedenklich, weil biefes einfadhe Wort feinen Eingang in das Fran-
zöfiihe gefunden bat. &. Diez) Wibch II, 872.
der Matſch, —s, BL. —e : der Fall bei einem Spieler, daß biejer
das Spiel fchimpflich verloren hat. matjch, Adv. : jo, daß das Spiel
für den Spieler fchimpflich verloren [gletchfam faul, verborben] ift.
Davon matjhen = matſch machen.
Wie bei Hatſchier (j. d.) ſtatt Hartfhier, mit unterbriidtem x vor, tf&;
benn urfprängli lauten die Wörter, wie aud, 1691 Stieler Sp. 1218 bat,
Martfh und martſchen, bayeriih märtfhen, als lberlommen aus bem
gleichbebentenben ital. Spielausbrud far (maden) ober dar märcio, marciäre
(Sämeller I, 622). S. das folgende matſchen.
mätſchen — breichweich quetfchen. Davon matfchig.
Die matſchen if eins mit bem vorigen flatt des früheren martſchen (im
Simpliciffimus) und beb., wie bayerifh u. ſchweiz. märtfhen, zuerſt „(zu
Brei) quetihen.” Bol. Schmeller I, 622. Aus ital. marcikre (fpri
martschäre) = in Fäulnis bringen, von bem Abj. märcio (fprih martscho)
= faul, verfault, verborben, woraus unfer matſch ſtatt martic (f. ber Matſch).
matt = [vom König im Schachfpiel] zuglos und damit überwunden;
an Kraft erfchöpft; fait bis zur Wirkungslofigfeit ſchwach ober un-
kräftig. S: auch Mattheit, Mattigfeit.
Das mhd., mittelnieberb., mittelniederl. Abj. mat, urſprünglich eine Art Inter⸗
jection, taucht zuerft in ber 2ten Hälfte bes 12. Jahrh. anf und zwar ale Ausbrud
(Zuruf) im Schachipiele , dann auf dieſes anjpielend unb bald in allgemeinem Be-
griffe. Zunächſt aus franz mat, und eben bieß, wie provenzal. mat, ital, matto,
ſpau. u. portug. mate, mittellat. mattus, ift ans arab. mAt (mäta) = „er iſt ge-
Rorben” verbunden mit perf. schäh = König in dem arab. mauriſchen Schachipiel-
ansbrud (f. das Shah) mät schäh = ber König iſt geflorben (tobt), S. Wibch
b. dentſch. Syn. II, 806. Früh⸗mhd. auch ale Subfl. ber mat — das Matt im
Schachſpiel, dann f. v. a. Erſchöpfuug, wie in jener Beb. ſchon ſpan. ber mate.
die Matte, BL. —n: Grasland reiches erfreuliches Anfwuchfes.
Mhd. die mate, matte, bei Wolkenstem (} 1445) aud bie matze, ahd her
mato (Gen. mätawes), melde ahd. Form aber nur bei Notker (Ps. 104, 34.
108, 28) in ber Zufammenfegung ber matoserdcch Wiefen hlipfer = Heufchrede
borfommt; 1475 cleviſch mate, nennieberl. das mat, altfrief. mede, altengl. me-
dewe, midewe, engl. meadow. Unverwanbt mit mähen.
die Matte, BL. —n: grobe, von Stroh, Binfen, Baft u. dgl. gefloch-
tene Dede.
Bei Dasypödius 582° u. Serränus diotionär. Bl. 02? die Mate, 1605 bei
Hulsius 96? „Matte, Mas”. Mhdo—. bie matte, dann im 15. Jahrh. auch mit regel⸗
Matte — Matz 47
rechter Berſchiebung bes tt in tz (zz) bie matze [j. B. „Er neigt sich üf ein
matzen, die höt dr von bynzen Binzen] geflochten“ (Scherz-Oberim II,
1013)), ahd. die mattâ, neu-, mittelniederb. matte, neunieberl. das mat, angel-
fihf. meatta. Aufgenommen aus Tat. die matta — grobe Dede von Binfen zc.
die Matte, BI. —n : zerfegte geronnene Milch.
Bei Alberns dietionär. Bl. gg 3? math in „fees math“. Mittelb. und zwar
(dom früh im 15. Jahrh. (3. B. 1420) die matte, matten, neunieberl. die matte,
mat; oberb. regelrecht mit g der Mag. In romanische Mundarten libergegangen
faltfranz. maton = Käſeknchen, catalanifh matd = Nahmläfe, ſ. Diez Wibch I,
269. Dunkler Herkunft.
+ Mattbaus, Mannsname, mitteld. Mathöus, aus
gr.slat. Matthæus, bibliſch⸗gr. Matthaios (MarIaTos), weldes aus einer Ab-
leitung von hebr. bie matath (np) — Geſchenk. Bol. Matthias. „Es if
Mathäi am legten“, bei Bürger Geb. 1778 ©. 161 „Mathä’ am legten“ [b. h. im
Evangelium bes Apoftele Mathäus am legten Kapitel] = es if gar aus, zum
(ſchlimmen) Ende gelommen. Veit nther auch bereits gekürzt Matthes. S. May 2.
die MattHeit, zufammengef. mit dem Adj. matt. mattig, Abj. von
bie Matte 3. Unorganifches «tig bagegen zeigt fih in dem ebenfalls
mit jenem Adj. matt zufammengefegten vie Mättigkeit, welches
aber von etwas gelinvderer Bedeutung ald Mattheit ift.
Mattigkeit ſchon im 17. Jahrh., im 16. nieberl. mattigheyd (Kikan 808*).
t Matthias, Mannsname, mitteld. Mathias, aus
gr.-fat. Matthias, biblifch-gr. Matthias (Mardlac), welches wol aus bebr.
Matathjäh MmnaY) — Geſchenk Gottes, zufammengef. aus hebr. bie matath
(Any) = Geſchenk, Gabe und Jah MI, ber Kürzung von J&howäh MIT), bem
Ramen des Rationalgottes ber Hebräer. Tyrol. gelingt Hies, wovon tyrol. m.
bayer. das Dim. Hiefel. S.auh Map 2.
die Maturitat= Reife. Zufammenf. : die Maturttätspräfung.
Jenes aus lat. bie matäritas (Gen. maturitätis) von matfrus = reif.
der Map — zerſetzte geronnene Milch, |. die Matte 3.
der Mag, —es, Pl. —e [bei Adelung die Mäte, welches aber nicht
gerade üblich tft] : Rufname des zahmen Staares (weshalb der Staar-
mas]; fich in einfältiger Weiſe benehmender Menſch (Göthe XILL, 71),
3. B. auch in der Plauder⸗, Spiel-, Tändelmatz.
Mai in dem Begriffe des einfältigen, lächerlichen Menſchen ſchon im 16. Jahr⸗
hundert, im 17. Jahrh. aud gerne Mag von Dresben. Mit unorganifchen,
weil Ratt ths, eigentlich th's gefegten 8 [ogl. ber Harz mit 3 fatt t's] aus
Mathis, Matbes (vgl. Matzfotz), von welden dieſes Kürzung bed Namens
Matthäns (f. d.), jenes des Namens Matthias [fo heißt z. B. bie Kirche zu
Sanet Matthias in Breslau in ben mit 1602 enbigenden Denkwürdigkeiten bes
ſchleſtſchen Ritters Hans von Shweiniden II, 14 „zum St. Mayer. ©.
auch Weinhold ſchleſ. Wihch 61°. Ein anderer Manusname Mat (Gen. Makens,
Dat. u. cc. Magen) if der mhb. Name Matze (?), ahd. Mazo (Gen. Mazin),
Mazzo, Matzo, welder nah 3. Grimme Vermuthung (Gramm. III, 692) ver-
teanlihes Dim. aus dem ahd. Maunntnamen Madalfrit, -frid, wie Göꝶ aus
Gottfried ahb. Cotafrit. Bgl. die Mege 1.
48° Matz — Mauer
der Mat — taube Erde, Steinart, taubes Erz. Nicht von matt.
ver Magen, —s, BI. wie Sing., eigentlich ver Mage, — ns, Pl. —n:
bünner aus Waffer und Mehl bereiteter Ofterfuchen der Juden.
Bei Adelung fehlt das Wort, und Eampe hat gegen ben gelänſtgen Gebrand
die Mine, Pl. —n. 1482 ber matz (voc. theut. Bl. t7*) ſtatt matze, und ber
matzenkuch (ebenda Bl. z4*) flatt matzenkuoche ber Mätzenküchen. Aus
der Sprache unferer Iuben aufgenommen, wo mazzo, welches hebr. bie mazzäh
(39) == ungefänerte® Brot, wie es die Juden zu Oftern efien.
ber Mayer, —, BI. wie Sing. : troden geworbene zähe Feuchtigkeit
in den Augenwinleln und an den Wimpern.
In der Wetterau, ſoll aber auch im Schwäbiſchen vorlommen (f. Sch mid 81).
Bei Dasypödius 882? Mat, 1482 ber „mascher oder greck in den augen,
[lat.] pituita® (voc. theut. Bi. 47°) und mescher (ebenda Bl. v2?). Woher
if das Wort?
bie Mätzfotz, Pl. —en : kraftloſer, feiger Menſch.
Norddeutſch betont Matzfotz. Ein mievriger, unanfändiger Ausbrud. Rad
Höfer öfterreih. Wibch IL, 240 in Ofterreih der Matzfotz. Der erfte Theil ber
Zufammenfegung iſt ber auch zur Bezeichnung eines einfältigen Denfchen gebraudte
(f. Mas 2) Dannsname Mathes, Mathis, d.i. Matthäus, Matthias, nicht
aber der alte beutiche Mannsname Map (f. ebenda), denn aus dem Jahr 1629
findet fih bei Adrian Mittheilungen aus Handſchriften &. 814 neben ähnlichen
groben Schimpfwörtern (ogl. Hundsfott) bie Mathes fog = Hahnrei (?).
Der zweite Theil dagegen if eins mit dem zweiten jenes Hunbefott, und das
t, woſür wegen ber Kürze des u nend. tt, bat, da e8 bier vorhochdeutſcher Laut⸗
ſtand ift, fi regelrecht hochdeutſch in z fortgefchoben, eine Verſchiebung, welde
bei dem Worte außer der Zufammenfegung ſchon im voc. theut. von 1482 Bl. ib*
vorlommt. — Osuabridifd Matzpumpe iſt gleiher Bilbung u. Bebeutung.
manuen, das Verbum zur Bezeichnung des gewöhnlichen Schreiens ber
Rate. Übliher miauen. Auch mauzen, maunzen.
Jenes manen (Schiller Wall. Lager 9) findet ſich ſchon 1678 bei Kramer
tentih-ital. Wortb. 765° und if mbb. (14. Jahrh.) mäwen, weldes auch vom
Schreien Tagenartiger Thiere iiberhaupt ſteht, z. B. des Lüwen. Das Wort ſtimmt
mit bem Schrei des Thiered. ©. auch maunzen.
die Mauer, PL. —n : fteinerne Wand. mauern. Aufammenf. : ber
Mauerbreher — Kriegswerkzeug zum Ginftoßen einer Mauer;
ver. Mauerpfeffer, eine auf Mauern, Felſen ꝛc. wachſende Pflanze
mit (pfefferartig) beißenvem Safte, sedum acre; bie Mauer-
ſchwalbe = in Mauerhöhlen niftende Schwalbe; ber Mauer-
ſpeöcht, an Mauern kletternde Spechtart. Zufammenf. mit mauern
ift die Mauerkelle (el = Al) — Felle zum Mauern, früher (zu>
fammengel. mit Maurer) die Maurertelle,
Maner flieht ſtatt Maur, wie ber voc. theut. von 1482 hat und 3.8. Luther
ſchreibt; doch auch ſchon mit bem wol bes Wollantes wegen zwifchenein vor r ge-
ſchobenen unorganifhen e bei Alberns dietionkr. BL. LI2? ı bbAP mawer,
1469 mittelrheiniſch die müer wie ber mÄerer (Manerer) im voc. ex quo, 1471
mittelb. müer. Mhd. bie müre, mAr, ahd. u. altfächf. die mAra , altfrief. bie
Maute — Maulbeere 49
mfre, augelſächſ. a. altnorb. ber mür, aus dem gleichbed. Tat. ber mürus. Die
gothiſche und alſo eigentlich deutſche Beneunung war bie vaddjus, aber Steinbau
wurde von bem alten Dentſchen als etwas römiſches angejehen (vgl. Weinhold
dentſche Frauen ©. 832). Das Berbum manern, ehebem urſprünglicher mauren,
lautet im Mittelhochdentſchen müren, aus bem gleichbeb., von jenem Iat. mürus
abgeleiteten mittellat. müräre. Bgl. au Manrer. Statt Mauerbrecher fagte
man im Althochdentſchen bie mürprähhk d. i. nend. bie Mauerbreche; fir
Manerpfeffer, 1678 Manrpfeffer, 1482 mauwrsteinpfeffer (voc. theut.
DL 17°); für Manerfhwalbe im 16. Jahrh. maurſchwalben.
bie Mauke, ohne PL. : lähmende Fußkrankheit des Pferdes.
IR mit hochdentſchem Diphthong am bie nieberb. Form die muke (mit u =
mbb. d), 1475 clevif muycken (Teuthonista); mbb. aber bie müche (‚Frauenlob
6. 192, 335, 2. Vgl. Haupt Zeitschr. VI, 487), wonach alfo bie richtige nub
rein⸗hochd. Form Manche lauten müfe. Dunkles Urfprunges.
bie Maufe — Gelbwerven und Dorren häufiger Turzer Schoffe am
Weinftod. Ob vielleicht Kürzung aus lat. mäcor =
Schimmel, auch aus dem Weinftod rinnenbe, ibm ſchädliche Feuchtigkeit ?
bie Mauke, PL. —n : (heimlicher) Ort zum Aufbewahren,
zmmähr ber Apfel, des Obſtes. Rheinaufwärts nah Schwaben vorgebrungen.
Ans mittelnieberl. (16. Sahrh.) muyk d. i. muik, mit unterbrüdtem d aus ben
ülteren vorfommenben muydick ober beſſer muedeke, mudeke (hor. beig. VII,
19%, gi. deig. 72f.), = Ort zum Aufbewahren bes Obſtes, welches eins mit
Mutich 2 (f. d.). Gleicherweiſe zeigt mittelniederl. muyck — mild, weid,
Unterbrliidung eines d, denn es ift das brandenburgiſche, berliniihe (nah Oskar
Jänicke) müdike — teiggeworben.
das Maul, —es, BI. Mäuler, was Mauleſel (f. d.), ⸗thier (f.d.).
Längr veraltet; aber 1781 von Boß (Obiißee 6, 68. 88. 111. 258. 816. 7, 2)
erment, ohne Beifall zu finden. Häufig bei Luther. Mhd. der u. dann das mAl,
and (in dem deutſchen Brevier aus dem 14. Jahrh., Gießner Hf., BI. 110°)
ber mavle d. i. müle, abb. n. angelfäcf. der ml, aus lat. der mülus = Maul⸗
tbier, Mauleſel.
das Maul, —es, Pl. Mäuler: Öffnung des Kopfes zum Einnehmen
der Nahrung. Bon Menfchen unevel. S. auch Mäulchen Anm.
Mid. das mäl [Pl. 1314 müler, ebenſowol im 14. Jahrh. miuler (?)],
auch das müle, ahd. (felten) bie mıfla, ſelbſt noch mittelb. bie müle (Lamprecht
Alex. 4283), altfrief. der mAle, altnorb. der müli, goth. das miul (? |.
Grimm Gramm. I°, 101), welches letzte zu erfähließen aus goth. fadrmuljan =
das Maul verbinden zur Enthaltfamleit von Futter, Speiſe. Dunlkles Urfprunges.
der Maulaffe, —n, BL. —n : dummer, alberner Gaffer,
eig. wer in dum mer Berwunbernug ober Erwartung mit aufgefperrtem Manle
gafft oder verweilt. Der Affe galt ven alten Deutſchen für ein bummes Thier,
weshalb and) das Wort zur Bezeihuung eines Tchoren, eines zum Gefpötte dienen⸗
den Menſchen gebraucht wirb (f. Aff u. Gauch); daher Maulaffe, Manlaff,
umb fhon im 15. Jahrhundert der maulaffoe (Fhetnacktep. 589, 18) als Schelte,
mbb. (18. Zahrh.) mit Mund zufammengef. ber mundaffe (Virginal 280, 8).
die Mauflbeere, BL. —n, eine bekannte, aus einer zufammengejeßten
fügen Beere beftehennen Baumfrudt. ver Maulbeerbaum.
Beigand, Wörterbuhb. 4. Aufl. 2. Sd. 4 ‘
48 *
ver Matz =
ver Mater
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Bei A
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der Spr.
(M3D) :
ver Mat
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Maulwurf — Manrerkelle 51
ber Maulwurf, —es, Bl. Maulwürfe, ein befanntes bie Erbe durch
grabendes und aufwerfendes Süäugethier, at. tälpa.
Schon im 16. Zahrh., namentlich in ber zweiten Hälfte. besfelben,, ber Manl-
wurff (j. LZonicerns Kränterbuch Bl. 8299), früher wie bei Luther (8 Mof. 11,
80) der Manlworff, ſelbſt fhon in einem voc. von 1429 maullworif (Schmeller
IL, 566); bei Maaler (1561), Dasypödius, Serränus, Altenstaig (1514) Manl-
werff; 1482 „maulworff oder moltwäörff" (voc. theut. BL. n6*), maulwärffe
u. moltwörffe (ebenda DI. 17°), 1414 nıultwurff (Diefenbach glossär. 572°),
moltworff (Diefenbach Wtbch von 1470 &p. 268), 1540 Moltwerff (Alberus
dietionär. Vl. b1*), 1505 mollwerff, molwerff (voc. gemmagemmär. Bi. B8°);
möbb. der moltwörf, (mit Erweidhung bes r zu 1) ber mülwElf (Minnes. IL, 885°,
8, 1), im 1%. Jahrh. auch der maulwärf (Megenberg 160, 21) b.i. mAlwörf, abb.
ber moltwörf (gl. jun. 370), multuurf (Diut. II, 223) d. i. multwurf (?), mäwörf
G irevir. 4, 10), müwörfe (Sumerl. 18, 15), mfüwörfo, müurf. Uripringlid
mit Wahrfcheinlihteit der mult-, moltwörfo, d. i. Erdwerfer (Erdaufwerfer), zu-
faınmengef. 1) aus dem von dem Bart. Prät. (goth. mamllans, ah. molan) bes
verlornen goth. Wurzelverbums milan (j. mahlen 1) mittelſt -d, abb. -t, abge
leiteten ‚geth. die mulda == Staub, ahd. bie molta = Staub, Erbe, Erbboben
(. Molte), und 2) aus einem regelrecht gebilbeten, wenn gleich nicht mehr nad-
wweijenben ahb. ber wärfo — Werfer von ahb. wörfan werfen. Die Form
swurf, ahb. -wurf und mit Unterdrückung des w bloß -urf, bilbete ſich, indem,
nuter dem Einfinfie des voransgehenben w, o in u überfäilng,, aus einem -worf
nad bieß umter bemfelben Einfluffe aus -wärko, gellivzt -wörf, wie ahd. wola
mier wol, wocha Woche aus früheren wöla, wächs (wöhha) hervorgegangen
ſind; fie iR alfo vom unſerem ber Wurf (f. d.) verſchieden. Gleiche Verſchiedenheit
von unferem das Maul (j. d.) zeigt fih bier im ber erſten Hälfte mil Maul,
denn biefes gieng durch Unterbrildung bes t, mA- aber noch mittelſ Unterbrüdung
des J hervor (vgl. Grimm Gramm. IL, 406), indem bas urſprüngliche u bes
ahd. die molta wieber zum Vorſchein kam unb ſchwer db. 5. laug (dA = uhd. au)
wurde. GEntftellung ober Umbilbung aus Misverftand läßt ih ſchon darum nicht
annehmen, weil eben biefes ahd. bie molta ein lebendiges und geläufige® Wort if.
Die wetteranifche Form ber Mollkoarf [mit k aus qu flatt tw (vgl. Quark,
quer)] iR hochdentſch Moltworf zu fehreiben, welche Form auch oben als älter-
nenhochbentfch angeführt wurde. Der einfahe Name bed Maulwurfes iR ber in
Bayern vorlommenbe der Scher, ahb. sodro (ſ. Shermauß).
maunzen, in ber BVollsiprache für mauzen (f. d.); ſdann in An⸗
wendung::] kläglich thun. Mit eingeſchobenem n nad au.
ver Maurer, —, BI. wie Sing., ſchleppend der Mauerer : ber
eine Mauer (f. d.) macende Handwerker. Mhdb. ber märzere,
mürer, abb. ber müirari, mArfri, aus dem gleichbeb. vos lat. ber mürus ==
Maner (f. d.) abgeleiteten wittellat. der mArkrius. Das unorganifch zwiſchen⸗
eingefhobene e in Maner nnterbleibt in Maurer, obgleih es fi in bem
„mäerer“ (b. i. neud. Maurer) bes mittelrheinifhen voc. ex quo von 1469
bereits findet. 1678 mit Umlaut der Mäurer (Kramer teutſch⸗ital. Wortb. 767°),
doch heute flten.
Naurerkelle (el = il), heute Mauerkelle, ſ. Mauer.
8 mit Umlaut Mäurertelle (Kramer temtfheital. Wortb. 767). Bol.
ver
4*
59 Mans — manfen
die Maus, Pl. Mäufe, ein bekanntes Heines Säugethier.
Rebensart : „Da beißt die Maus keinen Faden ab“ == ba fehlt nicht das
Minbefte, barf nicht das Mindefte fehlen; eigentlich wol f. v. a. da iſt nichts ver⸗
legt, nichts zu verlegen. Mhd., abb., angelfächi., almord. bie müs (BI. mbb. miuse),
übereinſtimmend mit lat. ber u. bie mAs, gr. ber mys (uüc), altflaw. ber müsch’r’,
ruff. bie müsch’, poln. die mysz, böhm. bie my, fanffr. ber müscha(s). Die
Wurzel zeigt fich in fanffr. mäsch, musch, = flehlen, und berfelben gehört au
mösido, musido (?), = Beraubung in dem in ber ler salica ſtehenden chr&omosido
— Leihenberaubung an (vgl. Jacob Grimm Borrebe zu Merkels Ausg. ber
lex salica ©. 43f.).
vie Maus, Bl. Mäuſe: die Arm, Fußmnflel; Muffelballen unterhalb
bes Daumens in ber Hand.
Mhd., ahd. u. angelſächſ. die müs (BI. ahd. müst), = Muffel zumal des Oberarınes,
Daumenmuffel, Muffe. ins mit dem vorhergehenden bie Maus unb nad
einem von dem Thiere hbergenommenen Bilbe, vielleicht der maus ähnlich bemeg-
lien Erhöhung, benannt. Anch im Griechiſchen ber mys (züc), und für lateiniſch
müs fpridt das Diminntiv ber müsculus [eig. = Mänschen], woraus unſer
wiſſenſchaftlich deutſches Muſkel (f. d.). .
mäuschenftilT, Adi. u. Adv., |. mausſtill.
der Mauspred (ech— äck), beſſe Mäufenred (f. d.).
bie Maufe — Federwechſel des Vogels, falfh ſtat Mauße (f. d.).
ver Mänjeborn, eine Pflanze mit Stacheln (Dornen) an den DBlatt-
[pigen, ruscus aculeätus.
1551 bei Bod Kräuterb. Meüß dorn. Überfegung von gr.-Yat. ber myacänthos,
gr. ber myäkanthos (uvdaxavdoc); aber man hängte aud die Pflanze zum Fleiſche
in den Schomfein, um bie Fledermäuſe (Speckmäuſe) zu verfheuden (f.
Lonicerns Kräuter. BL. 110%) Zuſammengeſ. mit Maus (ſ. Mäuſedrech).
ver Mäuſedreck (ed — äck) — Kothklümpchen der Maus.
Roſt der Teufel 10. Gbthe V, 95. XII, 67. Älter⸗nhd. ber meußträck,
«bräd, meustreck 2c., ſpät⸗mhd. ber müstrek d. i. miusedrec (?), zuſammengeſ.
mit mbb. u. ahd. die müs Maus, welches als erſtes Wort einer mbb. Zuſam⸗
menfegung feiner Declination nad zu miuse- wird. Aber 1482 umlautlos
mawödreck, fpät-ahb. (12. Jahrh.) müsdrech.
ber Mäufefraß = das (verheerende) Abfreffen der Mäuſe.
Uneigentliche Zufammenfegung mit dem Genitiv bes Plurals. Alfo niit ber
Mauſefraß oder Mausfraf.
bas Mäufegift = Gift für die Mäuſe.
1711 bei Räblein 628* das Mänßgifft. Zuſammengeſ. mit dem Pl. Mänſe.
das Mäuſeloch, auch Mausloch (f. d.).
maufen = 1) eine Maus, Mäuſe fangen; 2) (wie die Katze Mäufe
fängt) Ichleichend, in der Stille und gewandt ftehlen.
Diefe Bed. ſchon bei Hans Sachs und bei Alberus [„ber ba manft,
jedel abſchneidt“ (diotionAr. Bl. B2®)]; bei jenem auch die mau = Hölle ber
Schneider. Mhd. müsen = Mäufe fangen (Benner 13282), dann langſam und
Ietfe gehen, unmerklich und ſpühend ſchleichen (Zleidling 2, 708. 5, 45. Bonner 12895.
Wolkenstem Nr. 71, 1, 9), welde Beb. in Dudmänfer (f. d.) bewahrt iR und
ſich auf noch in dem älter-nhb. manfen zeigt, enblih im Mhb. weiter f. v. a.
liſtig fein, betriegen (Gesammtabenteuer II, &. 282, 195).
fh manfen — manskill 53
ſich mauſen, falfch ftatt ſich maußen (f. d.).
das Mäuſeneft, auh Maufeneft, Mausneft (f. d.).
fid maufern, von ven Vögeln, falſch ftatt ſich maußern (f. d.).
manfetopt, beffer ohne Zuſammenſetzungsvocal mau stont, — tobt
wie eine Maus, d. h. ganz ohne weitere zudenbe Lebensregung.
Bol. tobt. Das Abj. „manstobt“ bereits 1691 bei Stieler Sp. 2292.
mausfahl — blafgran wie eine Maus. die Mausfalle, BL —n.
mausfarben, mausfarbip.
Das Adi. mansfahl trat ſtatt mäuſefahl ein, weldes 1734 bei Steinbad
I, 862 und ſelbſt ſchon 1716 bei Zubwig Sp. 1224 fi findet. Für Mausfalle
bei Alberus diotionAr. BI. 12° nad wetteranifher Mundart die „meußfall“;
doch vermeiben wir im Hochdentſchen bie Mäufefalle, wie benn 1482 bie maußfall
(voo. cheut. BL t7*), mbb. bie müsvalle, müsfalle, d. i. uhd. Mansfalle, und
erſt fpätemibhb. einmal die musefall (Kolmarer Hs. S. 894, 28) d. i. miusevalle (?),
nbd. Mäufefalle, vorfommt, abb. die müsfalld, -valld, d. i. Maunsfalle Die
Mi. mausfarben, -farbig find nenhochdeutſch; im Althochdeutſchen fagte man
mfsfaro mit männlicher Enbung müsfarawör, worans mit Berflärfung bes w zu
b.(f. B) zuerſt ein mansfarb (Kramer tentſch⸗ital. Wortb. 767°) geworben
fein muß, doch bei Alberus a. a. DO. meußfart.
mauſig in „fih mauſig machen“ — fi keck äußerlich hervorthun,
ohne daß etwas rechtes dahinter iſt oder doch zu ſein ſcheint,
z. 8. Göuthe XXX, 22. Die Redensart ſchou 1691 bei Stieler Sp. 1259
verzeichnet. Das Adj. manfig aber, Hifl. richtig maußig, von fih maußen
(. b.), bed. „bie Federn wechſelnd“ (vgl. Stieler Sp. 1258), wobei bier „zum
Heransputzen“ zu verfiehen if, wie benn fich jenes maußen auch bildlich in dem
Sinne „ah (dem Bogel in dem Federwechſel vergleichbar) neu herausputzen“ u.
dgl. vorkommt. Zuerſt im 16. Jahrh. auftaudend, in welchem sich mausig
machen — mit überhebung ſich keck hervorthun, fich hervorthuend led gegenliber-
treten, auch mit Gen. deſſen (der Sache), worüber dieſes Sichhervorthun ſtattfindet
(. Zimmerische Chronik II, 481, 18); mhb. mägic (?).
bie Mauskatze — gut maufende Kae.
1716 bei Zubwig Sp. 1224 die Mauſſekatze. Zufammengef. mit maufen.
das Mausloch, das Mausmeft, beffer das Mäuſeloch, -neft.
Bei Alberus dictionAr. BI. 112° meußlodh, 1485 müseloch (Strodel Bei-
träge ©. 111) d. i. miuseloch (?), und 1716 Mänfener (Rubwig Sp. 1224),
1482 maußndst (voc. theut. BI. 17°) db. i. mausnöst, mitteld. im 15. Jahrh.
müsenest bd. i. miusenest. Bol. Maus 1 Anın.
das Mausohr, im Dim. Mausöhrchen, bie Pflanze myosdtis.
1482 im voc. theut. BL. t7? maußor (fo zu lefen ſtatt maßor) b. i. mausör,
ahd. das mAsörA, nach den behaarten, vem Ohr einer Mans vergleichbaren grinen
Blätthen benannt, weshalb auch bei bem deutſchen Namen in ben Gloffen ber
Isteinifhe herba pildsa ober bloß pildsa = bie Haarige fi findet. Auch jener
gr.-lat. Rame bie myosdtis, gr. bie myosdtis (uvoowric), zuſammengeſ. aus gr.
ber mys (wüc), Gen. myos (uvdc), = Mans und das As (ovꝙ), Gen. Ötös
Groͤc) == Ohr, if wortlich Maus ohr.
maüsſtill (Schiller Wall. Lager 9) = ſtill wie eine Maus. Vgl.
mäuschenſtill.
54 Mauße — Mar
1716 bei Lnd wig ©p. 1224 mänfeRilf, 1711 bei Rüdiein 628° manfe-
Kille, muttermanfefille, 1709 mausrRille (Castelk &. 1880”), 1678 bei
Kramer tentſch⸗ital. Wortb. 767? mausſtill.
vie Mauße, ohne Pl.: Federwechſel des Vogels, Häutung ver Schlange,
Schalenwechfel des Krebſes; Zeit dieſes Wechfels. Bon ſich maußen
— bie Federn wechjeln zu neuer Körperbevnedung, auch von Schlangen
und Krebfen (vgl. ſich mütern), wenn jene bie Haut und biefe bie
Schale wechfeln. Mit, wie es fcheint, eingejchobenem r au im Nhd.:
ſich maußern.
St& maußen if mhd. sich mÄzgen von Bügeln (Binmes. II, 228°, 4, 2),
eigentlich — wechſelnd fi ünbern (Minnes. I, 202°, 8, 5), das refleriv geſetzte
müzen == wechſeln, tauſchen, ahd. müzön u. altnieberb. mütön == ändern, verändern,
wechfeln, aus lat. mütäre == ünbern, verändern, wechſeln, beffen t fih im Alt⸗
hochdeutſchen regelrecht in z (B) fortſchob und ans befien -Are ber Hegel gemäß
im Dentfhen -Ön wurde. Die Mauße it mhb. bie müze — das Maufßen,
Haut⸗, Haarwechſel ber Natur nad, ahd. bie müza (?). Aber ſtatt manßig [ahb.
mügie — zum MWechfel gehörig] ſchreibt man allgemein maufig (j. d.), weldes
jest beſondere Bebentung hat.
die Mautb, BI. —en : Abgabe von Waaren und Gütern bei ihrem
Übergang aus einem Landesgebiet in das andere. Davon der Mautb-
ner = Woarenzoll-Einnehmer. AZufammenf. : mauthfrei = zoll-
frei, die Mauthfreipett — Zolffreiheit,
Hiſt. richtig Maut, Mantner zc.; das Debnungszeichen th hat auch hier eigent-
ih feinen Sinn. Die Mauth iR mbb. die müte, müt, im 15. Jahrh. aud
f. v. a. Manthrätte, ahd. (in Urkunden) die müta, goth. [mit and font vor-
fommendem 5 fir u] die möta (= Zoll), aus dem gleichbebentenden mittellat. bie
möta, welches von lat. mütäre = verändern, wechſeln, abzuleiten fein wirb. Weil
das Wort im Deutſchen Fremdwort war, fo verblieb das t, während biefer Bud-
Rab, wenn das Wort urfprünglich beutfch gewefen wäre, ſich im Hochdeutſchen in
z b. i. neuhochd. ß fortgefhoben haben wirde. Doch kommt älter⸗neudeutſch die
Mauß neben Maut [gegen ober um 1500 im voc. incip. teut. BI. n4? bie
„maussen, maute" == Boll, beffen maussen auf ein mhb. müze neben müte
ſchließen läßt) vor, aber ohue burdgebrungen zu fein, wie bei andern Frembd⸗
wörtern (ogl. die Manße un. [ih maußen). Für unfer Maunthner, ſchon 1482
mautner (voc. theut. BI. 17°), mit feinem umorganifchen n (f. ⸗ner), ſteht richtig
im lid. ord. rer. von 1429 DI. 7* der mawter, mbb. ber mAtsre (?), müter
(Philipp Marienleben 5948. 5971), welches dem von jenem mittellat. mfte abge-
leiteten mittellat. ber mutärius == ollerheber entſpricht, goth. der mötareis =
Zoll ner.
mauzen, was mauen. Gewöhnlich maunzen (f. d.).
1678 mantzen (Kramer tentſch⸗ital. Wortb. 765°), Mhd. mäwezen (?),
mittel® -z-en, goth. -at-j-an, von bb. mäwen unſerm manen (f. d.) abgeleitet.
Mit eingefhobenem na dann mannzen (f. b.).
+ Mar, Kürzung von Marimtilian, Mannsname,
mit romanifhem 1 [denn ital. Massimiliäno, fram. Maximilian] ans fat. n ber
fpät-lat. Name Maximiniknus = bem Geſchlechte des Maximinus Angehöriger,
alfo von dem Mannsnamen Maximinus = vom MAximus Stammenber ober als
Marie — Mebaille 55
Sohn Angenommener, abgeleitet von dem Maunsnamen Mäximus d. i. ber lat.
Snperlatio mäximus = der gröfte.
tbie Marime, Bl. —n : Grundjag, Beftimmungsgrund.
Schon im 17. Jahrh. (f. Nehri ug 583) aufgenommen aus franz. bie maxime
= Grund-, Lehrfag, Regel, weldjes ans mittellat. bie mäxima (nämlich rögula)
— böäfter Grundſatz, bei den Mathematilern, von dem lat. Superl. mäximus,
-&, -um, = ber, die, das größte.
t Marimilian, f. Mar.
ter Mechanicus, f. die Mechanik.
t die Mechanik, ohne Bl. : VBewegungslehre der Körper; Mafchinen-
lehre; Einrichtung einer Mafchine. ver Mechaniker = Hand—
fünftler, wogegen ver Mech aͤn icus (Gen. unverändert, PL. Mechini-
euffe) = Maſchinenkünſtler. mech äniſch — triebwerks-, handwerks⸗
mäßig, gewohnheitsmäßig. der Mechanismus, ohne BL. : Triebwerk.
Alle, ansgenommen Mehanismus, aus bem von gr. bie möchand (unyavn)
= Werheug, Maſchine (f. d.), abgeleiteten gr.elat. Abj. mechänicus == me
chauiſch [da6 nah dem gr.-lat. Adj. gebilbet if], gr. möchanikds (unyavızdc) =
tanftreich, geſchickt, und ſchon im Griech. ſteht bie weibliche Form ſubſtantiviſch bie
mö6chanik® (unxavixij, nämlich technd Kunſt), lat. ars mechänica — Kunſt,
Mafchinen durch Berechnung und Anwendung ber Naturkrüfte zu erfinden und
mſammenzuſetzen [woraus unſer Mechanik, 1728 noch Mechanic], ſowie dann im
Lateiniſchen auch bie männliche in der mechänicus ſubſtantiviſch erſcheint, woraus
ſchon im 17. Jahrh. unſer Mechamiens und wonach mit ableitenbem ⸗er ge⸗
bildet unſer Mechaniker. Übrigens ſcheint eben unſer Mechanik zunächſt über⸗
tommen aus dem aus jenem lat. mechänica gewordenen franz. bie méehanique
(jet mécanique gejärieben), und Mehanismus ſſchon 1738] iR das, wie
jenes Adj. mechanicus, von gr. bie möchand (unzavn) abgeleitete franz. ber
mechanisme (jet mecanisme) b. i. neulat. ber mechanismus,.
Mechthild (e — ä), veraltet erfcheinenn ftatt Mathilde (f. d.).
Mhb. Mechtilt, ahd. Mehtilda, Mechthilt, mit Umlaut (e) durch Einwirkung
des i in hilt.
medern (e = ä), vom zitternden Schreien ber Ziege, des Bodes. Im
18. Jahrh. auch f. v. a. in rafcher Wiederholung ftodend fprechen.
Neuhochdeutſch; im voc. imcip. teut. (gegen ober um 1500) BI. nd* möckatzen,
weldes neud. medzen fein würde. Bon mhd. der mecke, welches bei Boner 14, 8
al8 Spottname (vgl. Vers 9) wol in dem Sinne „Ziegenbod” ſteht. 1618
mickern — wiehbern (Schmeller IL 549). Die Wurzel (ahd. mah) fimmt der
Lautverfdiebung gemäß mit gr. m&k (7x), urfprüngli mak, in mekdesthai
(unxdeodaı), mökisthai (unxäcde:), = quälen, blöken, medern, wittellat.
miceire, und wirklich hat der voc. theut. von 1482 BI. 17° mechtzen.
f bie Medaille (ſpr. Medällje), BL. —n : Schau-, Denkmünze.
Das franz. die medaille = Schanmünze, welches ans bem im Whb. zu bie
medili, mhb. bie medele, = „weniger als einen Heller geltende Münze” ger
werbenen mittellat. die medalia = ein halber Denar, eine Feine Münze. Diejes
aber if aus metällen, ber weiblichen Form eines vorauszuſetzenden unclaififhen
fat. Adj. metdlleus = „metallen.“ Bol. Diez Wibd I, 269.
56 meblan — Meer
mebiän — mittelgroß, 5. B. in: das Mediaͤno ctav = Mitteloctan,
weber Große noch Kleinoctav, von der Buchform; das Mepian-
papier = Papier in Bogen von Mittelgröße (etwa 17—18 Zoll
hoch und 21—25 Zoll breit).
Jenes median ans bem lat. Abj. mediänus = in ber Mitte befinbli, von
Iat. medius = mitten inne befiublid. Mebian-Bapier bereits 1709 bei Castell
&. 174 u. 1711 bei Räbdlein 628°.
f die Mepdictn, ohne PL. : Heilmittelfehre, Arznet-, Heilkunde, Arznei,
Heilmittel. medtcinal, Adi, — zur Arznei gehörig, womit zufam-
mengef. das Mepicinalgewiht — Apothelergewicht, ver Mepi-
cinalrath. der Medickner —= die Heilkunde Stubierender.
medicinieren. medictniſch.
Medicin [wovon mebicinifä], 1475 eleviſch die medicijn, aus lat. bie
medicina (in Gedanken die ars — Kunſt, Wiſſeuſchaft, ergänzend) = Heiltunft,
bem fubRantivifh gejegten Fem. bes von lat. ber mediens == Arzt [von lat.
mede&ri == helfen, heilen] abgeleiteten lat. Abj. medicinus = zur Heilung gehörig,
wovon 1) das weitere lat. Abj. medicindlis == zur Arznei gehörig, woraus unſer
mebicinal, unb 2) mittellat. medioinäre == Arzneimittel auwenden, woraus
mebicinieren. Bon jenem lat. medicina aber muß ein mittellat. ber medici-
nArius abgeleitet worben fein, woraus nm 1100 hochd. ber medicinare, mhb. ber
medicinssre (?), 1475 clevif ber medicijnre, == Arzt.
ber Medum, —, ohne PL. : beftimmte Abgabe von Gut. Deraltet.
Noch, auch Mebom, im ehemaligen kurheſſiſchen Oberbefin (Bilmar 865).
Mhd. der mödeme = auf einem Grundſtück haftende Naturalabgabe, altfächf. ber
m&thom, m&dom, — Koftbarfeit, Gabe, goth. der mäibms = Babe, angelſüchſ.
ber mAdm (mädum) n. altnerb. der meidm (nur Pi. meidmar) == Koftbarleit,
Schmuck. Noch nicht ſicher ermittelter Herkunft. Grimm Gramm. II, 825 ver-
muthet, „weil im hoben Alterthum vorzugsweiſe Pferde geſchenkt wurden“, bie
Urbebeutung in mbb. ber meidem, geſchwächt meiden — männliches Pferd, ver-
ſchnittenes Pferd, Wallach.
das Meer, —es, Pl. —e : das große, das Land umgebende Waſſer;
große von Land umgebene Waſſermaſſe; [im Nhd. auch bilblich :]
überaus große Menge. igentlihe Zufammenf. : die Meerbucht,
ver Meerbufen, die Meerenge, die Meerflut, das Meer-
Yalb (ſ. d.), bie Meertage (f. d.), ver Meerrettig (f. d.), ver
Meerihaum (ſ. d.), das Meerſchwein (f. d.), das Meer:
ſchweinchen (f. d.), die Meerfpinne (f. d.), das Meerweib
(ſ. d.), bag Meerwunper (f. d.), die Meerzwiebel (f. d.) x.
Uneigentlihe Zufammenf. : die Meeresflut, -woge ıc.
Meer, bif. richtig, wie noch Oasteli S. 1881P zuvorderſt fegt, Mer, aber
ſchon von Luther mit ee, alfo gebehnt geſchrieben, mhd. das mer, felten noch mere,
ahd. der n. das mari, mare, meri, goth. bie marei, altjächf. bie meri, nieberl.
bie mare, maar, meer, angeljäch. der mere, altnorb. ber marr, ſtimmt liberein mit
lat. daB märe, altjlaw. das morje, rufl. das möre, poln. das morze, litthan. mAres
„ (BI. eines Fem.). Bgl. die Mari u. die See. Das hohe Meer, mittelb. ſchon
im 14. Jahrh. daz höhe mer, = bie tiefe, weite (offene) See (Myst. I, 226, 6).
Meerkalb — Meerſchwein 57
Meerb ucht er 1809 bei Campe. Meerbuſen 1605 bei Zulsius ttal.-tentfd.
Dictionkr. 128* fowie 1616 bei Heniſch 570, 4, aber auch noch 1709 Meer buſem
neben Meerbufen (Oastelli 1882* u. 400°); Meerenge 1678 bei Kramer
tentfeh-ital. Wortd. 786%; Meerflut bei Heniſch 1198, 11, angelſüchſ. ber
mereflöd, dagegen Meeresflut erfi 1808 bei Schiller Braut v. Meff. ©. 58,
1781 Meersfint bei Boß Obüßee 11, 2, Meeresmwoge bereits 1777 bei
GöckingkuLieder zw. 2. 65 (Ausg. von 1779 ©. 114).
das Meertalb (f. Kalb) : ver gemeine Seehund, phöca vitulina.
&. Meer Anm. Mhd. das merkalp, fpät-ahb. (12. Jahrh.) merchalp, mer-
chalb, Überfegung ber rein-lat. Benennung vitulus marinus. Diefe, weil das
Thier im Meere lebt und wie ein Kalb brüllt (ſ. Pimius historia naturalis
9, 18).
ver Meertater = Männchen ver Meerfate. Göthe XL, 119.
bie Meerfage, Pl. —n : langgejchwänzter Affe.
S. Meer Anm. Mhd. die merkatze, im 12. Jahrh. Die merekatse ( Lamprecht
Alex. 5679), merchasze (Sumerl. 15, 68), mercazoe (ebenba 48, 88) d. i. mer-
casze, abb. (11. Jahrh.) merkazzä (Graf IV, 536), 1475 eleviſch bie merkat,
weil das Thier Über das Meer, nämlih aus Africa, zu uns gebradht worben
iR und einen langen Schwanz wie eine Kae hatte.
ver Meerrettig, —es, Pl. —e : die Pflanze cochleäria armoräcia.
S. Meer Aum. Bei Adam Lonicerus (} 1586) noch mit altem kurzen e in
der erſten Worthälfte ſowie urfprünglidem richtigen ch in ber zweiten Merrettid
und fo noch wetterauifch M&rödch, Möerch, Morch, aber bei Mihael Herr im
verdeutſchten Ackerwerk Eolumelle (1588) fon meerrettig, unb gegen ober um
1500 im voc. incip. teut. Bl. n6® merretig; 1469 mittelrheinifch mit Übergang
bes e in i ber mirretich (voc. ex quo), mhd. ber merretich, ahb. der meriratich,
merratib, merratich, d. 5. iberfeeifher, tiber das Meer (abd. meri) zu uns ge-
Iommener Rettig (f. d.), und bie dem Rettig ähnlich beißenb-fharfe Wurzel
iR der genießbare Theil der Pflanze. Unmdglih kam das Wort mit Mühre
(add. merihä) = Stute, ober gar mit ahd. marah, march, = Pferb zufammen-
gelegt fein, obgleich bie Engländer horse-radish d. i. Roß-, Pferberettig fagen.
Es erſcheint dieß eben nur ale eine anbere Benennung. S. auch Kreen.
ver Meerihaum, —es, ohne PL. : Schaum vom Meer; Art Sped-
ftein, bie man zu Tabakspfeifenköpfen verarbeitet. Davon das Abj.
meerfhaumen. Zuſammenſ.: ver Meerfhaumtopf.
&. Meer Anm. Meerihaum (Boß Oblißee 5, 408), 1482 merschewm
(voe. theut. BI. v 2°), 1475 clevifh meerschuym, — Schaum bes Meeres. Bon
ber Steinart nad ihrem Ausſehen, indem man fie, die man bald nad Beginn bes
18. Jahrh. verarbeitete, erft, wie 1784 bei Steinbach IL, 898 das Abi. „meer-
f&anmen, [lat.] ex holosächne parätus“ bei „Meerſchaum, [fat.] lanfgo maris,
halosächne“ fd. i. Schaum des Meeres] zeigen bürfte, flir verhärteten Schaum
vom Meere hielt.
das Meerſchwein, —es, BI. —e, ber gemeine Delphin. pas Meer-
ſchweinchen, —s, BI. wie Sing, eine Art Nagethier.
©. Meer Anm. Diefer Name Meerfhweinden, weil das Thier im 16.
Jahrh. über das Meer, nämlih aus Silbamerica, zu uns gelommen ik und ein
Grume, wie ein junges Schwein, hören Iäßt, auch dieſem fonft ähnelt. Dan
gebrandt in Anfehung ber Kleinheit bes Thieres das Diminutiv; benn bie unver⸗
48" Mag — Mauer
ber Mat = taube Erde, Steinart, taubes Erz. Nicht von matt.
der Maͤtzen, —s, BI. wie Sing., eigentlich ver Mätze, —ns, Pl. —n:
bünner aus Wafjer und Mehl bereiteter Oſterkuchen ber Juden.
Bei Adelung fehlt das Wort, und Campe hat gegen ben geläufigen Gebraud)
die Mage, Pl. —n. 1482 der matz (voc. theut. Bl. t7*) flatt matze, unb der
matzenkuch (ebenda BI. z4*) flatt matzenkuoche der Mätzenküchen. Aus
ber Sprache unferer Juden aufgenommen, wo mazzo, welches hebr. bie mazzäh
(39) —= ungejäuerte® Brot, wie e8 die Juden zu Oſtern efien.
ber Mager, —s, Bl. wie Sing. : troden gewordene zähe Feuchtigkeit
in den Augenwinleln und an: den Wimpern.
In der Wetterau, foll aber auch im Schwäbiſchen vorkommen (f. Sch mib 81).
Bei Dasypödius 882° Mat, 1482 ber „mascher oder greck in den augen,
[lat.] pituita“ (voc. theut. BL. 17°) und mescher (ebenda Bl. v2). Woher
iR das Wort?
vie Mayfog, BL. —en : kraftloſer, feiger Menſch.
Norbbentfh betont Matzfotz. Ein niebriger, unanſtändiger Ausdruck. Rad
Höfer üfterreid. Wtbch IL, 240 in Oferreih der Matzfotz. Der erfte Theil ber
Zufammenfegung ift ber auch zur Bezeichnung eines einfältigen Menſchen gebrauchte
(. Map 2) Mannsname Matthes, Mathis, d. i. Matthäus, Matthias, nicht
aber der alte beutihe Mannsname Map (f. ebenda), denn aus bem Jahr 1629
findet fih bei Adrian Mittheilungen aus Handſchriften S. 314 neben ähnlichen
groben Schimpfwörtern (vgl. Hundsfott) die Mathes fo = Hahnrei (?).
Der zweite Theil dagegen if eins mit bem zweiten jenes Hunbsfott, und bas
t, wofür wegen ber Kürze bes u neud. tt, hat, da es bier vorhochdeutſcher Laut⸗
Rand if, fi regelrecht hochdeutſch in & fortgeihoben, eine Verſchiebung, welde
bei dem Worte außer der Zufammenfeßung ſchon im voc. theut. von 1482 BI. ib*
vorlommt. — Osnabrückiſch Matzpumpe ift gleiher Bildung u. Bebeutung.
manen, das Verbum zur Bezeichnung des gewöhnlichen Schreiens ber
Rate. Übliher mtauen. Auh mauzen, maunzen.
Jenes mauen (Schiller Wall. Lager 9) finder fi ſchon 1678 bei Kramer
teutſch⸗ital. Wortb. 765° und ift mbb. (14. Jahrh.) mawen, welches aud vom
Schreien Tatenartiger Thiere iiberhaupt ſteht, 3.8. des Liwen. Das Wort Kimmt
mit dem Schrei des Thieres. ©. au maunzen.
bie Mauer, PL. —n : fteinerne Wand. mauern. AZufammenf. : ber
Manerbreher — Kriegswerkzeug zum Einftoßen einer Mauer;
der Mauerpfeffer, eine auf Mauern, Felſen ꝛc. wachfenve Pflanze
mit (pfefferartig) beißendem Safte, s6dum acre; bie Maier-
Ihwalbe = in Mauerhöhlen niftende Schwalbe; ver Mauer:
fpecht, an Mauern kletternde Spechtart. Zufammenf. mit maueru
ift die Mauerkelle (el = äll) = Felle zum Mauern, früher (zu-
fammengef. mit Maurer) die Maurertelle,
Mauer fleht flatt Maur, wie ber voc. theut. von 1482 bat und 3.8. Luther
ſchreibt; doch auch ſchou mit bem wol bes Wollautes wegen zwifchenein vor r ge⸗
ſchobenen unorganiſchen e bei Alberus dictionkr. BI. Li2? u. bb4° mamer,
1469 mittelrheinifch die müer wie der mÄerer (Manerer) im voc. ex quo, 1471
mitteld. müer. Mhd. die müre, mÄr, ahd. u. altſächſ. bie müra , altfrief. bie
Mauke — Maulbeere 49
müre, augelfächf. u. altnord. der mür, ans dem gleichbeb. lat. ber mfrus. Die
gothiſche und alfo eigentlich dentſche Benennung war bie vaddjus, aber Gteinbau
wurde von den alten Deutſchen als etwas rimilhes angeiehen (vgl. Weinhold
dentſche rauen ©. 832). Das Berbum manern, ehedem urfprlngliher mauren,
lautet im Mittelhochdentſchen müren, ans bem gleichbed, von jenem lat. mürus
abgeleiteten wmittellat. müräre. Bol. audi Maurer. Statt Mauerbrecher fagte
mau im Althochdentſchen bie mArpr&hhe d. 1. neud. die Mauerbrede; für
Manerpfeffer, 1678 Maurpfeffer, 1482 mauwrsteinpfeffer (voc. theut.
DL 179); für Manerfhwalbe im 16. Jahrh. maurſchwalben.
die Mauke, ohne PL. : lühmende Fußkrankheit des Pferdes.
IR mit hochdentſchem Diphthong an bie niederd. Korm die muke (mit u =
mbb. &), 1475 clevifh muycken (Tbuthonista); mhb. aber Die mäche (Frauenlob
©. 192, 835, 2. Bgl. Haupt Zeitschr. VI, 487), wonach alfo bie richtige und
rein · hochd. Form Mauche lauten müfe. Dunkles Urfprunges.
die Mauke — Gelbwerden und Dorren häufiger kurzer Schoſſe am
Weinſtock. Ob vielleicht Kürzung aus lat. mücor =
Schimmel, aud aus dem Weinſtock rinnenbe, ihm ſchädliche Feuchtigkeit ?
die Maute, BL —n : (Heimlicher) Ort zum Aufbewahren,
zumähR der Äpfel, des Obſtes. Rheinanfwärts nah Schwaben vorgedrungen.
Aus miittelnieberl. (16. Jahrh.) muyk d. i. mufk, mit unterbrüidtem d aus ben
älteren vorkommenden muydick ober beffer muedeke, mudeke (hor. beig. VII,
19%. gl. deig. 72f.), = Ort zum Uufbewahren bes Obftes, welches eins mit
Mutih 2 (f. d.). Gleicherweiſe zeigt mittelnieberl. muyck — mild, weid,
Unterbrildung eines d, denn es if das branbenburgifche, berlinifhe (nah Oslar
Jänide) müdike = teiggeworben.
das Maul, —es, BI. Mäuler, was Mauleſel (j. d.), «tbier (f.d.).
Löngf veraltet; aber 1781 von Boß (Obiüßee 6, 68. 88. 111. 258. 316. 7, 2)
eruent, ohne Beifall zu finden. Häufig bei Luther. Mhd. der u. daun das mül,
and (in bem deutſchen Brevier aus bem 14. Jahrh., Gießner Hf., BI. 110°)
ber marvle b. i. müle, ahd. u. angelfächl. der mAl, aus lat. ber mülus = Maul-
tbier, Mauleſel.
das Maul, —es, Bl. Mäuler: Öffnung des Kopfes zum Einnehmen
der’ Nahrung. Bon Menfchen unevel. ©. auch Mäulchen Anm.
Mod. das mül [Pl. 1814 müler, ebenſowol im 14. Jahrh. miuler (?)],
auch das müle, ahd. (jelten) die müla, felbſt noch mittelb. die müle (Lamprecht
Alex. 4288), altfrief. ber mAla, altnorb. ber mAli, goth. das mdul (? f.
Grimm Gramm. T®, 101), welches legte zu erſchliehen aus goth. fadrmuljan =
das Maul verbinden zur Enthaltſamkeit von Kutter, Speiſe. Dunkles Urfprunges.
der Maulaffe, —n, Bl. —n : dummer, alberner Gaffer,
eig. wer in bummer Berwunberung ober Eriwartung mit aufgeſperrtem Manle
gafft ober verweilt. Der Affe galt ben alten Dentſchen fir ein dummes Thier,
weshalb and das Wort zur Bezeihnung eines Thoren, eines zum Gefpötte dienen⸗
ben Menſchen gebraucht wird (f. Aff u. Gaud); daher Maulaffe, Manlaff,
und fon im 15. Sahrhunbert ber maulaffe (Flsinachtsp. 589, 18) ale Schelte,
mb. (13. Jahrh.) mit Mund zufammengef. ber mundaffe (Virginal 230, 8).
die Maulbeere, BL —n, eine befannte, aus einer zufammengefegten
füßen Beere beftehenden Baumfrucdt. ver Maulbeerbaum.
Beigend, Börterbuh. 4. Aufl. 2. Br. 4 ‘
56 Mäufden — Maultrommel
Über das weibliche Geſchlecht von Beere f. dieſes Wort. Maufbeere iM mhd.
(15. Jahrh.) das mÄlber, fpät-abb. (12. Jahrh.) das mülbere,, früher ohne Er-
weidhung be& r in mür zu 1 das mÄrperi, zuerſt mörperi; Maulbeerbaum fpät-
mbb. (15. Jahrh.) mülberboum, 1469 mittelrhein. eyn mAlber baume (voc. ex
quo), = ber das mülber tragende Baum, vorher im frühen Dihb. (12. Jahrh.)
einfacher und angemeflener (vgl. Korbeerbaum in der Anm. zu Lorbeer) bloß
ber mülboum neben mfrboum, abb. mülpoum, -boum neben älterem mürpoum,
-paum, -boum, mit unerweichtem r. Abb. mür-, mör- aber überlam aus lat.
das mörum = Maufbeere, die mörus = Maulbeerbanm.
das Mäulchen, —s, Pl. wie Sing. : Meines Maul; zärtlicher Kuß
von Lippen auf Tippen GGöthe L, 21).
Dim. von Maul, in ber erfien Bed. ebler, als biejes, in ber zweiten 3. B.
in der Wetterau auch Maul, doch biefes mit Derbheit gebraudt. Mänliden =
Kuß neben „Mündgen“ (Kramer teutf-ital. Wortb. 766), 1691 Meulchen
(Stieler Sp. 1307). Wie jenes Mündchen bei Kramer, aber auch fon 1475
eleviſch montken.
maulen == unwillig, unzufrieven das Maut hangen laſſen.
1678 „maulen, ein krummes Maul machen“ (Kramer teutſch⸗ital. Wortb.
766°). Who. mülen (?), ahd. mulon (?), von ahd. bie mola (ſ. Maul 2).
ver Mauleſel, —s, BI. wie Sing. : Baſtardthier von Hengit und
Gielin. die Mauleſel in, 1556 mauleflin (Frisius 847“).
Moanlefel im 15. Jahrh. der mülesel (Altswert &. 287, 16), wie Maul.
thier und mit dieſem gleiääbeb. dann bei Dasypddius, Frisius, Manler, Abam
Lonicerns im Kränterbud für das ältere einfache das Maut, mhd. mäl (f.
Maul 1). Nieberl. der muilezel.
maulfaul = faul zum Reben, wortfaul. Göthe IL, 140.
mäülig, in bied-, groß-, härtmäulig ꝛc, Adj. von Maul 2.
ver Maulkorb = Korb vor dem Maule gegen Treffen oder Beißen.
Dasypödius 882°. Serränus dictionar. BI. h7°. Niederl. die muilkorf.
das Maulpfern, was Maulthier. Bei Luther 1 Moſ. 36, 24,
fowie bei Alberns dietionAr. BI. Aad* „einn maul, ober maulejel, mau l«-
pferd.” Souft Hat Luther in feiner Bibelüberſetzung bloß das Maul (j. Maul 1).
Niederländiſch, vielleicht nach dem Hochdeutſchen, ber muilpaard.
die Maulrofe = Garterimalve. Wetterauifh. S. Malve.
die Maulſchelle (el — All), Pl. —n: [hallender Schlag mit ber
fladen Hand auf das Maul. S. die Schelle,
1605 Manlihelt (Zulsius ital.-tentſch. Diotionfr. 188"), Bei Dasypödius
in ber Ausg. v. 1587 noch nicht, aber in Druden nad bes Berfaffere Tobe (15569)
findet ih Maulſchelle.
bas Maulthier, —es, Pl. —e : von Eifel u. Stute erzeugtes Thier.
Erſt 1505 das multyer (voc. gemmagemmär. BI. v7°), von weiterem Begriffe
(f. Manlefeln. Maul).
bie Maultrommel, Bl. —n: einer Trommel (f. d.) ähnlich brum-
menbes eifernes Tonwerkzeug, welches zwiichen ven Zähnen, alfo im
Maule gefpielt wird. 1678 Maultrummel bei Kramer
tentich-ital. Wortb. 766°; bei Schuppins (F 1861) „bie Mauldrumme.“
Maulwurf — Daurerfelle 61
ee Maulwurf, —es, BI. Maulwürfe, ein befanntes bie Erbe durch
grabende® und aufwerfendes Säugethier, lat. tälpa.
Shon im 16. Jahrh., namentlich in ber zweiten Sälfte-besfelben,, ber Manl⸗
wurff q. Zonicerus Kränterbuch BI. 829P), früher wie bei Luther (8 Moſ. 11,
80) ver Maulworff, ſelbſt ſchon in einem voc. von 1429 maullworifl ( Schmeller
I, 566); bei Maaler (1561), Dasypödius, Serränus, Altenstaig (1514) Maul.
werjf; 1482 „maulworff oder moltwörff* (voc. theut. BL. n6*), maulwörffe
n. moltwörffe (ebenda BI. t7?), 1414 multwurff (Diefembach glossär. 572®),
moltworff (Diefenbach Witbeh von 1470 Sp. 268), 1540 Moltwerff (Alberns
dietionAr. BI. b1*), 1505 mollwerff, molwerff (voc. gemmagemmär. Bi. BB°);
mbb. der moltwörf, (mit Erweihung bes r zu 1) der mAlwälf (Minnes. IL 885°,
8, 1), im 1%. Jahrh. aud der maulwörf (Megenberg 160, 21) b.i. mälwärf, ahb.
ber moltwörf (gl. fun. 270), multuurf (Diut. III, 228) d. i. multwurf (?), müwörf
(gl. irevir. 4, 10), müwörfe (Sumerl 18, 15), müwörfo, müurf. Urſprunglich
mit Wahrſcheinlichkeit der mult-, moltwärfo, d. i. Erdwerfer (Erbaufwerfer), zu⸗
fammengef. 1) aus bem von bem Part. Prät. (goth. mulans, abb. molan) bes
verlornen goth. Wurzelverbums milan (ſ. mahlen 1) mittel -d, ahd. -t, abge
feiteten gotb. bie mulda = Staub, ahd. bie molta — Gtaub, Erbe, Erbboben
(. Molte), und 2) aus einem regelrecht gebilbeten, wenn gleich nicht mehr nach⸗
juweifenben ahd. ber wörfo — Werfer von ahd. wärfen werfen. Die Form
swurf, ahd. -wurf unb mit Unterdrückung bes w bloß -urf, bilbete ſich, indem,
nuter dem Einfluffe des voramsgehenben w, o in u überſchlug, aus einem -worf
und bieß umter bemfelben Einfluffe ans -wörfo, geklirgt -wärf, wie ahb. wola
unier wol, wocha Woſche aus früheren wöla, wöchs (wöhha) hervorgegangen
ſind; fie if alfo von unferem ber Wurf (f. d.) verſchieben. Gleiche Berſchiedenheit
von unferem das Maul (f. d.) zeigt fih bier in ber erſten Hälfte mül Maul,
denn dieſes gieng durch Unterbrüdung bes t, mü- aber noch mittel Unterdrückung
des 1 hervor (vgl. Grimm Gramm. IL 406), indem bas urſprüngliche u des
abb. bie molta wieber zum Borſchein kam unb ſchwer d. b. laug (& = nbb. au)
wurde. Entſtellung ober Umbildung ans Misverſtand läßt fih fon darum nicht
annehmen, weil eben biefes ahd. bie molta ein Iebenbiges und geläufige® Wort if.
Die wetterauifhe Form ber Molikoarf [mit k aus qu fatt tw (vgl. Quark,
quer)) iR hochdentſch Moltworf zu fohreiben, welche Form auch oben als älter-
nenhochdentſch angeflihrt wurde. Der einfadhe Name des Maulmurfes if ber in
Bayern vorlommenbe ver Scher, abb. acäro (ſ. Shermans).
maunzen, in ber Bollsiprache für mauzen (f. d.); [dann in An⸗
wenbung :] Häglich thum. Mit eingefhobenem n nad) au.
der Maurer, —, BI. wie Sing, fhleppend der Mauerer : ber
eine Mauer (f. b.) machende Handwerker. Mhd. ber mürzere,
mürer, abb. ber mfrari, müräri, aus dem gleichbed. von lat. ber mürus
Maner (f. db.) abgeleiteten mittellat. der mAürkrius. Das unorganifd zwiſchen⸗
eingefhobene e in Maner unterbleibt in Manrer, obgleih es fih in bem
„mferer“ (d. i. neub. Maurer) bes mittelrheinifhen voc. er quo von 1469
bereits findet. 1678 mit Umlaut ber Mäurer (Kramer teutſch⸗ital. Wortb. 767°),
doc hente felten.
die Maurerkelle (el = äll) heute Mauerkelle, |. Mauer.
1678 wit Umlaut Mäurertelle (Kramer teuti-ital. Wortb. 767). Bgl.
Raurer. 4.
53 Mans — manfen
die Maus, Pl. Mäuſe, ein bekanntes Heined Säugethier.
Redensart: „Da beißt Die Mans feinen Faden ab“ == ba fehlt nit bas
Mindeſte, barf nicht das Mindeſte fehlen; eigentlich wol f. v. a, ba if nichts ver-
let, nichts zu verlegen. Mhd., ahd., augelſächſ., altnorb. bie müs (BI. mhd. miuse),
Ubereinſtimmend mit lat. ber u. bie ms, gr. ber ms (uüc), altilam. der müsch’z
ruff. die müisch’, poln. die mysz, böhm. die myB, fanffr. der müscha(s). Die
Wurzel zeigt fi in fanftr. mäsch, musch, = fehlen, und berjelben gehört auf)
mösido, musido (?), = Beraubung in bem in ber lex salica ſtehenden chr&omosido
— Leihenberanbung an (vgl. Jacob Grimm Borrebe zu Mertels Ausg. ber
lex salica ©. 48f.).
die Maus, Pl. Mäufe : die Arm, Fußmuffel; Muflelballen unterhalb
bes Daumens in der Hand.
Mhd., ahd. n. angelſächſ. bie müs (Pi. ahd. mäst), = Muffel zumal des Oberarmes,
Daumenmuflel, Mufll. Eins mit bem vorbergebenben die Maus unb nad
einem von dem Thiere bergenommenen Bilde, vielleicht ber maus ähnlich beweg⸗
lichen Erhöhung, benannt. And im Griedifhen der mfs (züc), und flir lateiniſch
müs fpridt das Diminutio ber mäsculus [eig. = Mäusen], woraus unfer
wiffenſchaftlich deutſches Muſkel (f. d.).
mäuschenſtill, Adj. u. Adv. |. mausſtill.
ber Mauspred (ech— äck), beſſe Mäuſedreck (f. d.).
bie Mauſe — Federwechſel des Vogels, falſch ſtat Mauße (f. d.).
ver Mäuſedorn, eine Pflanze mit Stacheln (Dornen) au ben Blatt⸗
ſpitzen, ruscus aculeätus.
1551 bei Bod Kräuterd. Meüßdorn. Überfegung von gr.-lat. ber myacänthos,
gr. ber myäkanthos (uvaxavdoc); aber man hängte auch bie Pflanze zum Fleiſche
in den Schornftein, um bie Flevermäufe (Spedmänfe) zu verſcheuchen (f.
Lonicerus Kräuterb. BI. 110). AZufammengef. mit Maus (f. Mäufedred).
ver Mäuſedreck (ed — äd) — Kothklümpchen ver Maus.
Roſt der Teufel 10. Göthe V, 95. XIH, 67. Älter⸗nhd. ber meußträck,
sbräd, meustreck 2c., fpät-nmıhb. ber müstrek d. i. miusedrec (?), zufammengef.
mit mhd. n. abb. die müs Maus, weldes als erſtes Wort einer mbb. Zufam-
menfegung feiner Declination nad zu miuse- wird. Aber 1482 umlautlos
mawßdreck, fpät-abb. (12. Jahrh.) müsdrech.
ber Mäufefraß = das (verheerende) Abfreffen der Mäuſe.
Uneigentlie Zufammenfegung mit dem Genitiv bes Plurals. Alſo nicht ber
Mauſefraß ober Mausfraß.
das Mäufegift = Gift für die Mäuſe.
1711 dei Rädlein 628* das Mäußgifft. Zufammengef. mit dem BL. Münfe.
bas Mänfelod, auch Mauslod (f. d.).
maufen — 1) eine Maus, Mäufe fangen; 2) (wie vie Kate Mäuſe
fängt) jchleichend, in der Stille und gewandt ftehlen.
Diefe Bed. ſchon bei Hans Sachs und bei Alberus [„ver ba maußt,
feel abſchneidt“ (dietionär. BI. B2P)]; bei jenem au bie mauß = Hölle der
Schneider. Mhb. müsen = Mäufe fangen (Benner 13282), dann langſam unb
leife geben, unmerklich und ſpühend f&hleichen (Zleldling 2, 708. 5, 45. Benner 12396.
Wolkenstein Nr. 71, 1, 9), welde Beb. in Dudmänfer (f. d.) bewahrt iſt unb
ſich auch noch in dem älter-nhb. maufen zeigt, enblih im Mhd. weiter f. v. a.
liſtig fein, betriegen (Gesammtabenteuer II, ©. 282, 195).
fi) monfen — manspill 53
ih maufen, falſch ftatt ſich maußen (f. d.).
vos Mänfeneft, auh Maufeneft, Mausneft (f. d.).
fid maufern, von ven Vögeln, falſch ftatt fih maußern (f. d.).
maufetodt, beffer ohne Zufammenfegungsvocal maustodt, — tobt
wie eine Maus, d. h. ganz ohne weitere zuckende Lebensregung.
Bol. todt. Das Adj. „manstodt” bereits 1691 bei Stieler Sp. 2292.
mauüsfahl — blaßgrau wie eine Maus. bie Mausfalle, BL. —n.
mausfarben, mausfarbig.
Das Adj. mausfahl trat Ratt mäufefahl ein, weldes 1734 bei Steinbach
I, 862 unb ſelbſt fon 1716 bei Ludwig Sp. 1224 fih findet. Kür Mausfalle
bei Alberus dictiondr. BI. 12* nad wetterauifher Mundart die „meußfall”;
doch vermeiden wir im Hocbentfhen die Mäufefalle, wie denn 1482 die maußfall
(voc. theut. BI. t7*), mıbb. die müsvalle, müsfalle, d. i. uhd. Mansfalle, und
erſt fpät-mbb. einmal bie musefall (Kolmarer Hs. &.894, 23) b. i. miusevalle (?),
uhd. Mänfefalle, vorkommt, ahd. bie müsfalld, -vall&, d. i Mansfalle Die
Adj. mausfarben, -farbig find neuhochdeutſch; im Althochdentſchen fagte man
müsfaro mit männlicher Enbung müsfarawär, woraus mit Verſtärkung bes w zn
b.(f. B) zuerk ein mansfarb (Kramer teutſch⸗ital. Wortb. 767%) geworben
fein muß, doch bei Alberns a. a. DO. meußfarb.
maufig in „fih manfig machen“ — ſich keck äußerlich hervorthun,
ohne daß etwas rechtes dahinter iſt oder doch zu fein fcheint,
z. B. Göthe XXX, 22. Die Rebensart ſchon 1691 bei Stieler Sp. 1259
verzeichnet. Das Adj. mauſig aber, hiſt. riätig maußig, von ih maußen
(. d.), beb. „bie Federn wechſelnd“ (vgl. Stieler Sp. 1258), wobei hier „zum
Herausputzen“ zu verfiehen ift, wie denn fich jenes manßen auch bilblih in bem
Sinne „ah (dem Bogel in bem Federwechſel vergleihbar) neu herausputzen“ u.
dgl. vorkommt. Zuerſt im 16. Jahrh. auftauchenb, in welchem sich mausig
machen = mit Überhebung ſich keck hervorthun, fich hervorthuend Ted gegenliber-
treten, auch mit Gen. deſſen (ber Sache), worüber biefes Sichhervorthun ſtattfindet
(j. Zimmerische Chronik II, 481, 18); mh. mügic (?).
die Mauskatze — gut maufende Katze.
1716 bei Ludwig Sp. 1224 bie Manfjelage. Zufammengef. mit maufen.
das Mausloch, das Maus nöſt, beffer das Mäufeloch, ⸗neſt.
Bei Alberus dietionAr. BI. 112° meußlod, 1485 müseloch (Strobel Bei-
träge &. 111) d. i. miuseloch (?), und 1716 Mänfeneft (Kud wig Sp. 1224),
1482 mauönöst (voc. theut. BI. 17?) db. i. mausnöst, mittelb. im 15. Jahrh.
müsenest d. i. miusenest. Bol. Maus 1 Anm.
das Mausohr, im Dim. Mausöhrcen, bie Pflanze myosötis.
1482 im voc. theui. Bl. t7? maußor (fo zu leſen flatt mabor) d. i. mausör,
ahd. das mäsOr&, nad) ben behaarten, dem Ohr einer Mans vergleichbaren grünen
Blätthen benannt, weshalb auch bei dem beutihen Namen in ben Glofſen ber
Iateiniihe herba pilösa ober bloß pildsa = bie Haarige ſich findet. Auch jener
gr..lat. Rame die myosdtis, gr. bie myosstis (uvoowrlc), zufammengel. aus gr.
der mys (uüc), Gen. myos (uvöc), = Mans und das Gs (oüc), Gen. dtoͤs
Groͤc) = Ohr, if wörtlid Maus ohr.
mausftill (Schiller Wall. Lager 9) = ftill wie eine Maus. Bol.
mänschenſtill.
54 Mauße — Mar
1716 bei nbwig Sp. 1924 mäuſeſtill, 1711 bei Räblein 628° manje-
Rille, mnttermanfefille, 1709 mausfille (Onstelk ©. 1880”), 1678 bei
Kramer teutſch⸗ital. Wortb. 767° mausfilf.
bie Mauße, ohne Pl.: Feberwechfel des Vogels, Häutung der Schlange,
Schalenwechfel des Krebfes; Zeit dieſes Wechſels. Von fi maußen
— die Federn wechieln zu neuer Körperbedeckung, auch von Schlangen
und Krebfen (vgl. fi mütern), wenn jene die Haut und dieſe bie
Schale wechſeln. Mit, wie e8 fcheint, eingejchobenem r auch im Nhd.:
ſich maußern.
Sta manfen if mhd. sich mügen von Vögeln (Minnes. II, 228°, 4, 2),
eigentlih — wechſelnd fi Undern (Afinnes. I, 202°, 8, 6), das reflerio geſetzte
mäzen — wechſeln, taufhen, ahb. mügön u. altuieberb. mütön == änbern, verändern,
wechfeln, aus fat. mütäre = Ändern, verändern, wechſeln, beffen t fih im Alt
hochdentſchen regelrecht in 2 (B) fortihob und ans beffen -Are ber Regel gemäß
im Dentfgen -n wurde. Die Mauße iR mhd. die müze = ba8 Maufen,
Sant, Haarwechſel der Natur nach, ahd. bie müza (?). Aber Ratt maußig [ahb.
mägto == zum Wechſel gehörig] fhreibt man allgemein manfig (f. d.), weldes
jest beſondere Bebentung hat.
die Mauth, Pl. —en : Abgabe von Waaren und Gütern bei ihrem
Übergang aus einem Landesgebiet in das andere. Davon ber Mauth-
ner = Woaarenzoll-Einnehmer. Zufammenf. : mauthfret = zoll⸗
frei, die Mauthfreiheit — Zolffreiheit.
HR. richtig Maut, Mantner zc.; das Debnungszeichen tb hat auch hier eigent-
fi feinen Sinn. Die Mautb if mbb. die mAte, mÄt, im 15. Jahrh. auch
ſ. v. a. Mauthfätte, ahd. (in Urkunden) bie müt«a, goth. [mit aud fon vor-
fommenbem 6 fiir u] bie möta (= Zoll), aus dem gleihhbebentenden mittellat. bie
müta, weldes von lat. mätäre = verändern, wechfeln, abzuleiten fein wird. Weil
das Wort im Deutihen Fremdwort war, fo verblieb das t, während biefer Buch⸗
flab, wenn das Wort urſprünglich deutſch geweſen wäre, fih im Hochdeutſchen in
z d. i. neuhochd. ß fortgefhoben haben wilde Doch kommt älter⸗nendentſch bie
Mauß neben Maut [gegen ober um 1500 im voc. inoip. teut. BI. n4? bie
„maussen, maute* == Zoll, beffen maussen anf ein mhd. müge neben mäfte
fließen läßt] vor, aber ohne durchgedrungen zu fein, wie bei anbern Fremd⸗
wortern (vgl. Die Manße u. fih maußen). Kür unfer Mauthner, ſchon 1482
mautner (voc. theus. DI. 17°), mit feinem unorganifhen n (f. -ner), ſteht richtig
im lid. ord. rer. von 1429 Bl. 7* der mawter, mhb. ber mftsre (?), müter
(Philipp Marienleben 5948. 5971), welches dem von jenem mittellat. müta abge-
leiteten wmittellat. der mutärius == Zollerheber entſpricht, goth. ber mötareis ==
Zöllner.
mauzen, was mauen. Gewöhnlih maunzen (f. d.).
1678 mantzen (Kramer teutideital. Wortb. 765°). Mhd. mäwezen (?),
mittel® -z-en, gotb. -at-jan, von mbb. mäwen unferm manen (j. b.) abgeleitet.
Mit eingefgohenem u bann mannzen (f. d.).
+ Mar, Kürzung von Marimiliin, Mannsname,
mit romaniſchem 1 [denn ital. Massimiliäno, franz. Maximilian) aus lat. n ber
fpät-lat. Rame Maximiniänus = dem Geſchlechte des Maximinus Angehöriger,
alfo vou bem Mannsnamen Maximinus = vom Mdximus Stammender ober als
Merime — Medaille bb
Sohn Augenoihuener, abgeleitet von dem Mannsnamen Miximus d. i. ber lat.
Gnperlativ mäximus == ber gröfte.
die Darime, Bl. —n : Grundſatz, Beitimmungsgrund,
Schon im 17. Jahrh. (ſ. Nehri ug 588) aufgenommen aus franz. bie maxime
= Grund», Lehrfag, Regel, welches ans mittellat. bie mäxima (nämlich rägula)
— höchſter Grunbjag, bei ben Mathematifern, von dem lat. Superl. mäximus,
-&, -um, = ber, bie, ba größte.
T Martmilian, f. Mar.
+ der Mechanicus, f. die Mechaänik.
+} die Mechanik, ohne Pl. : Bewegungslehre der Körper; Mafchinen-
fehre; Einrichtung einer Mafchine. ver Mechaniker = Hand—⸗
fünftler, wogegen ver Mech aͤn icus (Gen. unverändert, BI. Mechani-
euffe) = Maſchinenkunſtler. mech aniſch = triebwerks⸗, handwerks⸗
mäßig, gewohnheitsmäßig. ver Mechanismus, vhne PL: Triebwerk.
Alle, ausgenommen Mechanismus, ans dem von gr. bie möchand (unxavr)
= Berheung, Maſchine (f. d.), abgeleiteten gr.-lat. Adj. mechänicus = me-
chan iſch ſdas nah bem gr.-lat. Abj. gebilbet iR], gr. möchanikds (unyavızda) =
tunfreich, geſchickt, und ſchon im Griech. ſteht bie weibliche Korm ſubſtantiviſch die
mö6chanik8 (unyarvızn, nämlid töchnd Knuſt), lat. ars mechänica — Kunſt,
Maſchinen durch Berechnung und Anwendung ber Raturlräfte zu erfinden nnd
snfammenzufegen [woraus unfer Mech anik, 1728 noch Mechanic], ſowie ann im
Lateiniſchen auch bie männlide in der mechänicus fubflantinifh erſcheint, woraus
(don im 17. Jahrh. unfer Mechauicus und wonach mit ableitendem -er ge
bildet unfer Mechaniker. Übrigens fcheint eben unfer Mechanik zunächft über⸗
fommen ans dem aus jenem lat. mechänica geworbenen franz. bie mechanique
(jegt mecanique gejärieben), und Mechanismus ſſchon 1728] if bas, wie
jene Abj. mechanicus, von gr. bie möchand (unzarr) abgeleitete franz. ber
möchanisme (jekt mecanisme) d. i. neulat. ber mechanismus.
Mechthild (e — A), veraltet erfcheinenn ftatt Mathilde (f. d.).
Mh. Mechtilt, ahb. Mehtilda, Mechthilt, mit Umlaut (e) durch Einwirkung
bes ı in hilt.
medern (E = ä), vom zitternden Schreien ber Ziege, des Bodes. Im
18. Jahrh. auch ſ. v. a. in rafcher Wiederholung ftodend fprechen.
Neuhochdeutſch; im voc. incip. teut. (gegeu ober um 1500) Bl. n5* meöckatzen,
weihes neub. medzen fein wlrbe. Won mhd. der mecke, welches bei Boner 14, 8
ald Spottname (vgl. Vers 9) wol in dem Sinne „Ziegenbod” ſteht. 1618
mickern = wiehern (Schmeller IL 549). Die Wurzel (ahd. mah) ftimmt ber
Lautverfdiebung gemäß mit gr. m&k (unæ), urfprünglih mak, in me&käesthai
(unzdeo9aı), mökästhai (unxäcdeı), = quälen, blöken, medern, mittellat.
miecire, unb wirklich hat ber voc. theut. von 1482 BI. 17? mechtzen.
rt pie Medaille (ſpr. Medällje), BL. —n : Schau-, Denkmünze.
Des franz. die medaille = Schaumunze, welches aus bem im Abb. zu bie
mddill, mhb. die medele, = „weniger als einen Heller gelteube Munze“ ges
worbenen mittellat. die medalia = ein halber Denar, eine Heine Münze. Diefes
aber if aus metällen, der weiblichen Korm eines voranszufegenben unclaffifen
fat. Adj. metälleus = „metallen.” Bgl. Diez Wibch I, 269f.
„> Tune — Ser
ger: mare, °. B. ir: ras Meriinoctan — Mitteloctav,
zer m SU —— son der Buchferm: das Metian
a2. = mer I Begen son Wittelgreße ‚etwa 17—18 Zoll
— zou TEE).
er Sreran ine Sem cat Nbi, nedilens — m ber Mitte befiuklid, von
— me Sefiubith. Medtiam- Bapier bereits 1709 kei Castelli
Ss >» "z = Rübleım 2".
“Ber: 2. see SL: Heilmittellehre. Arzmei-, Heiſtunde; Arznei,
wir ei zul, Abe, = zur Arzuei gehörig, womit zujam-
wer = 7:22. taizemiht — Apothefergewicht, der Mevi-
0.0. re Periciiner = die Heilfunde Sturierenber.
2-\ -. zeriinı
r>. : wen medicınııdj, 1475 cieviid bie mediein, aus lat. bie
mei 1 MEREER Tre are == Sum, iffemichaft, ergänzen) — SHeifkuuft,
ame ‚cegpen TEmE Ted tem lat. ber micdiens == Arzt [vom lat.
er u u CE Z0geerieten Lat Ag. medieinus — jur Heilung gehörig,
ern Due ii Mr. meeiinsmälis == zur Arzei gehörig, meorems mujer
ine u ! Imetiellet. Srzmeimsittel aumenben, wwerans
— u; enem „XL mmeeiiniee aber eu eim miitellat. der medici-
«a ‚gun TecEn tim, meramd um 1100 bedib. ber medicinare, mbh. ber
ee + 8a tw der iei jaro, — Arzt
wen a me : Sertimmte Abgabe von Gut. Beraltet.
we a era, 'mr Spempnitgen Burbeiftichen Oberheffen (Bilmar 365).
ge u mie == u Creme Seumiftiirf haftende Naturalabgabe, altſächſ. der
ur it = Teiitariert, Date, gech. ber miihms — Gabe, angelfädl-
N mndb weillins, itat Ver naesdise mer PL meidnar) — Sefibarfeit,
un nd ut ter crmeiteiter Verse Grimm Gramm. III, 335 ver-
un a6 m jun Üieetgum vergugämeiie Pferbe gefcenft wurben“, bie
Mae CE =
unse ME Sansa
aM a: mb greife, das Yanb umgebende Waſſer;
„on wa ar zeene Warfermaile; [im Rhd. auch bildlich ]
zur ze Manga. Ütgemtiiihe Zuſammenſ.: bie Meerbucht,
I TR TTE Pe Meerenge, pie Meerflut, das Meer-
N. dM Meerktage F. d) der Meerrettig (f. d.), ber
am N), da⸗ — (ſ. d.) das Meer:
ah a) die Meerfpinue (f. d.) das Meerweib
a. punter I}. d.) Ve Meerzwiebel (ſ. db.) ꝛc.
mn. die Meeresfiut, ⸗woge x.
mr me Castell S. 1581? zuwörberfi ſegt, Mer, aber
, fe giebt geilbeieten, mbb. das wer, ſelten noch more,
van wech Het Die maarei, aftfädf. Die meri, nieberl.
gefühl. der mere, altuech. ber mar, ſtimmt überein mit
0 wurje, uf Auf made, Jeln. das morze, litthau. märes
Marih m die See. Das hohe Meer, miütelb. [don
Ne wen, zu hir tiefe, weite (effene) Eee (Ayo. I, 226, 6).
Meerkalb — Meerſchwein 57
Meerbnecht erſt 1809 bei Campe. Meerbuſen 1605 bei FMuleius ital.⸗tentſch.
Dictionar. 128* ſowie 1616 bei Heniſch 570, 4, aber auch noch 1700 Meer buſe mn
neben Meerbuſeu (Castelli 18820 un. 4000); Meerenge 1678 bei Kramer
tentfch-ital. Wortb. 786%; Meerflut bei Heniſch 1198, 11, angelfädl. ber
mereflöd, dagegen Meeresfiut erfi 1808 bei Schiller Braut v. Mefl. ©. 58,
1781 Meersflut bei Boß Obüßee 11, 2, Meereswoge bereit3 1777 bei
BHdingt Lieder zw. 8. 65 (Ausg. von 1779 ©. 114).
das Meertalb (f. Kalb) : ver gemeine Seehund, phöca vitulina.
S. Meer Anm. Mhd. das merkalp, fpät-ahb. (12. Jahrh.) merchalp, mer-
chalb, Überfegung ber rein-lat. Benennung vitulus marinus. Diefe, weil bas
Thier im Meere lebt und wie ein Kalb brüllt (f. Hinius historia naturalis
9, 15).
ver Meertater = Männchen ver Meerfate. Göthe XL, 119.
die Meertage, PL —n: langgeichwänzter Affe.
S. Meer Anm. Mh. die merkatze, im 12. Jahrh. bie merekatze ( Lamprecht
Alex. 5679), merchasze (‚Sumerl. 15, 68), mercasce (ebenda 48, 88) d. i. mer-
casze, abb. (11. Jahrh.) merkazzä (Graf' IV, 586), 1475 clevifh bie merkat,
weil das Thier Über das Meer, nämlib aus Africa, zu uns gebradt worben
iR umb einen langen Schwanz wie eine Kake hatte.
ver Meerrettig, —es, Bl. —e : die Pflanze cochleäria armorsecia.
©. Meer Anm. Bei Adam Lonicerus (} 1586) no mit altem kurzen e in
ber erſten Worthälfte fowie urſprünglichem richtigen & in ber zweiten Merrettid
und fo noch wetteranifh Mörddch, Mörch, Morch, aber bei Michael Herr im
verbentichten Aderwert Eolumelle (1588) ſchon meerrettig, und gegen ober nm
1500 im voc. incip. teut. Bl. A 6b merretig; 1469 mittelcheinifdh mit Übergang
bes e in i ber mirretich (voc. ex quo), mhd. ber merretich, ahb. ber meriratich,
merratih, merratich, d. 5. überſeeiſcher, Uber bag Meer (ahb. meri) zu und ge-
fommener Rettig (f. d.), und die dem Rettig ähnlich beißend⸗ſcharfe Wurzel
iR der geniehbare Theil der Pflanze. Uumdglih kann das Wort mit Mähre
(ab. merihk) = Stute, ober gar mit ahd. marah, march, — Pferd zuſammen⸗
geſetzt fein, obgleich bie Engländer horse-radish db. i. Noß⸗, Pferberettig fagen.
Es erſcheint die eben nur als eine andere Benennung. S. au Kreen.
ver Meerihaum, —es, ohne Pl. : Schaum vom Meer; Art Speck⸗
ftein, die man zu Tabakspfeifenköpfen verarbeitet. Davon das Abi.
meerfhaumen. AZufammenf. : ber Meerfhaumtlopf.
S. Meer Anm. Meerſchaum (Boß Odüßee 5, 408), 1482 merschewm
(voe. theut. Bl. v 2°), 1475 clevifö meerschuym, — Schaum bes Meeres. Bon
ber Steinart nad) ihrem Ausfeben, indem man fie, die man balb nad Beginn bes
18. Jahrh. verarbeitete, erft, wie 1784 bei Steinbach IL, 898 bas Adj. „meer-
ſchanmen, [lat.] ex holosächne pardtus“ bei „Meerihaum, [lat.] lanfdgo maria,
halosächne“ [b. i. Schaum bes Meeres] zeigen bilrfte, flir verbärteten Schaum
vom Deere hielt.
bis Meerſchwein, —es, Pl. —e, ber gemeine Delphin. pas Meer-
ſchweinchen, —s, BI. wie Sing., eine Art Nagethier.
S. Meer Anm. Diefer Rame Meerfhweinden, weil das Thier im 16.
Jahrh. über das Meer, nämlih aus Südamerica, zu uns gelommen if und ein
Grunzen, wie ein junges Schwein, hören läßt, auch biefem fonft ähnelt. Man
gebraucht in Anfehung ber Kleinheit bes Thieres das Diminutiv; denn bie unver⸗
58 Meerſpinne — Mehlthau
Heinerte Wortform das Meerſchwein, mhd. bas merswin, ahb. das mezisuin,
mersuin, iſt ber deuntſche Name bes Delphins, wel wegen feines Speckes.
die Meerſpinne, PL. —n : Garnele (f. d.); Black⸗, Tintenfiich.
&. Meer Anm. Mhd. die merspinne, benannt wegen ber Ähnlichkeit mit ber
Spinne
tag Meerwetb, —es, BI. —er : fabelbafte Frauengeftalt im Meere.
©. Meer Anm. Mhd. das merwip (ſchon im 12. Jahrh. und dann weiter)
= Sirene, Waflernire, -jungfran, angelfächl. da8 merevif = riefiges im See
lebenbes Weib.
bag Meerwunder, —8, Bl. wie Sing. : Meerungeheuer, Ungethüm
des Meeres; feltfame, aufs höchſte angeftaunte Erfcheinung.
&. Meer Anm. Im jener erfien Bed. bei Luther ac. 8, 7. Mhd. m.
mittelb. da8 merwunder = wuuberbares Seethier, -weien (Myst. I, 4, 10.
Grieshabers Predigten L, 152), and wunberbares halb thieriſch geftaltetes Meer⸗
weiß ober ein fo geftafteter Meermann (Güdrün 75, 8. 112, 8). Abb. ba® wuntar,
unfer Wunder (f. b.), bebentet ſchon file fih, dem Begriff „Wunberbing (Gegen-
Rand ber Berwunderung)“ weiter entwidelnb, Ungeheuer, Ungethüm (gl. jun. 242).
bie Meerzunge, Bl. —n, eine Art zungenähnlicher Plattfiſche.
bie Meerzwiebel, Pl. —n : das Zwiebelgewächs scilla oder squilla.
Hi. ridtig Merzwibel. Bei Adam Lonicerus (} 1586) Meerzwiebel;
im voc. theut. von 1482 Bl. v2* merzwiffel (durch Verwechſelung ale Fild), im
14. Jahrh. der merzwival (Megenberg). Der Rame, weil die echte Pflanze dieſer
Art an den ſandigen Küften des mittelänbifhen und atlantiiden Meeres wäh,
woher fle mittellat. cepa maris genannt, als Zier- u. Arzueipflanze zu uns kam
und nad und nad in unfern Gärten ſelbſt wuchs.
das Megertraut, die Pflanze gälium, dann der Walpmeijter.
Erft im 16. Jahrh. von ber erfien Pflanze. Meger fcheint eins mit mbb.
mege in bie megedistele = [lat.] enduuia d. i. endivia (Sumerl. 56, 67).
bag Mehl, —es, BL. — (= Mehlarten) : zu Staub geriebene®.
Davon die nhp. Anjective mehlicht u. mehlig. Zuſammenſ.: ver
Méhlſack, die Mehlſpeiſe ıc.
Hi. rihtig Mel, meliht:c Mehl, bei Luther (1 Kön. 17, 14. 12) ſchon
mit Dehnung melh. Mhd. das mdl (Gen. mölwes, vgl. Melber), aud ſ. v. a.
Staub, ahd. das mElo (Gen. mölawer), goth. das milv (?), altjächf. da8 mölo, angel»
fühl. mölu, aftfrief. Das mel, altuorb. das miöl. Die Wurzel fieh unter mahlen
1. Mehlſack, mittelb. mölsac.
ver Mehlthau, —es, ohne BL. : graulich-weißer mehlähnlicher Hebriger
aus Bilzen beftehenver Überzug auf Pflanzen im Sommer.
Die erſte Hälfte der Aufammenfegung wurbe nur aus Misverfkanb mit bem
ganz verfchiebenen Worte das Mehl verwechſelt; richtig iR Melthau mit fargem
€, und Luther fohreibt bier, währenb er doch für unfer Mehl (f. d.) „meih“
bat, in den Sprüden Sal. 28, 8 u. Jeſ. 18, 4 Meltbaw. Wetterauifch ber
Mild&, (mit kurzem i) b. 5. hochd. Miltbau. 1469 mittelrhein. ber milthaue
(voc. ex quo), mhb. der miltou, ahb. ber militou, angelfädl. ber mäledesv, engl.
mildew. Der erfie Theil bes Wortes if bis jegt noch unaufgellärt, und ſchwerlich
»darf barin das mit gr. das meli (uEAı), im Gen. madlitos (uEAıros), lat. mel,
= „Honig“, baum was das t im Griechiſchen anlangt ber Lautverjhiebung gemäß
Mehr — mehr 58
Bimmenbe goth. pas milip —= Honig (Marc. 1, 6) geindt werben, zuntaf ba mau
im allen aubern germaniſchen Spraden Honig (1. d.) fagte und auch der Honig-
thau, mittelb. ber honictow (Jeroschm 1286), mit dem Mehlthau nicht ale eine
unb dasfelbe erſcheint. Es ſteht alfo auch ahd. militou nicht ſtatt milit-tou (vgl.
Grimm ®ramm. II, 248), goth. milip-daggvus (?). Ebenfowenig if, wie Jac.
Grimm in feiner deutſchen Mythol. S. 607 will, mili-, mil- zurückzuführen auf
das altnorb. das möl, miel (ie — 8) in der möldropi —= Gebißtropfe d. h. Than,
ber nad ber altnorbifhen Götterlehre jeben Morgen auf das Lanb aus bem
ſchänmenden Gebiffe des Rofſes Hrimfaxi (Reif-, Thaumähne) berabfällt, mit
welchem Nött, die Göttin ber Nacht, in beſtimmter Zeit anf ihrem Wagen bie
Erbe umfährt (ſ. Snorra-Edda S. 11), wonach der Ausdruck Mehlthau feinen
Urfprang in einer Vorftellung des Altertbums hätte, das bie Naturerfheinungen
auf höbere Welen bezog. Das i in mil-, mili- und das & in altnorb. möl Tafien
ſich nicht vereinigen. Hif. richtig fhriebe man Meltau.
das Mehr, mit unveränderter Biegung : größere Zahl gegen eine
Heinere, vornehmlich größere Stimmenzahl.
3.8. „mit einem Mehr von 18 gegen 8” (Wieland Abberiten 1781 I, 41);
„Es iR ein Mehr [nänlih der Siimmen durch Erheben der Hänbe] von zwanzig
gegen zwölf!” (Schiller Tell 2, 2). Hif. ridtig Mer. Das Neutrum bes
Adjectivs mehr ale Sub. verwandt, unb fo fhon 1552 das meer und in ber
Gerihtsipradhe bes 15. Jahrh. dag mör — die Majorität (Benecke II, 1, 140).
mehr, Abj. : ftärter an Raum, Zahl, Werth, überhaupt an Inbegriff.
Comparativ des Begriffes groß, mit welchem fi dann der Begriff
viel mifcht. Deraltet, doch 3. B. noch:
„Sol ih ein mehres noch, bald ober fpät, empfangen“ (Hagedorn moral.
Ged. Ausg. von 1750 ©. 89, ebenfo in ber Ausg. v. 1758); „Morgen...
ein Mehres!“ (Leffing Em. Sal. 1, 8); „Die Vorwelt Tabte fi bey zwey
nad mehren Flammen“ (Rohenftein Rofen, Ausg. von 1689, ©. 84). Mit
bloßem, eigentlih unndthigem Dehnunge-h und alfo Hift. rigtig mer. Mhd. möre,
mör, ahd. m. altfächf. möro, angelſächſ. u. altfrief. mAra, goth. mäiza, — größer,
befien theoretifher Poſitiv im Goth. mags gelautet haben würde, welder, ehe er
der Lantverſchiebung unterlag, bie fi in goth. mikils, altfächf. mikil, angelſächſ.
micel, mycel, altnorb. mikill, ahd. mihil, mihhil, michil, fpäter michel, mhb.
michel, = „groß“, zeigt, zu ber Urwurzel mag (vgl. auch machen), mah in lat.
magnus = groß und magis = mehr, gr. megas (ufyac), fanjfr. mahat, = groß,
ſtimmt. Dana müfſen urfpränglih in goth. maiza das a ber Wurzel und bas
i der Eomparationsenbung befonber8 vernommen worben fein (ma-iza) und er-
fGiene eben biefer nur ſchwache goth. Comparativ mäiza als uralte, vor der Zeit
der Lautwerſchiebung eingetretene Verfürzung aus magiza (-iza if Comparativ-
enbung), majiza, wie ber goth. Superlativ mäists unfer meif (f. meift 1) ale
gleichalte Verlürzung eines voransgehenden mit gr. megistos (uLyıoroc), ſanſtr.
mahischta, im Zend maziste, = „gröfl“, ſtimmenden goth. magists, dann majiste,
und keibe, mAizsa und mäists, bildeten bie gefteigerten Grabe zu jenem berfelben
Wurzel angehörigen, aber von ihnen verfchiebenen mikils, welches an fich Teine
Steigerung verträgt.
mehr, Abo. : in ftärferem, höherem Grabe, noch dazu; wieberholt;
fernerhin; fonft ſchon. Comparativ bes Begriffes viel. In ver Ver-
bindung mit einem Subftantiv, 3. B. mehr Menden, mehr Gelb,
60 mehr — mehrentheils
mehr Muth ꝛc. ift mehr ver abverbial gebrachte Acc. Sing. ber
alten ſchwachen füchlichen Form des früher nur ſchwachbiegenden Ad⸗
jectiosg mehr mit dem Genitiv (f. die Anm.), der bier in Geld, Muth,
wie meiltens neben mehr, feine Biegung verloren Hat.
Schon Luther fhreibt mit eigentlih unndthigem Dehnungs⸗h mehr; bif.
richtig wäre mer (f. das Abj. mehr). Im dieſem Adv. find zwei Formen zu-
fammengeflofien, die fih ſchon im Mhd. nicht überall ſcheiden lafſen, nämlich
1) mbb. möre u. ahd. mörd [bei welchen das Subſt. Pronomen, Adjectiv im
Gen. ſteht, z. B. ahd. ird möärd ihrer mehr, mhd. möäre tröstes, vil möre
vreuden zc.], gotb. mä&iz6, ber abverbial gebrauchte Acc. des Sing. von der fächlichen
Korm des ale Eomparativ im Altdentſchen ſchwachbiegenden Adi. mehr (f. d. und
mehre), unb 2) mbb. mer, um das r geliirgt m&, abb. mör, goth. mis, alt-
ſäichſ. mör, mittel- u. nennieberl. meer, angelfähf. (mit Berluft bes r) m&, altfrief.
mär, mä, altnord. meir, welches mit Wegfall des kurzen Enbungsvocales (a, o)
aus dem in dem vorhergehenden Artikel befprochenen Adj., dem goth. Comparativ
mäiza, ahd. mö&ro, gebildet if, wobei im Both. der getrübte, aber weſentliche Con⸗
fonant des Comparatios (z in -iza) wieder als reines s, aljo urſprünglich erſcheint
(vgl. RL Dieſes got. mdis aber muß, ba mäiza aus einem uralten mägiza
(j. den vorhergehenden Artikel) hervorgegangen, aus einem vor ber Zeit ber Laut⸗
verjhiebung vorhanden gewefenen urſprünglichen magis entfanden fein. — Stei-
gerung biefes mehr in mehrer, alfo boppelter Comparativ, wie in „mehrer ehren,
... als“ im Simpliciffimns (1701) Bch 2 Eap. 10, iſt jegt veraltet.
mehre, als abverbialer Accufativ des Singular von ber fchwachen
ſächlichen Form des Adjectivs mehr (f. das Abo. mehr), fommt nur
noch felten vor; aber als zählendes Adj. für mehrere (f. d.), z. B.
mehre Zage.ıc., ift es eine unrichtige Form, welche in ver 2ten
Hälfte des 18. Jahrh. nach falfcher Anichauung auftauchte.
Hiſt. richtig mere (f. mehr 1). Jenes richtige alte Adv. mehre, mhd. möre,
ahd. mErd, findet fih 3. ®. noch bei Göthe XIL 197 (Kauf) : „Du fiugft mit
Einem beimlih an, — Balb kommen ihrer mehre bran, — Und wenn bich erft
ein Dugend bat, — So bat dich and bie ganze Stadt.”
mehren — größer machen an Raum, Zahl, überhaupt an Inbegriff.
Mit Einem mehren — mit ihm der Abſtimmung fich unterwerfen,
wer von ihnen mehr Stimmen erhält. Refleriv ſich mehren.
Schon bei Luther mehren, aber hiſt. riätig meren (f. mehr 1). Mhd.
mören, refleriv sich mören, abb. mörön, reflerio sih m&rÖön, von dem Abj.
(Comparativ) mehr, goth. mäiza, wie Ärgern, befiern, lindern von den Eompara-
tiven ärger, beffer, linder. Mit einem meren (Frisius 476* und danach Maaler
Bl. 286*).
mehrentheils, genitivifches Adv.: dem größeren Theile nach.
Hi. richtig merente ils. Das Wort if Zuſammenſchiebung 1) bes Gen. bes
Singular von dem Abj. mehr (f. b.) in ber urſprünglichen Bed. unb ber be-
wahrten urſprünglich ſchwachen Biegung besfelben, unb 2) bes Gen. bes Sing. von
Theil. Im Markbhuch von Altenfkabt in der Wetterau unter bem 14/,. October 1687
noch getrennt mehren theills; 1595 aber auch fhon merenteils (Barthol.
Saſtrow Herlommen ꝛc. Thl 1 &.332). Daneben mit dem Gen. des Sing. von
mehrer (f. d.) zufammengef., 1691 bei Stieler Sp. 2269 mehrernteils; aber bei
Mehrer — mehrer 61
Keiſersberg (Bkarien Himmelfahrt BI. 16°) merertheils, ale Gen. bes
Singulars von einem zufammengejehten „mehrer Theil”, wie beun ſchon bei
Luther ingenbwo „das merer teil“, bei Maaler Bl. 286* „ber Meerer theil
== der größere Theil, mittelb. dar mörer teil (Bauer hefſ. Urk. I, 462), mhdb.
dag mörer teil, daz mörre teil (.Parziväl 840, 12), dör mörre teil, vorkommt.
ver Mehrer, —s, BL. wie Sing. : wer vermehrt.
HSiR. richtig Merer. Mhb. der mörer, namentlid in und feit dem 14. Jahrh.,
unter Karl IV., in dem Titel bes deutſchen Königs als Überfegung des von ben
römifchen Kaifern geflihrten Beinamens Augüstus (f. Auguf), Bon mehren.
mehrer, Adj. deſſen urfprüngliche Bed. „größer“ noch in der Verbin⸗
bung „mit mehrerem [= größerem] Rechte” nicht ungebräuchlich ift
(vgl. Srimm Gramm. III, 610), außerdem aber, z. B. in „nad
mehrerer Erfahrung“ (Roft Schäfergeb. 70), mit mehrerm Glück
als Rechte” (Lichtwer 3, 6), bei mehrerem Nachventen“ (Göthe
XVL 149), „viel mehrern Schmud des Wort- und Periodenbaues“
(Herder Ger. I, 3) :c., mit mehrerem Entzüden" (Stilling
Jugend), uns gegenwärtig wie altfräntifch vorfommt, jo dag wir das,
genau genommen, im Begriffe hier nicht völlig übereinftimmenbe Adv.
mebr feten, alfo mit mehr Erfahrung, mit mehr Glück, bei mehr
Nachdenken ꝛc. Die aus jener Bed. „größer“ hervorgegangene Bed.
„weiter“ zeigt noch mehreres, ein mehreres, . B. in „Haft du
noh mehreres zu fagen?” (Schiller Zur. 4, 9) = ein weiteres,
„etwas mehreres“ = etwas weiteres (GGöckinglLied. zw. Lieb. 4).
Dann die Ber. : an Zahl größer, 5.3. „er ift zu ven Mehrern ab-
gegangen“ (Zeffing VII, 250) = geitorben; „bei weitem bie
mebrern Fälle” (Schiller neue Thalia II, 2, 155). Vorzugs⸗
weile und insbefondere aber ſteht mehrer jegt als unbejtimmt zählendes
Adj. in ber Bed. : einen, eine, ein (eins) überfteigenb, nicht viel über
einen, eine, ein (eins), 3.8. mehreres Geld, mehrere Bücher ꝛc.,
„boh fange ich an, mehreren [= einigen] Troft zu finden“
(Stilling Jugend). Hier find aber die fächliche Form im Singular
und der Plural am üblichften und zwar ohne vorhergehenden beftimmten
Artttel 3. B. „nach mehreren Tagen” (Göt he XVII, 13), gleichbed.
mit dem vorhergehenden „einige Tage“), felten mit viefem, z. B. „wie
wollte man die mehreren Wagen fortbringen” (Göthe XXX, 121).
Mit großem Anlaute Mehreres und im Pl. Mehrere zu freiben, wenn
das Wort wie fubfkantivifh angefehen wird d. h. unabhäugig zu allgemeiner Be⸗
zeichmung ſteht, iſt wol üblich, aber, wie and) bei ein Mehreres, im Grunde unndthig,
anb fo ſchreibt denn and 3. B. 3. 3. Engel kleine Schriften (1795) 73 „Bald
ein mehreres hievon“. Bol. auch oben &. 19 Mander, Manches, Mande.
Über das unritige mehres, mehre Ratt mehreres, mehrere f. gleich nachher
nub mehre. Kolgt hinter dem Plural mehrere ein bamit verbunbenes Abj., fo
biegt dieſes im Nom. n. Acc. vorwiegend ſtark, 3. B. mehrere ſchne Blumenzc., -
im Sen. und Dat. aber immer ſchwach. — HR. richtig merer ꝛc. (f. mehr);
mbb. mirer u. mörre, mörre, ahd. Mafc. möröro, auch möriro, Fem. n. Neutr.
62 mehreremal — mehrmalen
mörOrf, == größer. Das Wort hat affo im Alt⸗ und Mittelhochdentſchen, wie es
dem Comparativ urſprünglich zukommt, nur ſchwache Biegung; doch taucht im
Mittelhochdentfhen, wie bei andern Comparativen bereits im Althochdeutſchen. aus⸗
nahmsweiſe auch ſchon Karke Form anf, und fo empfängt es daun im Neuhoch⸗
beutihen, wie alle Eomparative, nad ben bei dem bj. geltenden Regeln ſtarke
wie ſchwache Biegung. Die dem ahd. möriro entſprechende gothiſche Form würde,
wenn fie ſich vorfände, mäisiza lauten. Das Wort iſt aber als Comparativ bes
Comparativs mehr (f. das Adj. mehr), mıhb. möre, mör, ahd. m&ro (em. n.
Keutr. mörd), ein wiederholt ober boppelt gefleigertes, wie denn im Althochbentjchen
eine wenn auch nur äußerſt felten ſich zeigende Wiederholung bes gewöhnlichen
Steigerungsmittel® zur SHervorbringung deſto größeren Nachdrucke vorlommt
(f. Grimm Gramm. II, 620) nnd ſelbſt ſchon im Gothiſchen durchblickt (vgl.
uun wirſch). Hiernach ift bie von manchen nach falſcher Anſicht beliebte Schreibung
mehret, mehre ſtatt mehreres, mehrere verwerflich (ſ, mehre). Anders
das Abj. mehr (f. d.).
mehreremal, zufammengefchobene Accufative im Plural,
wobei das Sub. das Mal (f. das Mal 1) die enbungslofe mbb. u. ahd.
Pluralform mäAl, auch älter⸗nhd. mal, bewahrt bat. Erft im 18. Jahrh.; aber
Übelung will mehrere Male gefärieben haben, was unnöthig ift und uns
gegenwärtig altfränkifch fcheint. Bei Kirſch und Aler mehrmal.
méhrerlei — mehr als eine Art.
1786 „die . . . bilbfamen Syfbenmanße . . ., bie, wie ber Herameter, mehrer-
ley Füße aufnehmen” (3. 3. Engel Ideen zu einer Mimik, Ausg. v. 1786f.
Tl 2 S. 146). Aber weder bei Abelung, no ſelbſt bei Campe. Hiſt. riätig
mererlei. Gebildet wie mander-, vielerlei 2c. (f. »lei); doch ſcheint
mehrer weniger Gen. BI. des Adj. mehr (f. d.), ale bes nubeſtimmt zählenben
mehrere, in welchem Kalle mehrerlei Kürzung bes richtigeren mebrererlei
fein wiirbe.
mehres, ein mehres, f. das Adj. mehr; aber falfch ftatt mehrer
res, ein mehreres, ſ. mehrer und mehre.
die Mehrheit, PL. —en : größere Zahl gegen eine Heinere.
Hif. richtg Merheit. Abd. die mörheit (Notker aristot. Abh. ©. 61, 106).
Aufammengef. aus bem ahd. Adj. mör (f. mehr 1) und «heit.
mebrmalen, veraftetes Adv.; aber fchon 1678 bei Kramer teutſch⸗
ital, Wortb. 769° mehrmals mehrmalig, Abi.
Hif. ridtig mermalen, - mals. Jenes zuerſt 1711 bei Rädlein 680* neben
„mehrmahle“ verzeichnete „mehrmahlen” it Verbindung bes Abo. mehr mit
dem Dat. Blur. «malen (f. bag Mal 1); mehrmals aber wurbe ben Verbin⸗
dungen ehmals (f. ehemalig) amd jemals (f. db.) gleiägebilbet, alfo mit un⸗
organiſchem genitiviſchen 6 al® Zeichen bes über feine Grenze wirkenden Moerbial⸗
triebes. Daß das aus dem füchlichen Acc. berborgegangene mehr, mbb. möre,
ahd. mörk (ſ. mehr 2), mit welchem ſich das rein abverbiale mehr, mbb. mör
u. mb, ahd. mör (ſ. ebenfalls mehr 2), mengt, ben Gen. regiert [3. B. mhd.
leides möre, m& liute (mehr Leute), wunders m dr :c.], liegt bier fern und if
sicht In Anſchlag zu bringen. Dem erfi nad ber Mitte bes 18. Jahrh. auftandhen-
ben Adj. mehrmalig liegt ein 3. B. bei Kirsch (1728) II, 216* aufgenommenes
Adv. mebrmal zu Grunde, wie abermalig ein abermal, damalig ein da⸗
mal [nicht zunähft dam al e) zc.
mehr — meiden 63
nehrft, ehedem noch mit voller Endung mehreft, Superl. von mehr,
voch weniger üblich als meift (f. meift 1). am mehreften, am
mebrfien, wofür auch Häufig, aber unnöthig, am Mehrften ge
(hrieben wird in dem Gedanken, daß mehrften bier fubitantivifch
erſcheine.
Z. B. „ben Mehrſten aus allen Klafſſen“ (Blirger Ged., Ausg. v. 1778
S. V); „Das mehrfte davon“ (Oöüthe XXXVI, 247); „bie mehrſten dieſer
Unglücklichen“ (Schiller Kab. u. L. 2, 2); „bie mehrſten Edeldamen“ (beffen
Fiesto 3, 10); „das Dafeyn der mehreren Menſchen“ (deſſen Thalia VI, 1388);
„von den mehrſten Stimmen“ (bejfeu Zell 5, 1); „ber Bauer lag ihm am
mehrſten am Herzen“ (O bthe XV, 18). Hif. richtig merk. Ein eigentbllm«
lider, von einem Comparativ gebilbeter Superlativ, ber zuerſt, aber fpärlih, im
Mär. auftaucht und zwar als Superlativ bes Abjectivs wie bes eigentlichen Ad⸗
verbinme mehr, weldes bier ganz wie bei mehrer (f. b.) als Poſttiv angefehen
wird. Dieſes mhd. Adj. mörest aber bebeutet, dem urſprünglichen Begriffe von
mehr gemäß, |. v. a. gröft [no nd. in „der mehrfte Haufe” in Stillings
Wanderſchaft), das Abo. mörste ſ. v. a. im höchſten Grabe (Gregorius 555).
Übrigens bat der Vorgang des mehrer (ahd. möröro, märiro) fidher anf bie
Bildung von mehrſt eingemirkt.
vie Mehrte (E — ä), BL —n, f. Mährte.
die Mehrung, Bl. —en, Subft. der Handlung von mehren (f. b.).
HR. rihtig Merung. Mhd. u. miüttelb. bie mörunge, ahb. bie meßrunga,
urſp. = Bergrößerung.
vie Mehrzahl — größere Zahl im Verhältniffe zur kleineren; ftatt
Pluralis (f. d.). Hift. richtig Merzat.
Mehrzahl ſtatt BPiuralis kam erfl, trogbem daß e8 Adelnng nod nicht an⸗
führt, gegen Eube bes 18. Jahrh. nad dem Kunftausbrude Die mehrere Zahl
anf, welder ſchon von Schottelius in feiner teutſchen Sprachkunſt (1641) immer
gebraucht ift und lange geläufig war.
ver Meiden, —s, BI. wie Sing. : verjchnittenes männliches Pferd.
Ein fon lange veraltetes Wort, worliber |. Schmeller, 2. Ausg. I, 1569f.
1482 mayden oder ausgesnyten pferde, [lat.] bugenus, spado, equus
casträtus (voc. theut. Bl. 14°), mho. der meiden (durch Abſchwächung des Aus-
lantes aus älterem) meidem = männlidhes Pferd, auch geichägtes, wie nod in
dem Kanton Luzern ber Maiben = Zuchthengſt (Stalder OL, 198). ©. ber
Mebum. |
meiden, Präf. ich meide, Prät. ich er mied, Conj. miebe, Bart. ges
mieden, Imp. meid (gewöhnlich, aber ungut, mit ſchwacher Biegungs-
endung „meide”) : ausweichend fern lafjen, ausweichend unterlaflen.
Davon die Meidung.
mes meiden, mhb. miden (Präf. ich mide, Prät. id er meit, wir miten,
Conj. id er mite, Bart. gemiten) = fern laffen und zwar entbehrend wie ſchouend
und ausweichend, ahd. midan (Prät. ih er meit, wir mitumds, Part. mitan,
Imp. mid, mit) urfprünglih = verborgen fein, ſich wovor verbergen (Belege bei
Graf II, 674), woraus dann ber Begriff „ſich fern halten in Hinſicht auf —“ ſich
lt eutwideln fonnte, goth. meiban (?), altfäddf. mithan, midan, = ſich ver-
bergend, aneweichend fern laffen, unterlafien, augelſächſ. midan == verbergen, ver⸗
54 Maufe — Mer
1716 bei £ndwig ©p. 1224 mänfeRilf, 1711 bei Räblein 628° manfe-
ſtille, muttermaufefilfe, 1709 mausfille (Casteli ©. 1880°), 1678 bei
Kramer teuiſch⸗ital. Wortb. 767° mausſtill.
bie Mauße, ohne Pl.: Federwechſel des Vogels, Häutung der Schlange,
Schalenwechfel des Krebfes; Zeit dieſes Wechiels. Von ſich maußen
— bie Federn wechjeln zu neuer Körperbevedung, auch von Schlangen
und Krebfen (vgl. ſich mütern), wenn jene bie Haut und biefe bie
Schale wechjeln. Mit, wie es fcheint, eingefchobenem v auch im Nhd.:
fi maußern.
Std manfßen if mhd. eich müäzen von Vögeln (BMinnes. II, 228°, 4, 2),
eigentlich — wechſelnd fi ändern (AMinnes. I, 202°, 8, 5), das veflerio gefegte
mügen == wechſeln, tanſchen, ahd. mugon n. altuiederb. mütön == äubern, verändern,
wechfeln, aus fat. mütäre == ändern, verändern, wechſeln, beffen + fih im Alt⸗
hochdentſchen regelrecht in z (5) fortihob umb aus befien -Are ber Regel gemäß
im Dentfhen -On wurde. Die Mauße iſt mbb. die mäze — das Maufen,
Haut⸗, Haarwechſel ber Natur nad, ahd. die müza (?). Aber ſtatt maußig lahd.
mügto — zum Wedel gehörig) fchreibt mau allgemein manfig (f. d.), welches
jet beſondere Bedeutung hat.
bie Mauth, BI. —en : Abgabe von Waaren und Gütern bei ihrem
Übergang aus einem Landesgebiet in das andere. Davon ver Maut h⸗
ner = Waarenzoll⸗Einnehmer. Zufammenf. : mauthfrei = zoll⸗
frei, vie Mauthfreiheit = Zolffreiheit.
Hiſt. richtig Maut, Mantner 2c.; das Debnungszeichen tb hat auch bier eigent-
fi keinen Sinn. Die Mauth it mbb. die müte, mÄt, im 15. Jahrh. auch
ſ. v. a. Manthflätte, ahd. (in Urkunden) bie müta, goth. [mit anch ſonſt vor-
fommenbem 6 für u] die möta (= Zoll), ans dem gleihbebentenben mittellat. bie
müta, welches von lat. mütäre — verändern, wechſeln, abzuleiten fein wird. Weil
das Wort im Deutſchen Frembwort war, fo verblieb das t, währenb biefer Buch⸗
flab, wenn das Wort urfprünglich deutſch geweſen wäre, fi im Hochdeutſchen in
z d. i. neuhochd. ß fortgefhoben haben würde. Doch kommt Äälter-neubeutid bie
Mauf neben Mant [gegen oder nm 1500 tim voc. incip. teut. BI. n4? bie
„maussen, maute* == Boll, beffen maussen anf ein mhb. mäze neben mäfte
fließen läßt] vor, aber ohne durchgedrungen zu fein, wie bei anbern Fremd⸗
wörtern (vgl. bie Mauße n. ſich maußen). Kür unfer Manthner, ſchon 1482
mautner (voo. theut. BI. 17°), mit feinem umorganifen n (f. ner), ſteht richtig
im ib. ord. rer. von 1429 Bl. 7* ber mawter, mbb. ber mtsre (?), mäter
(Philipp Marienloben 5948. 5971), welches dem von jenem mittellat. mAta abge-
leiteten mittellat. der mutärius == Bollerheber entſpricht, goth. ber mötareis =
Zöllner.
mauzen, was mauen. Gewöhnlih maunzen (f. d.).
1678 mantzen (Kramer teutfh-ital. Wortb. 765°). Mb. mäwezen (?),
mittel® -s-en, goth. -at-j-an, von mhd. mAwen nuſerm mauen (j. b.) abgeleitet.
Mit eingefgobenem mn dann maungen (f. d.).
+ Mar, Kürzung von Marimilian, Mannsname,
mit romanifhem 1 [benn ital. Massimiliäno, franz. Maximilian] aus fat. n ber
fpät-lat. Ramıe Maximiniänus = dem Geſchlechte be® Maximinus Angehöriger,
alfo von bem Mannsnamen Maximinus = vom Mäximus Stammenber ober als
Marime — Mebeille 55
Sohn Angenorhmener, abgeleitet von dem Maunsnamen Miximus d. i. ber lat.
Superlativ mäximus = ber gröfe.
tbie Marime, PL —n: Grundfag, Beftimmungsgrund.
Schon im 17. Jahrh. (f. Rehring 588) aufgenommen aus franz. bie maxime
= Grunb-, Lehrfag, Regel, welches aus mittellat. bie mAx ima (nämlich r&gula)
— höchſter Grundſatz, bei den Mathematilern, von dem lat. Superl. mäximus,
-a, -um, = ber, bie, das größe.
t Marimilian, |. Mar.
ter Mechanicus, f. bie Mechanit.
fdie Mechanik, ohne PL. : Bewegungslehre der Körper; Mafchinen-
(ehre; Einrichtung einer Mafchine. der Mechanifer = Hanb-
fünftler, wogegen ver Mech an icus (Gen. unverändert, BI. Mechant-
cuſſe) = Maſchinenkünſtler. mech än iſch = triebwerks⸗, handwerks⸗
mäßig, gewohnheitsmäßig. der Mechanismus, ohne Pl.: Triebwerk.
Alle, ausgenommen Mechaniſsmus, ans dem von gr. bie möchand (unxavr)
= Berheug, Maſchine (f. b.), abgeleiteten gr.-fat. Adj. mechänicus = me-
chaniſch ſdas nah bem gr.-lat. Adj. gebildet iR], gr. möchanikds (unxavızd) =
funftreich, geſchickt, und ſchon im Griech. ſteht die weibliche Form ſubſtantiviſch bie
möchanik8 (unxœviæi, nämlid technd Kunft), lat. ars mechänica — Kunſt,
Maihinen durch Berehnung und Anwendung der Naturfräfte zu erfinden und
znfommenzufeßen [woraus unfer Mechanik, 1728 noch Mechanic], fowie dann im
Lateinifhen auch die männlide in der mechänicus ſubſtantiviſch erfcheint, woraus
ſchon im 17. Jahrh. unfer Mechauieus und wounach mit ableitendem ⸗er ge-
bildet unfer Mechaniker. Übrigens ſcheint eben unfer Mechanik zunächſt äber-
tommen aus dem aus jenem lat. mechänica gemworbenen franz. bie mechanique
(jet mécaniquo geſchrieben), und Medhanismus ſſchon 1728) if das, mie
jenes Abj. mechanicus, von gr. bie möchand (unxavz) abgeleitete franz. ber
mechanisme (jet mecanisme) d. i. neulat. ber mechanismus,
Mechthild (e = ä), veraltet erfcheinend ftatt Mathilde (f. d.).
Mhd. Mechtilt, ahd. Mehtilda, Mechthilt, mit Umlaut (e) burd Einwirkung
bes i in hilt.
medern (e = ä), vom zitternden Schreien ver Ziege, des Bodes. Im
18. Jahrh. auch ſ. v. a. in rajcher Wiederholung ſtockend fprechen.
Neuhochdeutſch; im voc. incip. teut. (gegen ober um 1500) BI. nd* möckatzen,
weldes neub. medzen fein wärbe. Bon mhd. der mecke, welches bei Boner 14, 8
als Spottname (vgl. Bere 9) wol in dem Sinne „Ziegenbod” ſteht. 1618
mickern = wiehern (Schmeller IL 549). Die Wurzel (ahd. mah) flimmt der
Lantverfhiebung gemäß mit gr. m&k (unx), urſprünglich mak, in m£&käesthai
(unxdeoda:ı), mökdsthai (unxäcdaı), = quälen, blölen, medern, mittellat.
miccire, und wirklich bat ber voc. theut. von 1482 BI. 17? mechtzen.
T die Medaille (jpr. Medällje), BL. —n : Schau⸗, Denkmünze.
Das franz. die medaille = Schaumünze, weldes aus dem im Abb. zu die
medilt, mho. bie medele, == „weniger ale einen Heller geltende Minze” ges
wordenen mittellat. bie medalia == ein halber Denar, eine Heine Münze. Diejes
aber iſt au® metälles, ber weiblichen Form eines voranszufegenden unclafftiden
fat. Ad}. metälleus = „metallen.” Bgl. Diez Wibch I, 269f.
56 mebian — Meer
mebdian — mittelgroß, 3. 9. in : das Mediaͤno ctav — Mitteloctan,
weber Groß- noch Kleinoctav, von ber Buchform; das Mepian-
papier — Papier in Bogen von Mittelgröße (etwa 17—18 Zoll
hoch und 21—25 Zoll breit).
Jenes median aus bem lat. Adj. mediänus == in ber Mitte befinblid, von
fat. medius = mitten inne befinblid. Median-Bapier bereits 1709 bei Oastelli
©. 174° u. 1711 bei Räbleim 628*.
f die Mepdictn, ohne BL. : Heilmittellehre, Arznei-, Heilkunde; Arznei,
Heilmittel. meptcinal, Adj., — zur Arznei gehörig, womit zufam-
menge. das Medicinaͤlgewicht — Apothekergewicht, der Med i-
cinalrath. der Mepiciner = bie Heilkunde Stubterenber.
mebtcinieren. medictniſch.
Mepdicin [wovon mediciniſch], 1475 clevifh bie medicijn, aus lat. bie
medicina (in Gebanten bie ars — Kunft, Wiffenfchaft, ergänzend) == Heilfunft,
bem fubftantivifch geſetzten Fem. bed von fat. der medicus == Arzt [vom lat.
medödri = helfen, heilen] abgeleiteten Tat. Adj. medicinus — znr Heilung gehörig,
wovon 1) das weitere lat. Adj. medicinAlis = zur Arznei gehörig, woraus unfer
mebicinal, unb 2) mittellet. medicinäre == Arzneimittel anwenden, woran®
mebicinieren. Bon jenem lat. medicina aber muß ein mittellat. ber medici-
nArius abgeleitet worbeu fein, woraus um 1100 hochd. der medicinare, mhbb. ber
medicinssre (?), 1475 clevifdh der medicijnre, = Arzt.
der Medum, —, ohne BI. : beftimmte Abgabe von Gut. Veraltet.
Roh, and Medom, im ehemaligen kurheſſiſchen Oberheſſen (Bilmar 865).
HD. der mödeme — auf einem Grundſtück haftende Naturalabgabe, altſächſ. ber
m&öthom, mödom, — Koftbarfeit, Gabe, goth. der mäipms = Gabe, angelſächſ.
ber mädm (mAdum) u. altnord. der meidm (nur Pl. meidmar) == Koftbarleit,
Schmuck. No nicht ſicher ermittelter Herkunft. Grimm Gramm. II, 825 ver-
muthet, „weil im hohen Alterthum vorzugsweife Pferbe geſchenkt wurden“, bie
Urbebeutnug in bb. ber meidem, geſchwächt meiden — männlidhes Pferd, ver-
ſchnittenes Pferd, Wallach.
bas Meer, —es, Bl. —e : das große, das Land umgebende Waffer ;
große von Land umgebene Waſſermaſſe; [im Nhd. auch bilplich :]
überaus große Menge. Eigentlihe Zufammenf. : die Meerbucht,
ber Meerbujen, die Meerenge, die Meerflut, das Meer-
kalb (f. d.), die Meertage (f. d.), ver Meerrettig (|. d.), ber
Meerſchaum (f. d.), das Meerfhwein (f. d.), das Meer-
ſchweinchen (f. d.), die Meerfpinne (f. d.), das Meerweib
(ſ. d.), das Meerwunder (f. d.), die Meerzwiebel (f. db.) ꝛc.
Uneigentliche Zufammenf. : die Meeresflut, -woge x.
Meer, bif. richtig, wie noch Castelli S. 1881® zuvörderſt ſetzt, Mer, aber
ſchon von Luther mit ee, alfo gebehnt gefchrieben, mhd. das mer, felten noch mere,
abb. ber u. das mari, mare, meri, goth. bie marei, altfädjj. bie meri, nieber!.
die mare, maar, meer, angelſächſ. ber mere, altnorb. ber marr, ſtimmt liberein mit
lat. das märe, altilam. das morje, ruf. das möre, poln. das morze, litthan. märes
‚ (BL. eines Fem.). Bgl. die Marſch u. bie See. Das hohe Meer, mitteld. ſchon
im 14. Jahrh. dag höhe mer, = bie tiefe, weite (offene) See (Myst. I, 226, 6).
Meerkalb — Meerſchwein 57
Meerbuät erſt 1809 bei Campe. Meerbuſen 1605 bei Zulsius Ital.-teutfch.
DietionAr. 128° fowie 1616 bei Heniſch 570, 4, aber auch noch 1709 Meerbufem
neben Meerbufen (Casteli 1882* u. 400°); Meerenge 1678 bei Kramer
tentſchital. Wortb. 786%; Meerflut bei Henifh 1198, 11, angelfädf. ber
mereflöd, dagegen Meeresfint erſt 1808 bei Schiller Braut v. Mefl. &. 58,
1781 Meersfint bei Boß Obüßee 11, 2, Meereswoge bereit 1777 bei
BHdingt Tieber zw. 2. 65 (Ausg. von 1779 ©. 114).
bag Meertatb (j. Kalb) : ver gemeine Seehundb, phöca vitulina.
&. Meer Anm. Mhd. das merkalp, fpät-abb. (12. Jahrh.) merchalp, mer-
chalb, Überfegung ber rein-lat. Benennung vitulus marinus. Diefe, weil das
Thier im Meere lebt und wie ein Kalb brüllt (f. Pinius historia naturalis
9, 15).
ver Meerkater = Männchen ver Meerfatee Göthe XL, 119.
bie Meerkatze, Pl. —n : langgejchwänzter Affe.
&. Meer Anm. Mhd. die merkatze, im 12. Jahrh. die merekatze ( Lamprecht
Alex. 5679), merchasze (Sumerl. 15, 68), mercasce (ebenba 48, 88) d. i. mer-
cazze, ahd. (11. Jahrh.) merkazzä (Graf IV, 586), 1475 clevif bie merkat,
weil das Thier über das Meer, nämlih aus Africa, zu uns gebradt worben
iR ımb einen langen Schwanz wie eine Kate hatte.
ver Meerrettig, —es, Bl. —e : bie Pflanze cochleäria armoräcia.
S. Meer Anm. Bei Adam Tonicerus (+ 1586) no mit altem Inrzen e in
ber erfien Worthälfte ſowie urſprünglichem richtigen & in ber zweiten Merrettid
unb fo noch wetterauifh Mör&dch, M£rch, Morch, aber bei Michael Herr im
verdentſchten Ackerwerk Eolumelle (1588) ſchon meerrettig, und gegen ober um
1500 im voc. incip. teut. Bl. n6? merretig; 1469 mittelrheinifh mit Übergang
bes e in i ber mirretich (voc. ex quo), mbb. ber merretich, abb. ber meriratich,
merratih, merratich, d. $. tiberfeeifher, tiber dag Meer (ahd. meri) zu uns ge-
Iommener Rettig (f. b.), und bie dem Rettig ähnlich beißenb-fharfe Wurzel
iR ber genießbare Theil der Pflanze. Unmdglih kann das Wort mit Mähre
(ab. meriha) = Stute, oder gar mit ahd. marah, march, = Pferb zuſammen⸗
geſetzt fein, obgleich vie Engländer horse-radish b. i. Roß-, Pferberettig jagen.
Es erfcheint dieß eben nnr ale eine andere Benennung. S. auf Kreen.
ver Meer ſchaum, —es, ohne PL. : Schaum vom Meer; Urt Sped-
ftein, die man zu Tabakspfeifenkoͤpfen verarbeitet. Davon das Adj.
meerfhaumen. Zufammen‘. : der Meerſchaumkopf.
S. Meer Am. Meerſchaum (Bo Odüßee 5, 408), 1482 merschewm
(voe- thewt. Bl. v 2°), 1475 clevifd meerschuym, — Schaum bes Meeres. Bon
ber Steinart nad ihrem Ausfehen, indem man fie, die man balb nach Beginn bes
18. Jahrh. verarbeitete, er, wie 1734 bei Steinbad IL, 898 ba6 Abj. „meer-
f&anmen, [lat.] ex holosächne pardtus“ bei „Meerſchaum, [lat.] landgo maris,
halosächne“ [d. i. Schaum bes Meeres] zeigen bürfte, flir verhärteten Schaum
vom Meere hielt.
bag Meerſchwein, —es, Pl. —e, ber gemeine Delphin. das Meer-
Ihweinden, —s, Pl. wie Sing., eine Art Nagethier.
5. Meer Anm. Diefer Name Meerſchweinchen, weil das Thier im 16.
Zahrh. Über bag Meer, uämfih aus Slibamerica, zu ns gelommen iR unb ein
Grunzen, wie ein junge® Schwein, hören läßt, auch dieſem ſonſt ähnelt. Pan
gebraucht in Anjehung ber Kleinheit des Thieres das Diminutiv; benn bie unver⸗
58 Meeripinune — Meblibau
Heinerte Wortforn das Meerſchwein, mbb. das merswin, abb. das mezisuin,
mersuin, ift der deutſche Name des Delphine, wol wegen feines Speckes.
die Meeripinne, PL. —n: Garnele (f. d.); Blad-, Tintenfiich.
&. Meer Aum. hd. die merspinne, benannt wegen ber Ähnlichkeit mit ber
Spinne.
tag Meerweib, —es, Pl. —er : fabelhafte Frauengeftalt im Meere.
S. Meer Anm. Mhd. das merwip (fon im 12. Jahrh. und dann meiter)
= Girene, Wafjernige, -jungfran, angelfähf. das merevif = riefiges im Gere
febenbes Weib.
das Meermwunder, —s, Pl. wie Sing. : Meerungeheuer, Ungethüm
des Meeres ; feltfame, aufs höchſte angeftaunte Erfcheinung.
S. Meer Anm. Im jener erfien Beb. bei Luther Iac. 8, 7. Mhd. u.
mittel. da8 merwunder = munberbares Seetbier, -weien (Myst. I, 4, 10.
Grieshabers Predigten I, 152), andy mwunberbares halb thieriſch geftaltetes Meer⸗
weib ober ein fo geftalteter Meermann (Güdrün 75, 8. 112, 8). Abb. das wuntar,
nnfer Bunder (f. d.), bebentet ſchon flir ih, den Begriff „Wunberbing (Gegen-
fand der Verwunderung)“ weiter entwidelnb, Ungeheuer, Ungethlim (gl. jun. 242).
bie Meerzunge, Bl. —n, eine Art zungenähnlicher Plattfiſche.
bie Meerzwiebel, Pl. —n: das Zwiebelgewächs scilla ober squilla.
Hiſt. richtig Merzwibel. Bei Abam Lonicerus (} 1586) Meerzwiebel;
im voc. theut. von 1482 Bl. v2* merzwiffel (durch Verwechſelung ale Fiſch), im
14. Jahrh. der merzwival (Megenberg). Der Name, weil bie echte Pflanze biejer
Art am den fandigen Küften bes mittellänbifchen und atlantifden Meeres wäh,
woher fie mittellat. cepa maris genannt, als Zier- n. Arzneipflanze zu uns kam
und nad und nach in unſern Gärten felbft wuchs.
das Megerfraut, die Pflanze gälium, dann der Walpmeifter.
Erf im 16. Jahrh. von ber erfien Pflanze. Meger ſcheint eins mit mbb.
mege in bie megedistele = [Iat.] enduuia b. i. endivia (Sumerl. 56, 67).
bas Mehl, —es, BL. —e (= Mehlarten) : zu Staub gertebenes.
Davon die nhp. Anjective mehlicht u. mehlig. Zufammenf. : ber
Méhlſack, pie Mehlſpeiſe zc.
Hiſt. richtig Mel, melicht ꝛc. Mehl, bei Luther (1 Kön. 17, 14. 12) ſchon
mit Dehnung melh. Mhd. das mdl (Gen. mölwes, vgl. Melber), auch ſ. v. a.
Staub, ahd. das mdlo (Gen. mẽélawes), goth. dae milv (?), altſachſ. das mölo, angel⸗
ſächſ. mölu, altfrieſ. das mel, altnord. das miöl. Die Wurzel fieh unter mahlen
1. Mehlſack, mitteld. mölsac.
ver Mehlthau, —es, ohne Pl.: graulich⸗weißer mehlähnlicher klebriger
aus Pilzen beſtehender Überzug auf Pflanzen in Sommer.
Die erſte Hälfte der Aufammenfegung wurbe nur aus Mieverſtand mit bem
ganz verſchiedenen Worte das Mehl verwechſelt; richtig iR Melthau mit farzem
€, und Luther ſchreibt hier, während er doch fllr unfer Mehl (f. d.) „meld“
bat, in den Sprüden Sal. 28, 8 u. ef. 18, 4 Melt haw. MWetterauif ber
Mild&, (mit kurzem i) d. 5. hochd. Milthau. 1469 mittelrhein. ber milthaue
(voc. ex quo), mbb. der miltou, ah. ber militou, angelfädf. der mäledesv, engl.
mildew. Der erfte Theil bes Wortes if bie jet noch unaufgellärt, und jchwerlich
ebarf darin das mit gr. Das meli (uEi:), im Gen. mmölitos (uEAıros), lat. mel,
= „Honig“, dann was das t im Griechlihen anlangt ber Lautverihiebung gemäß
Mehr — mehr 59
Bimmenbe getb. das milip —= Honig (Mare. 1, 6) geſucht werben, zumaf ba man
im allen andern germaniſchen Spraden Honig (f. d.) fagte und auch der Honig.
thau, mittelb. der honictow (Jeroschm 1286), mit bem Mehltbau nit ale eine
und basjelbe erſcheint. Es ſteht alfo auch ahd. militou nit ſtatt milit-tou (vgl.
Grimm Gramm. II, 248), goth. milib-daggvus (?). Ehenfowenig if, wie Jac.
Grimm in feiner deutſchen Mythol. S. 607 will, mili-, mil- zurüchzuführen auf
das altnord. das möl, miel (ie — 8) in ber möldropi — Gebißtropfe d. h. Thau,
bee nad der altnorbiihen Götterlehre jeben Morgen auf das Lanb ans bem
idäumenben Gebifſe des Rofſes Hrimfaxi (Reif-, Thaumähne) herabfällt, mit
welchem Nött, bie Göttin ber Naht, in beflimmter Zeit anf ihrem Wagen bie
&rbe umfährt (ſ. Snorra-Edda ©. 11), wonad ber Ausbrud Mehlthan feinen
Urfprung in einer Borſtellung des Altertbums bätte, das bie Raturerfheinungen
auf Höhere Weſen bezog. Das i in mil-, mili- und das 8 in altnord. mdl Yaffen
ſich nit vereinigen. Hif. richtig ſchriebe man Meltau.
das Mehr, mit unveränderter Biegung : größere Zahl gegen eine
Heinere, vornehmlich größere Stimmenzahl.
3.89. „mit einem Mehr von 18 gegen 8* (Wieland Abberiten 1781 I, 41);
„Es if ein Mehr [nämlih der Siimmen buch Erheben ber Hände] vou zwanzig
gegen zwölf!" (Schiller Tell 2, 2). Hifl. richtig Mer. Das Neutrum bes
Ajectivs mehr als Subſt. verwandt, unb fo fon 1552 bag meer und in ber
Gerichtsſprache des 15. Jahrh. dag mör — die Majorität (Benecke IL, 1, 140).
mehr, Adi. : ftärker an Raum, Zahl, Werth, überhaupt an Inbegriff.
Comparativ des Begriffes groß, mit welchem fi) dann ber Begriff
viel miſcht. Deraltet, doch 3. B. noch :
„Sol ich ein mehres noch, bald ober fpät, empfangen” (Hageborn moral.
Geb., Ausg. von 1750 ©. 39, ebenfo in ber Ausg. v. 1758); „Morgen...
ein Mehree!“ (Leffing Em. Sal. 1, 8); „Die Vorwelt Tabte ſich bey zwey
and mehren Flammen“ (Tohenfein Rofen, Ausg. von 1689, ©. 34). Mit
bloßem, eigentli unnäthigem Dehnungs⸗h und alfo Hif. richtig mer. Mhd. möre,
mör, abb. m. altfächf. möro, angelſächſ. u. altfrief. mAra, goth. mäiza, — größer,
deſſen theoretiſcher Poſitiv im Goth. mags gelautet haben wiirde, welcher, ehe er
ber Lantverſchiebung unterlag, bie fi in goth. mikils, altfädhf. mikil, angelfächl.
miocel, mycel, altnorb. mikill, ahd. mihil, mihhil, michil, fpäter michel, mbb.
michel, — „groß“, zeigt, zu ber Urwurzel mag (vgl. au maden), mah in lat.
magnus — groß und magis — mehr, gr. megas (uEyac), fanftr. mahat, == groß,
Kimmt. Dana müfſen urſprünglich in goth. maiza das a ber Wurzel und ba®
i der Somparationsenbung befonber® vernommen worden fein (ma-iza) und er-
ſchiene eben biefer nur ſchwache goth. Comparativ mäiza als uralte, vor ber Zeit
der Lauwerſchiebung eingetretene Verkürzung aus magiza (-iza ift Comparativ-
enbung), majiza, wie der goth. Superlativ mäists unfer meiſt (ſ. meift 1) als
gleichalte Berkiirzung eines vorausgehenden mit gr. megistos (Eyıoroc), fanftr.
mahischta, im Zend maziste, = „gröſt“, Rimmenben gotb. magists, dann majiste,
und beide, mdiza und mäists, bildeten bie geſteigerten Grade zu jenem berfelben
Bnrzel angebörigen, aber von ihnen verfchiebenen mikils, welches an fich feine
Steigernug verträgt.
mehr, Abo. : in ftärferem, höherem Grabe, noch bazu; wieberholt;
fernerhin; ſonſt ſchon. Comparativ des Begriffes viel. In der Ver-
bindung mit einem Subjtantio, 5. B. mehr Menfchen, mehr Gelb,
60 mehr — mehrentbeils
mehr Muth ꝛc., ift mehr ver abverblal gebrauchte Acc. Sing. ber
alten ſchwachen ſächlichen Form bes früher nur ſchwachbiegenden Ad⸗
jectitv8 mehr mit dem Genitiv (f. die Anın.), der bier in Geld, Muth,
wie meijtens neben mehr, feine Biegung verloren hat.
Schon Luther ſchreibt mit eigentlih unndtbigem Dehnungse-5 mehr; hiſt.
richtig wäre mer (f. das Abj. mehr). In biefem Abo. find zwei Formen zu-
fammengeflofien, die ſich ſchon im Mhd. nicht überall ſcheiden Taffen, nämlich
1) mhb. möre u. ahd. mörd& [bei weldhen has Subſt. Prouomen, Adiectiv im
Gen. ſteht, 3. B. abb. ird mör& ihrer mehr, mhd. möre tröstes, vil möre
vreuden zc.], goth. mdiz6, der abverbial gebrauchte Acc. des Sing. von ber ſächlichen
Korm bes ale Eomparativ im Altdeutſchen ſchwachbiegenden Adi. mehr (f. d. und
mehre), unb 2) mbb. mer, um das r gekürzt m&, abb. mör, goth. mAis, alt-
ſächſ. mör, mittel- u. neunteberl. meer, angelſächſ. (mit Verluſt des r) m&, altfrief.
mär, m&, altuorb. meir, welches mit Wegfall des kurzen Enbungsvocales (a, 0)
aus dem in dem vorhergehenden Artikel beſprochenen Adj., bem goth. Comparativ
mäiza, ahd. m&ro, gebilbet if, wobei im Both. ber getrlibte, aber weſentliche Con⸗
fonant des Comparativs (z in -iza) wieder als reines s, alfo uriprituglich erſcheint
(vgl. R). Dieſes goth. mais aber muß, ba mäiza aus einem uralten mägiza
(j. den vorhergehenden Artikel) hervorgegangen, aus einem vor der Zeit der Laut⸗
verſchiebung vorhanden geweſenen urſprünglichen magis entſtanden fein. — Stei⸗
gerung dieſes mehr in mehrer, alfo doppelter Comparativ, wie in „mehrer ehren,
. ale“ im Simpliciffimns (1701) Bch 2 Cap. 10, iſt jetzt veraltet.
méhre, als abverbialer Accufativ des Singular von der fchwachen
ſächlichen Form des Adjectivs mehr (ſ. das Abo. mehr), kommt nur
noch felten vor; aber als zählendes Adi. für mehrere (f. d.), 3. 8.
mehre Tage, :c., iſt es eine unrichtige Form, welche in ver 2ten
Hälfte des 18, Jahrh. nach falfcher Anſchauung auftauchte.
Hif. riätig mere (f. mehr 1). Jenes richtige alte Abo. mehre, mbb. möre,
ahd. möärd, findet fih 3. 8. no bei Göthe XIL 197 (Fauf) : „Du fing mit
Einem heimlich an, — Bald fommen ihrer mehre dran, — Und wenn bi erft
ein Dugend hat, — So hat bi auch die game Stabt.”
mehren = größer machen an Raum, Zahl, überhaupt an Inbegriff.
Mit Einem mehren = mit ihm ver Abitimmung fich unterwerfen,
wer von ihnen mehr Stimmen erhält. Reflexiv fih mehren.
Schon bei Luther mehren, aber hiſt. riätig meren (f. mehr 1). Mär.
mören, reflerio sich mören, ahb. mördn, refleriv sih mörön, von dem Abj.
(&omparativ) mehr, goth. mäiza, wie ärgern, befiern, lindern von ben Eompara-
tiven ärger, beſſer, linder. Mit einem meren (Frisius 476* unb danach Maaler
Bl. 286*).
mehrentheils, genitivifches Adv. : dem größeren Theile nach.
Hiſt. rihtig merenteils. Das Wort if Zufammenfhiebung 1) bes Gen. bes
Singulars von dem Abj. mehr (f. d.) in ber urſprünglichen Bed. unb ber be-
wahrten urſprünglich ſchwachen Biegung besfelben, und 2) bes Gen. bes Sing. von
Theil. Im Markbuch von Altenkabt in der Wetteran unter dem 14/,. October 1687
noch getrennt mehren theills; 1595 aber auch fon merenteils (Barthol.
Saſtrow Herlommen 2c. Thl 1 S. 382). Daneben mit dem Gen. bes Sing. von
mehrer (f. d.) zufammengef., 1691 bei Stieler Sp. 2269 mehrernteils; aber bei
Mehrer — mehrer 61
Keifersdberg (Marien Himmelfahrt BI. 16%) merertbeils, als Gen. bes
Singulars von einem zuſammengeſetzten mehrer Theil“, wie denn ſchon bei
Luther irgendwo „das merer teil“, bei Maaler Bl. 286* „ber Meerer theil
= ber größere Theil, mittelb. där mörer teil (Baner beff. Url. I, 462), mhd.
daz mörer teil, dag ın£rre teil ( Parsivä} 840, 12), dör mörre teil, vorlommt.
ver Mehrer, —s, PL. wie Sing. : wer vermehrt.
Hif. rihtig Merer. Mhd. ber mörer, namentlid in und feit bem 14. Jahrh.,
unter Karl IV., in bem Titel bes dentſchen Königs als Überfegung bes von ben
römifchen Kaifern geflihrten Beinamens Augüstus (ſ. Auguſt). Bon mehren.
mehrer, Abj., deſſen urfprüngliche Bed. „größer“ noch in der Verbin-
bung „mit mehrerem [= größerem] Rechte” nicht ungebräuchlich ift
(ogl. Srimm Gramm. IH, 610), außerdem aber, z. B. in „nad
mebrerer Erfahrung” (Roft Schäferger. 70), mit mehrerm Glüd
als Rechte” (Kichtwer 3, 6), bei mehrerem Nachdenken“ (Göthe
XVL 149), „viel mehrern Schmud des Wort: und Periodenbaues“
(Herder Ged. I, 3) 2c., mit mehrerem Entzüden“ (Stilling
Jugend), uns gegenwärtig wie altfränfifch vorfommt, fo daß wir das,
genau genommen, im Begriffe hier nicht völlig übereinftimmenve Aov.
mehr fegen, aljo mit mehr Erfahrung, mit mehr Glüd, bei mehr
Nachdenken c. Die aus jener Bed. „größer“ hervorgegangene Bed.
„weiter“ zeigt noch mehreres, ein mehreres, z. B. in „Haft du
noh mehreres zu jagen?“ (Schiller Zur. 4, 9) = ein weiteres,
„etwas mehreres" =etwas weiteres (GöckingkwLied. zw. Lieb. 4).
Dann die Ber. : an Zahl größer, 3.8. „er tft zu ven Mehrern ab-
gegangen“ (Zeffing VII, 250) — geitorben; „bei weitem bie
mehrern Fälle" (Schiller neue Thalia ILL, 2, 155). Vorzugs⸗
weife und insbefondere aber fteht mehrer jegt als unbejtimmt zählendes
Adi. in der Beb. : einen, eine, ein (eins) überfteigend, nicht viel über
einen, eine, ein (eins), 3.98. mebreres Geld, mehrere Bücher ıc.,
„bob fange ih an, mehreren [= einigen] Troft zu finden“
(Stilling Jugend). Hier find aber die jächliche Form im Singular
und der Plural am üblichften und zwar ohne vorhergehenden beftimmten
Artikel 3. B. „nah mehreren Tagen“ (Göt he XVII, 13), gleichber.
mit dem vorhergehenden „einige Tage], felten mit diefem, z. B. „wie
wollte man bie mehreren Wagen fortbringen” (Göthe XXX, 121).
Mit großem Anlante Mehreres und im Pl. Mehrere zu ſchreiben, wenn
das Wort wie fubftantivifeh angefehen wirb d. h. unabhängig zu allgemeiner Be-
zeichnung ftebt, ik wol üblich, aber, wie auch bei ein Mehreres, im Grunde unnöthig,
unb fo fchreibt denn auch 3. B. 3. 3. Engel kleine Schriften (1796) 73 „Balb
ein mehreres bienon“. Bgl. auch oben S. 19 Mander, Mandes, Mande.
Über das unrihtige mehres, mehre Ratt mehreres, mehrere f. gleich nachher
nud mehre. Folgt hinter dem Plural mehrere ein bamit verbunbenes Abj., fo
biegt diefes im Rom. ı. Acc. vorwiegend Rarl, 3. 8. mehrere fchoͤne Blumenzc, -
im Gen. unb Dat. aber immer ſchwach. — Hiſt. riätig merer ıc. (f. mehr);
ubhb. mörer u. mörre, mörte, ahd. Mafc. möröro, auch möriro, Fem. n. Neutr.
62 mehreremal — mebrmalen
mörOr&, == größer. Das Wort hat alfo im Alt⸗ und Mittelhochdentſchen, wie e#
dem Comparativ urfprüuglih zulommt, nur ſchwache Biegung; doch taucht im
Mittelhochbentfchen, wie bei andern Comparativen bereits im Althochdeutſchen, aus⸗
nahmsweife auch fon ſtarke Form auf, und fo empfängt es dann im Nenhoch⸗
deutſchen, wie alle Comparative, nad ben bei bem Adj. geltenden Regelu ſtarke
wie ſchwache Biegung. Die bem ahd. möriro entfprechenbe gothiſche Form würde,
wenn fie fi vorfänbe, mäisiza lauten. Das Wort ift aber ale Eomparativ bes
Comparativs mehr (f. das Abj. mehr), mbb. möre, mör, ahd. möro (em. 1.
Keutr. mörd), ein wieberholt ober boppelt geſteigertes, wie denn im Althochdentſchen
eine wenn aud nur äußerſt felten ſich zeigende Wieberholung bes gewöhnlichen
Steigerungsmittel® zur Hervorbringung deſto größeren Nachdrucke vorlommt
(f. Grimm Gramm. II, 620) und ſelbſt ſchon im Gothiſchen durchblickt (vgl.
unwirſch). Hiernach iR bie von manden nach falfcher Anficht beliebte Schreibung
mebres, mehre ftatt mehrere®, mehrere verwerflih (f. mehre). Anbers
das Abi. mehr (f. b.).
mehreremal, zufammengefchobene Accufative im Blural,
wobei das Subf. das Mal (f. das Mal 1) bie enbungslofe mhd. u. ahd.
Pluralform mal, auch älter⸗nhd. mal, bewahrt bat. Erſt im 18. Jahrh.; aber
Abelung will mehrere Male gefhrieben haben, was uundthig IR und uns
gegenwärtig altfränkifch ſcheint. Bei Kirſch und Aler mehrmal.
mehrerlet = mehr als eine Art.
1786 „die . . . bilbfamen Syibenmaaße . . ., die, wie ber Serameter, mehrer-
fey Füße aufnehmen” (3. 3. Engel Ideen zu einer Mimil, Ausg. v. 1786.
Thl 2 ©.146). Aber weder bei Abelung, noch ſelbſt bei Campe. Hif. richtig
mererlei. Gebildet wie mander-, vielerlei 2c. (f. »Tei); doch ſcheint
mehrer weniger Gen. BI. des Abi. mehr (f. d.), ale bes unbeſtimmt zäblendben
mehrere, in welhem Kalle mehrerlei Kürzung bes richtigeren mehrererlei
fein würde.
mehres, ein mehres, f. das Adj. mehr; aber falfch ftatt mehre-
res, ein mehreres, f. mehrer und mehre.
die Mehrheit, BI. —en : größere Zahl gegen eine Kleinere,
Hiſt. richtig Merheit. Add. die mörheit (Notker aristot. Abh. ©. 61, 106).
Aufammengef. aus dem ahd. Adj. mör (f. mehr 1) und »heit.
mehrmalen, veraltetes Adv.; aber fchon 1678 bei Kramer teutfch-
ital, Wortb. 769° mehrmals mehrmalig, Abi.
Hiſt. rihtig mermalen, - mals. Jenes zuerfi 1711 bei Räbdle in 680° neben
„mehrmahle“ verzeichnete „mehrmahlen“ ift Verbindung bes Abo. mehr mit
dem Dat. Blur. »malen (f. dag Mal 1); mehrmals aber wurbe den Verbin⸗
dungen ehmals (f. ehemalig) und jemals (f. d.) gleichgebildet, aljo mit un⸗
organiſchem genitiviichen 8 ala Zeichen bes Über feine Grenze wirfeuben Abverbial⸗
triebe. Daß das and dem füchlichen Acc. bervorgegangene mehr, mbb. märe,
ab. mär& (f. mehr 2), mit welchem ſich das rein abverbiale mehr, mbb. mör
u. mb, abb. mör (f. ebenfalld mehr 2), wengt, ben Gen. regiert [j. B. mhd.
leides möre, m& liute (mehr Lente), wunders m Er :c.], liegt bier fern und ift
nicht in Anſchlag zu bringen. Dem erſt nad ber Mitte bes 18. Jahrh. auftanchen⸗
ben Adj. mehrmalig liegt ein 5. B. bei Kirsch (1728) II, 216* aufgenommenes
- Adv. mehrmal zu Grunde, wie abermalig ein abermal, bamalig ein ba-
mal [nicht zunähk Damals] zc.
mehr — meiden 63
mehrſt, ehedem noch mit voller Endung mehreft, Superl. von mehr,
doch weniger üblich als meift (f. meift 1), am mehreften, am
mehrften, wofür auch häufig, aber unnöthig, am Mehrften ge-
fchrieben wird in dem Gebanten, daß mehrften bier fubftantivifch
ericheine. .
3.8. „ben Mehrſten aus allen Klaffen“ (Bürger Ged., Ausg. v. 1778
S. V); „Das mehrfte davon” (Göthe XXXVIL 247); „bie mehrſten biefer
Unglüdlihen" (Schiller Kab. u. 8. 2, 2); „bie mehr ſten Edeldamen“ (beffen
Ziesto 3, 10); „daB Dafeyn der mehreren Menſchen“ (deſſen Thalia VI, 183);
„von ben mehrſten Stimmen“ (deſſen Tel 5, 1); „ber Bauer lag ibm am
mehren am Herzen“ (Göthe XV, 18). Hif. richtig merk. Ein eigenthlim-
lider, von einem Comparativ gebilbeter Superlativ, ber zuerſt, aber ſpärlich, im
Did. auftaucht und zwar als Superlativ des Adjectivs wie bes eigentlichen Ab-
berbinms mehr, welches bier ganz wie bei mehrer (f. d.) ale Poſitiv angefehen
wird. Diefes mbb. Adj. mörest aber bedeutet, dem urſprünglichen Begriffe von
mehr gemäß, f. v. a. gröf [no nhd. in „ber mehrfte Haufe” in Stillings
Wanderſchaft]), das Abo. mörste ſ. v. a. im höchſten Grabe (Gregorius 555).
Übrigens hat der Vorgang des mehrer (ahd. möröro, märiro) ſicher auf bie
Bildung von mehrft eingewirkt.
die Mehrte (e = ä), BL —n, f. Mährte.
die Mehrung, Bl. —en, Subft. der Handlung von mehren (ſ. d.).
Hi. richtig Merung. Mhd. u. mittelb. bie mörunge, ahd. bie mörungs,
urſp. = Bergrößerung.
die Mehrzahl — größere Zahl im Verhältniffe zur kleineren; jtatt
Bluralis (j. d.). Hiſt. rihtig Merzal.
Mehrzahl Katt BPluralis kam erfl, troßbem daß es Abelung noch nit an-
führt, gegen Enbe des 18. Jahrh. nah dem Kunftausbrude bie mehrere Zapl
anf, weicher hen von Schottelius in feiner teutihen Sprachkunſt (1641) immer
gebraucht ift und lange geläufig war.
ver Meiden, —s, BI. wie Sing. : verjchnittenes männliches Pferd.
Ein ſchon Tange veraltetes Wort, worliber |. Schmeller, 2. Ausg. I, 1569.
1482 mayden oder ausgesnyten pferde, [lat.] bugenus, spado, equus
casträtus (voc. theut. BI. t4P), mhbb. der meiden (dur Abfhwächung des Aus-
lautes aus älterem) meidem == männlies Pferb, auch geihägtes, wie noch in
dem Kanton Luzern der Maiden == Zuchthengſt (Stalber I, 198). S. ber
Mebum.
meiden, Präf. ich meide, Prät. ich er mied, Conj. miebe, Bart. ges
mieden, Imp. meid (gewöhnlich, aber ungut, mit ſchwacher Biegungs-
endung „wmeide”) : ausweichend fern laſſen, ausweichend unterlaflen.
Davon die Meidung.
Zenes meiden, mbb. miden (Bräf. ich mide, Prät. id er meit, wir miten,
Conj. id er mite, Part. gemiten) = fern laffen und zwar eutbehrend wie ſchonend
und ausweichend, abb. midan (Prät. id er meit, wir mitumds, Part. mitan,
Imp. mid, mit) urfprünglid == verborgen fein, fih wovor verbergen (Belege bei
Graf II, 674), woraus dann ber Begriff „ſich fern halten in Hinfiht auf —” fi
leiägt entwiden fonmte, goth. meiban (?), altfädf. mithan, midan, = fi ver-
bergenb, ausweichend fern laffen, umnterlafien, angeljächf. midan == verbergen, ver-
64 Meie — Meile
behlen, verſchweigen, unterlaflen, meiben, ſich verfellen, altfrief. mitha [nur in
formitha]. Aus den urverwandten Spraden läßt fi fein Wort vergleidhen. —
Luther biegt ſchwach im Präteritum er meidet (Hiob 1, 1) d. i. meldete, im
Imperativ meide (Tit. 3, 10); aber ein ſchwachbiegendes meiden läßt ſich weber
im Mhd. noch im Abb. nachweiſen, wie 3. B. ein ſchwachbiegendes ſcheiden
(fe ſcheiden 2), duch welches Luther zur ſchwachen Biegung jenes nriprlinglich
arten Berbums verführt worben fein mag.
der Mete = grünbelaubter Feftzweig, «baum, ſ. ver Mate.
ber Dieter, —s, Bl. wie Sing. : Wirthichaftsvorfteher (Vorgeſetzter)
eines Land⸗, Feldgutes; ber erfte unter den männlichen Dienftboten
einer größern Lanbwirtbichaft (Schmeller LI, 535); auf einem Gute
Sigender mit Zinspflicht gegen den Gutsheren. Davon : bie Meis-
eret, PL —en; die Meterin.. Zufammenf. : das Metergut, ver
Meterhof, ⸗»zins ıc.
Altfräntifh und ungut if die Schreibung Meyer, Meyerey, Meyerin,
oberdeutſch mit dem in Oberdeutſchland üblichen at fatt hochdeutſch ei, mhb. m.
ahd. ei, der Maier (f. b.), bie Maierei, Maierin. Mhd. ber meier, auch
meiger, — mit ber Oberaufſicht des Hauſes, Gutes Betrauter, Oberfler ber
Hörigen anf einem Laudgute, freier Pächter eines ſolchen, ahd. ber meior, meiur,
maior, altſachſ. ber meiar (= Gutövermalter), aus dem ſubſtantiviſch gebrauchten
lat. Comparativ mAjor = der Größere, Höhere (f. Major), woraus aud franz.
ber maire. Der mäjor dömus Hausmeier bei ben Franken ift bekaunt. Cble
waren Meier bes Königs, Freie die ber Ebeln, Knechte bie ber Freien; aber
felbR Meier aus dem Stande ber Unfreien hatten durch ihre Hausgewalt einen
Hang vor den librigen Knechten, fie verwalteten das Gut bes Herrn und zahlten
ibm Abgaben (f. Grimm Rechtsalterth. 315). Die Meierin if mhb. bie
meferinne, meferin, meigerin, — frau be Meier; bie Meierei fpät-mhbb. bie
meierey [= Stellung ober Amt bes Meiers) d. i. meierie, meigerie (Weisth.
IV, 149°); der Meierhof mhd. (ſchon frühe) ber meierhof, maierhof.
ver Meter als Pfianzenname, |. bie Anm. zu Meierich.
bie Meieret, der Meterhof, f. der Meter J.
ber Meterich, —es, ohne BI. : Sternblume mit grasartigen Blättern,
stelläria gramfnea.
Urfprnglih wol Meier⸗rich, neuniederl. bie murik. Über ⸗rich f. «rich.
Die Pflanze Heißt auch bloß ber Meier; bei Adam Lonicerns (} 1586) im
Krüuterbuch Meyern = Vogelfraut, Hühnerdarm (alsine), und Meyer = Beer-
melde (blitum); 1588 meyer = Gauchheil (f. Diefenbach glossar. 82°). Dieſes
Meier aber fheint, wenn man nieberl. die muur (fprid mür), belgiſch muer,
muyr (b. i. muir), = Gauchheil, Hühnerdarm, betraditet, womit jene® murik
(flatt muur-rik) und das gleichbedentende beigifhe bag muerkruyd unfer Meier-
traut zufammengefegt find, eins mit dem Pflanzennamen bie Miere (f. Miere 2)
und mit misverftandenem Bocal db. h. gleihfam mit zu ei werbenbem 1 ins Hodh-
dentſche aufgenommen.
bie Meierin — Frau des Meiers, ſ. Meier.
bas Meil — Fleden, verunftaltende Stelle. Beraltet. ©. Mal 2.
bie Metle, Bl. —n : gröftes Yängenmaß, welches in Deutfchland ge-
wöhnlih 2 Stunden oder 12000 Schritte zählt. Zufammenf. : ber
Meiler — mein 65
Metlenftiefel = tm Märchen vorkommender Stiefel, mit welchem
jever Schritt eine Meile ausmaht; ber Meilenzeiger ıc.
©. auf Baunmeile Meile, mhd. die mile (Pf. auch milen), mil, ahd. bie
mils, urſprünglich milla, angelfächf. die mil, altnorb. die mila, iR aufgenommen
ans lat. millia [Plur. von mille taufend] d. i. millia pässuum = taufenb Schritte
ober eine römifche Meile, woraus auch provenzalifh und fpan. bie milla, ital.
(Blur) miglia lwelches dann zu bem Sing. ber miglio = Meile führte).
ver Meiler, —8, Pl. wie Sing. : mit Erde, auch Strob, Reiſern be
deckter Holzftoß, durch deſſen Verbrennen ver Köhler die Kohlen gewinnt.
Mhd., mittelb. ber meiler (Minnes. III, 292°, 180, 2), mit ei aus i, denn eigent-
lid mitteld. ver miler (Bothe thür. Chron. ©. 652, 758), nieberb. ber miler
(rem. Wibch V, 425), bän. die mile, ſchwed. die mila.. Böhm. die mile unb
milje. Dunkler Herkunft.
das Mein in „das Mein und Dein“ — mein Beſitzthum und bas
beinige, aber gefondert, das was mir und was bir gehört.
Bereits mbb. min und din, nnd fon früäh-mbb. einzeln daz min (Gen. dös
möänes), welches das Rentrum be Poffeſſivpronomens min mein (f. d.) eubunge-
Io8 als Subflantiv.
Mein- (das, much der Mein) in ver Metneid (f. d.).
mein, halb fragende halb Verwunderung ausdrückende Partikel.
3.8. „ey du mein! Wer hätte fih das träumen laffen!“ (Schiller Räuber
4,3); „Mein doch!“ (ebenda 5,1); „Mein! Sollte wohl der Wein noch fließen ?“
(Söthe XI, 18); „Dann Mein, Wie könnte ein Teuffel Ärger fein ale ein Ohren⸗
bläfer und Neidhund (Moſcher oſch Phil. v. S. I, 36). Wetterauiſch mein (mit n
wie in franz. en, on ıc.) und bayeriſch mein, nach melden ein mhb. min voraus-
zufegen ift, mit mein (flatt ich meine), da® wetteranifh man (mit n wie im
Hochdentſchen), bayer. main lauten müſte. Offenbar if jenes betonte mein! das
befiganzeigende Pronomen mein (f. d.) und in der Weife einer Interjection zuerſt
in dem Sinne von „ih bitte” (lat. qumso, f. Schmeller II, 592) aufgelommen
mit dem Beralten der in gleihem Sinne gebraudten Comparativ- Interjection
fieber (f. d.), wie denn 3. B. Richter 16, 6 in „Dilila ſprach zu Simſon:
Lieber fage mir, Worin bein groffe Krafit ſey“ auch „Mein! fage mir“ zc.
Reben könnte. Im Holländiſchen fagt man gerabezu baflir ei lievel und Stieler
(1691) Ep. 881 führt biefes mein noch als Interjection bes Schmeichelns an.
Aber wie entfprang ber eigenthlimliche Gebrauch unferes mein? Sollte e8 mit
Anslaffung des Subſtantivs und darans hervorgegangener Schwere bed Zones
Ratt der Betheuerungen mein Gott! mein Eib! Reben, injofern man biefe aus
einer gewiffen Schen vielleicht nicht vollſtändig ausſprechen wollte ?
mein, alter Gen. Sing. von ich (f. d.), ungut und darum weniger ebel
mit Verlängerung meiner.
Ieme Form mein if die urſprüngliche, mhd., abb., alt- u. angelſüchſ., altfrief.,
altuord. min, goth. meina. Die Form meiner dagegen kommt zuerſt zu Anfange
bes 13. Jahrh. im Mitteldeutihen vor, wo miner bei Herbort 625, dann im 14.
Jahrh. in Urkunden, bei Ködiz (f. denfelben S. 141f.) 2c.; noch früher findet
fh am Nieberrhein minis (Bother 4427), wie mittel- unb neunieberl. mins
gefagt wird. Schwerlich jedoch iR hierans auf fonft üblichen Übergang bes s iu
r (f. R) bei miner zu ſchließen, wenngleich dieſes offenbar durch Einwirkung bee
Niederdeutſchen fich bildete. Aus dem Mittelventfchen gegen oder um 1400 nad)
B elgand, Vörierbuch. 4. Aufl. 2. Bp. 5
66 mein — meinen
Subdentſchland vorgebrungen meiner bei Suchenwirt Nr. 44, 20, und uhd. bei
Luther im ebelen Stile, z. B. „gedend meiner, wenn dire wol gebet” (1 Mof.
49, 14), „Gebend meiner, mein Gott, im beften“ (eb. 18, 81), neben mein,
3. B. „Gedenck aber mein nad beiner Barmhertzigkeit“ (Pf. 25, 7), „Herr gebend
mein“ (Bf. 106, 4). Bol. dein 1 unb fein 1, aber f. auch bie Anmerf. zu dem
folgenden Artikel.
mein, befiganzeigenbes (pofleifives) Pronomen der erſten Perfon.
Mafc. mein, Sem. meine, Nentr. mein, bezüglich alleinſtehend Mafc. meiner,
Fem. meine, Neutr. meines, gelärzt meins; mit Urtilel der, die, das
meine, aber ohne Subflantiv. Folgt ein Abjectiv, fo bat biefes im Nom. Sing.
des Maſeulinums und im tom. u. Acc. des Femininums und bes Nentrums
ſtarke Biegung [3. B. mein guter Bater, mein gutes Kind], auferbem aber
durchgängig ſchwache; doch bleibt ber Nom. Sing. des Femininums ſz. OB. meine
gute Fran], falls man bie Biegungsenbung nicht geradezu als Rarle gelten Tafien
will, zweidentig. Ein nah mein gefetes Adj. vor einem Subſt. bat im BL.
ſchwache Biegung, weshalb bei Schiller Neffe ale Onkel 2, 2 ungewähnlid „baß
ber Oberf eine Berlide trägt und ih meine eigene Haare.“ Mhd. min, ahd.
min [farler Nom. Sing. des Maſc. miner, Fem. miniu, minu, eutr. minag;
ſchwache Form beginnt im Abb. als Seltenheit aufzutaudden], goth. meins, alt- n.
angelfähf., altfrief. min, altnord. minn. SHerborgegangen aus bem Gen. Sing.
von ich (ſ. b. und das vorbergebeube mein 2). Göthe XL, 887 (Herm. n. Dor.)
bat auch einen ſchwerlich fonft vorfommenden Comp. meiner : „Du bi mein;
nnd nun if das Meine meiner ald jemals.“ Steht mein durch bie Berba
fein, werden mit einem als Subject gefegten Subfantiv ober Pronomen ver⸗
bunben, fo ſcheint es, da im Ahd. ſtets ist min, bist min, sint min, alfo min fid
findet, urfpräinglid) der Gen. bes Sing. von ich, dann aber als das ohne Biegunge-
enbung ſtehende Boffeifiv angefehen worden zu fein, das jedoch aud bie Enbung
haben kann. Dieh 3. B. in: „die VBerfhwörung muß meine feyn” (Schiller
Kieslo 2, 7); „Diefee Mädchen muß meine ſeyn, ober ih bin verloren (ebenda
rhein. Thalia I, 69); „Wenn nur bie Obrring meine wären!” (®öthe XIII, 143).
ber Meineid, —es, BL. —e : falicher Eid, fowol im Bewuſtſein des
Mangels ver Wahrheit geichworener, als auch wiffentlich ober abficht-
lich verletter. Davon metneidig.
Meineib, mhb. der meineit, abb. der meineid, altfädf. der möndth, angelfädl.
der mAnAd, altfrief. der möndth, -&d, altnorb. der meineidr, zujammengef. mit
dem im feinem Urfprunge noch nnaufgebellten mhd. das (üblicher der) mein, ahd. das
(ber?) mein, goth. das main (?), altfüchf. das m&n, angelfädf. das mAn, altııorb. das
mein, — Verlegung, Wunde (im Altnordiſchen), Berbredhen, Unrecht, Falſchheit.
Schwerlich ift das erfte Wort der Aufammenfegung das mhd. Adj. meine, ahd.
meini (vgl. Grimm Gramm. III, 494), falſch, betriegeriih, obgleih im Abb.
meiner eid = Meineid vorlommt. Das Adj. meineidig if mbb. meineideco.
meinen = worauf hin benfen, im Sinne haben; gefinnt fein gegen — ;
in Herz und Sinn zugeneigt denken an —, herzliche Zuneigung fühlen
gegen —; beabfichtigen; ven Sinn haben, bebeuten; andeuten, zu ver-
. fteben geben; im Sinne haben, aber ungewiß, ob übereinftimmenp mit
der Wirklichkeit oder nicht.
Mhd. meinen in den angegebenen Bebeutungen, in ber Dritten oft wie „lichen“
geſetzt, ab. meinan (bie Bed. „herzliche Zuneigung fühlen gegen —“ erſt mit dem
12. Jahrh.), woneben fpäter aud meindn, goth. mäinjan (?), altjädf. mönian,
meiner — melnig | 67
nönden, angelſachſ. manan (aud in der Bed. „klagen). Uns bem Ging. bes
Prötertums eines vorauszufegenben goth. Wurzelserbume meinan (PBrät. ich er
mäin, wir minum, Bart. minans) == benlen, woran denen, gebenten (?), welcher
Srunbbegriff auch das aus biefern Klteren Wurzelverbum berborgegangene jüngere
minan buräbringt. S. Mann Anm. Diefes meinen wird mit minnen
alliterierenb werbunben : „dag ich dich mör und aller meist — minne unt
meine, — dan diner junofrowen deheine“ (Lamprecht tochter Byon Zeit«
hammer Hf. 8*, Gießner Sf. 19*%); „daz mau zem Ersten und zeleste — got
‚meine vnde minne — beidiu Agen und inne“ (ebeuba 21° == 47°, Lobrifer
Hl. däs Ersten). Die Bedeutungen beiber Berba reichen ja aneinanber. Bgl. Meinung.
meiner, jüngerer Gen. des Singulars von ich, f. mein 2.
meinerfeits, Adv. : von Seiten bes Sprechenden.
Zuerſt 1716 bei Ludwig Sp. 1784 meiner-feits. Die zufammengerlidten
Genitive des Gingulars meiner Seite, am Schlufſe mit dem bier unorganifch
angetretenen, aber adverbiales Anſehen mittheilenben »-6 des männlichen und fädh-
lichen Genitivs im Singular. Bgl. allerjeits.
meinesgleihen, unveränberliche Form abverbialifcher und (wenn
auch nur ſcheinbar) apjectivifcher Stellung z. B. meinesgleichen
Leute 2c.], j. gleich.
Zuer 1716 bei Ludwig Sp. 1281 meines gleiden.
meinet- in meinethbalb, -balben,»wegen, : willen (um meinet-
willen).
Meinethalben und meinetwegen, im gemeinen Leben gekürzt mint-
halben u. wegen, mit ausgelaflenem von [bei Luther 1 Sam. 25, 5 von
meiner wegen] und unterbrädtem n vor t in meinet. Dem mbb. u. mittelb.
vellfänbig von minenthalben (Gerhard 8759), aber auch ſchon bloß minenthalben
(Tristan 888, 8)], und von minentwögen, getürzt minentwegen, mit unorganifchen
eingeihobenen t (vgl.allentbalben) am einander gerlidt aus von minen halben,
von minen wögen [wie von dinen wögen (Myst. I, 77, 11)], ben Dativen bes
Pliurals des Bofleffivs min mein und ben Subftantiven bie halbe == Gelte (f.
halb 2) und der wic Weg. Im Ahd. fegte man ben Ace. Ging. mina halbün
(Otfried 5, 11, 12) in der Beb. meinetbalben, meinerfeits, und im 14. Jahrh.
lommt in Schriften und Urkunden auch von minr wögin (j. Ködi« ©. 142) mit
mfor, dem Genitiv bes Singulars von ih (f. mein 2), vor, wo denn von —
wögin als den Genitiv erfordernde Präpofition erfcheint (f. von — wegen). In
am meinetwillen, gekürzt meinetwillen, haben wir wegen um an einander
gerückte Accufative des Singnlare, ebenfalls mit unorganiihem eingejchobenen t;
es iR fpätere Bilbung, wie benn au Luther noch urfpräinglider omb beinen
willen Ratt mſeres um beinetwillen bat (f. beinet-). Mitteldeniſch fagte
man durch minen willen (Köpke’s Pass. 48, 55) = um meinetwillen, meinetwegen,
mhbd. durch dön willen min (XNidel 62, 8). Das neben meinethalben er-
ſcheinende meintbalb findet filh fon in bem gleichbeb. mhb. minenthalp (Neid-
hart 78, 2), im 15. Jahrh. minthalb, einer wol burd Einwirkung bes aus ben
Acenfativeu bes Singulars gebildeten ebenfalls als Adv. ſtehenden mhd. minhalp
= von meiner Seite (Iwein 8098. Par. 416, 27. 750, 28. 814, 21) entſtandenen
Kürzung jenes mbb. minenthalben, neunieverl. mijnenthalve.
meinig over vielmehr meinige, nhb. abjectivifche Bildung, welche im-
mer ben beftimmten Artikel vor fich Hat und alfo nur ſchwach biegt.
H*
68 Meinung — meik
Auf ein vorausgegangenes Subſtautiv ſich beziehenb : ber, bie, ba® wreinige.
Subfantivifch von dem Eigenthume bes Sprechenden, non ben Perſonen, bie dem
Sprechenden angehören : das Meinige, bie Meinigen, dichteriſch lieber das
Meine (f. die Stelle von Göthe bei mein 3), bie Meinen. Unfer meinige
findet fi), wie eurige (ſ. d.), zuerfi 1598 hei Helber ©. 87 verzeichnet, wo aber
deimige noch nicht anzutreffen find, über 200 Jahre frlifer bagegen taucht feinig
(f. d.) auf.
bie Meinung, Pl. —en, Subft. ver Handlung von meinen.
Mhd. die meinunge = Sinn, Vebeutimg, Geſinnung, Abſicht, freundliche Ge⸗
Ainnung, Liebe [wie bei meinen (f. d.) and hier bei Ziauler alliterierend „dag ist
minne und meinunge dör cröstären (Wilh. Wadernagel altd. Lejeb. 1024,
84)], ahd. (erft bei Notker) die meinunga == Sinnesanftäit.
ber Metran, üblicher und der Herkunft näher Majoran (f. d.).
Übrigens iR Meiran zuläffige deutſch gebilbete Form; im 15. Jahrh. mit
Berbunfelung des & meyröne (Diefenbach glossar. 844°).
ber Meiſch, —es, BI. —e. die Meiſche (ſchon 1691 bei Stieler), BI.
—n. meiſchen = Blermalz oder Brantweinmalz mit heißem Waſſer
begiegen und umrühren zum Ausziehen des Zuders und Schleimes.
Damit zufammengefeßt find: ber Meiſchbottich, vie Meiſchbütte,
das Meiſchfaß ıc.
Meiſch, Meifhe, meiſchen, oberb. mit ai Maiſch, Maiſche, maiſchen.
Mhd. (ſübddeutſch) ber maisch, mitteld. (der?) meysch (Benecke I, 855°. IL, 111®)
d. i. meisch, = mit Honig vermiſchtes Getränt, Meth, aber wol auch mit Honig
bermifchtes Bier, wie es im 9. Jahrh. in Dentſchland vorfam (vgl. Weinhold
dentſche Frauen ©. 817), und barnad, wie es ſcheint, "auf das Ausziehen bes
Zuders d. h. bes füßen Stoffes aus dem Biermalz angewandt; mhd. and ein
äußerft feltnes Adi. meisch — mit heißem Wafler angebrüht und nmgerlihrt
(Pfeiffors zwei Armeibücher &. 42, 29). Dunkler Herkunft und unverwandt mit
miſchen.
bie Meiſe, Pl. —n, ein bekannter Heiner Singvogel.
Mhd. die moise, ahd. die moisa, meist, niederd. die môs, angelſächſ. bie mäse.
bie Metfe, Pl. —en: Tragreff zum Tragen auf dem Rücken.
Beraltet und nur noch in Appenzell die Meefe (Stalder II, 205). Mhd. bie
meise, ahd. Die moisa; altnorb. der meiss — Korb. Dunkler Herkunft.
meist, urfprüngliher Superl. zu dem Adj. mehr (f. d.). 3. 3. bein
meiftes Geräthe, das meifte Geld ꝛc. Abverbialiſch fteht am
meiſten, gewöhnli, weil meiften bier fubftantivifch fcheint, am
Meiſten gefchrieben, aber unnöthig. die meiften, die Metften, =
bie Mehrzahl, nach mhd. diu meiste menige die meifte (gröfte)
Menge. Das Abo. meift fieh Hiernach beſonders. S. auch mehrft.
Mh. u. ahb. meist, goth. meists, altſächſ., mittelnieberl. mäst, angeljächf. mzest.
Über die Bildung f. das Ad. mehr. Das abverbiale am meiften zuerf im
15. Jahrh.
meift, Abv., 3. B. die Erkrankten find metjt wieder genejen.
Mhd. m. ahd. meist = am meiften, höchſtens, ganz befonders, möglichſt, goth.
mäist = aufs meifte, höchſtens, ber als Av. ſtehende kennzeichenloſe ſtarke Acc.
meiſtbietend _ Reifterfänger 69
Sing. des Neutrums von dem Abj. meiſt (f. dem vorhergehenden Artikel),
Gleicherweiſe kommt in mhb. meiste ber ſchwache Aec. Sing. als Abo. vor.
meijtbietend, zufammengefügt aus meift bietenp,
worin meift das im vorhergehenden Artikel behandelte Apr. if.
meiftens, Adv., derfelben Bildung wie drittens (f. Dritte).
Bereits 1691 bei Stieler Sp. 2875.
metftentbeils, aus den zufammengerücten Genitiven meiften Theile
gebifvetes Adverb. Vgl. mehrentheils.
Bereits im 17. Jahrhundert. Gebildet mit dem ſchwachen Genitiv meiſten,
„weil überhaupt meift ſchon im Althochdentſchen vorzugsweiſe in ſchwacher Bieguug
vorkommt. Im Mittelhochdentſchen u. Mitteldentſchen ſagte man meisteil, welches
ans ben zuſammengerückten Accufativen des Singulars meist teil durch Schwinden
eines t wurde.
der Meiſter, —, Pl. wie Sing.: „Vorgeſetzter, Vorſteher“, meiſt in
Zufammenfegumgen wie ver Bürger-, Höch⸗, Jager-, Ober-,
Röttmeiſter 2c.; „Lehrer“, in Luthers Bibelüberſetzung geläufig,
jeßt nur noch in den Zufammenfegungen ver Schreib⸗, Schul-,
Spracdhmeifter zc.; der Gröfte, Kunftverftändigfte, Tüchtigſte, Ge⸗
chidtefte worin; Werl: und Lehrherr 2. Davon : bie Meiiterin;
das Berbum meiftern, wovon der Metfterer. Zuſammenſ.: ver
Metftergefang (j.Metiterfänger); metfterhaft; metfterlich;
das Meifterrecht; bie Meifterfchaft; ver Metfterfang; ber
Metfterfänger (j. db.) oder -finger; das Metfterftücd ꝛc.
Meifter, mb. ber meister, ahd. ber meistar, maistar, meister, maister,
mitteld. n. altfächf. ber möster, angelfäcf. der master (?), altnord. der meistari
(= Lehrer), mittelſt and im rein deutſchen Wörtern vorkommender Ausfoßung
bes g [ogl. Eidechſe, Getreide, meift (j. mehr 1) zc.], wie altfranz. ber
maistre (jegt maitre), ital. der madstro, ans bem lat. von magis mehr [nicht von
einem magistus] abgeleiteten ber magister (ſ, Magifter) = Vorgeſetzter, Bor-
Reber, Lehrer (vgl. Schulmeifter), weldes auch gerabezu ine Abb. entlehnt
wurbe : der magister, Gen. bes magistres (khymn. XII, 2, 8). In ber unreinen
Ausſprache des ſchon im 8. Jahrh. deutſch umgebildeten und fo vBllig eingeblirgerten
Wortes hört man ein eingefhobene® n durch, welches fich bereit in ver im Mhd. zu⸗
weilen vorlommenden Form ber meinster zeigt. Meifterin if mbb. die meisterinne,
meisterin, meisterin, fpät-ahb. die meisterina, meisterinns; meiftern mhb.
meigtern, aud) meinstern, — ben Oberbefehl führen, dann verfertigen, ein-
richten, lehren, erziehen, ahd. meistarön (?), meisterön, meiströn; ber Meifterer
ahd. der maistarari d. i. meistarari (= Borgefegter, Bornehmfter, höchſter Be⸗
amter), maistrari; meifterlich mbb. meisterlich, auch meinsterlich, ahd. meistar-,
meisterlich, wovon das ahd. Abo. meistarlihho (?), meisterlihho, -licho, mhd.
meisterliche, — den Anforderungen ber Kunft entſprechend, unfer nhb. Adv.
meiſterlich; das Meiſterrecht mbb. meisterräht; bie Meiſterſchaft mhd. bie
meister-, auch meinsterschaft, ahd. (11. Jahrh.) die meistarscaft (= Gelehrſam⸗
feit und höchſte Kunf).
der Meifterfänger oder vielmehr, wie man urfprünglich fagte, der
Meifterfinger, — beutfcher Dichter bürgerliches Stanbes, ber
70 Meiſterſchaft — Selber
bas Dichten zunft- und fehulmäßtg ansitbt, wie es um den Anfang bes
14. Jahrhunderts begann, fih dann weiter entwidelte und im 16.
Jahrh. auf feine äußerſte Spite gelangte Diefe Dicht: und Sang-
übung felbft heißt ver Metfterfang ober der Metftergefang.
Meiferfünger er im 15. Jahrh., in weldem ber meistersenger, bagegen
mhd. (gegen 1290) ber meistersinger, — Ginger (Dichter) eines Liebes, das
Allen als Mufer dienen kaun, in feiner Kunf ausgezeichneten Dichter (Aianes.
III, 65*, 8, 2. 69®, 4). Ebenſo er zu Anfauge be® 15. Jahrh. ber meister-
gesanc, unfer Meiftergefang, während mhd. ber meistersano — Gefang ge-
lehrter, Überhaupt als Meifter ausgezeichneter Dichter, Geſaug der allen ale Muſter
dienen kann. "
bie Metfterfhaft, ſ. Meifter. ber Metfterfinger, ſ.
* Meifterfänger. bag Metjterftüd, f. Meifter. bie
Meifterwurz, bie Pflanze imperatöria osträthium,
bei Adam Lonicerus im Kräuterbuch BI. 207° Meifterwurg für bie
Pflanze osträthium, ebenfo im 15. Jahrh. die meisterwortze (Diefenbach nov.
glossar. 275°), und ber Name gewiß baber, daß fie, wie Ronicerus a.a. O. fagt,
„ber fürnembſten Kreuter Imhd. die wurz = Kraut] eins, fo zu vielen Gebreften
dienlich.“
der Meiß = Holzſchlag ꝛc., |. Maiß.
der Meißel, —s, Pl. wie Sing.: ſchmales Eiſen mit einer Schneide
zum Abſtoßen, Aushöhlen 2c. von Stein, Holz ꝛc. Davon meißeln.
Meißel, zu Anfange bes 15. Jahrh. mäyßl, meyssel, d. i. mhd. ıneizel (?),
im 12. Jahrh. fübbentih maizel (Sumerl. 26, 42), ahd. ber meizil, mittelſt -il
von ahd. meizan (f. Maiß). Das Berbum würde im Mhd., wenn e6 ſich ba
fände, meigeln lauten.
bie Meißel, ver alte deutſche Ausbrud für Charpie.
Mhd. ber meizel (ZiederSaal I, 89, 11 und f. Engelhard ©. 268 zu Bers
1925), von ahd. meizan (f. Maiß), alfo gleichſam das Abgeſtoßene, Abgeſchabte.
+ die Melancholie, ohne PL. : Schwermuth, Trübfinn. melando-
liſch = ſchwermüthig, trübfinnig.
No 1771 bei Hölty S. 17, 106 die Melandolei, wie zu Anfange bes 15.
Jahrh. mit c bie melancoley (Wolkenstein Nr. 76, 1, 9) db. i. melancolie (?),
aus gr.-mittellat. die melancölia, gr. Die melancholia (ueAayxoAla), = Trübfinn,
eigentlich [teil abgeleitet von einer Zuſammenſetzung bes gr. Adj. melds (ufiz;) =
ſchwarz u. der chölos (x6Aog) oder die chold (4047), = Galle] ſ. v. a. Schwarz-
galligkeit, Schwarzgallſucht, jede Krankheit buch bie fih ins Blut ergießende und
verbrannte Galle. Das Adi. melancholiſch if im 16. Jahrh. gebildet nach gr.-
lat. melanchölicus eig. = viel fhwarze Galle habend, gr. melancholik6s (ueAayxo-
Aröc), welches mit jenem melancholia zufammengebört.
+ Melanie, Frauenname, aus gr.-lat. Melänia,
= Schwärze, alfo die Schwarze, benn ber Name iſt ba® gr. die melania
(ueAovla) = Schwärze, welches abgeleitet von dem gr. Abj. meläs (uEAac), Ben.
melanos (uEAavoc) = ſchwarz.
ver Melber (E kurz, wie es auch urfprünglich tft), —s, BI. wie Sing. :
zünftiger Mehlhändler (Schmeller LI, 586),
Melchior — mell 71
In Bayern, zu Niruberg. Sübbentſch 1847 ber mälbser (Münchner Stadt-
recht 7, 8), 1414 mölber, mit b als Berflärkung eines älteren w (f. 8), benn
das Wort wlirbe, wenn e8 friiher mittelhochdeutſch vorkäme, ber mälwsere lauten,
abgeleitet von mhb. das mdl (Gen. maöölwes), ahd. mölo (Gen. mélawos), unferm
MEHt (f. d.).
f Meihior, Mannsname, mhd. Melchtor,
zuſammengeſ. an hebr. ber melech (hy) = König nnd ber dr (ix) =
Licht; alfo der einen hebräifhen Malchior SS zuep}>) voraußfegende Name bebentet
ſ. v. a. König bes Lichtee.
die Melde (e = 8), Bl. —n, eine befannte Pflanze, ätriplex.
Bei Adam Lonicerus (} 1586) Kräuterb. BI. 221* bie Melte, Milten,
Molten, fpät-mbb. die melde, and die melden, mit mittelbentfhen ı ftatt e
milde, milten (Diefenbach glossar. 58*), ahd. erfi im 11. Yahrb. die molta und
malts, auch dann im 12. Jahrh. melda, [mit Ablaut des a] muolta (Haupt
Zeitschr. V, 566°); urſprunglicher [mie es fcheint] mit h zwifchen 1 und t, freilich
auch mit Ablant des a, muolhta (Diut. II, 282°. Graf’ II, 723), und alfo fpäter
mit ansgefloßenem h (vgl. Mulde), mittelniederl. (14. Jahrh.) die melde. Die
Herkunft if dunkel. Sollte aber, bei VBerüdfihtigung des Geſetzes ber Lautver-
fSiebung, muolh- und folgli$ malh- nit mit gr. malak in malak6s (uaAaxöc)
= „wei“, malässein (uaAdoosır) „erweichen“ flimmen, und die Benennung
daher rlibren, daß man an bie erweidhende Kraft der Pflanze auf Drüſenknollen
n. dgl oder auf den Unterleib und Stublgang dachte, wozu fie nah Lonicerus
BL 221°. dient. Ableitung von Mehl (f. d.), obgleih das mehlige Anflihlen
der Blätter ber Pflanze darauf hinzubeuten ſcheint, läßt das vorherrſchende a ber
erften Silbe nit zu.
melden — mittheilend Fund geben. Davon die Melpung.
Senes melden, mbb. mölden, ahd. möldEn und möldon, — verratben, an⸗
geben, woher dann bie uhd. Bed., if dunkles Urfprungee. Meldung ik mhd.
die möldunge, ahd. die meldunga, melde f. v. a. „Berrath” bedeuten.
Tmelteren = miſchen, unter einander mengen.
1728 meliren (Sperander 374*), aus franz. möler, altfranz. mesler, welches
eins mit fpan., provenzal., portug. mezclar, meselar, ital. mischiare, welche alle
aus bem älteren mittellat. misculäre == mifchen, einer Ableitung von lat, misoßre
== mifhen geworben find.
f der Melis, eine Sorte Hutzuder.
1721 der melis-3nder (Jadlonsks 909°), an franz. der sucre melis, meldhe®
ans [mittellat.] säccharum melitönse d. i. maltefifher Yuder, Zucker von
Malta (gr.-Iat. Melite, Melite, ital. Melite), wo Auderrobr gebant wird, und
jener Zuder kommt von ber Inſel Malta.
f die Meltffe, Pl. —n: Bienenfrant.
Im 16. Jahrh. zunächſt malid, melliß, aus gr.-mittellat. die melisse ald Pflanzen⸗
name, ital. bie melisse, franz. bie melisse, welches aus gr. bie melissa (uEi:aoe)
= Biene, von das meli (FA) = Honig. Der Name, weil die Bienen aus ben
Blumen ber Pflanze Honigfaft zu fangen lieben.
meit [auch in frif Hmeit], Adj.: Mitch gebend, melfdar. Bon
melten, Bräf. ich melfe, bu ‚milkeft, milkſt, er milfet, milkt und
üblicher fchwachbiegend bu mielkeft, meltft, er meltet, melft, wir
72 melt — Melm
melfen ꝛc., Prät. ich er molk (f. auch die Anm.) ftatt malt, Conj. ich
er mölte, Bart. gemölfen, Imp. milt und ſchwachbiegend mölfe : durch
brüdenbes Streichen ber Ziten von Thieren Milch ziehen. Das Bart.
bes Prüf. meltend auch f. v. a. Mitch gebend ſz. B. eine melkende
Kuh]. Von melten aber fommt außer jenem Adj. melk noch : ber
Melter, wovon bie Melterei und die Melterin. Zufammeni.
1) mit melten: meltbar, Adj.; base Meltfag; ver Melttübel;
der Melkſtuhl 2c. 2) mit dem Ad. melt : vie Melkkuh— Mild
gebende Kuh (Milchkuh); das Meltvien zc.
Die neuhochd. Form melken hat unorganiihes T (ogl. Grimm Gramm. II,
286) fatt der noch in Milch haftenden Aipirata dh, und im Bayeriſchen hört man
His heute melken und das urſprünglich bochbeutihe melchen neben einander
" (Sämeller IL, 569), ja vorzugsmweife letzteres. Doch melten mit feinem f
drang im Hochdeutſchen völlig dur und zwar aus der Sprade Mittelbeutihlande
[bei Luther Hiob 10, 10 ſteht gemolden],*in melde die Wortform ans dem,
? mit Recht ſetzenden Nieberdentichen [nieberb. u. neunieberl. melken, mittelnieberl.
milken (Diut. I, 224*)] fam, wo neben ber arten Biegung aud bie ſchwache
erftand, weshalb man nicht felten ſelbſt bei Schriftiellern im Hochdeutſchen im
Brät. mellete, möltte (Boß Obüßee 9, 223. 244. 808), im Bart. gemöältet,
gemélkt (ebenda 439) fatt ober, wie bei Boß, neben molf (Birgils Landbau
3, 400) ımb gemolken (Birgile Tänbl. Ged, Ausg. v. 1830 I ©. 85) findet.
Mhd. mölchen (Prät. ih er malc bei Hadloub, f. Minnes. IL, 286*, 12, 2), aber
and ſpät⸗mhd. ſchon mölken, abd. mölchan (Prät. ich er malch, wir mulchumd&s,
Part. kimolchan), goth. milkan (?), altfäcdl. (?) und angelfächf. mälcan, altfrief.
mölka, der SLautverfhiebung gemäß ſtimmend mit ben gleichbedeutenden gr.
amelgein (Au£iysıy), lat. mulgöre, litthau. milszti, altſlaw. mljesti, fanftr.
mridsch (mrdsch) eig. = abftreifen. Der Präfentialform find entfproffen das
Adj. mẽlt, mbb. mölch, möle, ahd. mölch, altnord. miolkr, und das Subſt.
Milk, mhd. die milich, milch, ahd. die miluh [ba8 urſprüngliche i bleibt durch
das nachfolgende u ber Ableitungsenpung -uh gewahrt], miloh, milih, milich,
mileh, milech, milch, goth. die miluks, angelſüchſ. bie meoluc, moolo, altfrief.
bie mölok, altnorb. die miolk [durch Verwechſelung für miölk], welches Subft. ber
Lautverfhiebung gemäß mit dem gleihbeb. altflam. ber mljeko, poln. u. böhm.
das mleko, rufſ. das moloko, mit k flatt g, flimmt; von dem Plural des Prät.
iR die Molke (f. d.) abgeleitet. Melker ift gegen ober um 1500 ber melcher,
melcker (voc. incip. teut. BI. nd); Melkerin fpät-mittelb. (1470) bie malkeryn;
Melkfaß im 16. Jahrh. meldfas (Hiob 21, 24); Meltkübel mhb. der mälk-
kübel, und das Dim. Mélttübelein ahd. das mölecchubilin (‚Haupt Zeitschr.
XV, 6°, 102), mölcubelin (Diwt. II, 812°, 66 flatt mölch-oubilin).
der Melm, —es, Bl. —e': leichter Staub, Erdſtaub. Veraltet;
aber no in ber Wetterau : wann die Mölme steuwe [äuben] = wann ber
Erdſtanb fliegt d. b. im Sommer, im hohen Sommer, wo bie Mölme b. i. hochd.
„bie Melmen“ ber Plural bes mitteld. ſchwachbiegenden der m&lme neben bem
üblihern ftarfhiegenden ber mölm, mhb., ahb. u. altfädfl. der mölm = Staub
(Tatian 44, 9 und Héliand 59, 9 d.i. Matth. 10, 14 u. Marc. 6, 11), im Mh. and
ſ. v. a. Fenerfunke (‚Konrad troj. Kr. 4122, wo „dös röten fiures m&lm“ aus dem
getroffenen hölm geflogen kommt), und im jener wie biefer Bed. verbunden mit
Rieben, Staub mittelb. u. mbb.: „söre [jehr] stoub [floh] dA ddr mölm (Lam-
Melnecker — Melodram 73
ꝓrocht Alex. 1594); dör mölm dör atoub uhir lant“ (ebeuba 2800); „ei!
wie nähe in [ihnen] beiden stoup — dag fiur [feuer] und der vil starke
mölm (Imgelhart 4782f.); und sluoo in [ihn] mit dör klingen — »0 vaste
[Rart, fehr] üf dan gezierten hölm, — daz im [ihm] d&s wilden fiures mölm
— dar fig begunde stieben“ (Konrad troj. Kr. 81066, vgl. 12854f.); „dö
wart von stoubes mölme — diu cläre sunne timber [finfter] (ebenda
25859). Bezeichnend fimmt mit jenen Stellen „stieben dö began — diu
molte [== Staub, f. Maulwurf] von dön strägen : sie riten über lant“
(Nidel. 196, 2f.). Aber Staub und Melm werben auch wieder unterſchieden,
; 8. bei Konrad Turnei von Nantheiz 388 „stoup unde mölm — der heide
muoste wahsen® [mufte wachſen d. h. vom Reiten fi flärfer erheben). Endlich
noch aus dem 15. Jabrh., wie in jener wetteranifchen Rebensart, im Plural :
„Mit iren [ihren, nämlich der Bänfe] vöderwischen — man kert die penck [Bänle)
vnd die tische, — Vnd mancher pindet in [ihn] auf d&n hölm, — Darunter
sicht man stieben die mäöln* (der Gänſe Lob 78, Wolfenbittteler Hf.).
Was die Bildung bes Wortes mölm betrifft, jo ift es mittelä -am, gekürzt -m, von
dem Bräfens bes goth. Wurzelverbums milan, ahd. mölan, abgeleitet (f. mahlen 1),
wovon auch Mehl (f. d.), mhd. m&l, welches letzte felbf nebenbei in bem Sinne
nnferes mölm vorlommt, zumal mit Rieben : „röht als där windes briute
Windebraut] mdl — kan Er [ber Auf, das Gerlit] wol stieben über völt“
(Konrad troj. Kr. 24716 f.); „die Kriechen als ein windes m&l — zserstuben
dä von siner kraft“ (ebenba 26008f.). Verſchieden aber it Melm von goth.
der malma = Ganb (f. malmen), altnord. ber mälmr = Er), beibe von dem
Sing. bes Prät. jenes milan abgeleitet.
ver Melneder : einer ver beften Weine in Böhmen, roth.
Schiller Wall Lag. 11. Übliher Meinider, Melniker, weil er bei ber
dem Einfluffe ber Moldau in bie Elbe gegenliber liegenden Stabt Meilnit (Melnjk)
in Böhmen wächſt, bei welcher Kaifer Karl IV. Reben aus Burgund hatte an⸗
pflanmzen laflen.
f die Melodte (Zfilbig), Pl. —n (Afilbig) : (Sing-)Weife; Welflang.
melopifch — wolklingend.
Melodie, älter⸗1hd. Melodey, mbb. bie melddie, drückte man im Althochd.
durch der suozsanc (Süßfang), der scönisano (Schönfang) ans. Das Wort if
aufgenommen ans gr.-fpätlat. die melddia — angenehmer Geſang, gr. bie melödia
(ueipdla) = Geſang, Singweife, weldes mit Ableitung aus einer Zuſammen⸗
fegung von gr. das melos (uEAoc) Lied, Singweife, eig. Leibesglied, und bie
848 (Bir) ⸗Geſang. Das Adj. melodiſch fegt ein von jenem lat. melddia
abgeleitetes mitiellat. Abi. melddicus voraus, wonach es fich bildete.
T me Melopram, —es, —, PB. —en : Schaufpiel mit Muſikbe⸗
gleitung.
In der zweiten Hälfte bes 18. Jahrh. anfgelommen, nachdem Johann Ehriftian
Brandes 1774 Gerfienbergs Kantate Ariadne auf Waros in ein Duobrama
umgearbeitet unb 1777 feine Ino ein „Melodrama in einem Aufzuge“ ge-
bichtet, Dann 1785 Serftenberg felbR feine Minona oder die Angelſachſen
als „ein tragiihes Meloprama” und Botter feine Medea, melde zuerfi 1775
unter dem Titel „Medea ein mit Muſik vermifhtes Drama” mit Muftt
von Georg Benda erjhienen war, 1788 in feinen Gedichten Bb. 2 ©. 485 ale
Melodrama bezeichnet hatte. Nach franz. ber melodrame, ital. der melodrämma,
14 Melone — Menge
aus einer Zufammenfegumg won gr. das melos (uLAog) == Lieb (f. Melodie) und
das drama (doäua) = Scaufpiel (ſ. Drama).
f die Melone, Bl. —n, eine befannte kürbißähnliche Frucht.
1482 bie melawn, im voc. incip. teut. Bl. n5? melaun, zu Anfange bes 15.
Jahrh. Die melöne (Diefendach glossar. 85b*), 1466 bie melûn (deffen nov.
glossar. 250°), aus dem gleichbeb. ital. ber mellöne, franz. der melon, weldes
aus dem lanbüblihen gr.-lat. der m&lo. Diefe Benennung wie die fouft gebräud-
liche gr.-lat. ber mölöpepo (f. Pfebe), gr. der mölopepön (unAonenwv) erhielt bie
Frucht wegen der Apfel- oder Duittenapfelgeftalt (vgl. Plinius hist. natur. 19, 28),
denn gr. das mölon (un7Aov) = Apfel.
ber Melthau, mit kurzem &, richtiger, als Mehlthau (f. d.),
aber hochdeutſch ungebräudlid und nur im gemeinen Leben.
ber Memm, —es, Pl. —e : die weibliche Bruft; Euter.
Kur noch mundartlich, 3. B. wetteranifh, woher bei Wiberus dietionAr. BI.
D44 n. CC 1* fowie Fabeln 44 ber memm, dann auch Simpliciffimus Thl.
1 84 2 Eap. 9 der „Baif-Mämm.“ Wahenif die Mimm (Mälleru. Weitz
149), neuniederl. Die mam, mem, in mittel- u. nieberrheinifhen Vocabularen des
15. Jahrh. die memme, ebenfo 1475 clewifh im Teuthonista, im 14. Jahrh.
mittelnieber(. mamme (Diut. II, 222°). Aus dem lat. Kinberwort bie mamma =
Mutter, Mutterbruft, Zitze (f. Mama), woher dann auch im Latein bes 4. unb
5. Jahrh. (bei Augustinus) mammäre = füngen.
die Memme, BL. —n, jest üblicher al8 Mämme : Feigling. Zufam-
menf. : memmenhaft = wie eine Memme ſich benehmend.
Memme, im Simpliciffimns, Bhilander v. ©. die Mämme, zunächſt
ſ. v. 0. Menſch der zu nichts anderem, als zum Kinderwarten taugt; denn ber Aus⸗
brud wurde ins Hocdbeutiche aufgenommen aus dem Nieberbeutihen, wo bie
memme, mömme, = „Mutter“ und ale Kinberwort vornehmlich „Amme, Wärterin.“
T memorieren = fi einlernen, ins Gebächtnis prägen.
Im 17. Jahrh. memoriren (Rehring 586), aus lat. memoräre — in Er⸗
innerung bringen, von memor = eingebent, woher andy die memösria = Gebädt-
nis, welches fhon im 14. Zahrh. ins Hochdeuiſche aufgenommen fi findet, mo bie
memörje (Mystiker I, 129, 28).
f die Menagerte (fprich Menäschert), Pl. —n (öfilbig) : Haus,
Bude, Garten zum Halten oder Sehenlaffen fremder Thiere.
Bereits 1728 (Sperander 374%), aus dem gleihbebeutenben franz. Die mdnagerie,
eig. = Vieh⸗ Hühnerhof, Thiergarten, von mittellat. der menagerius — Wirth
ſchaftsverwalter, welches von franz. ber mönage = Haushalt, Wirthſchaft, altfranz.
mesnage, ans mittellat. mansionAticum = Haus (f. Diez Wibch II, 374), von
mittellat. mansionäre = ein Haus errichten, Herberge verlangen, einer Ableitung
von bie mänsio = das Bleiben, ber Aufenthalt, Wohnung.
bie Menge, PL. —n : Vielheit, große Zahl.
Mhd. die mönige (Pl. menigen), menege und mit Ausftoßung bed g menie
[fo wirb au Myst. I, 137, 84 (vgl. 61, 89) im Xert ſtehen milffen und weber
menje noch menge], ahd. die mAnaki, mänagi, mit Umlautung des erſten a unb
Angleihung des zweiten an 2 menikt, menigi, aud) mänegi, goth. bie mänagei,
angeljächf. bie menigo, mänigo, mänegu, menio, mengu, mengo, von goth. manage,
ahd. manac, mbb. manec, = viel, unferm manig, mannig, mand (f. d.).
mengen — Menſch 75
mengen = unter u. durch einander fommen machen. fich mengen.
Davon : das Mengfel; die Mengung, Sußft. ver Handlung.
Jenes mengen, mitteld. mengin (Jeroschm 15512), mengen, auch mit mittel-
deutſchem i flatt e mingen (Lambrecht Alex. 7045), refleriv sich mengin (Je-
soschin 17269), neunieberl. mengen, altjäh]. mengian, angelfähf. mengan,
mencgan, mängan, alifrief. mengia. Im Neuhochdeutſchen, wo e8 im 15. Jahrh.
gelänfig iR, haben vwoir das Wort aus dem Mitteldeutſchen, in welches es aus bem
Niederdentſchen kam, wie denn bereits vom Niederrhein im Annolied 25 gemengite
gemengte; im Althochdeutſchen mongan nur einmal, nämlid bei Isidor ©. 91, 6
(cap. 9 8 4) in chimenghid& — gemengte, vermifchte, aber ins Mittelhochdeutſche
bann vorgebrungen mengen. Bon mengen lommen mhb. u. mitteld. das gemonge
(Parzival 216, 29. Herbort 4345) = das Durdeinanderlommen, das Durd-
einander, unfer nhd. das Gemenge, unb mittelft der Ableitungsendungen -s-el,
abb. -is-al, 1475 clevifh (im Teuthonista) wie neuniederl. das mengsel uufer
Mengfel = Gemengtes, mittelfi -unge mittelb. bie mengunge (Eckhart 351, 11),
1482 die mengung. Die dunkle Wurzel Tautet, ba e in mengan Umlant ift,
mang, goth. magg, und fegt ein goth. Wurzelverbum miggan (Prät. id) er magg,
wir muggum, %art. muggans) d. i. ahd. minkan, mingan, voraus, aus befien
Prät. im Goth. magg-j-an (?), b. i. altfädhf. meng-i-an abgeleitet worben wäre.
ver Mennig, —es, BI. —e, eine befannte geblichrothe Farbe.
1482 menig (voc. theut. Bl. t 80), 1420 menige Diefenbach glossar. 862°),
abd. im 11. Jahrh. das minig (Merigarto 84), vielleiht noch frliher ber (?)
minio (Haupt Zeitschr. XV, 9’, 314), aus lat. ba8 minium = Bergzinnober,
Mennig, weldes Mineral zn ben Römern aus Spanien kam (f. Plinius hist.
natur. 33, 40).
ber Menſch, —en, Bl. —en : vernünftiges Weſen mit Tleifch und
Bein. S. auch das Menſch. AZufammenf. 1) eigentliche : bie
Menschheit; menschlich womit zufammengef. die Menjchlichfeit.
2) uneigentliche (d. h. mit Genitiv) : das Menfchenalter, «leben,
der Menſchenfeind x.
Älternpb. der Menſch, doch kommt auch in gleichem Sinne das menſch
> D. bei Alberus Ehbüchlin BI. B3*, ſelbſt noch bei Toben fein im Ibrahim
Baſſa 1, 87, wie bis heute in ber fchlefiichen, der fränkifhen und ber oberpfätzifchen
Mundart (f. Weinhold 61. Schmeller II, 601) vor [vgl. au das Weibs⸗
menſchl, mit unabgeworfener Enbung dee und Das menſche, mhb. ber und
das mensche, auch ſchon um die Endung gelürzt mensch, am frühften mönnische,
menniske, menesche, mennisch, ahb. der männisco, mit Umlaut mennisco,
mennisgo, mennischo, mönnescho, goth. ber manniska (?), altfädf. ber mennisco,
altfrief. ber människa, menneska, manska, menska, minscha, angeljädf. ber
mennisc. Jene find das als Subſt. ſtehende Maſe. ſchwacher Biegung des goth. Ad⸗
jectivs mannisks, ahd. (aber als ſelineres Wort), alt» u. angelfäcdhf. menniso, alt»
nord. mennskr, = menfhlih, was dem Manne (= dem Menfden) eigen if,
zulommt, welches mittel der Ableitungsfilbe -ifch (f. d-) von goth. der manna,
ahd. der man, ımferm Mann (f. d.), und in Form unb Wbleitung, aber nicht
in ber Beb. umfer uhd. männiſch (f. d.) iR. Rad feiner Ableitung von Mann
drüdt alfo ahd. mannisco, mennisco urſprünglich ſdas goth. Wurzelverbum
wirbe minan (Prät. ih er mam) lauten und „denken“ bebeuten, |. Mann]
[. v. a. „benlendes, feiner bewuſtes Weſen“ aus (ſ, Grimm Mythol. 319), unb
76 Menſch
das ſanſtritiſche, von dem ans derſelben Wurzel ſſanſtr. man == denken] ammen-
den Namen bes Köuigs und Stammvaters des Menjhengefälechtee Manufs) abge⸗
leitete ber manuschja bed. Menſch, Mann, eig. menſchlich. Als aber marfhisco,
mennisoo anflam, fonnte das einfache ahd. der man, unfer Mann, mehr ben Be-
griff der männliden Perfon ausdrlden (f. Grimm Gramm. IH, 819) und fid
ſtärker auf denſelben befäränten (vgl. Mann) Menſchheit iſt frih-mhb. bie
mennisgheit, dann mennischeit, mennescheit, menschheit, menscheit, — Weſen
und Leben eines Menſchen, menſchliche Natur, Geſammtheit der Menſchen, ahd.
(bei Notker) die mennisgheit, manskeit, in den beiden erfien Bebeutungen; das
Adi. menſchlich mhb. u. mittel. mönnisch-, mönnesch-, menschlich, mensche-
lich, menslich, ahb. mänisc-, meönisc-, mönnisclih, altfrief. människlik, menalik,
wovon das mhb. Wow. menschliche, menschelich, unfer nhd. Abo. menſchlich;
Menſchlichkeit mho. die menschlicheit; Menjhenleben mhd. das men-
schenlöben.
das Menſch, —es, Pl. —er, nur noch munbartlich, z. B. wetterautich ꝛc.,
zuweilen dichteriſch: weibliche Perſon (Weiße Op. IIL 134), be⸗
ſonders von geringem Stande; träftige Weibsperjon ; Geliebte. Dann ale
verächtliche Bezeichnung einer weiblichen Perſon gebraucht z. B. „kam
das ültefte Mädchen, ein Luftiges boshaftes Menjch“ (Hölty ber
Kenner ©. 282)], beſonders: unzüchtige, leichtfertige weibliche Perſon.
Urfpräinglih eins mit dem vorhergehenden der Menſch (f. d.), und jo auf
ſput im 14. Jahrh. der, Da6 mensche, mensch, — ein Dienenber, eine Dienende,
Knecht, Magd; aber ſchon im 16. Jahrh. beginnen fi der Menſch und das
Menſch zu fcheiden, indem diefes neben dem allgemeinen Begriffe fi) mehr und
mebr beichräntenb dem ber weiblichen Berfon zumenbet [fo 3. 8. in Barthbolomäi
Saftrowen Herlommen ac. I, 22 u. 286 das Menſche, Menſch, == weiblide
Berfon, fowie 1598 in bes Herzogs Heint. Julius von Braunſchweig Su-
fanna „ad ich armes betrlibtes menſch“), dagegen jenes der Menſch nur ben
allgemeinen Begriff ferhält, in welchem es Luther in feiner Bibeliberfegung
gebraudt. Dann bed. das Menſch beffimmt : Dienfimäbchen, Magb (Stein-
bad II, 47), Landmagd (Weinhold II, 61), weiblide Perſon, erwachſenes
lediges Midchen (Schmeller I, 602. Weinhold a. a. D.); um 1600 ſchleſtſch
Kımmermenicd = Kammerfränlein, aber im 16. Jahrh. bag Menfch auch bereite |.
v. a. Beifdläferin (RFimmerſche Chronik IV, 255,16), endlich ländlich⸗üblich (3.8.
wetteranifch) |. v. a. Geliebte, im Gegenfage zum Burſchen als dem Geliebten
[mein (n wie in franz. en, on ⁊c.) Mensch, mein Borsch fagen die Wetterauer
Burſchen und Mädchen auf dem Dorfe von der und dem Geliebten], in Bayern
zum Buben (Schmeller II, 602), in Scleflen wie am Rheine zc. zum Kerl
(Weinhold I, 61P), woher, wie es ſcheint, gegen 1700 ber jegt im Hochdeutſchen
ale Schelte übliche Begriff der leichtfertigen, unzüchtigen weiblichen PBerfon. — Die
Biegung iR urfpränglicd, wie es die Bildung bes Wortes erforbert (f. ber Menfch
Anm.), ſchwach: das Menfch (Ratt Menſche), —en, BI. —en; aber, nachdem
fh das Wort von der Menſch abgeſchieden Hatte, trat, im vBlligen Bergefien
jener Bildung, zumal da die Endung e mwegblieb und alfo nicht mehr Menſche
gefagt wurde, die jest herrſchende an ſich umrichtige ftarfe Biegung ein : das
Menſch, —es, BI. —er, und dieſer Blural die Menſcher kommt z. 3. ſchon
bei Abraham a Sancta Elara (+ 1709) vor, weldier die Frauenzimmer-
Menfher und die Dienfimenfder hat, Tetteres bereits mit bem erſt auf-
tauchenden ungnten Sinne nicht ſonderlicher Zucht.
Mennet — Weriblan 11
f der Mennet (e kurz), Gen. des Memiettes, Pi. die Mennette, im
Hochdeutſchen lieber die (Göthe X VI, 165) Menuet, PL. Menuet-
ten, ein (urſprünglich franzöftiher) Tanz von langfamer, feierlicher
Bewegung.
1711 bei Räblein franz.-bentfc-ital. Dietion. 580° „eine Menuet“, aus
franz. der menuet, welches von dem aus lat. minätus == „Hein“ geworbenen nod)
im 18. Jahrh. vorfommenden franz. Adj. menudt = bilnn, fein, Hein; alfo gleichſam
Meinfhrüttanz, nad den Meinen Schritten (pas) benannt. Derfelbe, nnter Lud⸗
wig XIV. u. Ludwig XV. fehr beliebt, fol aus der Provinz PBoiton in WeRfrant-
reih ſammen. — Gemeinhin betont Mennet.
T mercanttlijh = kaufmänniſch, faufmannsmäßig.
Abgeleitet von mercantil d. i. franz. mercantile = faufmännifd, Handels⸗
8. das Mercantilmefen = Hanbelsweien, der Handel und Verkehr], welches
ein von mdrcans (Gen. meroäntis), ben Part. des Prüf. bes lat., auf die merx
= Waare zurlidgebeuben Berbums merchri —= handeln abgeleitetes nenlat.
mercantilis voraußjekt.
ver Mergel (e ä), —s, BI. wie Sing. : fette, düngende Erdart.
Davon mergeln = mit Mergel düngen. Ä
Märgel und märgeln zu fhreiben, wie Friſch n. Adelung im Hinblid
anf die Herkunft wollen, ift unnöthig, zumal ba der alte Umlaut e hergebracht und
bier au im Schreiben allgemein Hblih if. 1482 „mergel domit man acker
dunget“ (voc. theut. Bl. v1?), mhd. der mergel, mittelb. au mit i flutt e ber
mirgil, abb. der mergil, im 16. Jahrh. nieberl. der merghel, marghel, altnord.
der mergill, aus dem gleichbeb. mittellat. die märgila, welches abgeleitet von, dem
ebenfalls gleichbedentenden lat. over vielmehr nah Plimius hist. natur. 17, 4 ur-
ſprünglich keltiſchen (gallifhen) Die marga. Das Verbum mergeln if mhb. gegen
1400 merglen (Weisth. IV, 6), mitteld. im 15. Jahrh. mergeln, mittelnieberb.
(1309) mit i durch Auffteigen des Umlaute e myrgelen, im 16. Jahrh. nieberl.
märghelen.
mergeln (e = ä) = mit Mergel (f. d.) düngen. Aber ein von
biefem verfchiedenes mergeln (e= ü) = kraftlos machen; bis aufs
Blut und zur Ermüdung plagen ober auch in foldher Stärke in An-
ſpruch nehmen. ſich mergeln — fich angeftrengt bis zur Er-
mübung plagen.
Das zweite mergelm iſt älter-nbb. mergeln, merglen, auch mit 5 mörglen,
nennieberl. mörgelen, nieberd. mörkeln (= fi abmühen. Schambach 138%),
aacheniſch mergele (intranfitiv in ber Beb. „abſterben“), abgeleitet von einem eine
fahen mergen (?), nieberb. mörken, = angefirengt ober mühfelig arbeiten, fi
abmähen (Shambad a. a. O.), felten reflexiv sek mörken (ebenda), welches,
wie es ſcheint, mit e Ratt 5 und bei Übergang des erfien n zu 1 (vgl. & und
fammeIn) aus einem vorausgehenden mörgenen (?), von dem mittel. Adj. morgen,
morghen, = faft- und kraftlos, ſchlaff, mager, in 1476 mitteld. [am Rheine]
morgen werden (Diefenbach nov. glossar. 246°), mittelrbeiniih in ber nod
dem 15. Jahrh. angehörigen Handfrift Nr. 180 der Mainzer Stabtbibliothef
„morghen werden“ neben „dorren“, beibes bei lat. marcöre, welches ba in ber
Beb. des von ihm abgeleiteten lat. marcdscere, — kraftlos werben, wellen, er-
ſchlaffen, mager werben, verflauben if. Bol. au ab-, ansmergeln.
ver Merid ian, —es, BI. —e : die Mittagslinie, der Mittagskreis,
18 Meringel — Men
d. h. die den Äquator und bie beiden Pole durchſchueidend gebadhte Linie, ik
welcher für jeden barin liegenden Ort der Erbe bie Sonne am Mittege um 13 Uhr
ſteht. Aus dem lat. von der meridies = Mittag abgeleiteten Adj. meridiAnus =
mittägig, welches mit hinzugedachter Ergänzung von ber circulus = Kreis
[eirculus meridiänus] ben Mittagstreis bedeutet. Im Mittelbochb. ſteht, gleich-
falls entlehnt, die möridiAn — Mittagszeit, Mittagshöhe (Myst. I, 869, 84).
die Meringel, Pl. —n, eine Ar tvon Zuder gebadenem.
Bei Voß Idyllen 13, 211. Ein dunkles Wort; ob zufammengefegt mit nieberd.
mör, mser, in ditmarſcher Mundart mer, = mürbe ?
der Merk, —es, PL. —e : breitblätteriger Eppich, Waſſereppich, sfum
latifölium. Niederdeutſch.
Schon mittelnieberd. merk neben eppe, = Eppich (hor. beig. VIL, 80°).
mertbar (e = ä), zuſammengeſ. mit merfen.
1691 bei Stieler S. 1371 mit mertbar zufammengef. bie Merkbarkeit.
merken (e = f) = mit etwas zum Kennen verfehen; an ober aus
Zeichen auffaflen ober fchliegen, mit vem Geijt auffaflen und feithalten.
- Davon : der Merter; merklich, Adj. u. Abo; das Merkmal,
—es, BL. Merkmale, mertwärbig, Adj.; das Merkzeichen ıc.
Senes merten [mit Acc., ungewbhnlich und felten mit Dat., „Hippokrates ließ
ihnen nidts von feinem Erflaunen merten“ (Wieland, Abberiten BG 2 Cap.
5)], mhb. merken, ahd. merhan [b. i. urfprünglid marh-j-an (?)], merchan,
merken, (11. Jahrh.) merchen, mittelb. au mit Auffteigen des Umlautes e zu i
mirken, = mit etwas zum Kennen (mit einer Bezeichnung) verfeben, bezeichnen
zum Kennen, mit'dem Geift auffaſſen und fefthalten, feft beachten, beobadıten, wahr-
nehmen, unterfheidend wahrnehmen, auslegenb verfteben, altfrief. merkia, wurde
abgeleitet von abb. die marha, marcha, marks, = Bezeichnung, urfpringlich
Grenze, unferm die Mark (f. die Markt 1). Merker ift mhd. ber merke =
Aufpaffer, beſonders bei Liebesverhältnifien, dann einer, bem Poefien zur Prüfung
vorgelegt wurben; das Adj. merklich mhb. merkelich, merklich, = gut zu be-
obachtend, deutlich, wichtig, auch f. v. a. tabelflidhtig, wovon das mhb. Abo. merk-
liche — bemerkbar, unfer uhd. Adv. merklich.
bie Merle (e — ä), Pl. —n: Amſel. Bayeriſch Schmeller II, 619).
Im 15. Jahrh. bie merle, gefürzt merl, aus dem gleichbed. romaniſchen (ital.)
die merla, lat. bie merula, neben ital. der merlo, franz. ber merle, lat. ber
merulus = Amfel. Mittelhochdeutſch aber fon das Dim. bad merlin = Amfel,
welches im Neuhochd. Merlein wäre.
ver Merrettig (e £urz), bei der urfprünglichen Kürze des e in Meer
(mhd. mer) beffer als Meerrettig (f. d.); -
doch nur mundartlich, und fo hochdeutſch unüblich. Die Kürze Mer- if
übrigens ganz glei der des bar in barfuf neben baar und des Her in Her-
berge, Hermann, Herzog neben Heer. Am riätigften ſchriebe man Mer-
reitich, welche Form aber nit mehr vorlommt. ©. Meerrettig.
ber Merz (e = ä), —e, Pl. —e, ehebem und richtiger ſchwach im
Gen. Sing. —en, Pl. —en : der britte Monat im Jahre. Zufam-
menf. mit dem fchwachen Gen. Sing. : ver Merzenſchnee, ⸗»ſtaub ꝛc.
Aber in eigentliher Zufammenf. : die Merzamfel, ber Merz
Schnee, -ftaub, das Merzveilchen ıc.
merzen — wefen 719
Merz iR mit dem alten Umlaute e hergebracht und eingeblirgert, weshalb
März mit & zu ſchreiben wicht bloß unndthig, ſondern ſelbſt pebantif iR. Die
ſchwache Biegung iR die urſprüngliche, denin das Wort iR geflirgt aus bem älteren
ber Merze, mhb. und ſelbſt ſchon im 12. Jahrh. der merze [fo bei Jacob
Grimm, and bei Lexer, aber bei Wilhelm Wadernagel u. 9. mörze),
merce, mit bem @en. bes merzen und dem Plural bie mersen, in Gloſſen auf
der mers, (mit dem Umlaute, benn) abb. der marco, fpät-mbb. Im 15. Jahrh. no
vereinzelt umlautlos ber martse, weldies liberfommen aus lat. Märtius (mit
Greänzung von ber mensis Monat) = ber dem Mars (Gen. Martis), dem Kriegs⸗
gotte Der Römer, geheiligte Deonat. Gleiche Kürzung und banad) gleiches Über-
fpringen im die ftorle Biegung, wie bei Merz, zeigt fih bei Mai (f. d.). Der
dentſche Name if ber Tenzmonat, ahd. der lenzinmAnöth (f. Lenz). Merz-
amfel beißt die Amfel, weil die Iuugen fen im Merz ausgebrütet find.
merzen (Gotter J, 419), in ausmerzen (f.d.), üblicher, als märzen.
das Merzſchaf — als untaugli ausgemerztes Schaf.
Zuſammengeſ. mit dem vorhergehenden merzen.
der Merzfchnee, »ftaub, das Merzveilchen, ſ. Merz.
tmeihant = ſchlecht, garftig, boshaft, ſchändlich.
In gemeiner Ausſprache das frauz. mechant (fprid meschäng) == elend,
ſchlecht, boshaft, altfranz. mescheant, welches das Barticip des Präſens won mes-
eheoir = ütel falleu, übel ausichlagen, entRanden aus bem lat. minus cädere,
iR. 1728 bat Sperander ©. 871° ale Frembwort bei uns noch gerabezu mechant.
die Meſſe, Pl. —n: die hohe feierliche Handlung bes Priefters in ber
tatholifchen Kirche, den wahren Leib und das wahre Blunt Chrifti
in den Geftalten des Brotes und Weines Gott zu opfern, als unblu-
tige Erneuerung bes Opfers Chriſti; die bei biefer Hantlung vorge-
fchriebenen Gebete und Gefänge,; großer mit befonderen Vorrechten
und Freiheiten verfehener Waarenverfehr durch ausgebreitete Zuſam⸗
mentunft von Berkäufern und Käufern an einem Ort und während
längerer Zeit, großer Jahrmarkt mit Vorredhten; Geſchenk von einem
folhen Waarenverlehre, Meßgeſchenk.
hd. die mösse, gekilrzt möes, aber auch misse, ahd. bie mössa, urſprünglich
mit ungebrodenem Bocal bie misse, in den beiben erſten Bedeutungen, wie in
ber Beb. von Feiertag, Fer (vgl. Kirmes), ans welder dann erſt zu Anfange bes
15. Jahrh. [„(lfat.) Nundine, jarmarckt, möss“ im did. ord. rer. vou 1429 BI. 2°]
die eines bevorrechteten Marktes, eine® Jahrmarktes bervorgieng, weil man einen
ſolchen ſchou frlihe mit einem kirchlichen Fefte gerne verband. Ans dem glei nad
Conſtantins des Großen Zeit üblichen lat. bie missa — Entlaffung (missio), zuerſt
und vorzugsweiſe die der lirchlichen Berfammlung, banı die Abenbmahlshanblung,
jofost jene oben angegebene hohe feierlihe Handlung bes Prieſters, enbli Fer.
Das lat. Wort aber gieng hervor aus lat. „ite, missa est“ (nämlich oöncio) =
geht, fie (nämlich die — gottesdienſtliche — Berfammlung) if entlaffen! ober
auch bloß „missa, est“ == fie if entlaffen! womit in ber alten Kirche bie durch
Unterricht noch nicht vbllig Gereiften vor ber Hffentlihen Abendmahlshandlung ent-
laſſen wurden, ba fie an biejer nicht Antbeil nehmen burften.
meffen, Prüf. ich meffe, du miffeft, er miffet, mißt, wir meilen ıc.,
Brät. ih er maß, Conj. ich er maͤße (mit langem &), Bart. gemeffen,
80 | Meſſediener — Mefler
Imp. ii, 1) tranfitiv : in dem Wiegroß, Wieviel mrittelft einer Größe
beſtimmen oder erforſchen. Nefleriv : fih meffen = fih im Wie
groß vergleichen. 2) intranf. : eine beftimmte Größe, —⸗mal enthalten,
ein Wieviel, Wiegroß in Raum, Gewicht, Zeit, Kraft enthalten.
Statt meßen, und HiR. richtig if überall 6, wo wir in dem Worte jest fi
fhreiden. Denn mhd. möggen (Prät. id) er mag, wir fie mägen, Bart. gemäggen),
— das Wiegroß, Wieviel erforihen u. befiimmen, zielen, zutheilen, gefalten,
vergleihend betrachten, überbenten, prüfen, abb. mögen (Prät. ih er mag, wir
mäzumös, Bart, kimdözan, mp. mig), möggen, jpäter mögen, mözzen, == ba6
Wiegroß, Wieviel erforſchend beſtimmen, dann auch ſ. v. a. wägen (gi Arad. 968°), goth.
mitan (Prät. id er mat, wir môtum, Part. mitans), altfähf. mötan, angeljädf.
-mötan (au = wofür halten, ſchätzen), altfrief. möta, altnord. möte (= nad)
Werth beſtimmen, fchägen, abſchäützen). Das Wort, in alter Zeit immer tranfitiv,
erſt neuhochd. auch refleriv und intranfitiv, ſtimmt der Lautverfhiebung gemäß mit
med, mod (flatt mad) in gr. ber medimnos (uEdıuvog), ber Benennung eines
attifchen Getreivemaßes, lat. der mödius = Scheffel und der mödus = Maß
(ſ. d.); merkwürdiger Weife aber ſtimmt es auch mit hebr. mAdad (779) == meffen.
Die Wurzel, doch ohne andlantenden «bleitenden Konfonanten, zeigt ſich noch in
fanflr. m& == mefjen, befien & das 8 in dem gleichbeb. fat. mötiri (b. i. mö-t-iri)
entfpridt. ©. Maß, das Meß, die Mege 1 und auch Metrum
ver Meffediener (Schiller M. St. 1, 4), gekürzt Meßdiener
(jtatt Mefjspiener), = der bei der Meffe (f. d.) ben opfernben
Priejter mit Stimme und Hand Unterftübenbe,
mefjentlih — für die Dauer einer Meffe, während ver De ffe zeit.
So 3. B. zu Frankfurt am Main : einen Laden meffentlich vermiethen.
Mit eingetretenem ⸗t bloß aus Nachgiebigkeit gegen die gefligige Verbindung biejes
Buchſtabens mit n. Ebenfo in namentlich, wöchentlich.
ber Meſſer, —s, Pl. wie Sing. : wer mißt.
Hiſt. ridtig iR Meßer zu fohreiben. Denn mhd. der mözzere, mögger, ahb.
ber mögari, m&zzari, von meffen.
das Mefjer ((— ä), —, BI. wie Sing. : Schneide- [auch Stechwert-
zeug aus Klinge und Heft (Stiel) beftehenn. Zuſammenſ.: ber
Meſſerſchmid [1482 mässersmidt]; die Mefferfpige ꝛc.
Meſſer iſt Hi. richtig Meß er zu fehreiben; denn mbb. da8 mezer, mezger,
im 11. Jahrh. mezer, megger, mezzir, auch einmal fhon im 10. Jahrb. (gl.
lindenbrogine ©. 574°) mezer, gellirgt aus ahd. das megers, vollflänbiger
mezgeres, megzires, megres, mit ungefhwädten leßten Wocale meggiras (Died.
I, 498“, Haupt Zeitschr. V, 868*, 108), megzras, zugleich noch mit dem urfprilng-
lichen h mezrehs, [mit Überfhlagen bes i in meggt- in a] megzgarehs (Die. I,
494"), älter meggirahs (Diut. I, 511°), welches mit Übergang des s in r (f. R)
zwiſchen Bocalen (hier i und a) das nur einmal aufzumeifenbe ah. das mezgisahs
(Dit. I, 524*), eigentlih megisahs (?), abgetheilt mdgi-sahs (?), ift, wie denn aud)
nod mit bewahrtem s im 12. Jahrh. am Niederrhein megses (Mother 2510, im
ber Ausg. von H. Rückert 2517) vorlommt. Dieſes megisahs würde bei den
Gothen mätisahs gelautet haben, gerabe fo wie fte für Brot-, Speifefad ber
matibalgs [ber balgs iR uufer Balg, f. d.] fagten, und if zuſammengeſetzt 1) aus
goth. der mats (im Plural mateis), ahd. in älteſter Zeit ber mag [im Plural bie
Mefiug — Mefe _ 81
megi (?), megzi (voc. Kerönis ©. 164°, 87. Diut. I, 196°), mit ei flatt e meigt
(Dit. I, 196®)], altſächſ. das mat, altnorb. ber matr, woneben, davon abgeleitet, das
gleichbedentende altfäch]. ber meti ff. Mettwurft), angelfäch]. der mete (PL. mettas),
altfrief. ber mete, met, meit, ahb. (nit vorhanden, oder doch nicht nachweisbar)
ber mezi (?), und 2) ans bem, bem lat. ba® säxum — Fels, Stein, der Lautver⸗
ſchiebung gemäß entiprechenben ahd. das sahs, angelfächl. das seax, altnord. das
sax, — Meffer [das bekanntlich zuerſt ein ſcharfer Stein war], kurzes d. h. meffer-
artiges Schwert zu Hieb und Stich (f. Safe), von weldem wie eine Ahleitunge-
fübe in Meſſer angefehenen Worte zuletzt nur ber in r lbergegangene Anlant
übrig blieb. Das Ahd. aber hat neben megisahs auch in berfelben Zufanımenfeßung
und Bed. das magsahs (von der Hagen Denkmale ©. 86), und von gleicher Zufam-
menfegung nod finden ſich ahd. das mezzimös (voc. Kerönis 164*), mazgimds
(Diut. I, 196%), = Gpeifemns [ähnlid mie bei uns noch „Effenefpeife”], Mine
ale Mahl, ahd. der megiban == Bann b. h. fharfes Verbot (einem Verbrecher)
Speife zu reihen. Jenes megisahs, mezzirahs 2c. bebeutet hiernach zunächſt f. v. a.
Schneidewerkzeug zum Zerlegen ber Speife, unb fleht daun überhaupt, wie unfer
daraus hervorgegangenes Meffer, and in dem Sinne eines kurzen Schwertes.
Noch mehr gekürzt iR das Wort in aachenif das mets, und ſelbſt Ansfoßung
bes t (mhb. u. ahd. z) zeigen mittel» u. neumieber!. das mes (e farz) und nieberb.
das mest, deſſen t unbefugt angetreten. Meſſerſchmid if 1482 messersmidt
(voe. theut. Bl. v2®), mbb. megzersmit.
das Meffing (e = 8), —es, PL. —e : aus Kupfer und Zinf ge
mifchtes Metall. Davon : mejfingen. AZufammenf.: das Meffing-
blech x. |
Meſſing ik mbb. und (zuerſt friibh, doch felten) im 12. Jahrh. (Schlettst. GL.
Nr. 31, 23) der messinc, 1469 mittelrheiniſch mit einem aus e auffleigenben i
myssing (voc. ex quo), — gemilätes nneble® Metall, beffen größter Theil ans
Kupfer beſteht, altnorb. bie messing; angelfädhf. mäsling. Mittel ver Ableitungs-
filbe -inc, beren i Umlaut des vorausgehenden Vocales erzeugt, von bem gleichbeb.
mhd. ba8 messe (Gudrun 1109, 3), mweldes neben mhb. die mense, mässe, —
Metolliumpen, Metall, beftiimmtes Maß an Metall, au® lat. die massa (f. Maffe)'
= Mumpen, Metallliumpen, entlehnt if. Kür das Abi. meffingen, im
15. Jahrh. messing und messingen, fommt auch messin, messin, unb im Mhd.
messin, möschin tor (Basler Bischofsrecht &. 48), von welchen das letzte von
ſchwab. das mösch (neben das mese, möss), ſchweiz. das mösch, = Meifing.
meffingifch (e = &) = nieber- und hochdeutſch zufammen in Wörtern
und Endungen gemiſcht. 3. B. mejjingifch reven ıc.
Im Nieberbeutihen. Ob aus franz. messin — metziſch, wie man zu Met
ſpricht, wo man nämlich eine Mifchfprache, Tpäter ein unreines Franzöfiſch rebete?
ober ob eine Anwendung von 1482 messingisch = aus Meffing Miſchmetall]
beſtehend (voc. thewt. BI. v2)?
bie Mefte, BL —n, 1/; Malter haltendes Maß.
Ein mitteldeutfhes Wort. Im 14. u. 15. Jahrh. die möste in ber Beb. bes
Fruchtmaßes (Urkunde v. 1851 in Würdiwein diecesis moguntina, tom. II, 51.
Weisth. III, 458), dann insbefonbere f. v. a. Gefäß zu Salz, Salzgefüß (Mone
altteltf he Schaufpiele S. 119, 838), Salzfaß (Fundgr. I, 888%). Mit dem im
Mittelventfhen öfter vorfommenben s für Z fatt mözte von ahd. mögan meffen
G. d.), wie bie Maſt (f. d.) mbb. u. ahd. mast flatt magt. Das -t if ableitend.
Weigand, Wörterbud. 4. Aufl. Br. 2. 6
82 Meſtize — Metamorphofe -
Fer Mefttze, —n, BI. —n: Miſchling d. h. Kind von einem Weißen
und einer Indianerin (einer Mutter vom Urvolfe America's) ober von
einem Indianer und einer Weißen.
Aus ſpan. der mestizo = Kind von Eltern verfdiebener Rage, urſprünglich
auch verſchiedenes Standes, welches ein mittellat. mixtioius vorausjegen läßt von
lat. mixtus = vermifdt.
das Meß, Gen. des Meffes, Pl. die Meile, ein Getreivemaß, ein Holz
maß (etwa eine Klafter) ꝛc. In Franken u. Schwaben.
HiR. ridtig überall ß, alfo auch bes Meßes, bie Meße. Mhd. u. ahd. Das
mög, befonders in ber Bed. eines Flüffigkeits- oder Getreidemaßes, entiproffen dem
Bröfens des Wurzelverbums meffen (f. d.).
ber Meßdiener, was Meffediener (f. d.). Statt Mefispiener.
bie Meßkette — Kette zum Miffen von Längen und Entfernungen
einer Bobenfläche. die Meßkunſt. Zufammengef. mit meifen (f. d.).
br Meßner, —, BI. wie Sing. : Kirchendiener, Küfter.
Hif. rihtig Messner oder auch Meſoner. Denn mbb. der medssensere,
mössener, mesnsre, mesner, ahd. (aber erſt im 11. u. 12. Jahrh.) mesinari,
mösinare, — Jüfter, Tempelbliter, Thürbliter bes Tempels. Nicht von Meſſe
(f. d.), ſondern aus mittellat. [um 1160] ber mesenArius (monumenta boica I,
86), welches mit Ausfall bes n ans dem lblicheren wmittellat. der mansiondrius =
Wächter und Hliter bes heiligen Gebäubes, Thürhüter des Tempels, ber Kirche,
abgeleitet von lat. bie mAnsio —= das Bleiben, der Aufenthalt, tie Wohnung,
woraus franz. maison = Behanfung. Erhalten hat fih das n no in dem im
Hoch deutſchen bes 14. Jahrhunderts fi ausnahmsweiſe finbenden ber mensner =
Käfer, [fat.] mansionärius (voe. opt. &. 36°, 52 u. 58). Bgl. Schmeller II,
600 u. 681.
bas Mekopfer, von ber kirchlichen Mefſe (f. d.). vie Mtißwoche
— Wode einer Meſſe (eines bevorrechteten Jahrmarktes).
Mit unberechtigtem ß, ſtatt Meſſsopfer, Meſewoche.
das Metall, —es, Pl. —e : von Geſtein und Erbe geſchiedener
ſchmelz- und vehnbarer Körper. metallen, metallifch, Abi.
Böllig eingeblirgert. 1482 das metall = Erz (voc. theut. BI. v8*), mıhb. 1814
ba8 metalle, auch bie metalle (Frauenlodb, Ausgabe v. Ettmäüller ©. 80, 83, 8),
1475 cleviſch metail (Teuthonista), aus gr.-Iat. das metällum, gr. ba8 metallon
(ufrarrov) urjprüngid = Grube, Stollen in der Erbe, dann das darin Ge-
fundene, enbli wie unfer Erz, Metall. Das Adj. metalliſch iR nach bem von
dem griechiſchen Subflantiv abgeleiteten gleichbeb. gr.⸗lat. Adj. metällicus, gr. me-
tallikds (werardızöc), gebildet; metallen, 1678 metallin, ans einem and)
durch ital. metallino vorausgefegten mittellat. Adj. metällinus.
rt der Metallurg, —en, Pl. —en : Erzfcheivefünftler; Bergwerks⸗,
Erzkundiger. Davon die Metallurgie,
Metallurg if aus dem gr. Abj. metallurgds (ueraAAovey&) = „Metall
verarbeitend” gebilbet, meldes zufammengef. aus gr. das metallon (uEraAAor)
und einer Bildung von gr. das ergon (Zpyor) = Werl, Arbeit.
T die Metamorphofe, Pl. —n : Um, Verwanblung in eine andere
Geftalt. metamorphoftieren.
Metapher — Meth | 83
Senes au® gr.-lat. bie metamorphösis, gr. die metamdrphösis (nerausepma:c)
= Berwandlung, Umgeftaftung, von metamorphdein (uerauoppdey) = umge-
Rolten, welches zufammengef. aus bem in Zufammenfegungen oft ein Übergehen
bon einem Orte zum andern, eine Veränderung anebrlidenden gr. met& (eig. =
jwilden) unb morphdein (uoppdeır) = geftalten [von bie morphd (uopyr) =
GeRalt, Form). Wbgeleitet von jenem gr. metamdrphösis if das franz. Verbum
m6tamorphoser, woraus metamorphofieren.
fdie Metapher, Bl. —n : uneigentlicher, bildlicher Ausprud, z. B.
Sohn des Waldes — Jäger, die NRofen ver Wangen — bie Röthe
verfelben :c. metaphoͤriſch — uneigentlih, bildlich, durch
Blume (d. h. Anſpielung) in der Rede verdeckt.
Metapher if aus dem gleichbed. gr.⸗lat. bie metäphora, gr. die metaphor&
ueragoocd), eig. = das Weg⸗, Anderswohin⸗ Übertragen, von dem Verbum
metapherein (uerapepsiv), einer Zuſammenſ. von mota (ſ. Metamorphoſe)
und pherein (pEosıy) = tragen. Das Ahj. metaphorifch wurde gebildet nach
dem von metaphor& (uerapopd) abgeleiteten gr. metaphorikds (uerapopıxdg)
= fiberiragen, dann „uneigentlich.”
tdie Metaphyſik = Wiſſenſchaft des Überfinnlichen. ber Meta-
phnfiter. metaphyſiſch, Ab,
gebifbet nad dem gr.-mittellet. Adj. metaphfsicus, fpätsgr. metaphysikös
(ustapvoıxdc), — Über die Natur der Dinge hinansgehend, überfinnlich, zufam-
mengef. aus metä (ſ. Metamorphofe) und dem Adj. physikds (pvoıxöc) =
natürlich (f. Bhyfil). Auf der männlien Form metaphysicus beruht unfer mit
ber männfiden Ableitungsendung ⸗er gebildetes der Metaphyfiter, unb aus
dem Reutrum jene® Abjectivs im Blural, aber der gewöhnlichen Annahme nad
aus metä ta physikä (ver& r& yuoıxd) = „die (bei Arifoteles) auf bie Bücher
Über die Natur folgenden Bilder“, gieng gr.-mittellet. bie metaphysica, [pät-gr.
metaphysik& (uerapvorpd), unfer bie Metaphyfit, hervor. Sicher fcheint, daß
biefer Ansdruck zuerſt von einer Schrift des Arifkoteles gebraucht wurbe.
Ton Meteor, —s, BL. —e: Bufterfcheinung. bie Meteorologie
— Witterungsfehre, Wetterfunde; meteorologifch, Abi.
Meteor if aus ar. das metsöron (ueriwopor), dem Maſeulimm bes Abj.
met#öros („eriorpog) = in der Höhe [met& in, die e0'ra (dpx) = das Schweben,
bie ſchwebende Bewegung], in der Luft befindlich. Aus einer weiteren Zuſammen⸗
fegung mit einer Wbleitung von gr. ldgein — ſprechen, veden, gieng hervor bie
meteörologfa (uereupoAoyla) = Rebe, Lehre von Körpern und Erfheinmgen in
der Luft, wovon weiter das „zu jemer Lehre gehörig“ zc. ausdrückende gr. Adj.
metoßrologikds (uEerewpoAoyızdc), woraus unfer meteorologiid.
va8 (auch der) Meter, —s, PL wie Sing, "/aooooooo bes mittleren
Umfanges ber Erbfugel ober 4 bisherige großherzoglich Hefftiche Fuß.
Durch Reichsgeſetz von 1868 bei ums eingeführte Maß, aus dem gleichbed.
franz. ber mötre, welches ans gr.-fat. das metrum, gr. das metron [uEroov =
Maß (ſ. Metrum), dann Cubikmaß flir trodene und flüffige Dinge]. Der deutſche
geſetzliche Name iR Stab (f. d.).
ver Meth (e hoch), —es, PL. — : Honigtrant. Noch in Bayern.
HR. richtig Met, dem das h ale Zeichen der Dehnung iR unndthig. Mihb.
der möte, möt, ahb. der mötn, auch mod) mito d. i. mitu, mittel. ber möde, auch
6*
84 Methode — Metie
mödde, angelfächf. der mödu, mödo, meodu, meodo, altnorb. der middr. Das
Wort ſtimmt mit litthau. der medus, altjlaw. der med”, rufj. der miod” (m&AR),
fanffr. das madhu, — Honig [mwelder ja Hauptbeftanbtheil des Geträinfes war],
Metb, im Sanfte. aud) f. v. a. berauſchendes Getränt, gr. das methy (uE9v) =
Bein zc.
+ die Methode, Bl. —n: Verfahrungsart ; Lehrart, Lehrgang. bie
Methodik, wovon der Methopifer; methoͤdiſch.
Methode if aus gr.-lat. Die methodus [baraus bei Elanpins II, 60 der
Methodus)], gr. die methodos (uEHodoc), welches ſals Zufammenf. von met&
bier = nad, hinterdrein, und die hodos (ddöc) = Gang, Weg] das Nachgehen,
Berfolgen einer Idee, Weg und Art einer Unterſuchung bebeutet. Rad dem von
möthodus abgeleiteten gr.-lat. Abj. methödicus, gr. methodikds (ueHodızdg), if
metho diſch gebilbet, daneben aus der fubfantivifh mit Ergänzung von töchnd
(réxvn) = Kunft gefeßten weiblichen gr. Form methodikd (ueFodırn), gr.-Iat. bie
methödice, unfer Methodik, während anf jener männlichen methödicus mit der
männlichen Bildungsſilbe -er unſer der Met ho diker berubt.
+ die Metonymie GEſilbig), PL —n (bfilbig): Namenvertauſchung,
inſofern die Namen gewiſſe Verhältnisbegriffe ausdrücken, z. B. die
Arbeit ver Stiere = Getreide, den Schiller leſen = Schillers Schriften,
Lorbeer und Olzweig — Sieg und Friede ıc. metonymifd.
Metonymie if aus gr.-lat. Die metonymia b. i. gr. metönymia (usrovvule),
welches zufammengef. aus gr. met& (ſ. Metamorphofe) mit einer Ableitung von
gr. das dnoma (dvoua) Rame. Bon jenem Subf. kommt dann das gr. bj.
metönymikds (uerovvuxdc), weldes gr.-lat. Zu metonymicus wird, wonach
unjer metonymifd.
T die Metrit, BL —en : Verskunft, »Iehre. der Metrifer = wer
bie Verskunſt verfteht und zu üben weiß. metrifch, Adjectiv. das
-Metrum, —s, PL. (lat) Metra : Versmaß.
Fir Metrum, gr.-lat. das metrum, gr. das mätron (uEroov), = Maß, dann
Bers-, Silbenmaß; ohne Zmeifel beffer, als biefes allzu tren frembe Wort, ſchon
althochdentſch daraus entlehnt das m&tar, möter, — VBersmaß, Vers. Bon jenem
griech. metron aber das gr. Adj. metrikds (werpıxdc), dann gr.-lat. meötricus, und
auf dieſem beruht mit ableitendem -er unfer ber Metrifer, wie auch nad) ihm
zugleich unjer metrijch [woflir ah. bei Nosker möterlich] gebilbet iR; außerdem
entnahmen wir ber ſubſtantiviſch gefegten weiblihen Form gr. bie metrikd
(uereixn), mit Ergänzung von töchnd (zEyyr) Kunſt, unfer Metrit. Übrigens
ift gr. metron [b. i. me-t-r-on] von derſelben Wurzel mit meſſen (f. b.).
Tdle Metropole, BL. —n: Mutterftabt, PBrovinzialhauptftabt. der
Metropolit, —en, PL. —en : (griechiſch⸗katholiſcher) Erzbiſchof.
Die Metropole if aus gr.-lat. Die metröpolis, ‘gr. bie mötröpolis (unrod-
Roiıc), einer Zuſammenſ. von gr. Die mötEr (une) = Mutter und bie polis
(nörıg) = Stadt. Bon diefer Zufammenjegung Tommt baun gr. ber mötro-
politös (untoonoAlın) = einer ans der Mutterflabt, im Griechifch-Lateinifchen
Der ‚netropollia = Biſchof in ber Provinzialhauptſtadt, woraus unjer Metro
polit.
bie Mette (e = 8), Pl. —n : (fatholifche) Frühmeffe.
Sieh auch bie Chriftmette. Mhd. die mettine, mettine, Daun mettene,
Mette — Metze 85
and, gefäirzt bie mettin, metten unb metti, woraus im Nenhochdentſchen Mette
wurde, ahd. (im 10. u. 11. Jahrh.) die mettina [metdina (Diut. III, 169)], mättina
(Noiker Ps. 88, 52), zunähk in Bezug auf die gottesdienſtlichen Werrichtungen
oder Ehorgefänge der Ordensgeiſtlichen (Schmeller II, 648) gebraucht, if ent-
lehnt aus lat. die matutina [mit Ergänzung von die höra = „Stunde” in Ge-
danfen] — Früh⸗, Morgenfiunde, der weiblihen Form des lat. Adj. matutinus =
früh, woraus and) ital. der mattino und bie mattina = Morgen.
die Mette (e — 8), Pl. —n : fliegender Sommerfaden, Marienfaben.
Bei Klopſtock Od. U, 207, Voß (f. Luiſe 8, 1, 27) aus dem Nieberbeutfchen. Es
iR metje in bem nieberb. sommermetjens (Bichey ©. 162) unb slammetje
(brem. Wtbc IV, 799.) = Mariengarn, eigentlich wol f. v. a. Schlepp-Metje
(ogl. Altemeiberfommer und Grimm Mythol. S. 744), wonach denn ein
anderer hamburgiſcher Wusprud, metken-sommers, als Metje- Schleppen zu ver-
Reben fein bürfte. Metge nämlid, Dim. von Meta, einer Zufammenziehung aus
Margareta (f. d.), if nieberd.: weibliher Name, mit welchem auch ein ins
Baffer ziehendes Wafferweib benannt wird (brem. Wtbch IE, 155); der Volks⸗
glaube aber hält ven fliegenden Sommer für ein Geſpinſt von Elfen und Zwergen,
und übermenſchliche, göttliche weibliche Wejen werben aud ſouſt fpinnend nnd
webend gedacht (ogl. Grimm Mythol. ©. 440). Der fliegende Sommer erſcheint
aber and im Glauben des Volkes als Schlepplleib (ſ. Alteweiberfommer).
die Mettwurft (e = ä) = Wurft aus gehadtem Schweinefleifche.
1417 nieberb. die metteworst (Diefenbach nov. glossar. 289°), dann mette-
worste, metworste (beffen glossär. 387°), heute nieverb. bie metwurst, nieberl.
bie metworst, zuſammengeſ. mit nieberb. un. niederl. Da8 met — gehadtes Schweine-
fleiih ohne Sped zu Wirken, welches altjäch]. ber meti, angelſüchſ. ber mete,
altfrief. ber mete, met, — Speife (f. Maßleid unb Meſſer), zu deſſen Wurzel
auch die Maſt (f. d.) gehört.
die Mege (e = A), Pl. —n, ein kleineres Trodenmaß, in manchen
Gegenden, wie die Mefte (f. d.), !/; Malter.
Mhd. der metze (Helbling DI, 821), im 10.—11. Jahrh. Der mezzo (Graf II,
898. Schmeller I, 662), weshalb aud) noch bayeriſch der Metzen dem ander⸗
wärts wie in Franken ꝛc. üblihen Die Metze gegenüber. Adgeleitet von dem
Sing. des Prät. von ahd. mözan meffen (f. d.).
bie Mege (e = ä), Pl. —n: zu umgzüchtiger Geſchlechtsluſt wilfige
ober feile weibliche Perfon.
1784 bei Schiller Kab. n. 2. 2, 6 Mätze, aber 2, 7 n. 5, 7 Mäze. Das
Wort hat erſt im Neuhochdentſchen vorwiegend biefen Begriff, ver freilich ſchon im
15. Jahrh. durchbricht, wenn metze als veräditlihe Benennung eines Frauen⸗
jimmers, eines Mädchens vorkommt, wie denn 3. B. bei Wistenweiler Ring ©. 101,
42, dann 102, 17 das nicht ehrbare heirathsfähige Mädchen Mäcz, d. i. Metze,
beißt und &. 142, 14 bie Dorfmäbchen dorfimäczen, d. i. dorfmetzen, genannt
werben, auch 100, 10 fprihmärtli angeführt iR „m&äcz [= lieberliche, Teichtfertige
Beibsperfon] ym haus und feur im kübel —.die bezalent iren wirten übel,“
enbli die metz — Hure (Fichard frankf. Archiv IH, 2838ff.) vorkommt. Metze
nämlich, in mbb. Urkunden aud) noch alterthiimlicher Metz& (z. B. bei Baur heff.
Url. &. 492, 715), im 11. Jahrh. ſelbſt ohne Umlaut Matz& (f. Grimm Gramm.
II, 788), das durch Kürzung gebifvete vertrauliche, Tiebfofende Dim. des aus ahd.
das madal, goth. das mapl, = Markt (eig. Berfammlung, ſ. Gemahl) und ahd.
86 Metze — mepen
bie hilt (f. Mathilde) zufammengefegten ahd. Frauennamens Madalhilt, latini-
firt Madalhildis [= Berfammlungstampf, d. 5. wol f. v. a. in der Kampfbe-
rathung antreibende Kümpferin ?], wurde gelänfiger Franenuame und fofort fehon
im 14., namentli& aber im 15, Jahrh., gewöhnlicher Name flir ein Krauenzimmer.
Dieß 3. B. wenn in bem deutſchen Brevier bes 14. Jahrh. in ber Gießener Hanb-
fchrift Nr. 878 BI. 107° (f. Haupt Zeitschr. VL 484) unten am Rande in fhöner
gleichzeitiger Schrift zu lefen it: „Wör ditz büch löse där bite [bitte] vor einer
metzen s8le." Dann entwidelte fih in bem Kamen die Beb. „Krauenzimmer
geringeres Standes“, woher weiter jenes Beräctlihe in der Benennung und,
vorzugsweije in ber Beziehung auf das in ber Diminntivbildung liegende Ver⸗
trauliche, Lieblofende, der Begriff ver Geliebten und zwar bald nur zu fleifch-
fiher Luft. |
bie Mege — der Theil des zu mahlenden Getreives, den der Müller
als Mahllohn für fih nimmt. Davon das vom Müller gebrauchte
Berbum meten : den ihm als Mahllohn zukommenden Theil des zu
mahlenden Getreibes nehmen.
" Beide Wörter in ber Oberpfalz unb Franken (f. Schmeller II, 668). In
älterer Zeit, noch 1657, war die Metze bes Müllers in ber Oberpfalz ber SOfe
Theil. Im 16. Jahrh. und auch fpäter die mitze, Mit, im 15. Jahrh. bie
miez, mycz, d. i. mitze (?), — das ‚Nehmen des Mahllohntheiles, biefer Mahl⸗
lohntheil felbf, wovon im 15. Jahrh. miczen, d. i. mitzen (?), bei Hans Sad 8
I, 4, 79° migen, iR mit Senkung bes i zu e uufer heutiges metzen. Jenes
fpät-mbb. bie mitze aber iR urſprünglich mittel -i, -j von mögan abgeleitet, und
fo ahb. die miz-j-a (?), mit Lantangleihung mizza (2), anzunehmen. Für bloßes
Mitz, Metze hört man auch beftimmter die Mühlmitz, Mühlmete.
bie Megelbant (e = ä) — Schlachtbank.
Im 15. Jahrh. die metzelbanck (Diefenbach glossar. 341*), beffen ‚metzel
aus lat. das macellum — Fleiſchmarkt, Ort insbefondere zum Fleiſchverkaufe,
jpäter, nämlid 1469, |. v. a. Fleiſchbank (voo. eo quo, wo babei „eyn fleyd bang“).
©. Metzelei.
bie Metzelei (eg — ib), BI. —n. Bon dem Verbum megeln =
ſchlachten, dann wiederholt und ungeregelt fchneiven,
welches fpät-mbb. (15. Sahrh.) metzein, mötzelen, ahb. mezzilön (?), = ſchlachten
(Weisth. V, 600), Fleiſch aushauen (ebenda I, 507, vom Jahr 1435), entlehnt
aus dem von lat. das macdllum = Fleifhmarft abgeleiteten mittellat. und fofort
ital. macelläre = ſchlachten, dann auch Fleiih (aus)hauen. S. au Metzler.
bie Megelfuppe (— ä), Bl. —n : an nem Tage, wann ein Schwein
in einem Haufe gefchlachtet ft, bereitete (Abend⸗) Mahlzeit, bei welcher
hauptjächlich von dem Thier aufgetragen wird.
Zuſammengeſ. mit megeln — ſchlachten (f. die Mepelei).
megen (e — &) = (Rieh) fehlachten.
Schwäbiſch (Schmeller II, 660); taber hochdeutſch ungebräuchlich Dem An- -
feine nad) aus italienif mazzäre, churwelſch und fpan. mazar, — mit einem
Kolben, Schlegel u. dgl. ſchlagen, womit zufammengefegt ital. ammazzäre [b. i.
ein mittellat. admazäre] = ſchlachten, töbten, woher dann bas jet veraltete ital.
ber ammazzat6jo [d. i. ein mittellat. admazatörium (?)] = Schlachthaus. Die
alte und jelbf noch jett bie und ba bewahrte Art des Schlachtens nämlih war,
bie Thiere [Ochfen, Kiihe, Rinder, Schweine] vor dem Durchſchneiden ber Kehle
megen — Mexler 87
ober dem Stiche durch einen Schlag (mit einem Holze ober Beile) auf ven Kopf
mieberzufchlagen [ogl. 3. B. Obyffee 8, 449. 14, 425]. Ienes mazzare nın fommt
von ital. die mäzza [woraus in ben 13 beutfchen Gemeinden Oberitalieng Matze
= Stoßel (Shmeller cimbrifhes Wibch 146*)] fpan. maza, provenzal. massa,
franz. masse, font mace, — Keule, Kolbe, Stab [daneben fpan. der. mazo =
hölgerner Schlegel, auch Beſchneide⸗, Schnigmefler], welde® mazza, mara ıc. aus
Iat. die mätea [es findet fih jebodh nur lat. die matdola —= Schlegel, mittellat.
maseiola, vor], mittellat. bie mätia == Schlegel, Keule, geworben iR (f. Diez
Wibch I, 269), woflir au ſchon im Mittellateinifhen bie mäzia, mäza, mazza,
massen, massia, massa, und bie Ableitung Die mazfica, maxfica, mit mittellat.
massichre == ſchlagen (Diefendach glossar. 850°), vorfommen. Daher dann wol
durch Entlehnung und deutſch geformt bie Metzge (f. b.), ber Metzger (f. b.).
Übrigens fagt man appenzelliih schloh (Tobler 818°) d. i. ſchlagen für umfer
gewöhnlich hochdentſches ſchlachten, wie ſchou mhd. slahen, ahb. bei Notker Ps.
58, 16 slahan, aud in derfelben Bed., und ſchlachten felb iR von dem von
jenem abb. slahan unjerm nhb. ſchlagen abgeleiteten Schlacht (ſ. Schladt 1
Aum.) abgeleitet.
megen, von die Miete (f. d. auf ber vorhergehenden Seite.
die Metzge (e = 8), Bl —n, ſchwäbiſch u. elfäffifch die Metzig,
Pl. —en : Schlachtftätte, Schlachthaus, Fleiſchbank.
Bei Söthe VIII, 154 die Mezge. Süddeutſch. 1482 „metzg, flaischpanck,
flaischhauße* (voc. theut. BI. t7°), mbb. die matzje, mezzje, mötzige (Closener
©. 95, 31. Königshofen ©. 752, 11), metzge, metzi, fpäter (15. Jahrh.) aud)
metzig. Wol aus dem Romanifhen, aus mittellat. maxica, mazfica? (f. megen).
meggen (e = ä) = (Vieh) ſchlachten und aushauen.
Spät-mhb. metzjen, meötzigen, mötzgen, mezzgen, — ſchlachten, nieberl.
matsen = meßeln, töbten, nieberb. matsken = fchneiben, hauen, zerfegen. Wol
ans dem Romanifen (aus wmittellat. massicäre d. i. mazicäre, |. megen).
ver Metzger (e = ü), —, Bl. wie Sing. : Schlächter, Fleiſcher.
Bufammenf. : der Meggermeifter, das Meggermeffer.
Megger in Süb- und aud Mitteldentſchland, wo 3. B. in ber Wetteran (bem’
Anfeine nach eingebrungen) ber Mexder [flatt Mexter] nnb vornehmer Metzker,
1483 „metzger, fleischhacker“ (voc. theut. BI. t7°), mbb. u. mittelb. ber
metzimre, mötziger, metzger, metzker, weldhes aber auch in ber Bebeutung
ſchindender, zerfleiſchender Folterknecht vorkommt. Dieß in bem metzjäre der
1298 gebichteten Martina des ſchwäbiſchen Ritters Ziugo von Langenstem BL.
166, 84. 169, 83. 170, 74. 184, 112. 1475 eleviſch (im Zeuthonista) mettzigher.
Das Wort wurbe wol aus dem Romanifchen [aus einem mittellat. der mazichrius?
masuchrius? maxuchrius?] dentſch gebildet, |. megen. Metzgermeiſter ift
mbb. der metzgermeister; Metggermeſſer mbb. das metzgermezzer (?).
bie Meyig (e — ä), ſchwäbiſch und elſäſſiſch, f. Menge.
ber Megler (e — ü), —8, BL. wie Sing. : Schlächter, Fleiſcher.
Su und bei Gießen Meatzeler mit ea fatt bes Umlaute e. Im voc. theut.
don 1482 BL. 17? „metzler, kottler“ (Kutter, von bie Kuttel, f. d.), mhd.
ber mötzeler auch im voc. ex quo von 1469], metzler, ahd. ver mezalari
(Otfried 2, 11, 7. 36), mezilari, mezelari, aus lat. ber macellärius = Fleiſch⸗
waarenhänbler, fpäter Fleiſchhauer, Fleifcher, von lat. das maodllum (f. Mekelei).
88 Menchelei — Meute
die Meuchelet, BL. —n! ber Meuchelmord, —s, BL. —e;
meichelmorben; ver Meuchelmörber, —s, PL. wie Sing., wo⸗
von meuchelmörberifch; die Meuchelrotte (Schiller M. St.
1, 1). meucheln = hinterliftig morden, hinterliſtig handeln. ver
Meüchler = Meuchelmörver, wovon das Adj. meuhlerifh —
meuchelmörberifch, boshaft, hinterliſtig. meuchhlings, Abo.
Meuchel⸗, mhd. müchel-, miuchel-, ahb. mähhil, in ven Zuſammenſetzungen
Meudelmord zc. ik nah Brimm Gramm. IL, 529 ein Subfl., als weldies «6
etwa den Sinn von Heimlichkeit, heimlicher Höfer Ahficht haben mirb, was denn
auch 3. B. in ahd. das mächilswärt d. i.,mähhilswört (?) = Dolch d. 5. Meſſer
zu beimlihem Morde fich zeigt. Auf die Wurzel, aus weldier aud) ahd. mühhan
(Diut. I, 284. Schmeller IL, 544), mfihhön (voc. Kerönis 179°, 149), =
(wegelagernd, alfo lauernd, beſchleichend) anfallen, insbeſondere zu Raub und
Beute, mit der mühhari == (heimlidher) Umberf wärmer, Wegelagerer (Dies. I,
284. voc. Kerönis 179, 189), dann ahd. ber mühdo == WWegelagerer, Straßen-
ränber, hervorgehen, leitet das in goth. die mukamödei (2 Kor. 10, 1) = Ganft-
mutb, gleihfam weiche Geftunung, vorkommende goth. Adj. muks fanft, alt»
nord. miukr = fanft, mild, dann geſchmeidig, gewandt, nenniederl. muik =
weich, dann verborgen, heimlich, heimtückiſch, bei welchem Adj. ein verlornes goth.
Wurzelverbum mukan (Prät. ih er mäuk, wir mukum, Part. mukans), ab.
mühhan (Prät. id er mouh, wir muhhumös, Bart. mohhan, kimohhan),
miohhan, etwa in dem Sinne von weich, fanft fein zn Grunbe fliegt. Der bei
jenen ahd. Wörtern hbervortretende Begriff erhielt fi) no in bayer. hernm⸗
maudfeln = heimlich, in boshaften Abſichten herumſchleichen (Schmeller I,
545), wie in dem mittelt - el, ahd. -il, abgeleiteten älter-nhb. (1540) von Alberu&
diotionar. BI. z4° aufgezeicäneten „ih mauhel" — ich fehle weg ſſtraßburgiſch
mücheln = verhehlen], welches eins mit unferm meudeln iR und im Altboch-
dentſchen mAhhilön lauten würde. Der Meudler iR das von jenem ahd.
mühhil abgeleitete ahd. (12. Jahrh.) der mächilari = Meuchelmorder (gl. trevir.
18, 3), 1440 mittelb. müchiler (Diefenbach glossar. 582”). Das Ab. der Hand⸗
lung meudlings, bei Luther (Sir. 12, 18) mendlinges, früher miuchel-
ingen [== heimlid, verfiohlen (Schers-Oberlim 1070)], mittelb. um 1400 mächel-
ingen, if Caſus eines vermuthliden ahd. mittelft -inc weiter abgeleiteten Adj.
mübhilino und »®, früher -en, wie bei blindlinge, ahd. blintilingon (f. blind
und -ling®), zu nehmen. Die Anfammenfegungen Menchelmord zc. feinen
im 17. Jahrh. aufgekommen. Leifing VII, 221 ſchreibt Mäuchelmörberin.
bie Meute, BL. —n: 50-60 und mehr Hetzhunde zur Hetzjagd.
Zuerſt 1777 bei Abelung verzeichnet. Vorher, Meute geſchrieben, aufge⸗
nommen mit den Gebränchen ver Hetziagd (Barforcefagb) und zwar ber fran-
zöſiſchen (ſ. Dübel Yüger-Praotica, Linz 1746 IL, 97*) ans nenfranz. Die meute
— Haufen Hetzhunde zur Hetzjagd, eigentlich Jagtzug. Eins mit dem folgenben
Meute (f. d.).
bie Meute, BL. —n : (heimliche) unerlaubte Erregung und Verbindung
bon Perfonen gegen bie Obergewalt. Davon das veraltete meuten,
wovon wieder ein verfchwunbenes der Meuter = ber Meutmacher,
von welchem dann das für jenes die Meute jegt übliche vie Meu-
terei und bas Adj. meuterifch, ferner ein, wie Meuter, ver-
Bewe — michel 89
ſchwundenes Berbum mentern, welches dem für eben biefes Meuter
üblichen ver Meuterer zu Grunde Tiegt.
Schon 1475 clevifch (im Zeuthonista) die meute, die meutery, ber meutmeker,
welche uhd. die Meute, bie Meuterei, der Meutmader find. Das erfte,
Mente, ii aus altfranz. bie meute — Aufftaud, Erhebung befonber® zum Kriege,
weshalb 3. B. die Krenzzüge meutes genannt wurden, neufranz. bie meute =
Saufen Hetzhunde zur Hetzijagd (f. Mente 1 Anm.); jenes altfranz. meute aber
geht zurück auf ein mittellat. bie mövita == Bewegung, Streit, dem ſubſtantiv
gebrauditen Femininnm eines Part. Prät. möritus von lat. movöre = be
wegen, erregen (f. Diez Wibch IL, 876). Doc if in jüngerer Zeit Mente durch
das aus bem franz. die dmeute — Aufruhr [aus einem mittellat. emdvita (?),
dem Sem. eines Part. Prät. emövitus von dem mit & — aus, hervor, empor
zufammengefegten lat. emovöre — emporbeiwegen, ⸗wühlen] entlehnten und in der .
Ansfprahe Emost’ uns fremd, gebliebenen Emente in der gewöhnlichen Sprache ver-
hängt. Meutmacher, Meuterey, woneben Meyterey, alle brei 1605 bei
Bulsius98* ; das letzte, Meitere i geſchrieben, aud) 1688 bei Fiſchart Binenkorb 543°.
die Mewe, Pl. —n, eine Art Waſſervögel, lat. lärus.
3.8. bei Boß Iyr. Geb. III, 246 u. Obüßee 5, 51. Gleich Löwe (f. d.) ſtatt
Lewe gewöhnlich Möwe geichrieben mit 8 flatt € (f. E und DO). Ahd. der (9)
möh, woneben auch mögi, altnieberd. ber möu (Graf II, 654), nenmieberl. bie
mosuw, nieberb. die mewe, angelfädf. der mäv, mittelengliih mow, neuengl.
mew, altuorb. ber mAr (Pi. mAfar), goth. der mäivs (?); in bie Sprade ber
Picardie aufgenommen mauwe. Dunkler Herkunft. Kramer tentſch⸗ital. Wortb.
(1678) &. 773° ſchreibt Meue, welde Form an jenes altnieberd. möu erinnert.
Ungnt if die Schreibung Meewe, verwerflich Möve (E. M. Arndt Geb. 205),
welche legte Korm wol im Gedanken an das ebenfalls in Hinficht feiner Herkunft
dumfle franz. der (altfranz. bie) mauvis entftand, das die Weinbrofjel bedeutet, aber
bon franzöfiihen Sprachgelehrten au von ber Mewe verfianden wirb.
ver Mepe, ver Meyer, meynen, in ihrem undeutſchen y altfräntifche,
überhaupt jetzt verſchwundene Schreibungen ftatt Mate, Meier,
meinen.
bie Mezge (Göthe VIIL, 154), ver Mezger, allgemein üblich und
beſſer Metzge (f. d.), Mebger (f. b.).
T das Miasma, —s(’8), Pl. Miasmen : (in ber Luft verbreiteter)
Anitedungs-, Seuchenftoff.
Das gr. das misama (ulaoua) = Färbung, Berunreinigung, Befledung, von
miafnein (walveıy) = fürben, verunreinigen, befleden.
mian! mterj., vom Katzenſchrei. miauen = mauen.
Eigentlich drückt mianen genauer das Rufen der Katze aus, ale mauen, unb
A darum auch üblicher. S. manen.
mich, Acc. Sing. des Pronomens ber erften Perſon, f. ich.
T Michael, Mannsname, mhd. Michahel, angelfächf. Michael,
ans dem biblifchen hebr.⸗lat. Micha&l, welches hebr. MichAdl ON): = wer
wie Gott [mi (m) = wer, ch (9) = mie, &l (ON) = Gott]. Aber mhd. n.
mitteld. auch zufammengez. Mich&l, worans bei uns gewähnlih Michel.
mihel = groß. Ein völfig verſchwundenes Abj.,
90 Micheletag — iene
aber noch im älter Neuhochdentſchen workommmenb, beſonders in fühberifchen
Schriften, und hente in alten Ortsnamen bewahrt, wie 3. B. in Michel ſtadt,
ahd. Michelünstat [b. i. vollſtändig zi döro mihhilän stat — zu der großen Ort-
haft, Michilinstat. Im Mhd. noch fehr geläufig. Die Formen in den alten
Mundarten und die Verwandtſchaft bes Wortes f. mehr 1 Anm.
ber Michelstag, ebler und unverlürzt Michaelstag, ver Felttag
zu Ehren des Erzengeld Michael am 29. September.
Md. u. mittelb. sanote MichEls tac (tag). .
T das Mtidmad = ein Durcheinander ; zweideutiges Weſen (Göthe
IV, 351).
Das in die niederd. Vollsſprache aufgenommene franz. der micmac = Mifd-
maſch, unfauberer Handel, welches ans Miſchmaſch (f. b.).
das Mieder, —s, BI. wie Sing. : über bem Hemde getragene durch
Fiſchbein fteife eng anſchließende Bekleidung ver weiblichen Bruft und
bes Leibes ohne Ermel.
Statt Müder, wie man no im 17. Jahrh. ſchrieb und ſelbſt 1691 Stieler
Sp. 42 bat. Alſo ie ſtatt i, mihb. Ge, uo (f. ie Bd 1 ©. 846), wie man bemn
im 15.—16. Jahrh. z3. B. mießen, hiet dich zc. flatt müffen (mhd. müegen), hiit
bi, mhd. hüste dich zc. findet. 1429 das müeder (Schmeller IL, 554), ſchon bei
dem um 1217 bis um 1284 dichtenden Neidhart 40, 20 unb im Wolfdieirich D
VI, 99, 3 müeder in das übermüeder, 1482 [in Mitteldentſchlaud) das müder
(voc. theut. BI. v7”), mbb. das muoder, altniederd. das müder (gd. zum. 296),
altfrief. Da8 möther (== Brufbinde der Frauen); jenes 'mbb. muoder aber wird
auch von einem Stide der Mannskleidung gefagt (Minnes. II, 140°. Helmbrecht
211), feld von ben Riemen bes Panzers (Konrad txoj. Kr. 88051), fritber von
ber natürlichen Bedeckung des menſchlichen Leibes (Martina BI. 279, 2), insbe-
fondere von der Haut (ebenda BI. 288, 86) und, wie es fcheint, urſprüuglicher
von dem Leibe ſelbſt (ebenda BI. 205, 8), zumal da das nur einmal vorkom⸗
menbe abb. das muoder (Graf D, 710) von dem Leibe einer Schlange fleht.
Hiernah wäre Mieder als Kleinungskiid ber Entwidlung des Begriffs nad
ähnlich mie unſer Leibchen (f. d.) zu faffen. Angewandt auf die Meeresfläche oder
den Schaum berfelben erjcheint das Wort, wein man Güdrün 1174, B „ds
meres muoder* lief. Dunkler Herkunft.
bie Miele = Katze, ift das nieberl. Mieke = Mariechen.
Bol. Mieze.
bie Miene, Pl. —n: Gefichtszug. Zufammenf. : Die Mienenkunde,
von Sampe für Phyſiognomitk gefegt; das Mienenſpiel x.
As eingeblirgert mit dehnendem ie, auch zum Lnterfhiebe von die Mine
(f. d.), womit das Wort urſprünglich eins iR und in ber Schreibung zufammen-
fallen follte, wie benn aud 1678 Kramer teutfch-ital. Wortb. S. 775° beide
Wörter Mine ſchreibt. Das Wort wurbe er im 17. Jahrh. [ber fremde Acc.
Pl. minas = Geberden no im Simpliciffimus Thl 1 Cap. 80] anfgenom-
men ans franz. bie mine = Haltung, Ausfehen, Geberbe, Geſichtsausdruck, Ge-
ſichtszug, von romaniſch menkre = führen, hier in Beziehung anf äußere Führung
ober Haltung, wie beun auch provenzalif se menar — ſich beuehmen. Bgl.
Diez Wibch I, 2771.
Miere — Mierhe 91
bie Miere, Bl. —ı : bie Ameiſe. Im Nieberbeutichland.
Mit dem Diphthong ie, denn nieberb. die mire, nennieberl. Die mier, mittel
nieberl. die miere (gl. beig. 71), engl. mire, angellfähl. mfr (?), bän. myre,
fhweb. bie myra, altnord. der maur. Im Abd. würde das Wort, werm es vor-
füme, miur lauten (f. Grimm Gramm. I’, 887); aber die Gothen fcheinen, nad)
bem von Busdek vor 800 Jahren in ben Überreften gothifcher Sprache ans ber
Krim anfgezeichneten miera (Haupt Zeischr. I, 858°) zu urtheilen, ber miura ge⸗
fagt zu haben. Der fehr alte, aber dunkle Name exicheint auch im bem gr. ber
myrmöx (ioung) = Ameiſe, verbreitet fih über das Keltifche (welſch mor, iriſch
moirb) und das Slawiſche (rufj. ber murawel, mit Schwinden des erfien Bocals
altſlawiſch die mrawü, der mraw', poln. die mröwka, böhm. der mraweneo) und
reicht bis tief in Aflen (perf. mir, in Send. möirina, = Ameiſe). Bol. Iac.
Grimm bentf. Wibch I, 277.
bie Miere, Bl. —n, die Pflanze rother Hühnerdarm (anagällis
arvensis) und Vogelfraut (alstne media).
Aufgenommen, wie es ſcheint, aus nieberl. die muur (ſprich mür), belgiſch muer,
muyr (b. i. muir). Bol. Meierid. Jener Vocal un (fi), ue, ui nämlid
ſchwankt im Nieberlänbifchen in ie über.
das Mieshen = Häkchen, Kate. Im trauficher Sprache.
„Und Mieshen unterm Lehnſtuhl ſchnurrt“ (Bo Allegro 260). Höchſtwahr⸗
ſcheinlich ſtatt Mießchen und bamit Dim. von die Mieze (f. b.).
bie Miete, Bl. —n : Mile in Käſe, Mehl ꝛc.
Mit bloß dehnendem ie; hiſt. richtig Mite, denn es if das nieberb. bie mite
mit ſchwebendem d. h. weber langem noch kurzem i aus i = hochd. ei, nennie-
derl. die mijt, engl. mite, angelſächſ. u. altengl. mite, goth. bie meitö (?), ahd.
die miza& (= Milde, lat. cülex), wonach bie eigentlich reine neuhochd. Korn bie
Meiße lauten würde, melde aber nit vorlommt. Bon bem Bröfens bes in
der Anm. zu Maiß (f. d.) vorausgefegten goth. Wurzelverhbums meiten, ahb.
"mizan (?), nach befien Begriff danu wol bie Beb. „woran ſchneiden“, fo daß hier
Miete urſprünglich etwa f. v. a. (zerfiörender) Nagewurm fein wiirbe.
mietern, ungut ftatt mütern (f. d.).
bie Miethe, Pl. —n : Lohn oder Gegenleiftung für vertragsmäßige
Dienftleiftung ober Benutzung; auf einem Vertrage berubendes Ver⸗
hältnis zwifchen dem Benugenden unb dem zur Benutzung Gebenben
ſz. 8. Kauf bricht Miethe:c.]. Davon : miethen; ver Miether;
der Miethling [mit unorganifch eingetretenem f, ſ. -ling]. Zu⸗
jammenf. : ver Miethcontract = Miethvertrag; das Mieth—
geld; der Miethlohn (verfchieven von Liedlohn, f. d.); ber
Miethmann, im PL. Miethmänner u. Miethleute, üblicher (mit bem
ber Diegung nicht angehörigen, den alten Zufammenfegungsvocal er-
ſetzenden⸗s) Miethsmann, Miethsleute; der Miethvertrag;
mtetbweife, Adv. und dann auch wol adjectivifch verwendet.
Das dehnende th ſtatt t neben te ift völlig überflüſſig, wie benn auch Hif.
richtig mur die Miete, mieten, Mieter, Mietling zc. geichrieben wird; bei
Luther Jeſ. 7, 20 richtig gemietet, aber Joh. 10, 12. ungut Miedling.
Der Diphthong ie in Miethe bat fi nicht, wie gewöhnlich, aus iu, fondern
92 Miezchen — Mignon
durch den Ausfall eines aus s hervorgegangenen r (f. R) nach i entwidelt; denn
das Wort, mıhb. die miete, aud) gekürzt miet, ahd. die mieta, miata [nicht miota,
ausgenommen durch Lantangleihung in bem Gen. Pl. miotönd (Otfried 5, 19,
57)], möata, felten noch ſchwach mietk, — Lohn, Bezahlung, Gabe an jemand,
altfähf. bie mieda, möoda, m&da, angelfädf. die med, lautet urſprünglicher angel-
fädf. die meord (mit eo, ber Brechung des i), goth. die misdo (mit z, dem Um⸗
laute des s, b. h. dem furrenden lbergangslaute bes reinen s zu x ober ber
Schwächung bes s zu r), = Lohn, welches der Lautverſchiebung gemäß [goth.,
angel- u. altſächſ. d, ahd. t Reben, wo gr. th (9), f. D] zu gr. ber misthös
(uıcH6s) = Lohn, Miethe, böhm. die mzda [woneben banı bem ahb. mieta ge-
mäß poln. das myto], ſtimmt. Sieb Grimm Geld. d. deutſch. Spr. 818 n.
415. Die Wurzel ift dunkel. Bon dem Subfl. fommen dann ahd. mietan,
mieten, mietön, mhd. mieten, altfädhf. mödsan, miedön, unfer miethen; ahd. ber
mötari = wer gern gibt, ber Mildthätige, mhd. der mietsre — Miethling, in
ber Korm unfer Mietber. Der mhd. BI. mietliute beb. bie Lohnarbeiter, und
unfer nhd. Mietbsmann ift mhd. ber mietman, welches f. v. a. der Lohnarbeiter,
Toglöhner; fllr jenes mietliute heute Miethslente und Miethlente, doch meift
in der Bed. Leute, bie zur Miethe wohnen. Miethling iR mittelb. ber
mitelinc, mit-, mietlinc.
das Miezchen, Dim. von bie Mieze (j.d.). Dafür das Mieshen
(ſ. d.), gleihfam Mießchen.
bie Mieze, trauliche Benennung der Rabe. Im Ungefühl der Herkunft
auch die Miezekatze. Vgl. die Miete.
Ohne Zuſammenhang mit manzen (f. d.), vielmehr ſcheint der Name das noch
bayeriſche Miez (Schmeller IL, 668) ftatt Maria, und Miez if von Maria
ähnlich gebildet, wie bie traulihen Bey unb Spag von mhd. bör unb spar
unfern Bär und Sperlin. Auch bei Shakeſpeare Macbeth 1, 1 heißt bie
Kate Gray-malkin, Gray-malken db. 5. grau Marieden, denn Malkin if
(tofenbes) Dim. von Mary Marie. Bol. Hinze (eine Kofeform von Heinrich)
als Name des Katers in ber Thierfabel. Mit Miezchen würde aud nieberl.
Mistje = Mariechen ſtimmen. Verſchieden von Miez aber if} bayer. die Mitz,
Mus, = Rage (Schmeller II, 663 u. 664), als wetterauiſches Schmeihelwort
fir dieſes Thier mit, wie es ſcheint, eingefchobenem n [wobei Meinfter fatt
Meifter zu vergleichen left] bie Minsch, Munsch flatt Mintsch, Muntsch, aus
ital. die micia, fpan. die miza, miz und ital. die mäcia, müscia; ob biefe legten,
fowie jenes micia unb der micio (= Kater), mit andy fonft im Italieniſchen vor⸗
fommenbem sc, c flatt des Tat. s aus mittellat. (11. Jahrh.) ber müsio —
mfiriceps Mausfänger von müs = Maus wurde? Anderer Anſicht über bie Her-
kunft ber deutſchen Wörter if Jacob Srimm-im beutfhen Witbch IL, 562. ©.
aber auch über bie ttal. u. fpan. Wörter Diez Wibch I, 276.
f der Mignon (fpr. Minnjöng), Pl. —8 : Liebling.
Bei Göthe im Wilhelm Meifter Name eines Tieblichen weiblichen Weſens.
Das franm. der mignon = Liebling, Schooßkind, eigentlih Adi. in ber Bedeutung
„lieblich“, abgeleitet von ahd. bie minna Liebe (f. Minue) in ber urſprünglichen
Form minia, minja. Diefes Wort wurbe im Mittelhochdeutſchen und Mittel-
niederländiſchen (f. hor. beig. III, 116) gerne als koſende Aurede an ben ge-
liebten Gegenftand gebraudt, etwa in bem Sinne unferes „Lieben“, wie denn
3. B. bei. bem Minnuefinger Gottfried von Neifen (Haupts Ausg. ©. 52, 15
Migräne — Mil 83
n. 24) eine Mutter zum Kinbe fpridt „minne minne, trüte [trante] minne,
swic ſſchweigſ, ich wil dich wagen [wiegen]“, ober auch mittelb. in der heil.
Ehsobeth 8908 f. von biefer gefagt it „Si sprach ir fihr, nämlid ihrer Dienerin]
mildecliche A : — ei liebe minne, w& [wo] bist dA?“
tblie Migräne, ohne PL. : einfeitiges Kopfweh. |
Es if das fram. die migraine aus wmittellat. bie heomigränia, hemigränea,
weldhe® and gr. die höämikrania (Auıxpavla) = Schmerz des halben Kopfes, denn
hemi (Auı-) = halb, lat. sömi-, und ba8 kranfon (xgavlov) = Schädel.
f mitro-, aus gr. mikrös (uxp05) = Hein. In : ver Mitrolcg,
—en, BL. —en, = Kleinigkeitskträmer, mit mitrologifch; bie
Mitrologte = Kleinigkeitsſinn, Meinigkeitsfucht; das Mitroftop,
—es, BL —e : Vergrößerungsglas, wovon das Adj. mikroſkoͤpiſch.
Milrolog if ans gr.-neulat. der mierdlogus, gr. ber mikrolögos (uıx00A6yocx)
⸗Kleinigkeitskrämer, welches zuerſt aber griechiſch ein Adj. in der Beb. Kleinigkeiten
fammelnb ober leſend, und Mitrologie iR aus gr.-neulat. Die microlögia = Mein-
lie Sorge, gr. die mikrolögia (uexgoAdyıa) = Kleinigleitsfinn, ⸗ſfucht; beibe
grieh. Wörter haben im ihrer zweiten Hälfte Ableitungen von gr. ldgein (Adyeır)
= fammeln, leſen, und von dem erſten läßt fi ein griech. Adi. mikrologikds
(uıxpoAoyıxöc) ableiten, nad) welchem fih mitrologifch gebildet hätte. Milro-
[top beruht anf einem gr.-neulat. da8 microscdpium = „Werkeug (Glas), Tleine
Dinge groß zu ſehen“, zufammengef. in ber zweiten Hälfte mit einer Ableitung
ton akopein (oxoneiv) = fhanen, fpähen.
ter Milan, —es, Pl. —e : Gabelweihe, falco milvus.
Als Zagbvogel im 18. Jahrh. aus franz. u. provenzal. ber milan, welches aus
einem lat. miluanus von lat. ber miluus, ba8 zu milvus wurde. &. Diez Wibch
I, 277. 1777 bei Adelung ebenfowol die Miläne.
bie Milbe, Pl. —n, ein befanntes fehr Feines Infect.
Mit 5 als Berflärtuug eines älteren w (f. B), und fchon fpät-mbb. bie milbe,
aber mh. die mflewe, milwe, milve, ahd. die miliwa, milewa, milwa. Das
Wort iR aus demfelben Bräfens, wie Mehl (f. d. und mahlen 1), und wahrt
das ungebrocdhene i durch das i der Ableitungsfilbe -iw. Die Gothen hatten fein
miliwa, ſondern bie mald = Motte von dem Wurzelverbum zweites Grades malan
mablen (f. mahlen 1). Diefes, wie jenes miliwa, aber fagt ſoviel ala das zu
Mehl oder Staub machende, mahlende Thier, und mhd. milwen if = zu Mehl
oder Stanb machen (Georg 4006. Diss. 2, 371).
bie Mitch, ohne PL. : die in Bruſt oder Euter abgefonderte, nahrhafte
weiße Flüffigkeit, dann auch ihr Ähnliches, wie weißer Pflanzenfaft,
fließender Same bes männlichen Fifches c. Davon : milden =
Milch von fih geben; ver Milcher = Fifch männliches Gefchlechtes,
beſonders zur Laichzeit; im 17. Jahrh. ein ungutes Adj. mildern
= miläweiß; milchicht, milchig. Zufammenf. : der Milchbart
= eriter weicher Bart; der Milchbruder = von einer und der-
jelben Amme gleichzeitig Gefäugter; milchfarben, -farbig; das
Milch haar — erſtes weiches Barthaar; das Milchlämmichen =
noch an der Mutter ſaugendes Lamm; der Milchrahm; bie Mildy
trage = von unzähligen Sternchen milhartig ausfehende Straße
94 mild
am Himmel; bie Milchſuppe — aus (füßer) Milch gefochte Suppe;
der Mithtopf = Topf fir Mil; milchweiß.
Mil, mhd. die milch, auch noch milich, ahd. bie miluh, miluch, miloh,
milih, milech, milch, f. melf. Das urſprüngliche, ungebrodene i blieb durch Das u
ber ahd. Ableitungsfilde -uh gewahrt. Die Beb. tft die erfte obige; aber im 12.
Jahrh. ſteht das Wort and von mildmeißem Pflanzenfafte (f. Wolfamiſſch) und
gegen oder um 1500 im voe. incip. teut. BI. n7* von dem Samen bes mänrtlichen
Fiſches („milch im fisch oder im hering, (lat.) lactis“], welche letzte Beb. ſchon
altnord. die mislk Milch hat. Mittelniederländiſch hieß ber Same des männfihen
Files der milker (hor. deig. VII, 18*), aber neunieberlänbif if} der melker wie
unfer Milcher gebraudt, welches ſchon ſpät⸗mittelhochd. bei Megenderg 248, 16
der milcher. Das Abj. milchicht iR mitteld. im 15. Jahrh. milchecht (.Diefen-
bach glossar. 815°); Milchrahm (f. der Rahm) Tautet im 15. Jahrh. ber milch-
rAm, milchraym, im 13. Jahrh. milchroum (.Heldling J, 1055), mittelb. milcheroum
(Erlösung 2562); Milhfraße mhd. bie milchsträge (?), als Überfegung bes
Jat. via läctean; Milchſuppe älter⸗nhd. um 1500 (ſchwachbiegend) die milchsuppe;
Milchtopf mitteld. das milchdoppen (Moroit IL, 694), wozu ſ. Töpfen; mild-
weiß mbb. milchwiz. Das bj. mildern findet fih bei Lohenſtein in
Hoffmannswaldau und andrer Deutfhen Geb. I, 248 u. 260, und für unfer
mildfarben hatte man im Mhd. das Adj. milchvar, welches im Nhd. milch.
farb fein wide. Milchlämmchen, bei Luther 1 Sam. 7, 9 „mild Tem b-
lin*, d. i. Milchlämmlein. Eu
mild, (gekürzt aus) milde, = aus herzlicher Gefinnung zugeneigt; gern
und freundlich gebend; angenehm weich zc. Davon die Milde und
von dem Comparativ milder das Verbum mildern, wovon wieder
die Milderung. Zufammenf. : milpherzig mit Vie Milpherzig-
feit; die Mildigkeit; mildthätig mit die Mildthätigkeit.
Das Adi. mild, noch 1605 au milt (Zulsius 98*), ift mbb. milte, milde,
ahd. milti, milte, altfächf. mildi, angelfädhi., altfrief. milde, — freigebig, gnädig,
barmberzig, im Mhd. auch ſ. v. a. ausgiebig, altnorb. mildx == freigebig, gotb.
milds (als zweites Wort in Zufammenfegungen) — liebend, herzlich zugeneigt.
Die Bed. „angenehm weich“ geht zuerſt auf die Geſinnung und if am frühften
jo 1483 aus Eychman BL. ud? uachzuweiſen, wird aber dann fogleich gelänfig.
Bon dem Abj. kommen: das Abo. milde, gekürzt mild, altfäcf. mildo, angel-
ſächſ. milde, wofür im Mittelhochb. das mit «Lich zufammengef. miltliche, ahd.
miltlihho, altjädjj. mildlico (Zeliand 109, 17), üblich war, woneben mittelnieberb.
das Adj. mildelich; die Milde, mbb. die milte, milde, ahd. die milti, gotb.
mildei (2), welche alte Ausdrücke aber den ebeln Sinn von Herzensglite, Freundlich⸗
teit, Wolwollen, freundlicher Jugeneigtheit, Freigebigkeit haben, altnieberb. bie mild!
== Önabe, altnord. bie mildi = Freigebigfeit; mildern, 1605 and) noch miltern,
in ber 2ten Hälfte des 15. Jahrh. miltern, miltren (Diefenbach glossar. 864°),
weiches abb. miltirdn (?) wäre, wovon 1466 milltrung Milperung. Für mild-
berzig hatte man althochb. bas urſprünglichere Adj. milthärzi, denn erf im Mhd.
tritt hörzec, unfer berzig, ein. Mildigkeit ift mhd. bie miltecheit (miltec-heit),
mit -k ans -o-h miltekeit, — freundliche, herzliche Gefinnung, Gnabe, Zärtlichkeit,
Freigebigkeit, in welcher Aufammenfegung, da nur einfach mbb. milte, ahd. milti,
aber fein abgeleitetes nahb. miltec, ahd. miltic, vorkommt, -sc, -2c, nhb. -ig, mor⸗
ganiſch ericheint, ebenſo in dem veralteten Adj. milpiglid (MWeish. 7, 18), wmhb.
Militär — Mil; 95
miltec-, mfiticlich, wovon das mbb. Abo. milteoliche, mitteld. mildioliche. Das
Abi. mildtHärig erſcheint bereits im 17. Jahrh., in melden bei Stieler Sp.
2554 milbtätig, aber milbherzig erſt bald nad 1700. Da ⸗d, ahd. -t, in
mild ableitenb if, fo wirb diefes Adj. der Sanffritwurzel mil == „entgegen foinmen,
RG (mit jemand) verbinden”, angehören, zn welder auch altilaw. mil” = er-
bermungswilrbig, beklagenswerth, poln. u. böhm. mily == lieb, litthau. myleti ==
„lieben“, der gr. Plural meilia (zeii:a) = erfrenlide Gaben, Liebesgaben, zn
Rellen find.
ber Militär, —s, BL —e : Krieger, Solbat. das Militär,
—8, ohne Pl. : der Wehrjtand, die Gefammtheit der Soldaten. Das
von militarifch. Zufammenf. (f. Anm.) : der Militärpienft,
:ftand, das Milttärwefen ıc.
Bereits im 17. Zahrh. erſcheint das franz. Adj. militaire bei uns aufgenommen
md auch bavou militsrifch abgeleitet. Der u. das Militär aber find aus bem
Sranzöftihen, wo ber militaire in beiben Bed. aus Tat. militäris — ben Kriegs⸗
bien betreffend, von miles (Gen. militis) = Soldat, zunähft das Abjectiv if,
wie anch wir es in ben oben angeflihrten und anderen Zufammenfegungen haben.
T der Miliz (i in iz kurz), eine Art Riſpengras.
Übergetragen auf dieſes Gras aus mittellet. das milfeium — Senf (Sumerl.
63, 12), welches abgeleitet von lat. das milium = Hirfe, der belanntlih eine
Nifpenpflanze if. Aud das Milizgras.
T die Mittz (i kurz), PL —en : das Kriegsweſen; Kriegsmannſchaft,
bei. die bloß für den Krieg zufammenberufene und eingeübte.
Sm 17. Jahrh. die Milig, 1728 bei Aler ©. 1895* Milige, aus bem
gleichbed. franz. die milice, ital. bie milizia, welche aus lat. bie milftia = Kriegs⸗
bienft, die Soldaten, von miles (Gen. militis) = Soldat (f. Militär).
f die Milliarde, Bl. —n : taufend Millionen.
Im 19. Jahrh. aus franz. ber milliard, von lat. mille = tauſend.
fudas Milligramm = Yıooo Gramm. das (auch ver) Millimeter
= Io Meter.
Durch Reichsgeſetz von 1868 bei uns eingeflihrt, das letzte aus franz. ber milli-
mötre, jenes erfie aus franz. ber milligramme. S. Meter und Gramm; milli-
iR aus fat. mille = tanfend.
bie Million, Bl: —en : das Taufendmaltauſend, 1000000. ver
Milltonar, —s, Pl. —e : Beflter einer Million; überaus reicher
Mann.
Million bereits im 17. Jahrh. aus dem gleichbed., von lat. mille = tauſend
abgeleiteten mittelfat. ber millio, wovon das ein neulat. millionArius vorausfegenbe
franz. ber millionnaire, woraus gleichbeb. ber Millionär.
vie Milz, PL. —en, bie befannte (braun ober violettrothe) fogenannte
Blutgefäßprüfe in der Bauchhöhle. Zufammeni. ver Milzbrand;
bie Milzſucht, mit milzfüchtig.
Im 17. Jahrh., 3. B. bei Schottelins, bereitß die milg, und wol burd
Einwirkung des Niederdentſchen ſniederd. die milte, nieberl. die milt], ins weibliche
Geſchlecht übergegangen, denn tm 16. Jahrh. bei Dasupödius 884°, Berränus
dietionkr. Bi. x5°, Alberns diotiondr. BI. I1? und bei Fiſchart (F 1589?)
96 Mime — minder
urfprünglicher das milg, mhb. das milze, milz, abb. Das milzi, milse, angel-
fähf. das milte, isländ. das milti, doch altnorweg. die milt (Fritmer 448°). Nach
Jacob Grimm Gramm. II, 82, 850 ven angelfädl. möltan = ſchmelzen,
auflöfen (ſ. Malz), goth. miltan (?), ahd. mälzan (?), in Rüdfiht auf das Ber-
arbeiten, das Auflöfen (Flüſſigmachen) von Saft, unb wirklich haben bie Alten
gemeint, bie Milge gebe einen faueren Saft oder ſchwarze Galle zum Behufe der
Berbauung an ben Magen, wogegen man neuerdings annehmen will, daß fie in
einer gewifien Beziehung zur Erneuerung des Blutes und wahrſcheinlich and zur
Ballenbereitung ſtehe. Das ungebrodene i im Worte blieb durch das ableitende i
der Endung gewahrt. Milzbrand führt zuerſt 1798 Abelung an; aber milz-
füchtig findet fih fhon mhd., wo im 12. Jahrh. milssühtic, Milzſucht jedoch
auffallenber Weife erſt uhd.
tber Mime, —n, Bl. —n: Nachahmer im Geberbenfpiel; Schau-
ſpieler; bei den Griechen und Römern ein kleines bramatifches Spiel
als dichteriſche Schilderung der Wirklichkeit. die Mimit = Ge
bervenfpiel als Kunſt, mit der Mimiler; mimifch, bj.
Erf im 18. Jahrh. Der Mime if aus bem gleichbeb. gr.-lat. ber mimus,
gr. der mimos (uTuos). Rad dem davon abgeleiteten Adj. gr.-lat. mimicus, gr.
mimikös (sunızöc), bildete fi unfer mimiſch, unb aus der weiblidhen Form jene®
gr.lat. Adjectivs gr.-Tat. mimica (nämli ars = Kunf) unfer bie Mimit.
Mina, Frauenname, Kürzung aus Wilhelmina (]. d.).
Dft unb gern in ben bavon verfchiedenen Namen Minna (f. d.) verwanbelt.
Das Dim. ik Minden, gewöhnlich aber, weil -iua in Wilhelmina unbeutice
Ableitungsendung if, ungut mit ie Mienchen geſchrieben.
minder, Adj., Comparativ des Begriffes Flein, wenig : geringer au
Raum, Zahl, Werth, überhaupt an Ausdehnung over Inbegriff.
Bol. das Mi. mehr. Mb. minner, minre unb im 13. Sahrh. in ber
Schweiz neben minre auch ſchon minder, abb. minniro [niit minnöro, Hingegen
im mäunl. Acc. Sing. bei einem o ber Biegungsendung durch Lautangleihung
minneren ftatt minniron], goth. minniza, altfädf. minniro, mittelnieberl. mindre,
nennieberl. minder, altfrief. minnira, altnorb. minni flatt minri, ſchwed. n. bän.
mindre. Mittelſt Kürzung durch Abfall des Biegungs⸗ (vgl. das Abo. mehr) und
ingleich des Steigerungsvocals (gotb., ahd., altfächf., altfrief. -i) entſteht bas Abo.
goth. mins, mit z (bem libergangslaute des s in r) mins, altnorb. minnr n. midr,
abb., mbb.. mittel⸗ nn. neumieberl. weiter (wie bei dem Abv. baf) mit Abfall ſelbſt
bes charalteriſtiſchen Eonfonanten r min, altfrief. min; aber im Neuhochdentſchen
iſt das im Mho. ſchon felten gerworbene min völlig erloſchen. Das in dem Worte
nicht urſprüngliche d, welches, wie bei jemand (f. d.) und niemanb (f. d.), für
das zweite n eintrat, alfo nd für nn (vgl. Grimm Gramm. D, 538), erſcheint
in dem Mittelnieberländifhen, unb fofort in weiterer Ausvehnung im Rennieber-
länbifhen, aber auch, wie oben in dem mhbb. minder erfichtlich, in ber Schweizerfprache
bes 18. Jahrh. Die Urverwandtſchaft des Adjectivs zeigt fi in lat. mmimor =
Heiner, gr. mumämys (zıröc) == Mein, wenig, altilew. m’njj, ruff. maem’schiül, —
Heiner, weniger, poln. mnieyazy.
minder, Abo, 3. B. er nimmt fich der Sache minder an, als ıc.
Dbb.minner, minre, minder, ahd. (erſt bei Notker) minnerä, ber adverbialiſch
geſetzte Acc. Sing. der ſachlichen Form des im Altdentſchen am fi ale Comparativ
ſchwach biegenden Abi. minder (f. d.). Es ſcheint aufgelommen ump geläufig
Minderheit — Biner 97
geworben zu fein, ale das burch Kürzuug entflanbene min (ſ. bie Anm. bes bor-
bergehenben Artitele) ſich zu überleben begann und ſchwand.
bie Minderheit. minderjäbrig — minorenn, noch nicht in dem
Alter fiehenb, um fich im bürgerlichen Leben felbft vertreten zu bürfen.
mindern = minber (ſ. b.), Meiner machen, wie Tat. minfere;
vie Minderung. bie Minderzahl, Gegenfak von Mehrzahl.
Minderheit iR abb. um 1000 bie minnerheit (Notker arist. Abh. ©.
61, 106), das Abj. minberjährig erſcheint ext im 17. Jahrh. und Die Minder-
zahl zu Anfange des 19. Jahrh.; alle aber find zufammengel. mit bem bj.
minder, von weldem abgeleitet minbern, 1488 minderen (Eychman BI.n8®),
mbd. minnern, abb. minnirön, mit Angleihung bes 2ten i an das d ber Enbung
minnordn, banıı minnerön, und hiervon ahd. bie minnirunga, minnerunga, mhb.
bie minnerunge, unſer uhd die Minderung.
mindeft, Superlativ des Begriffes Flein, wenig, von welchem min⸗
ber (f. minder 1) ber Gomparativ if. zum mindeften, Won,
au, weil mindeften als in fubjtantivifcher Stellung angejehen wird,
aber unnöthig zum Minpeften gefchrieben. mindeſtens, Super-
lativadverb, gebildet wie pritten& (f.dritte), beftens, metftens ıc.
Aufammenf. : mindeftberehtigt, mindeſtbietend ıc.
Jenes mindeſt it mhd. minnest, minst, ahd.minnist, minnest, auch minnöst,
altjädf. minnist, goth. minnists, altfrief. minnust, minnest, alttorb. minnstr. 1482
ans Mitteldeutſchland minderster = Meinfter (voc. theut. BI. v3®), vom Compar.
minder, gerade fo wie mehrſt (f. d.) von mehr. Das d fheint hiernad von
minder (f. b.) ans eingebrungen. Für zum minbefen, 1678 zum Minſten
(Kramer tentfdeital. Wortb. 776), 1711 zum minften (Räblein 687°), fagte
man althochdentſch mit bloßem zu (zi) und dem Inſtrumentalis zi minniste, b. i.
si minnistd. Das Abd. minftens findet fih erſt 1711 bei Rädlein a. a. O.
bie Mine, Bl. —n : unterirdifcher Gang im Berg- und Feftungsbau,
Erzgrube, Sprenggrube. minieren, wovon ber Minterer.
Alle bereits im 17. Jahrh. geläufig (f. Kramer teutſch⸗ital. Wortb. 775°.
Stieler Sp. 1278f.). Mine aber iR eins mit bie Miene (f.d.) und bei Kramer
a. a. O. Räblein 686., LuUdwig 1247, Aler 1895|, Friſch I 664 find
beide Mine, bei Steinbach II, 62 Miene gefchrieben; bei und feit Abelung
aber werben unfer Mine bier und Miene in ber Screibung ſtreng gefchieben.
Aufgenommen aus ital., fpan., portug., mittellat. bie mina, provenzal. die mina,
mens, franz. mine, = unterirdifher Gang, Schacht, Erzgrube, von ital. minäre,
fpan., portug., probenzal. minar, franz. miner, = mntergraben, woraus unfer
minieren entlehnt if. Diefer Begriff „untergraben” aber entwidelte ih aus
dem des mittellat. minAre, ital. menäre, provenzal. menar : betreiben, führen,
leiten, wonach jenes die mina zuerſt f. v. a. geheimer Anſchlag [jo findet fi
mittellat. die mina],, Getriebe, dann geheimer Gang bei Belagerungen zur Unter-
grakung der Mauer, enblih Schacht umb franz. mine nädftbem noch äußere
Führung, Haltung, Geberbe, Geſichtshaltung ober Geſichtszug (f. Miene) be-
beutet Durch die Schreibungen (ital.) minäre und menhre fdeint man bloß bie
Umerſcheidung ber Begriffe bezeichnet zu haben. S. Diez Wibch I, 277.
die (Böthe XLIII, 259) Miner, Bl. —n : Berggut, Mineral.
7
Weigand, Wörterbuch. 4. Aufl. 2. Bb.
98 Mineral — Minna
Auch das Miner. 1490 bas (?) miniere, ans witbellat., alte u. nenſpau. bie
minera (j. Mineral). Bet Matheiins Barepta (1562) Bl. 42? das „Miner-
erg, das if, ein queckſilberichte erde.“
+ pas Mineral, —es, —6, PL (nach der lat. Endung) Mineralien :
Berggut ; natürlicher (d. 5. ohne menfchliche und thieriſche Kunft ent-
ftandener) Teblofer Körper der Erde. mineralifch. Zufammenf. :
das Mineralbad, -reih, »-waffer; [mit dem Plural] pas
Mineraltencabinet, die Mineralienfammlung x.
Mineral, bereits im 17. Jahrh. vorlommend fowie ber Pl. Mineralien,
IR aufgenommen ans mittellat. (18. Zahrh.) das mineräle (Pl. minerlia), ital.
ber mineräle, fpan. ber mineräl, franz. ber mineral, = „Berggut“, urſprünglich
Apjectiv von mittellat. Die minera, alt- n. neufpan. die minera (audh Der minero),
= Bergwerk, Erzgrube, welches von ital., fpan., portug., mittellat. bie mina =
unterirdiſcher Gang, Schacht zc., woraus unfer Mine (f. d.).
Fer Mineralog, —en, BL. —en : Berggutskenner, Steintundiger.
bie Mineralogie. mineralogifch, Ad.
Neuere Bilbungen, in welchen ber erfie Theil minera (f. Mineral) romaniſch,
der zweite ans dem Griehifhen bergenommen iR (vgl. Archäologie).
Mineralog iR itael., fpan. ber minerdlogo, Mineralogie ital., ſpan. bie
minerslogia, franz. bie mindralogie, unb min eralogiſch fpan. mineralögioo,
franz. mindralogique.
das Mineralreich,‚maffer, Mineraliencabinetzc,. Mineral.
y minerifch, bj. von die Miner (f. d.), wie mineralifch von
Mineral. Schon 1562 bei Mathefius Barepta BL. 38° ff.
T die Miniatur, BL —en : Klein und Feinmalerei in Wafler- oder
Gummifarben.
Schon 1678 bei Kramer tenti-ital. Wortb. 775P, aus ital. bie miniatära,
franz. bie miniature, == Meines Gemälde wie e8 in Handſchriften vorlommt, von
dem bon lat. das minium = Mennig (f. d.) abgeleiteten lat. miniäre [woraus
bei Kramer a. a. DO. miniiren] = mit Meunig (minium) färben, mit Diennig
[reiben oder zeichnen. S. Diez Wibch L, 278.
f der Mintfter, —s, BI. wie Sing. : höchſter Stantöbeamter. das
Minifterium, —$, Pl. Minifterten (öfilbig), = Staatsregierung,
höchfte Beamtengefammtheit in der Staatsregierung ober einem Zweige
berjelben ; Gejammtheit der Geiftlichfeit in einem Staat ober großen
Orte. minifterial = der Staatsregierung angehörig, auch in ber
Miniftertalbefehl, «präfident, -ratb, minifteriell —
vom Miniſterium ausgehend, ftaatsamtlich ; regierungsfreundlich.
Minifter, in dem heutigen Sinn erſt im 18. Jahrh. geläufig geworben, if
aus dem Lateinifhen, wo minfster zunüchſt als Adj. „dienend“, dann ſubſtantiviſch
(ber minister) „Diener“, fpäter „Diener als hoher Würbenträger um den König zc.”
bebentet. Davon das ministerium — Dienfleiftung, Dienerſchaft, und hiervon
wieber das mittellat. Adj. ministeriälis, woraus franz. ministeriel. Aus biefem
unfer minifteriell, ans jenem miniſterial.
Minna, Frauenname, 1) die erhaltene volle ahd. Form Minn&; 2) ge
wöhnlich, aber ungut, ftett Mina (j. b.).
DMinme 99
Sener ahd. Yreauenname Minnk tommt fon im 9. Jahth. vor, urſprüuglicher
jel6R ne im 10. Jahrh. Minik (j. Förstemann Personennamen Sp. 982); im
Mit. Minne (Minnes. I, 25°, 8). Er if bas abftracte Subſt. bie Minne (f. b.),
mbb. bie minne, ahd. die minje, minns, daun minn&, welde als perfänliches
Weſen gedacht umb veshalb, wie mhb. vrou Minne zeigt, mit „Frau“ angerebet
wird; amd) bient das Wort ale koſendes, ſchmeichelndes Aurebewort, z. B. mhb.
süege [füße]) minne! mittelnieberl. bloß minnel (f. Grimm Gramm. IV, 817
n. vgl Mignon Anm). Go Tonnte das Wort natlirliher Weife auch Frauen⸗
nome werden. Bol. hierzu Weinhold deutſche Frauen ©. 17.
bie Minne, Pl. —n (Göthe II, 26) : Herzliche Zuneigung, insbe⸗
ſondere die gefchlechtlihe. Davon minnen. Zufammenf. : ber
Minnegefang = ber Minnefang; das Minnelten = Liebes⸗
lied; ver Minnelobn; der Minnefänger und Minnefinger
= Gänger d. 5. Dichter der Liebe, zumächft bei den Deutfchen etwa
von 1170—1300 (vgl. Meifterfänger bier ©. 69f.); ver Minne-
fold; minniglid.
Rinne, minuen, Minnelieb find, nachdem 1758 un. 1759 bie „Sammlung
von Minnesingern* durch Bobmer und Breitinger erjchienen war, ale
eble alterthiimfiche Ausdrücke in den erfien Jahren nad 1770 wieber in Umlauf
gelommen ımb zwar durch die jungen Dichter bes Böttinger Muſenalmanachs von
1778 (ſteh biefen ©. 116ff. 56. 177. 179. 285) und von 1774, zunächft durch Bürger,
Sodann Martin Miller, Johann Friedrich Hahn. Minne iR mhd. die
minne, abb. die minna [b. i. urfprlinglid min-i-a (j. Minna Aum.), dann
minja, alfo nn durch Lautangleihung aus ni, nj], fpäter and) minnd, = Ge⸗
benten, Gebädtnis an = (ſ. Grimem Mythol. 52ff.), herzliches Gedenken, berz-
liche Zuneigung (wie Liebe), ſowohl überhaupt (Gernhaben), als aud im befondern
höhere religibſe, freunbichaftliche und geſchlechtliche, ſputer ſich beſchränkend auf bieje
und zwar allmählich nur auf finnlidhe und zuletzt, als fi in dem Ritterdienſt des
Mittelalters ber edle Begriff zu dem bes finnlihen Genufſes Ihwädte, auf bie
ſiunlichſte geſchlechtliche Hingebung, ſo daß das Wort um 1500 als ein unan-
Rändiges ganz gemieben wurbe umb außer Gebrauch kam; altfädhf. die minnia,
dann minnda, minna, == liebe, neunieberl. bie minne, min; baueben aftnorb. das
minni == Andenfen, Erimmerung, Gedächtnis, Gedächtnistrunk. Gleiches Schickſal,
wie daB Sub. Minne, hatte das won biefem abgeleitete Berbum minnen (aud)
ki Schiller an Minna), mhd. minnen (aud — weflir erfeuntlich fein, beſcheuken),
ahd. minndn, uriprünglidder mind6n [ans miniön (?), minjön (P)], minndön, alt«
fädf. minniön, dann minndon, nennieberl. minnen. Die ven obigen, ebenfalls
ale alterthümlich angeſehenen neuhochd. Zuſammenſetzungen vorausgebenben mittel-
hochdeutſchen ſind ber minnesane (Minnefang), das minneliet, ber u. das
minnelön, ber minnesenger u. minnesinger. Für das zuerſt bei Bürger in dem
Göttinger Muſenalm. von 1774 S. 164 gebrauchte Minneſold ſagte man mhd.
der muimnensolt, worin minnen ſchwacher Gen. Sing. von bie minne. In dem
Adj. minniglid, mhb. minnec, minniclich, ahd. (um 1000 und fpäter) minneg-
lich, woven ba8 gleichzeitige ahb. Abo. minneg-, minnech, minniclicho, unjer
uhd. 1773 wieder gebramdtes Av. minniglich (Boß Geb. II, 24) if, ba es ein
mhb. minnec nit gibt, -eo, -eg ꝛc., unfer nbb. »ig, unorganiſch, und zwar fehen
wir es au das Subſt. minne angetreten, fo daß dieſes und damit die ganze Zu-
ſammenſetzung völlig abjectivifh erſcheint. Im ülteſter Zeit fagte man nämlich
7%
100 minorenn — mir
minnalih (Diet. I, 510°), im Wittelbentiden minnelich unb gellirzt minlich,
welches im Nhb. minulih fen würde Die Wurzel von Minne f. in ver
Anmerl. zu Mann, und bie Ableitung geſchieht, wie oben minia, daun minja
zeigt, mittel i, 5, von ber in jener Anmerk. angegebenen Präfentialfern min-,
benn -a unb -u im goth. ih mina, ahd. ich minu find Perfonenenbung.
+ minorenn, Adj.: minderjährig, unmündig. Davon die Minoren-
nität = Minderjährigfeit, Unmünbigteit. Vgl. majorenn.
Zenes Ari. minorenn aus mittellat. minorennis, weldhes zuſammengeſ. aus
lat. minor = Heiner, jünger, und einer Bildung von lat. ber ännus == Jahr,
alfo gleihfam minor annis — jlinger an Jahren. Bon jenem minordnnis iR
abgeleitet fpät-mittellat. die minordnnitas, woraus im 17. Jahrh. bie minorenni-
tät (Nehring ©. 591).
Füder Minorit, —en, Bl. —en : Franciscanermönd.
In mhd. Überfegung dör minner (minbere) bruoder. Der Name baher, weil
bie Franciscaner auch fratres mindres = geringe (niebrige) Brüder beißen
ſollten zum Zeichen ber Demuth, daß gleihfam einer dem andern die Füße waſche
(vgl. Joh. 18, 14).
+ die Minorität, PL —en : Minderzahl von Stimmen, Stimmen
minberheit. Zufammen]. : bie Minoritätswahl, Pl. —en.
Jenes aus mittellat. die minöritas (Gen. minoritätis) = Minderheit, von
fat. minor = fleiner, weniger, geringer, worliber |. minder 1.
bie Minute, Pl. —n : Yo einer Stunde; Heinfter Zeittheil.
1418 die minfte, fon im 15. Jahrh. die minft, — !/., der Stunde ( Wolken-
sten LVI, 1, 11. Voc. theut. von 1482 BL v3?), eingebürgert ohne die frembe
Betonung zu verlieren, aber mit veränbertem Gefchledhte aus dem gleihbebentenben
mittellat. da8 minftum (weshalb ital. u. fpan. ber mindto), welches urſprünglich
das Reutrum bes lat. Adj. (oder vielmehr PBarticipiums von mindere = Heiner
maden, verminbern) minftus = Mein, winzig.
die Minze, Pl. —n, eine befannte Pflanzenart, mentha.
Auch, aber weniger gut, die Münze, wie fhon, obgleich felten, im Mb. bie
müntze (voc. opt. ©. 52°, 188), gegen Ende bes 12. Jahrh. münsd (Haupt
Zeitschr. IX, 894, 62), jpät-ahb. munzA, mittel- u. neumnieberl. immer bie munte
vorkommt. üblich mbb. die minze, geflirgt mins, ahd. bie minsk, auch minza,
angelfädf. die minte, weil entlehnt aus dem angeflihrten gr.-lat. Namen bie
mentha (mitielfat. gerne mente), gr. bie mintha (ulvd«) ober minthd (ir).
mir, Dat. Sing. bes Pronomens der erften Perſon (f. ich).
MED. mir (f. ich), zumellen mit Brechung bes i zu ie mir, woher dann mod
uhd. bei Olinger Gramm. 88 mier. — Diefes mir ſteht audi im Gay, nm
fefte Beziehung auf bie ſprechende Berfon auszubrilden, wie „für mid”, z. B. „Du
machſt mid heute muindig. — Denn bis anf biefen Tag war mir's erfpart, —
Den Weg mir ſelbſt -zu finden und bie Richtung. — Dir folgt’ id mbebingt“
(Schiller Wall. Tod 2, 2), Aber nicht felten wirb es banı in traulicher Rebe
eingeihaltet, zumal nach Imperativen, mit leife hervortretender, fat ſchwindender
beſtimmter Beziehung auf bie ſprechende Berfon, 3. B. „Du bi mir wohl ber
rechte Held“ (Bürger Frau Schnips); „Der Mutwill plagt mir bie Dirne“
Goß Geb. II, 286); „baß keiner leer von der Beute mir ausging (beffen Oblißee
9, 82); „Du nidt trägt mir die fhulb” (deffen Ilias 8, 164); „Sei mir ge-
Mirabelle — mie. 101
grüßt, mein Berg“ zc.1 (Schiller Spazierg.); „Wie kommt mir folder Glanz
in meine Hütte?“ (deffen Jungfr. v. DO. Prolog 2); „O glaubt mir nit den
Leuten!" (Böthe V, 80). Schon im Mhb.: „Habt ir [ihr] mir dön hungerigen
zögzen [zu effen] göben?“ (Berthold ©. 195). „Day bring mir döm hörren
din“ (Heinzelein der Minne lehre 1808). S. Srimm Gramm. IV, 862
n. 368.
fie Mirabelle, BL —n : Meine runde wachsgelbe ober röthlich-
bramme Pflaume. Zufammenf. : ver Mirabẽllenbaum.
Jenes wol erfi im 18. Jahrh. aus dem gleichbeb. franz. bie mirabelle, fpan.
ber mirabel, welches ungewifier EntRehung.
tbas Miratel, —s, Pl. wie Sing. : Wunder, Wunderwerk.
Mhd. u. nieberb. im 14. Jahrh. fowie 1475 cleviſch das miräkel, ans lat. bas
mir&oulum = Wunder, ®underbing, von mirkri = ſich wundern, fih verwunbern.
bie Mirrhe, ſ. Myrrhe. pie Mirte, pie Mirtbe, |. Myrte.
mis-, gekürzt aus miffe- (f. die Anm.), erfcheint, den Begriff des
Fehlenden, Verfehlenden, Nichtzutreffenben, Unrechten, mit Vertehren ins
Üble verbundenen Fehlens mittheilend, partitelhaft in zufammengefekten
Wörtern, wo es, wenn biefe Subfiantive und Adjective find, immer den
Hauptton bat, Dagegen, wenn fie Verba find, in welchen übrigens biefes
mis. immer untrennbar fteht, jest denſelben nur bei Zufammenfegung
mit ſolchen Verben, die fchon mit einer untrennbaren Bartifel (be: 2c.)
zuſammengeſetzt worben, 3. B. misbehagen, misempfehlen, misgebären,
misgefallen, misverjiehen, und wenn zur Hervorhebung bes in mis
liegenden Bepriffes auf diefes das Gewicht bes Tones gelegt wir.
In dieſem legten Falle tritt im Part. Prät. ge- nach mis» vor das
mit diefem zuſammengeſetzte Verbum, 5. B. misgeachtet, misgeartet 2c.,
fonft nicht, z. B. misbilligt, misbraucht ꝛc. Doch laſſen viele mit
mis⸗- zuſammengeſetzte tranſitive Verba, die den Hauptton nicht feſt⸗
ſtehend auf mis⸗ haben, in ber Bildung des genannten Participiums
ge⸗ vor mis⸗ treten, wobei denn ber Hauptton ſtets auf dieſem ruht,
z. B. gemisbilligt, gemisbraucht ꝛc.; von dem heutigen Sprachgebrauch
indeſſen find dieſe Participien gemieden. Zuſammenſetzungen mit mis⸗
find: misachten, Bart. misgeachtet; die Misachtung. misarten,
Bart. misgeartet. miobehagen, Part. misbehagt; ſubſtantiviſch das
Misbehagen; misbehaglich. misbilden, Part. misgebildet;
die Misbildung. misbilligen, misbilligen, Part. misbilligt
und auch gemisbilligt. der Misbrauch; misbrauchen, Part. mis⸗
braucht und (nicht ohne Anſtrich des Altfränkiſchen) gemisbraucht, auch,
doch ohne Beifall zu finden, bei Herder Ged. J, 181 misgebrauchet;
misbräuchlich, zuſammengeſ. mit Misbrauch. das Misbünd⸗
nie (Keſſing Em. Gal. 1, 6). — der Miscredit = übles An⸗
ſehen mit Mangel an Vertrauen. misdeüten, Part. misdeutet ober
auch gemtsdeutet, ungut miögebeutet. misempfehlen (Voß Horaz
102 mit-
Sat. 2, 4, 18), Bart. misempfohlen. bie Misernte (er = är) =
fehfgefchlagene Ernte; misernten, Part. misgeerntet. misfallen,
Bart. misfallen ; ber Inf., aber mit betontem mis⸗, fubitantivifch das
Misfallen; misfällig, womit weiter zufammengefegt die Mis⸗
fälligfeit. die Misform, wovon misförmig; misgebären
(Tſcherning Geb. Frühl. S. 210. Herder krit. Wäld. L, 20 mie-
gebähren), Prät. misgebar, Part. misgeboren (Schiller Jungfr.
v. O. 1,5). bie Misgeberde (er = är), wovon miögeberpig.
die Misgeburt, Bl. —en. misgefallen (Tfherning Ger.
Frühl. S. 26. v. Canitz 6) — mißfallen, aber ungewöhnlich, Bart.
miögefallen. misgelaunt (|. unten Mislaune) das Misge-
ſchick. das Misgeſchöpf (Zeffing VIL, 136) — übelgeftaltetes
Weſen, monstrum. die Misgejtalt; misgeftalt (f.geftalt), Adj.;
misgeftalten, Part. misgeftaltet. ber Misglaube (im 16. Jahrh.),
—ns, ohne PL, — unrechter, böfer Glaube. misglüden, Part.
misglüdt. misgonnen, Bart. misgonnt. misgreifen, Prät. mis⸗
griff, Part. misgegriffen,; der Misgriff. die Misgunit; mis—
günftig. mishandeln, Part. mishanbelt ober auch, aber Doch
felten, gemishandelt, = (Einen) zu übel behandeln, aber mit oorgefchobenem
Haupttone mishandeln, Part. misgehanvelt (auch bei Luther z. B.
1 Mof. 31, 36, währenn Gef. 43, 27 u. 66, 24 noch „miſſehandelt“),
— unrecht thun, ſich vergehen; davon nad) jener Bed. die Mi s-
handlung un ebenfowol die Mishanplung mishellig
(heilig f. in einhellig), womit zufammengef. bie Mishelligfeit.
bie Misheirath = franz. mesalliance; mishören (Göthe XII,
180), Bart. mishört. das Misjahr = unfruchtbares Jahr. mis-
tennen, Prät. mislannte, Bart. misfannt.. der Mistlang = Diffo-
nanz (f. d.). misklingen (1748 bei Klopftod Od., Ausg. v. 1771
©. 109. Göthe XVL, 322), Prät. misflang, Part. misgeklungen.
r der Miskredit, beffer mit c ftatt E, |. oben Miscrepdit. Die
Mislaune, nicht fehr üblich, aber die Adi. mislaunig und mi s-
gelaunt. ber Mislaut, im 16. Jahrh. auch noch miffelaut.
misletten, Prät. misleitete, Part. misleitet, aber auch misleiten
(Zeffing VIIL 107. Göthe XX, 138), Prät. misleitete, Part.
misgeleitet (Keſſing a. a. O. Göthe VIILL,265. Schiller Anmuth
u. W.). mislich (ſ. Anm.) = in Beziehung auf den Ausgang, ben
Erfolg zu ungewiß, zu gewagt, womit zufammengef. vie Mislichfeit.
mislingen, Prät. mislang, Part. misfungen, Gegenfag von ge-
Lingen (j. d.). der Mismuth (f. die Anm); mismüthig, wo-
für gewöhnlich umlautlos mi smuthig gefagt wird. misräthen,
Prät. misrieth, Part. misrathen, [mit haben] = abrathen, [mit fein]
nicht nach Wunſch werden, unerwünſcht ausfallen [in diejer Bed. bei
mis- 108
Bieland Abber. Och 2 Cap. 4 im Part. Prät. „uisgerathen“ von Oliven],
dagegen misrathen, Prät. misrieth, Part. misgerathen, — unrechten
und übeln Rath geben. misrenen (Göthe XVII, 300) = zumiber
und übel reden (vgl. nachher mismwollen). misſchaffen, Prät.
misihuf, Part. misgeſchaffen. misſchildern, Part. misgefchilvert
. 8. misgeſchilderte Charaktere” (Xeffing VIL, 136)]. ber
Misftand, —es, BI. Misftände misftimmen u. misftinmen,
Bart. misgeftimmt; bavon bie Mieftimmung. misthun (mit dem
Gegenſatz wohlt hun bei Voß Id. 3, 120), Prät. misthat, Part. misge⸗
than (bei Luther 1Kön. 8, 47 u. 2 Chron. 6, 37 „miffetban”), = un⸗
recht, wider Ordnung und Geſetz thun (ſ. Miſſethat). ver Mis—
ton, —es, Pl. Mistöne; mistönen, Part. misgetönet, miögetönt ;
mistönig, Abi. (u. Abv.), abgeleitet von Miston. mistrauen,
Prät. mistraniete, mistraute, Bart. mistrauet, mistraut und wol fehr
felten gemistraut; das Mistrauen, ber fubftantivifche Inf. ftatt des
wirflihen mhd. Subftantivs die missetriuwe (Mistreue); mistrau-
iſch, Adj. (m. Adv.), abgeleitet von mistrauen. der Mistritt =
verfehlter Tritt, Verſehen. das Misvergnügen; misvergnügt.
das Misverhältnis (j. -nis). der Misveritand; misver-
ſtändlich, zuſammengeſ. mit verjtändlich (f. d.); das Misver-
ſtändnis (f. Verſtändnis); mtsverftehen (ſ. verftehen). der
Miewachs, —es, ohne Bl. miswillig (Göthe LVI, 105, im
Vers „manher Mißwillige“, alfo betont „Miswillige“), Api.;
miswollen (Göthe XVII, 300) = zuwider und übel wollen.
HiR. richtig iR, wie fih 3. 8. bei Luther, Schottelius, Stieler, Gott⸗
ſched, Klopfkod, Herder, Bürger, Boß, Klamer Schmidt, Schiller findet,
mis. zu ſchreiben, denn das fir fih ſtehend nicht vorlommende Wort lautet mhd.
misse-, gellirzt mis-, ahb. missa-, missi-, ſelbſt einigemal auch bier ſchon gekürzt mis-
([. Riffethat), goth. misea-, alt» u. angelfächl., altfrief., altnord. mis-, welches
das Ion frühe mhb. die misse, fpäter gelürzt mis, — das Gebreden, Fehlen,
Mangeln, abb. bie misss (?), in bem bas ebenfalls in Zuſammenſetzungen vor⸗
fonımenbe ahd. Adj. misai anfgieng; neben biefem dann noch ein ans bem goth. Abo.
missd == wedielfeitig, einander, zu erſchließendes goth. Adj. missa == wechſelnd (?),
wedjelfeitig, von weldem jenes Abo. der Acc. Sing. ber füchlichen Form jein
würde (j. Grimm Gramm. II, 101). Jenes goth. missd zeigt aber auch ben
Grundbegriff des Subflantios wie bes Adjectins, welche beide in ben Zufammen-
ſetzungen, zumal ba ſolche zwiſchen einem Berbum ale letztes Wort und einem
Subſt. Überhaupt nicht Rattzuhaben feheinen (vgl. Grimm Gramm. II, 582), in
ber Weiſe einer untreunbaren Partikel fih finden. Ein gellirztes abjectivifche® mis
tommt im Mhd. bei Ottocar &. 18° (Maßbmanns Kaiserchron. IL, 596*, 113)
w bei Kirchberg ©. 646 nor; ale Subſt. ericheint altnorb. mis in bem bo.
& mis |& = an, in, nah] = wechſelsweiſe, abwegs, und felb ein bloßes auf
jenes Sub. zurückzuführendes altnorweg. Abo. mis = abweg®, vorbei, auf ım-
rechtem Wege, unrecht, fehl. In den Aufammenfegungen mit mis- tritt der Be⸗
griff des Wechſelnden, Wechſelſeitigen, Unterſchiedlichen bier unb ba noch hervor
104 mie- '
und ber Übergang ber Begriffe Wechſel, Abßand, Verfchiedenheit, Abgang, Fehler
iR natürlich. Aber ber Urſprung des Wortes blieb bis jetzt dunkel, und Ber⸗
wandtſchaft mit dem fat. an bie perſönlichen Pronomina angehängten met (=
felbft), wonach geth. miss- aus midt- geworben wäre, wie bie stass = Stand u.
die giss = Rebe in goth. die afstass — Abſtand, die usstass = Auferftehung zc.
und bie anaqiss — Schmährebe, bie missagiss — Wortftreit sc. aus standt, qipt
oder mit bem bei ss abfallenden s ber Nominativflexion standts, gibte, iR mir
nit wahrſcheinlich; eher Tiefe ih wol an Zufammengehörigfeit mit fanffr. mithas
— wedjelsweife (f. mit 1), mithja (Adv.) — fäilſchlich, vergeblich, betriegeriich
denken. Was die Schreibung anlangt, fo fiudet ſich neben mis- noch im 16.
Jahrh., wie fih in den Zufammenfegungen zeigt, das unverkürzte miffe-, welches
bis ins 19. Jahrh. nur in Miſſethat (f. d.) und bem davon abgeleiteten Miffe-
tbäter verblieben if. Im jüngerer Zeit hat man auch die Kürzung mifs- vor-
geſchlagen, doch ohne allgemeinern Beifall zu finden, wie denn überhaupt f6 wicht
beifällig aufgenommen worben und file eigentlides 8 (f. d.) ſelbſt verwerflich if.
Weitans am geläufigkeu wird mit üblichem ß Ratt fj miß⸗ geſchrieben, welches
fhon im 15. Jahrh. unterläuft unb im 16. fi geltenb macht; doch hat fi, wie
oben gezeigt, bie auf die Gegenwart auch mis- noch behauptet und gewinnt mit
Recht aufs neue, zumal nah Sacob Grimme Vorgang, größere Geltung. Das
Verbum misachten if mittelb. misseachtin (Jeroschin 6878); misbehbagen
1482 mißbehagen (voc. theut. BI. v4”), aber einfadyer missehagen mit Dat. ber
Perſon; Misbrauch fhon 1581 bei Frangk BL. 2? mißbrauch, im Pl. miß-
breud; misbranden im 15. Jahrh. lnif$ misbrüchen, ahd. misbrühhan (?),
-brühan. Miscredit zeigt fih ſchon in der erſten Hälfte bes 18. Jahrh. geliufig
und f&eint das franz. der disoreddit, ital. der diserddito, mit Umtaufhung bes
dis- in mis-, welches nebft ber ber deutſchen Sprache gemäßen Betonung dem
Worte dentſches Anfeben geben folte Das Verbum misfallen if 1482
mißuallen, mbb. u. mitteld. missevallen, mittelnieberl. misvallen; das Mi s-
fallen mhb. u. mittelb. das missevallen; misfällig im 15.—16. Jahrh. miß-
vallig ; Misglaube 1482 ber mißglaube, fonft im 15. Jahrh. mysglaube; mi®-
greifen mhb. missegrifen = fehlgreifen; Misgriff mbb. ber missegrif; mis.
baudeln mhd. missehandeln = übel behandeln, mit bem refleriven mhd. sich
missehandeln = fih im Hanbeln verfehlen, woflir nbb. mishandeln mit Dem
Hanptton anf mis-; Mishandlung mittelb. (14. Jahrh.) die missehandelunge ;
mishellig mıbb. missehölleo (?), mishällich (spdeulum eoci&sie 182), fortge-
bildet ans ahb. missahälli, mhb. missehdl, — nit übereinſtimmend, welches fich
anſchließt an ahb. missahöllan — im Zone nicht zufammenflimmen, mhbb. misse-
höllen = meins fein; Mishelligleit im 15. Jahrh. die mißhelligkeit; Mie-
laut 1466 ber misBlAt Diefenbach nov. glossar. 4°. 188°). Das mit ⸗-lich (f. d.)
zufammengef. Abj. mislich if mhd. misselich, mislich, — verfdieben, ver⸗
ſchiedenartig, mannigfach, ungleich, möglicherweiſe werfchleven ausgehend, vom Zu⸗
fall abhängig, unſicher, ungewiß, zweifelhaft, ahd. missa-, missilih, -lich, misselich,
= verfdieben, mannigfaltig, ungleich, goth. missaleiks — verſchieden, mancherlei,
altfächf. mislik, angelſtichſ. mislto, — verſchieden, mannigfach, altfrief. mislik —
verſchieden, ungleich, altnorwegifh mislikr == verſchieden, von welchem Abj. vanır
das Abo, mi sl i ch, mbb. misseliche, misltche,ahd. missi-, misilicho, altſächf. misliko,
angelſächſ. mislioo, = auf mannigfache Weiſe, verjhiebenartig, abgeleitet wir.
Das Berbum mislingen if mbb. misselingen, mit dem ſnbſtantiviſchen Inf.
das Mislingen, mittelb. das misselingen; Mismuth (f. Muth) aus ahd.
bie missimuoti, gefilrzt missimüt (Diut. III, 824), = Kleinmuth, welde ahd.
Miſanthrop — milden 106
Form neubochveutich bie Miomuth wire und von dem ahb. Abj. mıissimuoti
= feinmlthig, mıhb. missomtete == verfhieben geſtimmt, misgekimmt, uneinig,
mitteſd. missemütoe, flaumnnt (vgl. Demuth), als befien Fortbilbung eiu mhhb.
missemüctee (?), unfer mismiütbig (Munfäius Bollem. II, 142, aber bei Boie
hiR. richtig mismutig in Bürger Br. IL, 887) erſcheint, wofür gewöhnlich, nad
ber Mitteldentſchland eignen umlantlofen Form, mismuthig gefagt wird; mi®-
rathen mbb. misseräten 1) intranfitiv f. v. a. fehlgeben, ſchlecht ober übel, bife
ausfallen, 3. B. „der misseräten [ungerathente] junge“ (Haupt Zeitschr. VIII,
679, 985), 2) tranfitio ſ. v. a. übeln, böfen Rath geben [mit Dat. der Berfon und
Her. der Sache]; misreben mhb. missereden == übel reden; Miseſtand 1581 bei
Fraugk BI. 2° ıc. ber miſſeſtandt, BI. 4° miſſeſtannt; misthun mhd.
missetuon (Prät. ich er missetöte, Part. missetän), altfrief. misdua, == unreht,
wider Ordnung und Sefeg thun; mistrauen mihd missetrüwen, -triawen, -trouwen,
ahd. missatrüßn; da8 Mistranen mitteld. das misseträwen; mistraniſch,
Adj., zuerſt 1706 mißträuiſch (Fud wig engl.stentid. Lex. 196* u. 210®) fitr.
das alter⸗ nhd. mißtramig (Dasypödius 74°. Serränus dietionAr. Bl. h6P),
mißtramig (Kramer teutſch⸗ital. Wortb. 777%), von mistranen; ber Mistritt
mhb. der missetrit == fehltritt, Kehler, neben mhb. missetröten == fehl treten.
fber Mifanthrop, —en, Pl. —en, unrichtig —s, PL. —e : Men-
\henhaffer. die Mifanthropte; miſanthroͤpiſch.
Aud franz. ber misanthrope, die misanthropie, misanthropique. Das erfte
ans gr.-lat. (18. Jahrh.) der misenthröpus, welches eig. das Mafc. bes aus griech.
misein (zıceiy) hafſen und der änthröpos (&rpwno;) = Menſch zufanmen-
gelegten gr. Adj. misänthröpos (uıodvIownog) = menſchenhaſſend, wovon ab⸗
geleitet gr. die misanthröpfa (woavSownie) = Menſchenhaß [jenes franz.
misanthropie, unfer Mifantbropie] und das erft fpäter Zeit angehörige gr.
misanthröpikös (uıcav$ownıxzdc) = menſchenhaſſeriſch ſdaraus das franz. Adj.
misanthropique und danach unfer miſanthropifchſ.
t die Mifcellaneen (öfilbig), auch (ohne Noth) Miscekllaneen,
ein PL. : vermifchte Aufzeichnungen, Aufſätze oder Schriften, Vermifchtes.
Erf im 18. Jahrh., in welchem 1788 auch Mifcelldnien, ans lat. miscellänea
== aus allerlei Speifen gemiſchtes geringes Gericht der römiſchen echter
(Awenälss 11, 20), dann in neuerer Zeit „eine in Allerlei beſtehende Schrift“,
welches ſubſtantiviſch genommener Blural bes Neutrums bes lat. von dem Abj.
miscöllus (j. Mifcellen) abgeleiteten Apjectivs miscelläneus == ge-, vermiſcht.
f die Mifcellen, auch (ohne Noth) Misckllen, ein BL. : vermifchte
Anfzeihnungen over Auffäge, Vermifchtes.
Nah Campe Fremdwibch 423* erſt dur von Archenholz, welder 1795
„Miscellen zur Geſchichte des Tages” herausgab, für Mifcellaneen einzu-
führen geſucht. Aus lat. die miscella, dem Plural des Neutrums des Tat. ben
miscöre — miſchen (f. d.) abgeleiteten Adjeciivs miscdllus = gemifdt.
mifchen = ohne Orbnung durcheinanderfommen mahen. Davon : ber
Miſcher; ver Mifchling; die Miſchung. AZufammenf. : mifch
bar; ver, jeltener vas Miſch maſch; das Gemiſch.
Miſchen if mbb. mischen, oberb. auch mit fi, u ſtatt müschen, muschen,
ahd. miscan, misgan, nidt entiehnt von, aber eins mit dem gleichbed. lat.
miso®re, gr. misgein (wlayeıv), deſſen Zuſammenhang mit gr. mignfnai
(suywöveı) == miſchen, fanfte. mig in migr == miihen, altflaw. mjesiti «= mijchen,
104 mis
und ber Übergang ber Begriffe Wedel, Abſtand, Verſchiedenheit, Abgang, Fehler
if natlirfih. Aber ber Urfprung bes Wortes blieb bis jet dunkel, und Ber-
wanbtichaft mit bem Tat. an bie perjänliden Pronomiua angehängten met (=
ſelbſt), wonach goth. miss- and midt- geworben wäre, wie bie stass = Stand ı.
bie qiss = Rebe in goth. bie afstass — Abſtand, die usstass = Auferſtehnng ıc.
und die anagiss — Schmährebe, bie missagiss — Wortftreit zc. ans standt, qibt
oder mit dem bei ss abfallenden s ber Rominatioflerion standts, gibts, if mir
nicht wahrſcheinlich; eher ließe fi wol an Zufammengebörigleit mit fanfkr. mithas
= wedfelsweife (f. mit 1), mithja (Adv.) == fälſchlich, vergeblich, betriegeriſch
benten. Was die Schreibung anlangt, fo findet fih neben mis- noch im 16.
Jahrh., wie ih in den Aufammenfegungen zeigt, das unverkürzte miffe-, welchet
bis ins 19. Jahrh. nur in Miffethat (f. d.) und dem davon abgeleiteten Miſſe—⸗
tbäter verblieben it. Im jüngerer Zeit hat man and) bie Kürzung mifs- vor-
geihlagen, doch ohne allgemeinern Beifall zu finden, wie beun überhaupt ſe nicht
beifällig aufgenommen worben und fir eigentliche ß (f. d.) ſelbſt verwerſlich if.
Weitans am geläufigken wirb mit üblichem ß flatt ff miß⸗ gefchrieben, welches
fon im 15. Jahrh. unterläuft und im 16. fich geltenb macht; doch bat fi, wie
oben gezeigt, bis auf bie Gegenwart auch mi®- noch behauptet nub gewinnt mit
Het aufs neue, zumal nah Sacob Grimme Borgang, größere Geltung. Das
Berbum misachten if mitteld. misseachtin (Jeroschin 6878); mishehagen
1482 mißbehagen (voc. theut. BI. v4), aber einfacher missehagen mit Dat. ber
Perſon; Misbrauch fon 1581 Hei Frangk BL. 2? mißbrauch, im BL. miß
brend; misbranchen im 15. Jahrh. kölniſch misbrüchen, ahd. misbrühhan (?),
-brühan. Miscredit zeigt fi ſchon in der erften Hälfte bes 18. Jahrh. geläufin
und ſcheint das franz. der disorddit, ital. der discredito, mit Umtaufhung ber
dis- in mis», welches nebft ber der deutſchen Sprache gemäßen Betonung bei.
Worte dentſches Anſehen geben folte Das Verbum misfallen iR 14
mißuallen, möb. u. mittel. missevallen, mittelnieberl. misvallen; das M:
Tallen mhd. u. mitteld. das missevallen; misfällig im 15.—16. Jahrh. ı:
vällig; Misglaube 1482 der mißglaube, fonft im 15. Jahrh. mysglaube; ı:.
greifen mhb. missegrifen == fehlgreifen, Misgriff mbb. der missegrif; :
han deln mbb. missehandeln — übel behandeln, mit dem reflegiven mht
missehandeln = ſich im Handeln verfehlen, woflir nhb. mishanbeln m'
Hauptton anf mis-; Mishandlung mittel. (14. Jahrh.) die missehand:
mishellig mbb. misschölleo (?), mishöllich (spdeulum ecciäsies 182‘
bildet aus ahd. missahelli, mbb. misschäl, — nicht fibereinftimmenb, m:
anſchließt an ahd. missahtllan = im Zone niht zuſammenſtimmen, mt
höllen = umeins fein; Misbelligfeit im 15. Jahrh. die miöhelllin::
laut 1466 ber misdlüt ee 188°). Zi '
|
zuſammengeſ. Adj. mistie fu missolich, mieli
Idiebenartig, mat mio * i ] id * m t * ie a ns
fall abbäugig, ur J mge u
— verſchieden, u
aliſichſ. —*
* uateich, alt
Fu
Form’ nenbochbentjch ir er = mn : der
= Neinmlthig, nie. ine — zer u EEE
mitteb. missemüte, um zu ur ii —
missemüeteo (?), umier wir -ız =-ı=7= — —
HR richtg mim mi > _ x — — . *
ber Mitteldentſchlad i uenn u To 32 — | id 1
rathen nıhb. misseriten - mm : 2 — ee
ausfallen, 5. ®. „dör miese m — — — er
579, 985), 2) rum IL sn --—r —
Aec. der Sache); mi ree un un o- 1; De
Frangk AP eben nn O _ — = ‚ndbote zu
missetuon (Prät id u mmeie = u - ——
— — und Gerz mr — — — re = fenden,
ahd. missatrüen; bb —_ - — missionArius,
Adj., merk 1706 mii-=-=- :-— = - r.
das älter⸗nhd. mifirzec —
mißtrauig (framer zmuinm_ — a
mid. der missetrit = £ — tentafche zum
fer Mifanthrer. — — — | —
en ‚sen, aus mittellat.
ſche haſſer. die x: — pl. des Neutrums
Auch franz. der een — t. Adj. misstvus
aus —Hr.-lat. (18. Zi vr mr — _ in Paſſiv von lat.
misen (ud) = ern -— _ 2
gelegten gr. Afhz . _.--- --:
geleitet gr. die mr
misanthropie, sie &-—-—— ıd -harn, im be⸗
misanthröpikös (mezsemn — s Strob, Laub ꝛc.
misanthropique ze u — 1, Thierkoth unb
fdie Mifcellan- = menf. : das Miſt—
einge „haufe, -käfer,
Erf im 18. Tr ——— ätte 2c.
= aus allerlei — rn cr mista (mit erlofhenem
(weni il, = -- _ nm. I®, 148); benn das
weldes jublanizi um — elſt t zunähft von einem
misedllus (f BE:::-: me . ‚.ıhsan (Prät. ih er mahs,
f we ifefller u -
'prüngliches wie fleigen :
Sprache migan (Prät. ı
unb fimmt ber Lautve
im Goth. ver, wa;
tön = blingen (Notker ]
naihum, Part. maihans
erbum fommt im Angel—
mals einem Wurzelverbum
c
di
on mit ableitenbem * ba®
L*
(mit eingebrungenen n),
ih (= auädgießen, barnen).
B.
bh (f. d.) zeigt. Das von
t bilngen” das mbb. miste
11
"a
fe
108 Biel — mit
80, 7), uud Mifgabel Tantet im Mh. bie mistgabel, ahd. bie misteapala,.mist-
gabala. Der Miſthaufe ir mbb. misthäfe n. (namentli mittel.) misthoufe, wo⸗
gegen im Ahd. misteshäfo (Mifteshaufe); ber Miſtkrapfen, eig. Miſtkrapfe
(f. Krapfen 2), mittelb. der mistgrape (Sachsenspiegel 8, 45, 8), mittelnieberb.
bie mesgröpe (ebenda). Der Miſtfink iR der Bergfint, welder im Winter auch
in Höfen feine Nahrung ſucht. Statt die Miſtſtätte, woflie im 15. Jahrh. bie
miststatt (Chron. d. d. St. V, 251, 28f.), findet fi auch 3. B. bis gegen 1850 zu
Siegen in öffentlichen Bekanntmachungen die Mikenfätte, zufammengef. mit
dem von mist abgeleiteten ahd. bie mistins (auch mistunnds) = Miſt, weiches ſich
noch in fränl. bie Miften = Miſthaufen, Miſtplatz, Hofraum (f. Shmeller
II, 645) erhalten hat.
die Miftel, BL. —n, eine Schmarogerpflanze mit diden Blättern auf
Bäumen, viscum. Davon der Miftler, welches wie die Zufammenf.
bie Miftelbrofjel, — Miftelbeeren frefjende Droffelart.
Mifel, im 18. Jahrh. felten, mhd. der mistel, ahd. ber mistil, altnorb. ber
mistil in der mistilteinn — Miſtelzweig. Urſprünglich deutſch, aber dunkler
Wurzel; mittellet. mistus iR fpätere Bilbung aus dem beutfchen Worte nad) Tat.
ber viscus = Miſtel.
miften, bie Miftenftätte, bie Miftgabel, ber Miſthaken,
strapfen, -baufe, ⸗käfer zc., f. Mift. ber Miftler, ſ. bie
Miſtel.
misthun, ver Miston ꝛc. |. miß-.
miß-, ungut, aber üblich für mis⸗(ſ. d.).
mit, Adv. ber Verbindung, Gemeinfchaft, bes Beifeins, Zugleichſeins,
z. 2. ih Tann nicht mit einftimmen 2. Meiſt in Zufammen-
fegungen mit Subftantiven, Adjectinen und Verben, immer mit bem
Haupttone, 3. B. ver Mitarbeiter, »bürger, -erbe (er = är),
bie Mitgabe u. -gift, der Mitfpieler ⁊c., mitjchuldig ıc.,
mitfahren, «laufen, -fein, »fpielen zc.
FR mit erfies Wort in ber Verbindung mit einem andern Adv., fo erhält
diefes den Hauptton, 3.8. mithin, mitunter; aber verbunden mit einem voraus⸗
gehenden Adv. behält es benfelben, z. B. da⸗, hie⸗,, fo-, womit, unb verliert ihn
nur dann, wenn ba6 erfie Wort befonders hervorgehoben werben fol. Das Abo.
mit aber lautet mbb. mite, auch gekürzt mit, ahd. miti (Ratt midi), jpäter mit
abgeſchwächtem i am Schluffe mite, altſächſ. midi, mittel- u. neunieberl. mede,
altfrief. mithi, mithe, angelfähf. mid, altnord. med, in Zufammenfegungen goth.
mib- (= wechſelsweiſe, mit, zugleich), angelſächſ. mid-, altnord. mdd-, und ſtimmt
ber Lautverfhiebung gemäß (f. D) ganz mit bem gr. Abo. met& (uerd) = zu⸗
glei, zufammt (ngl. Grimm Geſch. db. d. Spr. 412f. Gramm. IV, 780), weldes
in Zufammenfegungen, wie unfer mit, eine Gemeinſchaft, eine Theilnahme ans-
brüdt, aber auch ſ. v. a. zwifchen, während, unb wie biefe® griechiſche Wort Brä-
poſttion iR, fo iſt es aud das deutihe geworben (f. ben folgenden Artikel), Zu⸗
glei aber ſtimmt das Wort mit ſanſtr. mithu = zufammen, mithas == wechſels⸗
weife [alfo in der Bed. flimmend mit bem eben angegebenen goth. mib-] und
tönnte fo mit mis- (f. mis. Anm.) verwandt fein. Mitbürger if 1482 mit-
burger, nıhb. ber miteburgsere, mittelb. der mideburger, möteburgöre, mite-
borgöre; Miterbe mhb. u. mitteld. der mite-, miterbe; Mitgabe mittelb. bie
mit — Mitefler 109
möteghbe (= Mitgift); das Mitſein wittelb. das mitenin; Mitjpieler mbp.
ber mitespilsre.
mit, Präp. mit Dat., uriprünglic Adv. (j. das vorige mit), wirb ges
jet, um das Verhältnis der Verbindung, der Gemeinfchaft, des Zu-
gleichjeins zu bezeichnen, mit einander, f. miteinander. mit
einmal, f. einmal 1. mit eins, f.eins 2. mit Frieden —
in Ruhe, ungeftört. mit nichten, f. nicht.
Die Präp. mit iR urfprüngli, die Korm des Adv. mit (f. d.) bewahren,
nieberb.-abb. miti (Ziildebrandslied 19, in der Handſchrift), altfädf. midi, dann
gekürzt und fo von dem Abo. unterſchieden altſächſ. (neben midi) mid, ahd. m.
mhd. ſtets mit, mittelb. möt, mittel- u. neunieberl. met, altfrief. mith; goth. mip,
angelſächſ. mid, altnord. mdd, lauten ſchon als Abo. fo. Auch das bamit der
Lantverſchiebung gemäß buchſtäblich flimmenbe gr. met& (vera) if Bräpofition in
den Bebeutungen zwifhen, unter, nad — hin, fowie in ber Bed. unferes mit.
S. die Aum. zu dem vorhergehenden Artikel. In mit einmal (Boß Opüßee 11,
697. 21, 230. Luife 1, 448. Göthe XL, 116. XXIV, 80) fcheint ſich die nur fpär-
lie Rection bes Acc. erhalten zu haben, welche im Althochd. bei mit vorkommt
(egl. Grimm Gramm. IV, 770), und in mit eing (Xeffing XII, 849. Laokoon
182) bürfte eins im Neuhochdeutſchen durch Verwechſelnng für ben Acc. Ging.
ber fühl. Form genommen morben fein. Die, wie mit einmal, mit eins,
glei formeldaft gewordene Verbindung mit Frieden lautete, was fih noch in
wetterauiſch meadd Fridd erhielt, eigentlih mit Friebe, mbb. mit vride, ahb.
mit fridu (Otfried 2, 88, 18), mittelb. mit fröde (Ködie 84, 18), worin, wie ahd.
fridu, urſprüuglich fridü, zeigt, von dem farkbiegenben der Friede (f. b.) ber
Infrumentalis iR, welher Caſus aber mit feinem Erlöfägen in ven Dativ über⸗
gieng, der bier, nachdem die im 12. Jahrh. am Nieberrhein auftaundhende ſchwach⸗
biegenbe Form der fride [„ci vridin“ (Annolied 840), si negäreten nöheines
friden niet (Lamprecht Alex. 4580) = fie begehreten feines Friedens nicht],
mitteld. ber fride m. (eigentlich mittelnieberb.) der fröde, fih nach und nad geltend
gemacht hatte und fhon zu Anfange des 18. Jahrh. vride ſchwachbiegend ine Mhb.
(Parziväl 605, 30) vorgebrungen war, neuhochdeutſch in ſchwacher Biegung er-
ſcheint, für welde Luthers Vorgang in „mit frieden“ (Mark. 14, 6. Joh.
12, 7) entſchied.
miteinander, aber üblicher, wie früher, getrennt mit einander,
abverbial ftehende® Zahlwort ohne Biegungszeihen (|. einander) :
einer, eine, eins mit bem, mit der andern; zufammen, ohne Ausnahme.
Mhd. mit einander, aud mit dem Biegungs-n des Dat. BL. mit einandern
(Minmes. IL, 109, 4. 137°, 96, 1, 1), ſelbſt fo noch im 15. Jahrh.; im voc.
theut. von 1482 nur miteinander (in ein® gefchrieben), doch zugleih noch im 17.
Jahrh. getrennt mit einander (Aulsius 980). ©. einander.
ber Mitefjer, —s, BI. wie Sing. : mitellende Perfon; mitzehrendes
vermeintliche Würmchen in ber Haut.
HiR. richtig iR Mite ßer zu fhreiben (ogl. effen). In ber erfien Beb. z. B.
bei Kramer tentfch-ital. Wortb. 779° ; in Beziehung auf die 2te Bed. ergibt fi
ans em Miſteßer anführenden Stieler Sp. 818, daß man die Würmchen als
in die Glieder nes Menſchen gezanbert anjah, bamit fie, namentlich bei Kindern,
die Nahrung megzehrten, wodurch biefe abmagerten. Niederb. mitdter.
110 Mitfapen — Mitheidat
die Mitfaften, ein BL. : ver britte Deittwoch nach dem Aſchermittwoch
ale Mitte ver Faften zeit.
Schon mbb. die mitvaste im Singular, mitteld. tm 14. Jahrh. [nad ben Ver⸗
bindungen näch mitfasten, vor und zu mittevasten ober mittefasten in Höfers
Urk. und biz zu mittefastin bei Kodis ©. 84, 18f. zw fliehen] die mitfaste,
urfpräinglier, wie auch mbb. u. mittelb. mittefaste (3. 8. „zuo mittevaste“
(Livländ. Beimchron. 8509)], mittelnieberb. im 14. Jahrh. [nad vor mitfasten,
mytvasten unb mitvastene, tuo [ju midvasten in Höfers Urk. ©. 95. 2567.
140. 181] die mitfaste, mitvaste, befier midvaste. Aus biefer trog der Zu⸗
fammenfegung mit dem alten Abj. mitte (f. d.) gekürzten Form mit-, midvaste,
mitfaste aber ergibt fi, daß bie Schreibung mit nur einem t als die kirchlich
bewahrte alterthümliche erfheint, während Mittfaften mit tt pebantifch ausſieht.
Sonft ſteht im Mhd. au, mit bem Abj. mittel (f. d.) zufammtengefegt, bie
mittelvaste und, entweder mit bem mbb. Adj. mitter, abb. mittar, noch bayer.
mitter — mittel, jufammengef. ober aus dem Dat. Sing. mitter vasten
fmitter Dat. Sing. bes Kemininums jenes alten Adj. mitte) in mbb. vor mitter
fasten, ze mitter vasten, biz mitter vasten jufammengefhoben unb fo erflarrt,
bie mittervaste (Benecke IH, 2784), welches in bayer. bie Mitterfaſten
(Schmeller II, 651) übrigens auf jene Zufammenjeguug mit dem Abj. mitter
deutet.
bie Mitgabe = das als angehörig, eigenthümlich Mitgegebene; das
Heirathsgut. die Mitgift, Bl. —en, was Mitgabe.
Mitgabe, ſchon mittelb. die mötegäbe — Heirathegut (Kädie ©. 48, 88), iR
neuhochdeutſch geläufiger Ansprud, trotzdem baß im 17. Jahrh. Mitgift fi
bildete, welches 1641, Mitgifft geſchrieben, bei Schottelius teutihe Sprach⸗
kunſt 501° fi findet und nach und nad) ebenfalls geläufig wurbe. In der 2ten Hälfte
bes 16. Jahrh. die Zugifft (Schwartz enbachSynonyma BL.48*. Bel. Gabe
und die Gift.
das Mitglied, —es, BL. —er : einzelne Perfon eines Inbegriffes von
Verfonen, der in Verwandtichaft oder zu gemeinfamen Zwecke ver-
bunden jind, in Beziehung auf bie andern.
Eine nhd. Zufammenfegung mit der mittelbeutfhen Brechung bes i zu jeßt
behnendem ie (vgl. Glied); 1691 bei Stieler Sp. 670 noch Mitglib, aber
auch ſchon 1641 bei Schhottelius teutſche Sprachkunſt. ©. 500° Mitglied. Neu⸗
niederl. das medelid.
mither, f. mithin Anm. Veraltetes Abv.
mithin, Abo. u. dann Eonj. : zugleich daraus folgend.
Eine um 1700 aufgelommene Partikel, welche zuerſt 1716 Ludwig Sp. 1254
in der Beb. „mit einander”, dann 1784 Steinbad I, 758 mit der Bed. „u⸗
gleich“ verzeiäänet und von welcher 1741 Friſch I, 458 fagt „eine neue Partikel
bom blinden Gebrauch eingeflihrt und heißt fo viel ale folglich“ Stieler (1691)
bat fie nod nicht, aber das bei demſelben Sp. 827 aufgenommene mithkr =
zufammen, zugleich, mochte vielleicht Vorbild fein.
t ber Mitprivat, —es, Pl. —e : eine Art Latwerge als Gegengift.
@ellert Fab. I, 41. Schon 1686 hei Reyher lex. latinogerm. Sp. 1614.
Benannt nach lat. das antidotum MithridAtis — Gegengift bes Mithridates,
nämli des Könige von Pontus Mithribates des Großen, welder jenes Gegengift
jufanmengefeßt (Juvendlis 14, 252) uub, um fi vor etwa vou feinen Feinden,
Mitlaut — Mittag 111
den Aümern, ihm beigebrachten Giften zu ſichern, zu ſich gemounmen haben ſoll,
wodurch fein Körper an Gift fo gewöhnt wurbe, baß es bei ihm nicht mehr wirkte,
weshalb ex fi, ale er von Pompejus dem Großen überwunden worben war, mit
feinem Schwerte töbtete.
ver Mitlaut, —es, Bl. —e, üblicher ber Mitlauter, —s, BI. wie
Sing. : für fich allein ſtimmloſer Laut, Confonant (f. d.).
Su dem 16. n. 17. Jahrh. findet ih mitlautender Buchſtab (fo 1531 bei
Frangk 31. 8°, wo auch mitſtimmender buochſtab), Mitlautenber; in
ber erften Hälfte dee 16. Jahrh. bei Idelfamer BI. AS“ fowie auch 1581 bei
Fraugk Bl. 8 fj. mitkimmer, welde Benennung neben jenen Ausdrücken noch
im 17. Jahrh. fortbauert, gegen befien Ausgang (1691) Stieler auh Mit-
Hinger bat, wie bie Niederländer in der Grammatik der medeklinker fagen.
Der Mitlaut n. der Mitlauter (f. ber Lauter) feheinen erft im 18. Jahrh.
anfgelonunen, beionbers iR ber legte Ausdruck durch Gottſched geläufig ge-
werben. Alle finb nichts anders ale Überfegung bes lat. die oönsonans (mit Hin⸗
zubenfen von bie Ifttera Buchſtab), und das Adi. (Barticip) oönsonans wirb ſchou
im voe. imerp. teut. BL q að durch ein neugebilbetes Adj. mitlaut verdeutſcht, wie
lat. consonAre im voc. theut. von 1482 BI. v5° durch mitlauten.
das Mitleid, —es, —s, ohne Bl. : Schmerzgefühl aus Theilnahme.
Kür biefen Begriff im 18. Jahrh. gebilbet, in welchem das bei Stieler,
Steinbach und Friſch fehlende Wort zuerſt im Jahr 1777 von Adelung ale
ein eben nicht allgemein übliches verzeichnet wird. Berſchieden hiervon iR das
gleihbeb. miltelb. bie midelide (Elisabeth 2891), weldies neud. bie Mitleide
fein würde.
das Mitleiden, —$, ohne PL, was Mitleid, tft der als Subft. ges
brauchte Infinitiv mitleiden, Präf. ich leide mit (in Nebenfägen
mitleibe), Brät. ich er litt mit (in Nebenfügen mitlitt), Part. mitge-
litten. Zuſammenſ.: die Mitleivdenheit.
Das Mitleiden, mbb. un. mitteld. das miteliden, mittelb. auch das mideliden
(Elisabeth 2876), ift älter ale das Mitleid (f. d.) und fon 1691 bei Stieler
&p. 1136 verzeichnet. Das Berbum findet fih im voc. theus. von 1482, welder
Bl. v5° mitleyden hat. übrigens ſchon im 14. Jahrh. mittelb. die mitelidunge
(Mitleivung) = Mitleiden, gemeinfames Leiben.
mitletpig, Abj. : an Leid tbeilnehmend oder es mitfühlenp,
nidt von Mitleid (f. db.) abgeleitet, fondern aus mit und leidig (f. d.) zu-
ſammengeſetzt, erſcheint ſchon bei Luther und Dietenberger 1 Betr. 8, 8, if
alfo weit älter, ale Mitleib (f. d.), und würde im Webb. miteleideo lauten, womit
bie wetterauiſche Ausſprache meaddlärig (d zwiſchen Vocalen gebt in r über)
ſtimmt. Berihieden aber hiervon iR das gleichbedeutende mitteld. mitlidio (Jero-
schin 6296), von wittelb. bie midelide (f. Mitleid Anm.) abgeleitet.
mitfammt, Bräp. mit Dat., ein burch mit verſtärktes und fo nach⸗
drücklicheres ſa mmi. Bei unfern beiten Schriftitellern.
Befler Ihriebe man mitfamt (f. ſammt). Priber nicht zuſammengeſchoben:
mit ſammt, mit famt. Schon mittelbochbentf mit samt (Neidhart 21, 28),
und zufawimengeichoben mitsament, -samet, -saımt.
ver Mittag, —es, BL. —e : bie Mitte des Tages, d. 1. bie Zeit bes
höchften Standes ver Sonne; ſnhd. auch :] die Gegend biefes Standes
112 Miite — Mittel
ver Sonne, Süd. Davon mittägig. mittag®, der Gen. Sing.
von Mittag als Abv., weshalb mit Meinem Anlante, nicht, wie noch
viele nach Gewohnheit fchreiben, Mittags. Aufammenf. : pas
Mittageffen, mittäglib; der Mittagwind = Sübdwind
(Dasypddius 385*); mittagwärts, Adv., — ſüudlich; aber (mit
Gen. Sing.) der Mittagstreis = Meridian (f.d.), das Mittags-
mahl, die Mittagsfonne, ber Mittagstifch, ver Mittags
wind [= Siübwind, dann zur Mittagszeit wehender Winp] ıc.
Mittag, mh. ber mittetao, mittao, ahd. ber mittitso, fpät-ahb. mittetag,
mittelb. ber mittach, angelfächf. ber middäg, neben ungnfammengefegtem ahd. mitti
tak (hymm. 8, 7. 13, 8), mitter tag (Notker Ps. 86, 6), Gen. mittes takes, Dat.
after mittomu tage (nad mitten Tag, nad Mittag), si mittemo taga (Diez.
DI, 121) zc., Ucc. mitten dag, altfädhf. (Rom. Sing.) middi dag. Nach jenem Acc.
3: ®. in umbe mitten tac ac. mittelb. aud) ber mittentac, mittendag (Zlisa-
beth 2927), worin der Caſus ameinanubergeichoben zum befonbern Wort erfiarrt if.
Über das Adj. der Zufammenfekung ımb Verbindung : mitti, fowie liber beffen
Kürzung bier f. mitte. Das Adj. mittägig fon ahd. mitti-, mittetagig, und
das Adj. mittäglicdh abhb. mittitegalih, mittitagilih, mittitagelich, aus welden
ahd. Wörtern fi au jene ahd. Zufammenfegung mittitao deutlich ermweifen läßt.
Für die eigentlige Zufammenf. Mittageffen hatte man 1425 bie uneigentlidhe
eyn mitta gib esßen (Diefenbach glossar. 450°) d.i. ein mittages &zzen(?),
anb für Mittagsmahl, bei Luther Luc. 11, 87 u. 14, 12 das Mittag®-
malb, 1507 tölniih myddachs mail, im 15. Jahrh. die eigentlihe Zufammen-
fegung mittagmäl. Das Abj. mittagwärts, bei Luther gegen, von, vom,
zu mittag werte, jelb zum mittage werts (2 Ehron. 4, 10), if hiernach
aus einer Bildung mit dem Dat. Sing. von Mittag hervorgegangen. '
die Mitte, Bl. —n : gletchweite Entfernung von bejtimmten Enben.
Mhd. bie mitte, ahd. bie mitti, goth. midei (? ber goth. Ausbrud war bie
midums), ift abfiracte® Subſt. von dem Abj. mitte (f. d.). Schwache Biegung
noch ahb. bei Göthe XXVI, 288 im Heim : „Das Weltkind in der Mitten.“
mitte = von beitimmten Enden gleichweit entfernt.
Im Hochdeutſchen erlofhenes, aber no im Bollemunde lebendes altes Adj.,
3. B. in der Wetterau, wo man hört eamm meadde Wäld im mitten Walb,
uffem meadde Acker anf dem mitten Uder, eann dr meadde Nähcht
[-- “-, verſchieden von Meaddernächd (Mitternadt) - . —] m der mitten
Naht sc. Mhb. mitte, mite, ahd. mitti, mitte, goth. midis, altſüchſ. middi,
angelfädhf. midd, mid, altfrief. midde, medde, altnerb. midr, welches der Lant-
verfhiebung gemäß mit dem gleihbeb. fanftr. madhjas, lat. [mit bem bem fanjfr.
dh entfprehenden d] medius, gr. m&sos (Loos) ſtatt methios (uEH:oc) und dann
me6thjos [weshalb aud bei Homer zc. messos (uEacog)], Kimmt. In Zufammen-
ſetzungen tritt ſchon mittelhochdeutſch Kürzung zu mit ein, welde fi bei uns ix
Mitfafen, Mittag erhalten bat. ©. auf inmitten.
das Mittel, —s, BI. wie Sing. : Mitte, was die Mitte ausmacht;
zwifchenbefinpliher Gegenſtand; Wirkendes zur Erreichung eines
Zwedes, [daher im Plural auch :] Beſitzthum. S. auh mitteln.
Zufammenf. : mittelbar, mit die Mittelbarleit; [mit dem Gen.
Sing] der Mtttelsmann = Vermittler, die Mittelsperfon.
mittel — mitteln 113
Des Mittel, mbb., mittelb. das mittel == Mittel (Myst. I, 182, 8. 7), dann
was zwiſchenein iR, befonbers trennenb (ebenda ©. 8, 2. 272, 20), ahd. mittil (?),
iR bad NReutrum bes Abj. mittel (f. d.) ohne Geſchlechtsendung geſetzt als Subſt.,
gleiherweije wie in das But das Nentrum des Abi. gut (f. d.); angelſüchſ. ber
middel in ber 2ten Beb. Jene Stelle Myst. I, 8, 2 aber bat sunder mittel
(fonder Mittel) = ımmittelber, woraus bie Zufammenfegung bes bereits 1641
bei Sch ottelins teutſche Sprachk. 808* verzeichneten mittelbar mit dem Subſt.
Mittel erhellt; ebenda 808? auch unmittelbar.
mittel, ſtark Dafe. mitteler, (mit Abwerfung bes e der Ableitung)
mittler, Gem. mittele, mittle, Neutr. mitteles, mittles,
ſchwach ber, die, das mittele, mittle,, Comp. (gern und fogar ge
wöhnlich fir den allein ſtehenden Poſitiv mittel gefegt) mitteler,
mittler, Superl. mittelft : mitten befindlich. Zufammenf. : bas
Mittelalter, ⸗»ving; der Mittelfinger; das Mittelglien,
gut, ⸗land, mittellänbdifch [nach dem Vorbilve von Tat. medi-
terräneus gebildet] — zwiichen Ländern mitten inne gelegen; bie
Mittellinie; das Mittelmaf, mittelmäßig und die Mittel:
mäßigkeit; ber Mittelpunct, «weg; das Mitteltreffen,
tuch, wort (f.d.); die Mittelzeit (f. d.), wovon mittelzettig.
Das Adj. mittel [j. B. 1758 „eine mittle Gattung von Leſern“ (Leſfing
II, 888)], mbb. mittel, ahd. (felten) mittil mit dem fpät-ahb. Superl. mittelöst
(bei Nosker), angelfähf. middel, mitteilt »el, abb. -il, von dem Abj. mitte
(f. d.) abgeleitet. Bon den Aufammenfegungen heißt ber Mittelfinger fchon
1482 mitel- nnd mittelfinger (beides, das letzte verhüllend für männliches Glied
fowie Afterbarm im voc. theut. BI. v6"), im 14. Jahrh. einfacher ber mittler
(Mitteler), im 11. Jahrh. nieberb. middeldöre (gl. jum. 262), engl. middle-
finger; mittelmäßig mbb. mitelmsgic, -ich, mittelb. mitelmözeo (Köpke’s
Passional 429, 88), wie bie Mittelmäßigfett 1482 mittelmössigkeit (voc.
theut. BI. v5°). Unſer das Mittelmaß if mhd. das mittelmaz = bas Maß
in der Mitte, das mittele Maß; fonft aber kommt au im Mittelhochdentſchen die
mittelmAge, -mäg (vgl. die Maße), eig. = Lage in ber Mitte zwifchen 2 Dingen,
in der Beb. bes neuhochd. Wortes vor. Mittelweg iR mhd. der mittelwdc —=
weber nach reits noch nach links anfloßenbes Berhalten [.Ködiz 17, 1), eig. aber,
wie noch in der Wetterau, |. v. a. Weg zwiſchen 2 Wegen. |
das Mittelalter, |. mittel. mittelbar ıc., |. das Mittel. das
Mittelding, ver Mittelfinger :c, |. mittel.
mitteln, für fih, aber melft in ausmitteln, er-, vermitteln
(f. d.), ſowie in bemitteln (f. bemittelt), tft von pas Mittel
abgeleitet (ſ. Zckhart 640, 39—40. 655, 23—26).
Mh. u. mitteld. mitteln urfpr. = Mittel machen, d. b. 1) tranf. „ine Mittel
(die Mitte) ſtellen“, mitten inne ſtellen (mod im voc. gemmagemmär. von 1505
Bl. p3°, u. |. Eckhart 640, 39f.), und 2) intranf. ein Mittel fein (Bokhart 49, 26).
In beiden Bedeutungen jeboh heute mitteln veraltet und im erweiterter Bed.
vermitteln (f. d.) gebrandit, aber mitteln aud in jenen aus-, ermitteln.
Außerdem, aus der Gruudbed. herborgebenb, 1482 mittelen = halbieren (voc.
theut, BL. v4), Iat. mediäre, umb ſelbſt noch 1668 Hei Schottelins ©. 1865
VBeigand, Wörterduh. 4. Aufl. 2. BP. 8
104 mi®- j
und der Übergang ber Begriffe Wechſel, Abſtand, Verſchiedenheit, Abgang, Fehler
ir natürlih. Aber der Urfprung bes Wortes blieb bis jett bumlel, unb Ber-
wanbifhaft mit bem Tat. an bie perjänlihen Pronomina angehängten met (=
ſelbſt), wonach goth. miss- aus midt- geworben wäre, wie bie stass = Stand u.
die giss — Rebe in goth. die afstass = Abftand, die usstass = Auferſtehung zc.
und bie anagiss = Schmährebe, bie missagiss — Wortftreit ıc. an® standt, gipt
oder mit dem bei se abfallenden s ber Nominatioflerion standts, gibts, iſt mir
nit wahrſcheinlich; eher ließe fi wol an Aufammengebörigkeit mit fanflr. mithas
== wechſelsweiſe (f. mit 1), mithj& (Adv.) — füilſchlich, vergeblich, betriegerifch
benfen. Was die Schreitung anlangt, fo finbet fih neben mis- nod im 16.
Jahrh., wie fih in den Zufammenfegungen zeigt, das unverkürzte miffe-, welches
Bis ins 19. Jahrh. nur in Miſſethat (f. d.) und bem davon abgeleiteten Diffe-
tbäter verblieben if. In jüngerer Zeit bat man and) die Kürzung mifs- vor-
geſchlagen, doch ohne allgemeinern Beifall zu finben, mie dem überhaupt fe nicht
beifäillig aufgenommen worben und flie eigentlihes ß (j. d.) ſelbſt verwerflich if.
Weitaus am geläufigken wirb mit üblihem ß flatt ſſ miß⸗ geihrieben, melches
Thon im 15. Jahrh. unterläuft und im 16. ſich geltend macht; doch bat fi), wie
oben gezeigt, bis auf vie Gegenwart auch mi®- no behauptet und gewinnt mit
Recht aufs neue, zumal nah Sacob Grimme Vorgang, größere Geltung. Das
Berbum misachten if mittel. misseachtin (Jeroschin 6878); misbehbagen
1482 mißbehagen (voc. theus. Bl. v4P), aber einfacher missehagen mit Dat. der
Perſon; Misbrauch fhon 1581 bei Frangk BL. 2? mißbrauch, im BI. miß-
breud; misbranden im 15. Jahrh. Kinifh misbrächen, ahb. misprüähhan (?),
-brühan. Miscrebit zeigt fi fhon in ber erſten Hälfte bes 18. Jahrh. geläufig
und ſcheint das franz. ber diseredit, ital. ber discredito, mit Umtaufhung bes
dis- in mis⸗, welches nebft ber ber deutſchen Sprade gemäßen Betonung dem
Worte deutſches Unfehen geben folte Das Berbum misfallen if 1482
mißuallen, mhd. n. mittel. missevallen, mittelniederl. misvallen; das Mis-
fallen mbb. n. mittelb. das missevallen; misfällig im 15.—16. Jahrh. miß-
vällig; Misglaube 1482 der mißglaube, fon im 15. Jahrh. mysglaube; mis®-
greifen mhd. missegrifen — fehlgreifen; Misgriff mhd. der missegrif; mi6-
banbeln mhd. missehandeln == übel behandeln, mit bem reflegiven mbb. sich
missehandeln = fi im Handeln verfehlen, wofür nhd. mishanbeln mit bem
Hanptton anf mis-; Mishaudlung mitteld. (14. Jahrh.) Die missehandelunge ;
mishellig mbb. misschöllee (?), mishöllich (spdeulum eoclösie 182), fortge-
bildet aus ahd. missahelli, mhd. missehöl, = nit übereinſtimmend, welches fich
anſchließt an ahd. missahöllan = im Tone nit zufammenflimmen, mhb. misse-
höllen = uneins fein; Mishelligfeit im 15. Jahrh. bie mißhelligkeit; Mis-
laut 1466 ber misBlät (Diefenbach nov. glossar. 4P. 188°). Das mit ⸗-lich (f.b.)
zufammengef. Abi. mielid if mhd. misselich, mislich, = verſchieden, ver-
ſchiedenartig, mannigfach, ungleich, möglicherweife verfhieden ausgehend, vom Zu-
fall abhängig, nnfidher, ungewiß, zweifelhaft, ahd. missa-, missilih, -lich, misselich,
= verſchieden, mannigfaltig, ungleich, goth. missaleiks — verſchieden, mancherlei,
altſtichſ. mislik, angelfäch. mislic, — verſchieden, mannigfach, altfrieſ. mislik —
verſchieden, ungleich, altnorwegiſch mislikr == verſchieden, von welchem Adj. dann
das Ado, mi ol i ch, ımbb. missoldoho, misliche, ahd. missi-, misilicho, altſuchſ. misliko,
angelfähf. mislioe, = auf mannigfache Weiſe, verſchiedenartig, abgeleitet wird.
Das Berbum mislingen if mbb. misselingen, mit dem fubſtantiviſchen Inf.
bag Mislingen, mittel. das misselingen; Mismuih (f. Muth) aus ahd.
die missimuoti, geflirzt missimüt (Diet. II, 824), = Kleinmuth, welde ahd.
Nifenthrop — milden 108
Form neuhechbenti bie Mismuth wide und von dem afb. bj. missimuoti
= Heinmäthig, mhd. missemüete — verfchieben geſtimmt, misgefkimmt, uneinig,
mitteßd. missemüte, ſtammt (vgl. Demuth), als befien Fortbildung ein mhb.
missemüeteo (?), unfer mismütbig (Munfäus Bollem. II, 142, aber bei Boie
hiR. richtig miemutig in Bürger Br. IL, 887) erſcheint, woflir gewöhnlich, nad
der Mitteldentfhlanb eignen umlantlofen Korm, mismutbig geſagt wird; mid-
rathen nıhb. misseräten 1) intranfitio f. v. a. fehlgehen, ſchlecht ober übel, boſe
ausfallen, 3. B. „dör misseräten [ungerathene] junge“ (Haupt Zeitschr. VIII,
679, 986), 2) trauſitiv f. v. a. übeln, bbſen Rath geben [mit Dat. der Perfon und
Nee. ber Sache); misreden mhb. missereden = libel eben; Misfkaud 1581 bei
Fraugk BI. 2° zc. ber miſſeſtandt, BI. 4° miſſeſtannt; misthun mhd.
missetuon (Prät. ich er missetöte, Part. missetän), altfrief. misdus, — unrecht,
wider Ordnung und Gele thun; mistrauen mhb.missetrüwen, -triuwen, -trouwen,
ahd. missatrüön; das Misstrauen mittel. das missetrüwen; mistrauiſch,
Adj., zuerſt 1706 mißtränifh (Ludwig engl.-teutfh. Lex. 1960 u. 210°) fir.
das älter⸗ nhd. miftramwig (Dasypödius 74°. Serrönus dietionar. BI. h6P),
mißtramig (Kramer teutfcheital. Wortb. 777%), von mistrauen; der Mistritt
mhb. ber missetrit = Fehltritt, Yebler, neben mbb. missetröten == fehl treten.
t der Mifanthrop, —en, Bl. —en, unrihtig —, Bl. — : Men-
ſchenhaſſer. die Mifantgropte; miſanthroͤpiſch.
Auch franz. der misanthrope, bie misanthropie, misanthropique. Das erfle
aus gr.-lat. (18. Jahrh.) der misanthröpus, welches eig. das Mafc. des ans griech.
misein (zuoeiv) = baflen und ber änthröpos (&vdpwnos) = Menſch zufammen-
gelegten gr. Adj. misänthröpos (uıodvIpwros) = menſchenhafſend, wovon ab-
geleitet gr. bie misanthröpia (uwcavdownla) = Menfhenhaß [jenes franz.
misanthropie, unfer Mifantbropie] und das erfi fpäter Zeit angehörige gr.
misanthröpik6s (uoavdownıxdc) = menfhenhafleriih [daraus das franz. Abj.
misanthropique und danach unfer mifantbropifc].
f die Mifcellaneen (öflibig), auch (ohne Noth) Misckllaneen,
ein PL. : vermijchte Aufzeichnungen, Auffäge oder Schriften, Vermijchtes.
Erf im 18. Jahrh., in welhem 1788 au Mifcellänien, aus lat. miscellänsa
= aus allerlei Speifen gemiſchtes geringes Gericht ber römiſchen Fechter
(Awenälis 11, 20), dann in neuerer Zeit „eine in Allerlei beſtehende Schrift“,
welches Iubftantivifch genommener Plural des Nentrums bes Tat. von dem Abj.
miscdllus (f. Mifcellen) abgeleiteten Adjectivs miscelläneus = ge-, vermiſcht.
f die Mifcellen, auch (ohne Noth) Miscellen, ein Bl. : vermifchte
Aufzeichnungen over Auffäge, Vermiſchtes.
Nah Campe Fremdwibch 423* erfi dur von Archenholz, mwelder 1795
„Miscellen zur Geſchichte bes Tages” berausgab, für Mifcellaneen einzu-
führen geſucht. Aus lat. die miscella, dem Plural des Neutrums des Tat. bon
miscöre — miſcheu (f. b.) abgeleiteten Abjectios miscdllus == gemiſcht.
miſchen — ohne Ordnung durcheinanderflommen machen. Davon : ber
Mifcher; ver Mifchling; die Miſchung. Zufammenf. : mijch-
bar; ber, feltener vas Miſch maſch; das Gemiſch.
Mifhen iR mb. mischen, oberb. auch mit ü, u ſtatt i müschen, muschen,
ebd. misean, misgen, nit entlehnt von, aber eins mit dem gleichbed. lat.
‘ misoäre, gr. misgein (loyeıv), befien Zuſammenhang mit gr. mignfnai
(sıyvörcı) = miſchen, fanftr. mig in migr — miſchen, altjlaw. mjesiti == miſchen,
106 Miserebit — wiſſen
litthan. miszti (mu == ſch) ⸗ ſich miſchen noch ber Aufhellung bebarf. Bou jenem
miscan leitet ſich das ahd. Subſt. der Handlung ahb. bie misounga, mhb. vie
mischunge, unſer Miſchnng, unb mittelſt der Ableitnugsſilbe il das dem mittel⸗
lat. misculäre zu vergleichende ahd. Verbum miscelön, b. i. miscilön, möb.
mischeln, = miſchen, fellenweife einmiſchen, an weiches ſich unfer Miſchling
anſchließt, deſſen I alfo molbegränbet iR (vgl. »Ting) Das Geſmiſch, eig. Ge⸗
milde (Wieland Amabis I, 88), lautet im Ahd. das gimisgi (Tasian 171, 6),
d. i. kimisci, uud 1678 der Miſchmaſch (Kramer teutfdeital. Wortb. 776f.),
im Simpliciffimus das Miſch-Maſch, if eine dasſelbe Wort im Ablaute
(a) wieberholende Zuſammenſetzung, wie fte lebhafte, trauliche Rebe auch fonf liebt.
Bol. Klingllang, Singfang, Wirrwarr zc. mb Grimm Gramm. I, 561f.
fer Miscredit (i vor t km), f. mis» mispeuten, f. mis-.
bie Miſekatze, Dim. das Miſekätzchen, beffer Mieſekatze,
, weil aus Mieße⸗, Miezelage, zufammengef. mit bie Mieze (f. b.).
misempfeblen, f. mis-.
j miferabel = bejammernswerth, erbärmlich, elend, armielig.
Bereits im 17. Jahrh. miserabel, aus dem gleichbed. franz. misdrable, welches
das Iat. Adj. miserkbilis von bem von lat. miser = bejammernswertb, erbärmfich,
elend ſtammenden miserkri = bejammern.
die Misernte, misernten ıc., f. mis-. mislich, |. mis-.
mislingen, der Mismuth ꝛc. ſ. mis⸗.
die Miſpel, Pl. —n, eine bekannte Baumfrucht, die erft eßbar iſt,
wenn ſie morſch wird. Zuſammenſ.: der Miſpelbaum.
Miſpel, mhd. die möspel, mit Aufſteigen bes 8 iu i mis pol, ahd. bie m&ösp-
il& u. mit gemeinromaniſchem Übergange des m in n die (nach Grimm
®ramm. II, 109 der) ndspil, bie ndspsl&, durch das Italienifhe (die ndspola)
aus gr.-lat. da® medspilum, gr. das mespilon (uLonıLov) u. bie mespild (ueorlAn).
Jenes Auffleigen bes & zu i im Mhd. erfolgte durch Einwirkung des im Ahd.
und fon im Lat. u. Griech. folgenden i ber Endung. Der Mifpelbaum if
mbb. ber mispelboum, nöspelboum, ahd. ber nöspilboum.
der Mispidel, —s, ohne Bl. : Arſenikkies, Arfenitichwefeleifen.
Im 16. Jahrh. bei Georg Agricola (+ 1555) mifpidel, mifplidel und
miftpudel; 1562 bei Mathefius Barepte BI. 89° mißpiedel. Dunkler
Herkunft.
misrathen, misreben, f. mis».
miſs⸗ mit ſs zur Bezeichnung der Kürze des i und als Kürzung aus
miffe-, |. mis- Anm.
misihaffen, ⸗ſchildern, |. mis-.
miſſe- nur noch in Miifethat, Miſſethaͤter, ſ. mis- Anm. und
Miſſethat.
miffen = ungern nicht haben.
Das Wort bewahrt als ein zweifilbiges das richtige fj, während bie heute ge-
wöhnliche Schreibtung von miß- ß fett fi hat (ſ. mis» Anım.). WMbb. missen, ahd.
missan (Prät. ich er mista), in ber Beb. wie heute, aber auch „(mit der Waffe) ver⸗
fehlen, nicht treffen“, angeljäkhf. minsan == verfehlen, altfriej. m. altnerd. misse,
von bem alten bei mis- (f. d.) zn Grunde liegenben Subſt. (ſ. mis- Asım.).
Miffethet — MIR 107
bie Miffethat, Pl. —en : ungefehmäßige, fteafbare That. Davon ber
Miſſethäter, ver Thäter einer folchen That.
HR. richtig Miffethatze. Miffethat it mbb. die missetät, ah. bie missa-,
missi-, misse-, missot&t, missi-, missodAt, auch in bem erften Theile der Zu⸗
fammenfetung gekürzt mistät (Diut. I, 221°), -täd (Voc. Kerönis ©. 174*, 121.
Graf V, 332), goth. die missadäds, altfüchf. bie misdAt, angelſächſ. bie misdad,
-d6d, altfrief. die misddde; Miffethäter mh. (14. Jahrh.) ber missetseter, alte
frief. der misdöder. Neben misthun (f. mißs.).
Fdie Miffion, PL. —en : Sendung; Sendung zu Belehrung; Be:
fehrungsgefellichaft.. ver Miffionar, —s, Pl. — : Senbbote zu
Belehrung, Glaubensbote.
Miffion if aus dem von missum, dem Supinum bes fat. mittere == fenben,
abgeleiteten bie missio = Sendung, wovon dann das neulat. ber missionArius,
welches franz. zu ber missionaire wurde, woraus unſer Diiffionär.
T bes Miffin, —s, Pl. —e, ober eigentlich die Miſſtve, BI.
—n : Sendſchreiben, dann auch verichließbare Schriftentafche zum
Berichiden.
MäHb. u. mittelb. Die missivo = Senbbrief, Beglaubigungeſchreiben, aus mittelat.
bie missiva == Genbbrief (Diefenbach glossar. 868°), dem Rom. Pl. bes Keutrume
[misstvum, woraus das Miffio fein wilrbe] bes mittellat. Adj. misstvus
= fenbbar, von lat. missus, dem Bart. bes Perfectums im Paſſto von lat.
mittere (f. Miffion Anm.).
ver Misftand, misftimmen, f. mis-.
ber Mift, —e8, BI. — : Menſchen⸗, Thierfoth und «han, im bes
fondern der Kothauswurf, dann der mit Streu, als Stroh, Laub ıc.
vermijchte und diefe in Verweſung fegende Menſchen⸗, Thierkoth und
sharn zur Düngung. Davon : miften. Zuſammenſ.: das Mift-
beet; die Miſt gabel; ver Miſtfink, haken, -haufe, käfer,
⸗krapfen (= Miſthaken), -pfuhl, die Miſtſtätte ꝛc.
Miſt, mhb. n. ahd. ber mist, welches ein älteres ahd. der mistu (mit erloſchenem
h, urſprünglicher) mihstu voransfegt (ſ. Grimm Gramm. 1%, 148); benn das
Bort lautet gothif mafhstus (Luc. 14, 85), welches mittel -t zunähft von einem
wie bergen u. dgl. biegenben, aber unbelegbaren goth. maihsan (Prät. ih er mahs,
wir maihsum, Part. maähsans) abgeleitet iR, dem als einem Wurzelverbum
zweites Ranges (vgl. Grimm Gramm. II, 209) ein urſprüngliches wie fleigen zc.
biegenbe® Wurzelverbum meigan (Brät. ich er mäih, wir mafhum, Bart. mafhans)
= ben Harn laffen, harnen, zu Grunde liegt. Diefes Berbum kommt im Angel»
fähfiiden nub Altnorbifhen wirklich vor, lautet in jener Sprache migan (Prät. ih
er mäh, wir migon, Part. migen), in biefer miga, wovon mit ableitenbem -s ba®
angelfäßjf. ber meox [b. i. meoh-s], meohx, = Mifl, und ſtimmt der Lantver-
ſchiebung gemäß mit dem gleichbedeutenden Tat. mingere (mit eingebrungenem n),
möjere, gr. omichein (dylyeır), Titth. myszti, fanflr. mih (= ausgießen, harnen).
Auefali des h aber, wie in Mif, kommt aud fon im Both. vor, was z. B.
goth. hiums flatt hinhma in der Anmertimg zu hoch (f. d.) zeigt. Das von
DIR abgeleitete miſten iR nur in ber Bed. „mit Miſt düngen“ das mb. misten
— bingen, ausmiſten (3. B. einen Stall), ahd. mistön = büngen (Notker Ps,
108 Miſtel — mit
80, 7), und Miſtgabel Tautet im Mhd. bie mistgabel, ab. bie mistoapala, miet-
gabala. Der Miſthaufe if mhd. misthüfe n. (namentlich mittelb.) misthoufe, wo-
gegen im Abb. misteshüfo (Mifteshaufe); ber Miſtkrapfen, eig. Miktrapfe
(f. Krapfen 2), mittelb. ber mistgrape (Sachsenspiegel 8, 45, 8), mittelnieberb.
die mesgröpe (ebeuba). Der Miſtfink iR ver Bergfink, welder im Winter auch
in Höfen feine Nahrung ſucht. Statt die Miſtſtätte, woſur im 15. Jahrh. die
miststatt (Chron. d. d St. V, 251, 28f.), findet fi and 3. 8. bis gegen 1850 zu
Gießen in Bffentlichen Bekanntmachungen die Miſtenſt Atte, zuſammengeſ. mit
dem von mist abgeleiteten ahb. die mistina (anch mistunnda) = Miſt, welches fi
noch in fränf. die Miften = Miſthaufen, Mifplag, Hofraum (f. Shmeller
II, 645) erhalten bat.
bie Miftel, Pl. —n, eine Schmarogerpflanze mit biden Blättern auf
Bäumen, viscum. Davon der Mtftler, welches wie die Zufammen‘.
die Miftelproffel, — Miftelbeeren frefiende Droffelart.
Miftel, im 18. Jahrh. felten, mhd. ber mistel, ahd. ber mistil, altnord. ber
mistil in ber mistilteinn — Miſtelzweig. Urfprliuglih deutſch, aber dunkler
Wurzel; mittellat. mistus iſt fpätere Bildung aus dem beutichen Worte nach lat.
ber viscus = Miftel.
miften, bie Miftenftätte, die Miftgabel, der Mifthafen,
sfrapfen, »baufe, ⸗käfer ⁊c., f. Mift. der Miftler, ſ. bie
Miftel. .
misthun, ver Miston zc., j. mis-.
miß-, ungut, aber üblich für mis« (f. d.).
mit, Abo. ber Verbindung, Gemeinfchaft, des Beiſeins, Zugleichſeins,
z. B. th kann nicht mit einftimmen ꝛc. Meiſt in Zufammen-
ſetzungen mit Subitantiven, Adjectiven und Verben, immer mit dem
Haupttone, 3. B. ver Mitarbeiter, -bürger, -erbe (er = är),
die Mitgabe u. -gift, der Mitſpieler ⁊c., mitſchuldig zc.,
mitfahren, «laufen, -»jein, »ſpielen zc.
Iſt mit erfles Wort in ber Verbindung mit einem andern Adv., fo erhält
biefes den Hanptton, z.B. mithin, mitunter; aber verbunden mit einem voraus⸗
gehenden Abo. behält es benfelben, z. B. da⸗, hie», ſo⸗, womit, unb verliert ihn
nur dann, wenn das erfie Wort befonvers hervorgehoben werben fol. Das Abo.
mit aber lautet mbhb. mite, auch gekürzt mit, ahd. miti (Ratt midi), jpäter mit
abgefhwädten i am Schluffe mite, altſächſ. midi, mittel- u. neunieberl. mede,
altfrief. mithi, mithe, angelſächſ. mid, altnord. mäd, in Zufammenfegungen goth.
mip- (== wechſelsweiſe, mit, zugleich), angelſächſ. mid-, altnord. mdd-, und Rimmt
der Lautverfäiebung gemäß (ſ. D) ganz mit dem gr. Abo. met& (uerd) = zu⸗
glei, zufammt (vgl. Grimm Geld. d. d. Spr. 412f. Gramm. IV, 780), welches
in Zufammenfegungen, wie unfer mit, eine Gemeinfhaft, eine Theilnahme ans⸗
brüdt, aber auch ſ. v. a. zwifchen, während, und wie dieſes griechiſche Wort Prä-
pofttion if, fo ift es auch das deutſche geworben (f. ben folgenden Artikel), Zu⸗
gleich aber ſtimmt das Wort mit fanflr. mithu == jufammen, mithas == wechſels⸗
weiſe [aljo in der Bed. ſtimmend mit dem eben angegebenen goth. mib-] und
Könnte fo mit mis- (f. mis- Anm.) verwandt fein. Mitbürger if 1482 mit-
burger, nıhb. ber miteburgsere, mitteld. ber mideburger, möteburg&re, mite-
borg&re; Miterbe mhd. u. mittel. ber mite-, miterbe; Mitgabe mittelb. bie
mit — Mitefler 109
mötegäbe (= Mütgift); des Mitfein wittelb. das miteein,; Witfpieler mhd.
ber mitespilsre.
mit, Präp. mit Dat, urjprünglic Abo. (ſ. das vorige mit), wirb ge
fett, um das Verhältnis der Verbindung, ber Gemeinfchaft, des Zu-
gleichjeins zu bezeichnen, mit einander, f. miteinander. mit
einmal, f. einmal 1. mit eins, [.eins 2, mit Frieden =
in Ruhe, ungeftört. mit nichten, f. nicht.
Die Präp. mit iR urfprüngli, die Form des Abo. mit (f. d.) bewahrend,
nieberb.-ahb. miti (Hildebrandelied 19, in ber Handſchrift), altſächſ. midi, dann
gekürzt und jo von dem Adv. unterjhieden altſächſ. (neben midi) mid, ah. ı.
mhd. ſtets mit, mitteld. mdt, mittel- u. neunieberl. met, altfrief. mith; goth. mip,
angelfähf. mid, altnorb. möd, lauten fhon ale Abo. fo. Auch das damit ber
Lantverfhiebung gemäß buchſtäblich ſtimmende gr. met& (vera) if Präpofition in
ben Bebentungen zwiſchen, umter, nah — bin, fowie in ber Bed. unferes mit.
©. bie Anm. zu dem vorhergehenden Artilel. In mit einmal (Voß Obdlißee 11,
697. 21, 230. Luiſe 1, 448. Göthe XL, 116. XXIV, 80) ſcheint ſich bie nur fpär-
lie Rection des Acc. erhalten zu haben, welche im Altbochb. bei mit vorkommt
(ogl. Srimm Gramm. IV, 770), und in mit eing (Leffing XII, 849. Laokoon
182) dürfte eins im Neuhochdeutſchen durch Verwechſelung fir den Acc. Sing.
ber fühl. Form genommen worben fein. Die, wie mit einmal, mit eins,
gleich formelhaft geworbene Berbindung mit Frieden lautete, was fih nod in
wetterauifch meadd Fridd erhielt, eigentlih mit Friebe, mbb. mit vride, ahd.
mit fridu (Otfried 2, 88, 18), mittelb. mit fröde (Ködie 84, 18), worin, wie abb.
fridu, urſprünglich fridd, zeigt, von dem ſtarkbiegenden der Friede (f. d.) ber
Snfrumentalis if, welcher Cafus aber mit feinem Erlöfchen in ben Dativ fiber
gieng, der hier, nachdem bie im 12. Jahrh. am Niederrhein auftauchende ſchwach⸗
biegenbe Form ber fride [„ci vridin* (Annolied 840), si negöreten nöheinee
friden niet (Lamprecht Alex. 4580) — fie begehreten feines Friedens nicht],
mitteld. der fride u. (eigentlich mittelmiederb.) der fräde, fih uach und nad geltend
gemacht hatte und fchon zu Anfange des 13. Jahrh. vride ſchwachbiegend ins Mhd.
(Parziväl 605, 30) vorgebrungen war, neuhochdeutſch in ſchwacher Biegung er-
ſcheint, für welche Luthers Vorgang in „mit frieden* (Mark. 14, 6. oh.
12, 7) eutſchied.
miteinander, aber üblicher, wie früher, getrennt mit einander,
abverbial ſtehendes Zahlwort ohne Biegungszeichen (j. einander) :
einer, eine, eins mit dem, mit ber andern; zufammen, ohne Ausnahme.
Mhb. mit einander, auch mit dem Biegungs-n des Dat. Pl. mit einandern
(Minnes. II, 109, 4. 137°, 96, 1, 1), ſelbſt fo noch im 15. Jahrh.; im voc.
theut. von 1482 nur miteinander (in ein® geſchrieben), doch zugleih noch im 17.
Jahrh. getrennt mit einander (Aulsius 98°): ©. einander.
ver Miteſſer, —, Pl. wie Sing. : mitellende Berfon; mitzehrenves
vermeintliches Würmchen in ber Haut.
Hiſt. richtig iR Mite Ber zu fehreiben (ngl. eſſen). In ber erfien Beb. z. 2.
hei Kramer teutſch⸗ital. Worth. 779° ; in Beziehung auf bie 2te Beb. ergibt ſich
aus dem Miteßer anflihrenden Stieler Sp. 818, daß man bie Würmchen ale
in bie lieber des Menſchen gezaubert anſah, damit fie, namentlich bei Kindern,
bie Rahrung mwegzehrten, wodurch diefe abmagerten. Niederd. mitdter.
110 | Mitfaßen — Misheibat
rie Mitfaften, ein Pl.: ver dritte Deittwoch nach dem Aſchermittwoch
als Mitte ver Faften zeit.
Schon mbb. die mitvaste im Singular, mittel. im 14. Sabrb. [nad) ben Ver⸗
bindungen nAch mitfasten, vor und zu mittevasten ober mittefasten in Höfers
Urk. und biz zu mittefastin bei Kodis ©. 84, 18f. zu fließen] vie mitfaste,
urfprüinglider, wie auch mhd. u. mittelb. mittefaste [5 B. „zuo mittevaste"
(Livländ. Beimchron. 8509)], mittelniederb. im 14. Jahrh. [nad vor mitfasten,
mytvasten und mitvastene, tuo ſzu midvasten in Zöfers Urk. ©. 95. 257.
140. 131] die mitfaste, mitvaste, befler midvaste. Aus biefer trog der Zu⸗
fammenfegung mit dem alten Abi. mitte (f. d.) geftirzten Yorm mit-, midvaste,
‚mitfaste aber ergibt fih, daß bie Schreibung mit nnr einem t als die kirchlich
bewahrte alterthümliche erfheint, während Mittfaſten mit tt pebantifch ansfieht.
Sonſt ſteht im Mhp. auch, mit dem Adj. mittel (f. d.) zufammtengefegt, bie
mittelvaste und, entiwweber mit bem mbb. Adj. mitter, abo. mittar, noch bayer.
mitter — mittel, zufammengef. ober aus bem Dat. Sing. mitter vasten
[mitter Dat. Sing. des Femininums jenes alten Abj. mitte) in ınbb. vor mitter
fasten, ze mitter vasten, biz mitter vasten jufanmengefchoben und fo erflartt,
die mittervaste (Benecke III, 2784), welches in bayer. bie Mitterfaften
(Sämeller II, 651) übrigens auf jene Zufammenfegung mit dem bj. mitter
deutet.
bie Mitgabe = das als angehörig, eigenthilmlich Mitgegebene ; das
Heirathegut. die Mitgift, Pl. —en, was Mitgabe.
Mitgabe, ſchon mitteld. die mötegäbe — Heirathegut (Kids S. 48, 88), if
neuhochdentſch gelänfiger Anebrud, trotzdem daß im 17. Sabrh. Mitgift fi
bildete, welches 1641, Mitgifft geihrieben, bei Schottelins teutſche Sprach⸗
kunſt 501P fi findet und nad und nad) ebenfalle geläufig wurbe. In ber 2ten Hälfte
bes 16. Jahrh. die Zugifft (SchwartzenbachSynonyma BL.48*). Bel. Babe
und bie Gift.
das Mitglied, —es, BL. —er : einzelne Perfon eines Inbegriffes von
Perſonen, ver in VBerwandtichaft oder zu gemeinjamem Zwecke ver
bunden jind, in Beziehung auf bie andern.
Eine uhd. Zufammenfegung mit ber mittelbeutfchen Brechung bes i zu jet
dehnendem ie (vgl. Ghlied); 1691 bei Stieler Sp. 670 noch Mitglid, aber
au ſchon 1641 bei Schottelins teutfhe Sprachkunſt. &. 500° Mitglied. Neu⸗
nieberl. das medelid.
mither, f. mithin Anm. Veraltetes Apv.
mithin, Abo. u. dann Eonj. : zugleich daraus folgenb.
Eine um 1700 aufgelommene Bartitel, welche zuerft 1716 Ludwig Sp. 1254
in ber Bed. „mit einander”, dann 1784 Steinbach I, 753 mit ber Bed. „zn-
glei” verzeichnet und von welcher 1741 Friſch J, 458 fagt „eine neue Partikel
vom binden Gebrauch eingeführt und heißt fo viel ale folglich“ Stieler (1691)
bat fie nod nicht, aber das bei demfelben Sp. 827 aufgenommene mither =
zufammen, zugleich, mochte vielleicht Borbilb fein.
+ der Mithridaͤt, —es, Pl. —e : eine Art Latwerge als Gegensift.
@ellert Fab. I, 41. Schon 1686 bei Reynher lex. latinogerm. Sp. 1614.
Benannt nad) Tat. da8 antidotum MithridAtis — Gegengift bes Mitbribates,
nämlid) des Königs von Pontus Mithribates bes Großen, welcher jenes Gegengift
jufammengefegt (Juvenälis 14, 352) und, um ſich vor etwa von feinen Feluben,
Mitlent — Wittag 111
ben Römern, ibm beigebrachten Giften zu ſichern, zu ſich genommen baben foll,
wodurch ſein Körper an Gift ſo gewöhnt wurde, daß es bei ihm nicht mehr wirkte,
weshalb er ſich, ale er von Bompejns dem Großen überwunden worden war, mit
feinem Schwerte töbtete.
ver Mitlaut, —es, BI. —e, üblicher ber Mitlauter, —s, BI. wie
Sing. : für fich allein fimmlofer Laut, Confonant (f. d.).
Su dem 16. n. 17. Jahrh. findet ih mitlantender Buchſtab (fo 1531 bei
Frangk Bl. 8°, wo auf mitſtimmender buochſtab), Mitlanutenber; in
der erfien Hälfte bes 16. Jahrh. bei Idelfamer UI. A8* fowie auch 1581 bei
Fraugk Bl. 8* ff. mitkimmer, welche Benennung neben jenen Ausdrücken noch
im 17. Jahrh. fortbauert, gegen befien Ansgang (1691) Stieler auch Mit-
Hinger hat, wie bie Niederländer in ber Grammatik der medeklinker fagen.
Der Mitlaut m. ber Mitlauter (f. ber Lauter) feinen erft im 18. Jahrh.
aufgelommen, beſonders iR ber letzte Ausdruck durch Gottſched geläufig ge-
worben. Alle finb nichts anders als Überfegung des Tat. die oönsonans (mit Hin⸗
zubenfen von bie littera Buchſtab), und das Abi. (Particip) cönsonans wirb ſchon
im voo. ineip. teut. BL. q4” burch ein neugebilbetes Abj. mitlaut verbeutfäht, wie
lat. consonfre im voc. the. von 1482 BI. v5? burdy mitlauten.
das Mitleid, —es, —s, ohne Pl. : Schmerzgefühl aus Thetlnahme.
Flir biefen Begriff im 18. Jahrh. gebildet, in welchem das bei Stieler,
Steinbad und Friſch fehlende Wort zuerſt im Jahr 1777 von Abelung ale
ein eben nicht allgemein übliches verzeichnet wird. Berſchieden hiervon if das
gleichbed. mitteld. “Die midelide (Elisabeth 2891), welches neud. die Mitleide
fein wärbe.
das Mitleiden, —$, ohne PL, was Mitleid, iſt ver als Subſt. ge
brauchte Infinitiv mitleiden, Bräf. ich leide mit (in Nebenjägen
mitleide), Prät. ich er litt mit (in Nebenfügen mitlitt), Part. mitge⸗
litten. Zufammenf. : die Mitleidenheit.
Das Mitleiden, mb. u. mitteld. das miteliden, mitteld. auch das mideliden
(Elisabeth 2376), ift älter ala das Mitleid (f. d.) und fon 1691 bei Stieler
&p. 1136 verzgeihnet. Das’ VBerbum findet fi im voc. theut. von 1482, welder
Bl. v5? mitleyden hat. Übrigens fon im 14. Jahrh. mitteld. bie mitelidunge
(Mitleibung) = Mitleiden, gemeinfames Leiden.
mitleidig, Adi. : an Leib theilnehmend ober es mitfühlenn,
nit von Mitleid (f. b.) abgeleitet, fonbern aus mit unb leibig (j. db.) zu⸗
fammengefett, ericheint ſchon bei Luther nub Dietenberger 1 Petr. 8, 8, if
alfo weit älter, ale Mitleid (f. b.), und wiirde im Mhd. miteleideo lanten, womit
bie wetterauifche Ausſprache meaddlärig (d zwiſchen Bocalen gebt in r über)
ſtimmt. Berſchieden aber hiervon iR das gleichbedeutende mittelb. mitlidio (Jero-
schin 6296), von mitteld. bie midelide (f. Mitleid Anm.) abgeleitet.
mitfammt, Präp. mit Dat., ein durch mit verftärktes und fo nach-
drüdlicheres Jjammt. Bei unfern beften Schriftitellern.
Beſſer Iriede man mitfamt (f. fammt). rüber nicht zuſammengeſchoben:
mit fammt, mit famt. Schon mittelbochbeutich mit samt (Neidhart 21, 28),
unb zufauımengeichoben mitsament, -samet, -samt.
der Mittag, —es, PL. —e : bie Mitte des Tages, db. i. die Zeit bes
hoöchften Standes der Sonne ; Inhd. auch :) Die Gegend biefes Staudes
112 Dittte — Mittel
ver Sonne, Süd. Davon mittägig. mittag®, der Gen. Ging.
von Mittag als Adv., weshalb mit Meinem Anlaute, nicht, wie noch
viele nach Gewohnheit fchreiben, Mittags Aufammenf. : das
Mittageifen, mittäglidh; ber Mittagwind = Sübdwind
(Dasypddius 386*); mittagwärts, Adv., —= füdlich; aber (mit
Gen. Sing.) der Mittagstreis = Meridian (ſ. d.), das Mittags
mahl, die Mittagsjonne, der Mittagstifch, der Mittags
wind [= Siübwind, bann zur Mittagszeit wehenber Winp] :c.
Mittag, mhd. der mitteteco, mittao, abb. ber mittitac, [pät-ahb. mittetag,
mitteld. der mittach, angelfädl. ber middäg, neben unzuſammengeſetztem ahd. mitti
tak (hymn. 8, 7. 12, 8), mitter tag (Notker Ps. 86, 6), Gen. mittes takes, Dat.
after mittemu ta go (nad) mitten Tag, nah Mittag), zi mittemo tags (Diet.
II, 121) zc., Acc. mitten dag, altfädhf. (Rom. Sing.) middi dag. Rad) jenem Acc.
3. 8. in umbe mitten tac zc. mittelb. aud) ber mittentac, mittendag (Klisa-
beth 2927), worin ber Cafns aueinandergefhoben zum befondern Wort erſtarrt if.
Über das Adj. ber Zufammenfegung und Verbindung : mitti, fowie äber beffen
Kürzung bier |. mitte. Das Adj. mittägig fon ahd. mitti-, mittetagig, und
das Adj. mittäglid ahb. mittitagalih, mittitagilih, mittitagelich, aus welchen
abd. Wörtern fih auch jene ahd. Zufemmenfegung mittitac deutlich erweifen läßt.
Klir die eigentlige Zufammenf. Mittageffen hatte man 1425 bie uneigentliche
eyn mittagiß osßen (Diefenbach glossar. 450°) b.i. ein mittages &zzen(?),
and für Mittagsmahl, bei Luther Luc. 11, 37 u. 14, 12 das Mittag ®-
malb, 1507 tölnifh myddachs mail, im 15. Jahrh. die eigentliche Zufammen-
fegung mittagmäl. Das Abj. mittagwärts, bei Luther gegen, von, vom,
zu mittag werts, ſelbſt zum mittage werts (2 Ehron. 4, 10), if hiernach
aus einer Bildung mit dem Dat. Sing. von Mittag hervorgegangen. '
bie Mitte, Bl. —n : gleichweite Entfernung von beſtimmten Enden.
Mhb. bie mitte, ahd. bie mitt, goth. midei (? der goth. Ausbrud war bie
midums), ift abfiractes Subſt. von dem Abi. mitte (f. d.). Schwache Biegung
noch ahd. bei GBthe XXVI, 288 im Reim: „Das Weltlinb in der Mitten.”
mitte = von beftimmten Enden gleichweit entfernt.
Im Hochdeutſchen erlofchenes, aber noch im Volksmunde lebendes altes Abj.,
z. B. in der Wetterau, wo man hört eamm meadde Wäld im mitten Walb,
uffem meadde Acker anf dem mitten Ader, eann dr mendde Nähcht
[- “2, verfdieben von Mesaddernächd (Mitternadt) -—- . —] m ber mitten
Naht ꝛe. Mhd. mitte, mite, ah. mitti, mitte, goth. midis, aftfächl. middi,
angelfäch|. midd, mid, altfrief. midde, medde, altnerb. midr, welches der Laut-
verfhiebung gemäß mit dem gleichbeb. ſanfkr. madhjas, Tat. [mit dem dem fanjfr.
dh entfprecdenden d] medius, gr. mosos (zaoc) ftatt methios (uEHıoG) und danu
môthjos [weshalb aud bei Homer 2c. messon (Eacog)], Kimmt. In Zuſammen⸗
fegungen tritt ſchon mittelhochdeutſch Kürzung zu mit ein, welde fi bei uns im
Mitfafen, Mittag erhalten bat. ©. aud inmitten.
das Mittel, —s, BI. wie Sing. : Mitte; was die Mitte ausmacht;
zwifchenbefinplicher Gegenftand; Wirkendes zur Erreichung eines
Zwedes, [daher im Plural auch :] Beſitzthum. S. auch mitteln.
Zufammenf. : mittelbar, mit bie Mittelbarleit; [mit dem Gen.
Ging] ver Mittelsmann = Bermittler, die Mittelsperfon.
mittel — mitteln 113
Des Mittel, mbb., mittelb. das mittel == Mittel (Myst. I, 182, 8. 7), baum
was zwiſchenein if, beſonders trennend (ebenda ©. 8, 2. 272, 20), ahd. mittil (?),
iR das Reutrum des Abj. mittel (f. b.) ohne Geſchlechtsendung gefegt als Subſt.,
gleiherweife wie in das Gut das Neutrum des Adj. gut (f. d.); angelſächſ. ber
middel in ber 2ten Bed. Jene Stelle Myst. I, 8, 2 aber bat sunder mittel
(fonder Mittel) = mmmittelber, woraus bie Zufammenfegung bes bereits 1641
bei Schottelins teutſche Sprachk. 808* verzeichneten mittelbar mit bem Subf.
Mittel erhellt; ebenda 808° au unmittelbar.
mittel, ſtark Maſc. mitteler, (mit Abwerfung bes e ber Ableitung)
mittler, Sem. mittele, mittle, Neutr. mitteles, mittles,
ſchwach ber, die, pas mittele, mittle,, Comp. (gern und fogar ge-
wöhnlic für den allein ftehenden Poſitiv mittel gefegt) mitteler,
mittler, Superl. mittelft : mitten befindlich. Zufammenf. : bas
Mittelalter, «ding; ber Mittelfinger; pas Mittelglien,
-gut, «land, mittellänpifch [nach dem Vorbilpe von lat. medi-
terräneus gebildet] — zwilchen Ländern mitten inne gelegen; bie
Mittellinie; das Mittelmag, mittelmäßig und die Mittel-
mäßigleit; bee Mittelpunct, «weg; das Mitteltreffen,
tab, wort (f.d.); bie Mittelzeit (ſ. d.), wovon mittelzeitig.
Das Adi. mittel [3. 8. 1758 „eine mittle Gattung von*Lefern” (Leſſing
II, 888)], mıhb. mittel, ahb. (ſelten) mittil mit dem fpit-ahb. Superl. mitteldst
(bei Notker), angelfädf. middel, mittelt jel, abb. -H, von dem Abi. mitte
(f. d.) abgeleitet. Bon den AZufammenfegungen beißt der Mittelfinger fchon
1482 mitel- und mittelfinger (beides, das letzte verhlillend für männliches Glied
fowie Afterdbarm im voc. theut. BL. v6*), im 14. Jahrh. einfacher der mittler
(Mitteler), im 11. Jahrh. nieberb. middeldre (gl. zum. 262), engl. middle-
finger; mittelmäßig mbb. mitelmsgic, -ich, mittelb. mitelmözeo (Köpke’s
Passional 429, 83), wie bie Mittelmäßigteit 1482 mittelmössigkeit (voc.
thert. BI. vbe). Unfer das Mittelmaß if mhd. das mittelmaz — das Maf
in ber Mitte, das mittele Maß; fonft aber fommt and im Mittelhochdeutſchen bie
mittelmäge, -mAg (vgl. die Maße), eig. = Lage in der Mitte zwifchen 2 Dingen,
in der Bed. bes neuhochd. Wortes vor. Mittelweg ift ınbb. der mittelwdc =
weber nach rechts noch nach links anſtoßendes Verhalten (Ködie 17, 1), eig. aber,
wie noch in der Wetterau, |. v. a. Weg zwiſchen 2 Wegen.
das Mittelalter, f. mittel. mittelbar ıc., f. das Mittel. das
Mittelding, der Mittelfinger ꝛc, |. mittel,
mitteln, für fich, aber meift in ausmitteln, er⸗, vermitteln
(. d.), fowie in bemitteln (f. bemittelt), tft von pas Mittel
abgeleitet (|. Zckhart 640, 39-40, 655, 23-26).
Mhd. u. mitteld. mitteln urſpr. — Mittel maden, d. h. 1) tranf. „ins Mittel
(die Mitte) ſtellen“, mitten inne ftellen (noch im voc. gemmagemmär. von 1505
BL. p3P, u. ſ. Eckhart 640, 89f.), und 2) intranf. ein Mittel fein (Zekhart 49, 26).
In beiden Bedeutungen jedoch heute mitteln veraltet und im ermeiterter Beb.
vermitteln (f. b.) gebraudt, aber mitteln auch in jenen aus-, ermitteln.
Außerdem, aus ber Grundbed. hervorgeheud, 1482 mittelen == halbieren (voc.
theut. BL. v4P), lat. mediäre, und ſelbſt noch 1668 bei Schottelius ©. 1865
Veigaud, Wörterbuch. 4. Auf. 3. ®). 8
114 Mittelpunkt — Mittelzeit
„mittelen, halbieren”; ſchon gegen 1850 mittelb. das zuſammengeſ. vermitteln
= (von einander ſcheidend) mitten zwifchenein treten (Myast. I, 8, 28).
der Mittelpunct, f. mittel. ber Mittelsmann, bie Mittels
perfon, ſ. das Mittel, |
mittels, üblicher mittelft, Adv., welches allmählich Kraft und Ge-
brauch einer Präp. annahm und mit dem Genitiv gefügt wurde,
z. B. mittel bes Seiles ziehen. Wie längs (f. d.) zuerft adverbial ge-
brauchter ſtarker Genitiv Sing. des Mafculinums oder Neutrums bes Abi.
fang if, fo mittels bes Abjectios mittel (f. Grimm Gramm. III, 92).
Während aber bie gleichbedentende Präp. vermittel® (f. b.) ober (häufiger) ver-
mittelf bereits im 17. Sahrh. geläufig if, kommt mittel® erfi auf und zwar,
wie es jcheint, in ber 2ten Hälfte bes Jahrh., in welder, nämlid 1691, es
Stieler Sp. 1289 mit dem in jeiner Bilbung davon etwas verſchiedenen im-
mittels (unferm beutigen immittelft, |. d.) nur ale Abo. und in gleichem
Sinne, wie biejes, aufzeinet. Als (dem Gen. erfordernde) Präpofition vermenbet
wirb das Wort zuerfi 1690 von Bödiker ©. 379, dann 1722 von Freyer An-
weifung zur Teutfchen Orthographie ©. 165 und zwar beibemal neben vermittelt
in der Form mittel angeführt, emblid verzeichnet 1784 Steinbadh IL 67
mittelf, das bisweilen ale Präp. angewandt werbe, inbem er in ihm ben Superl.
des Adj. mittel flieht, während es doch ber oben bezeichnete Genitiv if, dem bas
angetretene unorganiſche ⸗t (vgl. mebſt) bloß den Anſchein eines Superlative ver-
feiht. Als wirkliche Präp. bat mittel 1754 zuerſt Bopowitich in feinen moth-
wenbigften Anfangsgründen der Zentihen Sprachkunſt S. 407, jedoch auch unmr
neben vermittelft, und baß mittel auch zu biefer Zeit noch nicht fehr ge-
läufig fein konnte, foheint daraus zu erhellen, daß felbk 1762 Gottſched in ber
5. Aufl. feiner deutſchen Sprachkunſt &. 398 unter ben Präpofitionen mit bem
Genitiv wol nermittelft verzeichnet, aber mittels, mittel nicht nennt.
Kürzer war mittelnieberbeutfh und namentlih im älteren Nieberrheinifhen mits
ſtatt middes, welches ſtarker männl. ober jähl. Gen. Sing. bes Adj. midde mitte
(f. d.) iſt und zuerſt abverbial fteht, wie mittelnieberl. mids — mitten (f. Grimm
Gramm. IH, 98) unb auch fchweizeriih Thon 1556 bei Zrisius 808° unb 1561
dei Maaler Bl. 293° mig [= mit!’s). Mhb. ober mitez, uber mitz, = ver»
mittelft, [lat.] per medium, mit Acc. oder Gen. Stalienifh u. fpaniih hat man
in dem Sinne unferes mittelft bie aus dem Bart. bes Präfens bes lat. u.
mittellat. mediäre berborgegangene PBräp. mediänte, franz. moyennant.
das Mitteltreffen, das Mitteltuch, ber Mittelweg, j. mittel.
das Mittelwort, —es, Pl. Mittelwörter : das Participium,
d. h. die Form bes Verbums, welche abjectivifher Natur if, alfo ein mittles
(in ber Mitte liegendes Wort zwiſchen Berbum und Abjectiv, indem es wie biefes
biegt und von jenem fih bildenb deſſen Zeitbezeihnung hat. ben darum 1641
bei Schottelins Teutſche Sprachkunſt S. 472ff. ber Name Mittelmwort, ber
bald ſehr geläuflg wurde.
bie Mittelzeit = die Zeitdauer, welche einer ſolchen Silbe zukommt,
bie je nach ihrer Stellung im Verſe lang ober kurz fein fann. Davon
mittelzeitig, Abi.
Die Ausdrücke fcheinen von I. H. Boß gebildet. Schottelins (Haubt-
Sprade 824ff.) hatte „bie Mittlere Wortzeit“, Heynatz (F 1809) „Mit-
telfilhe*, Klopfkod Über Sprade und Dichtkunſt ©. 16 „zgweizeitige Wörter
oder Silben.”
mitten — Mittler 115
mitten, App. : in ber Mitte. mitten inne.
Jene mitten, mhbb. mitten (3. ®. Tristan 48, 87), it abverbial gefeter ſtarker
Dat. Blur. des Adj. mitte (ſ. d.); ahd. wilrbe mittEm, dann mittön gefagt
worden fein. Das mitten in stuant thar mittän untar in [ihnen]“ bei Otfried
5, 12, 14 (ogl. Grimm Gramm. IV, 403) mochte zu unfern Abo. nur aubahnen.
bie Mitternacht, Pl. Mitternächte (z. B. Giſeke 94) : pie Mitte
ver Nacht d. 5. 12 Uhr und um biefe Stunde in ber Nacht; bie
Himmelsgegend, in welcher man ſich die Sonne zur Mitte ver Nacht
im Gegenfate zur Mitte des Tages denkt. Davon: mitternächtig,
Abj., von der Mitte ver Nacht GGöthe XII, 169), zuerft (1706 bei
Ludwig engl.-teutih. Lex. 607°) aber von ber Himmelsgegend;
mitternachts (niht Mitternachts, wie noch viele nach bloßer
Gewohnheit jchreiben), Adv., gebildet nach nachts (f. d. und Nacht).
Zufanmenf. : mitternädhtlid.
Mitternadt, mhd. zumal mittel. bie mitternacht, um 1200 nieberrhein.
middernacht; von ber Himmelsgegenb im lid. ord. rer. von 1429 Blatt 2°, wo
aber mitter nach gefhrieben if. Eine zu einem Nominativ erflarrte Zuſammen⸗
fhiebung des ftarlen Dativ Sing. von dem em. bes Abj. mitte (f. d.) und bes
Dat. Sing. von Nacht und eigentlich hervorgegangen aus Verbindungen wie zo
mittir naht, ze mitter naht, nAch mitter naht ( Wigalois 186, 21), von
dör mitter naht in ber Meinauer Naturlehre ©. 9, wo ſchon bie Himmelsgegenb
gemeint if, ahd. ab mittero naht, in mitteru naht, d. t. an, nad, von, in
mitter Radt. Der Nom. Sing. lautete ahd. mittiu naht d. i. mitte Nacht,
lat. media nox, gerade fo wie im Abb. mitti tao, mitter tao b. i. mitter Tag,
== Mittag (f. d.) vorlommt. In älteer Zeit aber beſaß bie hochd. Sprade bie
unferem Mittag (f. b.), ahd. mittitac, gleiche echte Zufammenfegung bie mitti-
naht (Diut. I, 251%. Voc. Kerönis 185°), welde fi noch in ber richtigen Form
bie Mittnacht bis tief ins 17. Jahrh. erhalten bat (f. Schmeller IL, 651), ja
in wieberb. bie midnacht bis heute.
ber Mittewoche, —n, Bl. —n, |. Mittwod.
die Mittfaften, üblicher pie Mitfaften (ſ. d.).
mittheilbar, Adj., mit bie Mittheilbarteit. Ienes Adj. aber ift
zufammengejegt mit mittheilen = einen Theil geben von dem, was
man hat; Kenntnis wovon geben. Davon bie Mittheilung.
Ienes mittheilen iR 1482 mitteylen (voc. theus. BI. vbb), mıbhb. mite teilen
= m Theil werben laflen, zu eigen abgeben.
ver Mittler, —s, PL wie Sing. : Zwifchenperfon zur Verfühnung ;
der mit Gott oder überhaupt einem höhern Weſen Verjöhnenbe.
1482 mittier = Bermittler (voc. theut. BI. vab) und mitler, fridmacker“
(ebenda BI. v6*), 1486 „mitteler, frydmacher“ (Melder BI. Q1P), mbb. ber
mitteler = mitten inne Befinblier zur Verbindung ober zu Friebe unb Ver⸗
ſöhnung nach beiden Seiten (Berthold 55, 85—56, 4), früh⸗mhd. (12. Jahrh.) Der
mitelare (Bolandslied 378, 22), nieberrhein. zwifhen 1173 und 1177 ber middelere
“ (Haupt Zeitschr. X, 88, 88). Das von mitteln (f. Mittel) abgeleitete Wort
iR Überfegung bes lat. der medißtor. Graf‘ U, 672 verzeichnet ein (ob ſicheres 7) ’
abb. ber mötalari, deſſen mätal von mittil mitte! (f. d.) verfchieben if.
8 *
116 mittlere — Muemonit
mittler, Comp. bes Adj. mittel (f. d.).
mittlerwelle, auch wol betont mittlerw eile, ber zuſammenge⸗
ſchobene abſolut ſtehende Dat. Sing. mittler Weile.
1525 in mitler weyl. Bei Luther z. B. 1 Mace. 6, 55 mitler zeit,
1561 bei Maaler Bl. 2924 mittlerzeyt.
ver Mittwoch, —8, BL. —e, üblicher ale die Mittwoche, Bl.—en :
die mitte Woche d. 5. ber vierte Wochentag. Der Gen. mitt
wochs (oder, wie manche, um pebantiich die ſubſtantiviſche Schreibung
zu wahren, wollen, Mittwochs) ald Won.
Sn Süd⸗ und großentheils Mitteldeutſchland würde das in Sachſen noch übliche
die Mittwoche ſehr auffallen; denn ſchon im Mittelhochdentſchen kommt das
Wort, indem Tag hinzugedacht wurde, männlich vor, freilich mit ſchwacher Biegung:
(fpät-mbb.) der mittwoche [no 1775 „am Mittewochen“ (Hölty ber Kenner 180),
alfo der Mittewode], Gen. des mittwochen, vollftändiger im erften Theile bes
Wortes, aber am Enbe geflirgt ber mittewoch (Berthold 55, 85), zuſammengezogen
und abgeſchwücht ber mitteche, miteche, mittiche, mitiche, gefürzt mittich ( Berthold
a. a. O.), des mittichen 2c. (f. Schmeller IV, 11), aus mbb. die mittiche,
mitche, miteche, nit zufammengezogen und unabgefhwädht im 2ten Theile bie
mittewoche, mittelb. au 1809 bie mitewuche (Baur heff. Urk. I, 243, 842),
mitwoche, ahb. im 11. Jahrh. bie mittwoch& (gl. san-blas. 76), etwas friiher
die mittawsch& (Notker Ps. 98, 1), welches zuſammengeſetzt iR aus bem ahb.
Adj. mitti mitte (j. d.) und abb. bie wöhha, wöchk, = Woche (f. d.). Neu⸗
nieberb. die midweken, mittelnteberd. middeweke u. middeweken (f. unten bie
Stellen aus Zöfers Urkunden). Jene abftracte Benennung mittawöch& aber läßt
fid} vor dem Ende bes 10. Jahrh., d. h. früher als Notkers Verdeuntſchung ber
Pſalmen, bis jet nicht nachweiſen und muß, wie fih ans werfäliich Gödenstag,
Gons-, Gunstag, nieberrheinifh im 14. u. 15. Jahrh. Gudes-, Giudenstag, nieberl.
Woensdach, -dag, angelfähf. Vödenes ober Vödnes däg, engl. Wednesday, alt-
morb. Ödinsdagr, ſchwed. u. bän. Onsdag u. f. w. fließen läßt, file einem älteren
abd. Namen Wuotanes tac, altjähf. Wödanes dag, = ber dem höchſten unb
oberfien Gotte (abb.) Wuotan, goth. Vödans (?), altfücf. Wödan, in Weftfalen
Gudan, altnorb. Ödinn, gebeiligte Tag, eingetreten fein. Das Abo. mittwochs,
auch mol nad der Anführung Iacob Grimme (Gramm. II, 184) mitt-
wochens, welches aber hochdeutſch unitbli it, gieng hervor aus dem ſchou in
Urkunden des 14. Jahrh. vorlommenden unorganifhen, im Gedanken an bie nur
männliden Namen ber andern Wocentage entftandenen mittelnieberbeutihen Gen.
Ging. des middewekes, des medewekes (Höfer Urk. ©. 871 u. 860) und des
mfddewekenes, mftdwekenes (ebenda ©. 166 u. 3870). Ähnlich bei Luther
4 Mof. 18, 24 bie draube (f. Traube) und 8. 25 des draubens, vielleiät
im Gebanlen an oberd. der Tranbe. Bol. and nachts.
T die Mirtur, Bl. —en : Mifchtrant als Arznei.
Schon mhd. die mixtüre — Mifhung, Gemiih (Tristan 897, 86. Konrad
troj. Kr. 1402. 1429), aufgenommen aus Tat. die mixtra = Bermiſchung, Ge⸗
mifchtes, von mixtum, dem Supinum von mischre = milden (f. d.).
T die Mnemonit = Gevähtnisfunft. der Mnemöniker. mıe
monifch = die Gedächtniskunſt betreffend,
gebildet nad) dem gr.-lat. Abj. mnemönicus, gr. mn&monikös (uynuovıxög) =
zur Erinnerung gehörig, das Gedächtnis hetreffenb, welches abgeleitet von gr.
MEHE — Mode 117
mn&mdn (uyruov) = eingebent, ſich erimernd. Bon dem Mafc. jenes gr.-Tat.
Adjectivs biſdete man durch Ableitung Mnemoniler, enblih aus dem em.
mnemdnica, gr. mn&ömonik® (uvnuorıxy, mit Ergänung von bie technd ==
„Kun“ in Gedanken) unfer Muemonit.
vos Möbel, —s, Pl. wie Sing., aber meiſt im PL. hochdeutſch vie
Möbeln : Hansgeräth zu größerer Bequemlichkeit, zum Vergnügen,
zur Verfchönerung u. dal. Zuſammenſ.: ver Möbelfchreiner ꝛc.
Der Sing. das Mbbel if im Volle wie in der Umgangeſprache gelänftg und
kommt auch z. B. bei Göthe IL, 145 vor; bei Leffing aber lautet ber Nom.
Ging. in ber hamburg. Dramaturgie I, 846 bie Möbel, wovon natürlich der BI.
nur die Möbeln (1762 bei Leifing XL, 149. Göthe XXIV, 43) fein Tann.
Treu ber Ausipradhe mit 8 = franz. eu (vgl. Böhel) eingeblirgert um die Mitte
des 18. Jahrh. (Leffing ſchrieb die erſte angezogene Stelle im Jahre 1767) aus
bem bereits im 17. Jahrh. in „Meuble, ber Haußrath“ (Rebring 589) auf-
genommenen franz. ber meuble = Gtüd Handgeräth, weldes fih and bem
gleichbed. wmittellat. das möhile hervorgebildet bat (ogl. Mobilien), d. i. eigentlich
ben Nentrum bes franzöflifh zu meuble nub mobile — „beweglih” ge⸗
worbenen lat., von movöre == bewegen abgeleiteten Adj. möhilis [zufammengez.
ans movibilis] == beweglich, bebhenbe, und bei ben römifchen Juriſten finb bie res
möbilis bie ganze bewegliche Habe. Daher fon 1477 im Deutſchen ber mubel
(Weisth. IL, 242), mübel (ebenda 246), möbel (ebenda), = fahrende Habe.
Übrigens jchrieben, ſelbſt noch nad ber Einbürgerung bes Wortes, um es als
Frembwort in feiner Entlehnung ans dem Franz. zu kennzeichnen, manche bie
Meublen.
T mobil, Adi. : beweglich; marfch-, zuafertig. das Mobil = Be
wegendes, Bewegungékraft. das Mobiliar, —es, —, BI. —e:
Gefammtheit an beweglicher Habe, insbeſondere an Haus⸗, Stubenge-
räth. die Mobilität, ohne BL. : Beweglichkeit, Behendigkeit.
Das Adj. mobil iR aus franz. mobile (f. das Möbel) b. t. das lat. Abj.
möbilis, aus befien Neutum möbile das Subſt. das Mobil [„Wie aber... bie
Liebe das mächtigſte Mobil if, das von jeher in ber Schöpfung gewirket” (Her-
der Speen II, 179f.)]. Bon jenem lat. Abj. aber fommt 1) Tat. die mobilitas (Gen.
mobilitAtis), franz. die mobilite, woraus, wie es ſcheint erft im 18. Jahrh., unfer
bie Mobilität, umb 2) ein neulat. mobiliäre, woraus unfer Mobiliar.
f die Mobitlien (ſilbig), ein Plural : die bewegliche Habe.
Bereits im 17. Jahrh. geläufig (Kramer teutfch-ital. Wortb. 782); in ber
Schweiz dentſch die Fahrhabe (ſ. d.). Aus dem mittellat. bie mobilie, dem mit
dem lat. res möbiles (f. das Möbel) gleichbebeutenbeu Plural von möbile, bem
Reutrum bes Lat. Adj. möbilis. Gegenfag it Immobilien (f. b.).
T die Mobilität = Beweglichkeit, Behendigkeit. ©. mobil.
T möblieren = einen gefchloffenen Raum mit Hausgeräthe verfehen.
Im 17. Jahrh. meubliren, aus bem gleihbeb. franz. meubler, welches von
franz. ber meuble (f. Möbef).
tie Mode — weibliches Schwein, |. bie Mude 1.
bie Möde, Bl. —n: Zeitfitte. Zuſammenſ.: der Moͤdeartikel, bie
Mödehandlung, vie Moödekrankheit ıc.
Mode iR bereits im 17. Jahrh. wöllig geläufig. Aus ber Sprade bes Landes
118 Mobel — Medell
der Moden, nümlich aus franz. bie mode — wanbelbarer Gehraud nach Zeit und
Geſchmack, Zeitfitte, welches mit Wanblung bes Geſchlechtes aus lat. ber mddus
= Maß (f. d.), Art und Weile, dann im Mittellat. auch ſ. v. a. Sitte, Brand.
ver Moͤdel, —8, BI. wie Sing. und nur noch mundartlich die Möbel
(j. Schmeller IL, 552) : Maß bei Säulenordnung; Form wozu,
Muſterbild, Vorbild, Muſter. S. Modell.
Im 16. Jahrh. völlig geläufig; mhd. (moch ſelten) das, auch der model =
Maß, Form, Vorbild, Modell, ahd. das mödul = Formel, aus lat. der mödulus
— Mof, dann in jener erften Bedeutung, Dim. von ber mödus (ſ. Mode). Im
Simpliciffimus kommt die Model vor von bem eben baher abgeleiteten
mittellat. bie moddla.
das Mopdelgeer, —es, Bl. —e : die Kreuzwurz, gentiäna cruciäta.
Auch, aber unrichtig, auf das Kreuzkraut, senscio vulgaris, über-
getragen.
Modelgeer ſchreibt ſhon Adam Lonicerns (} 1586) BI. 188*; aber befier
fhriebe man Mobelger, wenn biefe Schreibung nicht verflihrte, auch das zweite
e glei dem erſten tonlo® zu ſprechen. Mit aus a verbunleltem o, denn mbb. das
madelgör (Heilmittelbuch von 1400 in ber Gießener Sf. Wr. 992 BI. 148°,
wo and die Beſchwörungsformel bei dem am Abende bes Johannistages d. i. bee
24. Juni's vorzunehmenden Graben ber von Sanct Petrus mit feinem Stabe
dreimal d. h. krenz weile durchſtochenen Wurzel fleht) = [Iat.] gentiäna cruciäts,
ahd. madalgär == [Tat.] basilicum (f. Baftlicum). Der Name if ein Manns-
name, welder, nad feiner Zufammenfegung aus einem ahd. das madal (I.
Mene 8) und abb. ber ger (f. Ger), foviel als Berfammlungswurfipieß d. b.
etwa bei ber Berathung vor dem Kampfe file diefen ſprechender und fo zu dem,
felben antreibender Wurfipießlämpfer bebeutet haben wirb. Urſprünglich aber if
biefer Rame ber mehrerer in ber dentſchen Heldenfage vorkommenden halbgöttlichen
männligen Weſen (j. Grimm Mythol. 860. 405), von welchen er in irgenb einer
uns jett bunleln Beziehung auf die Pflanze übergetragen wurbe, was auch ba-
durch kaum etwas Licht empfängt, daß jenes in madelgör enthaltene ger =
„Wurfipieß” fowie ein anderer im 16. Jahrh. geläufiger Name ver Pflanze, ber
Speerenfid, auf den Stich in der Wurzel zielt und bie Bedeutſamkeit zeigt,
bie man biefem beilegte. Erwägt man jeboch, daß er nach ber vorhin erwähnten
Beſchwörungsformel dem heiligen Petrus mit feinem Stabe zugeſchrieben wird, fo
läßt Rh vermuthen, daß fih im heidniſcher Zeit das Boll den Stih von bem
Spieße eines halbgöttlihen Helden herrührend dachte, an befien Stelle dann bie
chriſtliche Zeit den Heiligen treten Tieß. Außerdem wurde bie eigentbilmlich ge-
ſtellte Wurzel der Kreuzwurz zu Zauberkünſten gebraudt und ihr, wie ber Pflanze
überhaupt, große Heilkraft beilegt.
+ das Mopdell, —es, Pl. —e, pas mit beibehaltener fremden Ber
tonung jet in ber zweiten Bedeutung von Model (f. d.) übliche
Wort. modellieren. Zufammenf. : ver Modellſchreiner ıc.
Mobell im 17. Jahrh. in ber Bed. „Mufterform“ entlehnt (ogl. Stieler
Sp. 1286) aus ital. der moddllo = Mufterform, -bild, Muſter, welches fi, wie
ber Model, aus lat. ber mödulus (f. Model) gebildet Hatte. 1706 bei Zub-
wig engliſch⸗teutſch. Lex. 448* nur „mobell“ und 1716 teutſch⸗engl. Ter. 1260
„Model oder Modell (das)“; 1728 bei Kirſch 219° nur Modell, das mit
bem Ausgange bes erften Biertels bes 18. Jahrh. das einfache Model verbrängte.
nıodefn — mobifch 119
Des Berbam modellieren wurbe er nad ber Mitte bes 18. Jahrh. aus dem
son jenem modelio abgeleiteten ital. modelläre = abformen eutlehnt.
mobeln = formen, geftalten; Figuren (Bilder) eingraben.
hd. mödelen == formen, geftalten, in eine äußere Geftaltung bringen, aus
dem von lat. der mödulus (f. Model) abgeleiteten mittellat. moduläre, Tat.
modulßri, == meffen, abmefien, gebörig einrichten, welches im Althochbeutihen ent-
lehnt zn modulon Hätte werben müſſen. Im 17. und zu Anfange bes 18. Jahrh.
au möbelen, möbeln.
der Moder, —, ohne PL. : gegen ben Zutritt ber freien Luft mehr -
oder minder abgejchlofienes in Feuchtigkeit Verweſendes. Davon
modericht, moderig, Abj.; modern zu Mober werben.
Mopder, mittel. im 14. Jahrh. der moder (= in Berweſung libergegangener
Körper) , läßt ih nur nachweiſen ans dem beutihen Brevier in ber Gießener Hf.
Rr. 878 BL. 86° „ich bin zergänclich als der moder und als day gewant dag
die milwen [Milben — Motten] &gzent und die schaben* (f. Hiob 18, 28);
bann findet 1429 fih im Ab. ord. rer. BI. 24 moter oder cohottig = [fat.]
lmus b. i. fanler Schlamm, Koth, unb im voc. von 1445 bei Schmeller IL, 658
motter, ſlat.) limus, chottig laim; 1478 ber BI. möder = Sumpf⸗, Moor-
gelände (ſ. Lezer mhd. Handwtbeh I, 2193); nieberd. mudder, mudde, =
Schlamm, Koth, niederl. ber modder. Bon mittelb. da8 mot = Schlamm, Torf-
erde ze. (f. Mutid). Das Abi. moderig (3. B. Thämmel Reife IV, 101)
iR 1475 cleviih (im Teutkonista) modderich ſmit ch filr gh, weldes wieber
bie reine media g vertritt] = voll Koth, und mobern zeigt fi zuerf in ınbb.
vermöderen.
f modern = mit dem Geichmadsurtheile ver Gegenwart überein-
ftimmend. mobdbernifieren.
Das bereit8 1728 hei-Sperander 884° als bei ums entiehnt angeflihrte Abj-
modern == „nen, von gegenwärtiger Zeit, auf bie jegige Zeit gerichtet” iR anf-
genommen ans bem gleichbebentenben, zuerft aber ben Begriff „bentig, nen“ aus-
drüdenben franz. moderne, ital. moderno, welches aus mittellat. (erſt im 6. Jahrh.)
modernus == jeig, beutig, wurde; biefes Abi. aber kommt ebenfo von dem lat.
Av. mddo == jekt, wie das lat. Abj. hesternus = geftrig von bem lat. An.
heri (zuerfi hei) — geftern ımb das fat. Abi. hodiemus = heutig von bem lat.
Adre. hödie — heute. Unferem erſt fpäter im 18. Jahrh. erfcheinenben mobermi-
fieren gieng ein franz. von moderne abgeleitete® moderniser = „mobern machen“
voraus, von welchem fi das Part. PBrät. modernisd = moberniflert erhalten hat.
+ die Moͤdeſucht, -waare, »zettung, zujammengef. mit Mobe.
T modificteren = dem Maße nach beftimmen, mäßigen (ein Maß
fegen); anders und zwar näher beftimmen, befchränfen. bie Mopift-
cation, Pl. —en.
Bereits 1728 bei Sperander 384° modificiren und Modification, jene®
aus dem lat. von modificus = abgemefien, einer Bildung von lat. ber mddus =
Daß und einer Ableitung von fäcere = machen, abgeleiteten modifichre = ge-
börig abmefien, banı mäßigen; von bem Supinum modificktum aber das Tat.
die modificktio = Abmeffung einer Sadıe, woraus Modification.
f modifh = „ver Mode gemäß“, Ad. von Mode.
Bereits im 17. Jahrh., |. Stieler Sp. 1286.
120 | Modiſt — mögen
der Mo diſt, —en, Pl. —en : Berfertiger von und Hänbler mit modiſchem
Putze; Freund mobifches Putzes in feiner Kleidung; Putznarr. Davon
die Mopiftin.
Modi KR in der erfien Bed. erft in dem 19. Jahrh. aus dem jungen franz. von
franz. die mode (f. Mode) abgeleiteten ber modiste = Putzmacher, Modewaaren⸗,
Putzhändler. Verſchieden hiervon 1421 ber modiste als gleihbebeutend mit 1423
nnb 1424 kindelerer (Kinberlehrer, mitteld. ber Pl. kinde = Kinder, f. Kind).
Noch 1715 bei Weismamn I, 288* u. II, 261° Modiſt — Rechen⸗Schreiber,
[gr.-lat.] logögraphus = Buchhalter; aber woher biejes modiste?
+ der Mopus, Gen. ebenfo, BI. wie Sing. over (lat.) die Moͤdi:
Redeweiſe. Ein Kunftausprud der Grammatil beim Verbum.
Das lat. der mödus = Art und Weife, welches Qummetiliänus (} nad 118)
in ber heutigen Bezeichnung gebrauchte. Im 17. Jahrh. ſchlechthin durch Weile
(ogl. die Weife 1) verbentfcht; das jegt üblihe Nedeweiſe fcheint erk um 1820
anfgelommen zu fein.
mögen, Präf. ich mag, bu magjt, er mag, wir mögen ꝛc., Prät. ich er
möchte, Conj. ich er möchte, Part. gemocht (f. auch die Anm.) : das
Geeignetfein, die einwohnende Beziehung, urfprünglich die Kraft zu
etwas haben, daß dieß fet, werde, gefchehe; Freiheit, Geneigtheit (Luſt)
wozu ober vielmehr worauf hin haben. Zufammenf. : möglich, wo—⸗
mit weiter zufammengef. die Möglichkeit.
Der burdgebrungene Inf. mögen, aber nod neben mitgen, finbet ſich ſchon
bei Luther in der Bibel, ver auch ben Plural bes Bräfens im Inbicativ mügen
u. mögen, das Präfens im Eonjunctiv ih er mäge u. möge (Pf. 27, 4.
85, 7), bu müger, bat, Prät. mocht, Eonj. mödte, Bart. Brät. mocht [„fo
beiten fie doch mocht fur furcht vergeben“ (Weisheit 17, 9). Senes mögen aber
kam in bie Schriftfpradhe aus bem (unter Einwirkung bes Nieberbentfchen Rebenben)
Mitteldeutſchen mit dem Umlaute ber mittelhochdentſchen Form. Denn mitteld.
mogen (nub mugen), ®räf. ich er mag, Conj. ich er moge, Prät. Ind. u. Conj.
ih er mochte; mhb. mugen und üblicher (mit dem aus bem Präfens des Eon-
junetivs in ben Plural des Präfens im SInbicatio nub fofort auch in den Inf.
misbräudlid) vorgebrungenen Umlaut ü) määgen, Prüf. id er mac, wir mugen
unb miägen, Conj. (mit richtigem ü) ich er müige, Prät. ich er mohte, aber auch
früße noch ich er mahte, Conj. ich er möhte, mehte; ahb. magan [eig. makan (?)],
fpäter (bei Notker) mugen, Präſ. id er mac, mag, wir magun und mugum&s,
mugun, Conj. id; er megi, fpäter (bei Notker) muge, rät. ich er mahta unb
(nah dem in bie Wurzel eingetretenen u in dem Blur. Bräf. wir mwgumös)
mit o mohta, Conj. id er mahti, mohti, = Kraft, Befähigung haben, künmen;
in derſelben Bedeutung goth. magan, Präf. ih er mag, wir magum, Eonj. ich
er magjdu, Prät. ih er mahta (mit Wandlung bes wurzelbaften Kehllaute® g in
h und fofortigem Übergange des -da in -ta ſtatt magda), Eonj. ich er mahtödjsu,
Part. mahts, woraus unfer die Macht (f. Macht 1); altfühl. mugan (?), Bräf.
id) er mag, wir mugun, Eonj. ich er mugi, Präüt. id) er mahta, mohta, Eonj. ich
er mahti, mohti; mittelniederb. mogen, Bräf. id er mach, wir mogen, Prät.
Ind. u. Conj. ich er mochte; angelfähf. mugan (?), Bräf. id er mäg, Prät. ih
er meahte; engl. may, Prät. might; altnord. mega, Präf. ih er mA, Prät. id
mätts; ſchwed. md. Das Wort ift ein’. g. Präteritopräſens, d. b. ein Verbum,
deſſen Prüfens urfpriingli das Präteritum eines auhern ablautenben Berbums
war, welches im Gothiſchen migen (Prät. ih er mag, wir mögum, Bart.
migans), im Abb. mökan, mögan (Prät. ih er mac, wir mäkumös, mägumös,
Bart. mökan, mögan) b. i. megen, gelautet, wie bewegen 2c. gebogen unb, gleich
ber Wurzel von können n. kennen (f. b.), urſprünglich etwa f. v. a. „zeugen“
bebentet haben wird, woflie das ſchon bei Magd (f. d.) beſprochene goth. ber
magus, altſächſ. der magu, — Knabe zc., eig. „Erzeugter“ [wovon goth. bie
mavi (durch Ausſtoßung bes Kehllautes g aus magri) = Mäpden, eig. „Er-
zengte“], und dann goth. der möge = Eidam, ahd. n. mhd. ber mäc, nbb. ber
Mage (f. d.), altſächſ. der mäg, == Seitennerwanbter, gleichſam „bemfelben Ge⸗
ſchlechte (derfelben Zengung) Angehöriger“ ſprechen dürften. S. Grimm Gramm.
IL, 27 unb Geſch. d. dentſch. Spr. 904. Ob man das abb. das makan, magan,
mekin, megin, bb. das u. ber magen, == Stärke, Kraft, Macht, altſüchſ. bas
megin :c., von bem Prät. mag ableitet ober biefes erſt als Präteritopräfene zu
Grunde legen will, ift gleichviel. Soweit über ben Urfprung von mögen. Was
bie Schreibung ber Formen anlangt, fo iR bie von mochte, möchte, gemocht
in den obeu aus bem Mittel» und Altbochbentichen und dem Gothiſchen angegebenen
Formen feſtbegründet und nicht, wie mitunter nad unrichtiger Anfiht und aus
Unkenntnis geſchehen, mogte, mögte, gemogt zu fehreiben, was ſprachwidrig
wäre. Fir gemodt aber mit dem bloßen Inf., d. b. dem Inf. ohne zu, ben
überhaupt unſer bier befprochenes Berbum neben fi bat, 3. 8. er mag lommen zc.,
wird gewöhnlich die Form mögen gefeht, 3. B. ich hätte e8 nicht jagen mögen
(= gemoät) ꝛe.; „Hat bi auch bein Gott, dem bu om vnderlas bieueft, mügen
von ben Lewen exrlöfen?” (Dan. 6, 20); „das [baf] niemand fein beubt Hat
mägen anffheben” (Sad. 1, 21). Diefes mögen, früher mligen, nun ift fein
Inf., fondern ale bewahrtes ſtarkes Bart. Prät. jenes urſprünglichen Wurzel⸗
verbums zu faffen, infofern bie aus dem ahd. PBarticipium mökan, mäögan ge-
worbene mhb. Form mögen ohne das übliche vorgejeßkte ge- in mogen liberge-
gangen wäre, gerabe fo wie bie gleihen Participien von mhd. wögen wägen (f.b.)
aud pflögen pflegen (f. d.), nämlih „gewägen“ unb „gepfiätgen“, in gewogen
n. gepflogen übergeſchlagen find. Die mit dem Inf. mugen nnb mügen liber-
einkimmenbe Form ſtatt mogen hier ſcheint ſich durch Verwechſelnng eben mit bem
Zufinitiv gebildet zu haben unb if unverkeunbar eine durch Misbranch entſtandene.
Bel. auch die im gleicher Stellung wie unfer mögen üblichen lönnen und
mälfen. — Das Adj. möglih Tante ſchon bei Fiſchart (F 1589) fo, aber
au noch im 17. Jahrh., wie bei Luther, müglich, unb 1691 Stieler Sp. 1202
verzeichnet möglih und müglih neben einander; mhd. mügelich, milglich,
mittelb. mugelich, mogelich, 1475 clevifch (im Teuthonista) mogelick, neunieberl.
mogelijk, wovon das mıhd. Abo. mügeliche, mugeliche, nnfer nho. Abo. mög⸗
lid. Die nenhochdeutſche Form mit 8 iR, wie ſich ſchon oben bei mögen erfehen
ließ, ans dem unter ber Einwirkung bes Nieberbeutfhen ſtehenden Mitteldentſchen,
aber der Umlant bier durch das i (1) in -lich begründet. Möglichkeit iR mbp.
bie müglicheit, muglichkeit (= Fähigleit. Haupt Zeitschr. XV, 885, 69).
ber Mohn, —es, BL. —e (bei Göthe V, 16), die befannte Pflanze
papäver, dann ihr Same. Aufammenf. : ver Moͤhnkopf, das
Moͤhndl, vie Mohnfaat, ver Möhnfame ꝛc.
Sieh and Magfame Der, 1678 bei Kramer teutfh-ital. Wortb. S. 788°
das Mohn, fon 1470 mitteld. der mön mit Berbunfelung bes A an 6 aus bem
bereits im 11. n. 12. Jahrh. vorkommenden ber mAn, weldes Zufammenziehung
122 Mohr — Muhre
ans mbb. der mahen [neh 1482 und Dis heute bayeriſch, |. Schwelier IL, 566]
mägen, abb. (aber nicht nachweisbar) der mAhan, goth. ber möähns (?) if. Diefes
Wort aber mit feiner ahd. Form ber mAgo, mbb. ber mäge, welche noch in Mag⸗
fame (f. d.) und bayer. ber Magen neben Mahen fortbauert, Rimmt ber Laut⸗
verfhiebung gemäß (ſ. &) mit dem gleichbebeutenben gr. bie m&ök6n (unxov), aud
mit altflaw. nu. ruſſ. der mak”, poln. u. böhm. mak. Übrigens zeigt jenes ahd.
mAgo bie regelrechte Berſchiebung bes goth. h iu ahd. g bem griechiſchen k in
unxov gegenliber, währen in bem h bes abb. mähan, meldes fi nach mhd.
mähen vorausfegen läßt, die Lantverſchiebung, wie gewöhnlich bei h, flodt ober
ſtill ſeht. Das h in uhd. Mohn kaun darnach ale wolberechtigt angefehen werben
und nicht, wie man nad ben vorhin vorangeſtellten Zuſammenziehuugen mön,
män and zu urtheilen verfucht fein möchte, geradezu ale bloße Dehnung. Mohn-
kopf iR 1483 der magenkopff (voc. thess. BI. t4”), mhb. der m&nkoph (Iumer!.
56, 88, wo Pflanzenname); Mohnbl mıbb. unzufammengesogen mägendöl, aber
au, zufammengel. mit mäge (f. Magjamen), mägöl; Mobniaat 1482
mAhensAt (voc. theut. BI. t5*); Mohnfame mbb. der mAhensäme (?), zufam-
mengez. ber mänsäme, 1469 maynesam (f. Magſame, weldes mb. mäge-
säme).
der Mohr, —e, Pl. —e, eine Art dicht und feft gefchlagenes Zeuges
von Seide, Halbfeide ze. Zufammenf. : bag Moͤhrband.
Mohr, hif. richtig Mor, if aus franz. bie moire, altfranz. mohöre (moneben
morequin), provemal. moira, ital. moerro, (mit bloß vorgeſchlagenem a) amoerro,
fpan. ber muer, mue, portug. morim. Wort und Sade find allem Anſcheine nad
aus Afien, wohin aud, wie mich auf eine Anfrage Fried rich Diez lehrt, Menage
in feinem dietionnaire &tymologique (1650) unter dem Worte mouaire mit Bei-
Kimmung ber englifen Etymologen verweift, wenn er das franz. Wort aus einem
inbifhen mohacar — „Stoff von Ziegenhaar” entfiehen läßt. Der Name würde
alfo zunähr von Stoff oder Zeug aus Ziegenhaar gelten und dann auf Seiben-
off, Seibenzeng übergegangen fein.
ber Mohr, —en, Pl. —en : von Natur fchwarzer oder doch ſchwarz⸗
brauner Menſch. Davon die Mohrin.
Mit dehnendem 5b; bif. richtig Mor, Morin. Dem Mohr, mhd. ber mör,
möre, ahd. ber mör, ift mit dem im Stalien volkaublichen o Matt au aus lat.
Maurus = ber ſchwarzbranne Ureinwohner Rorbafrila’s. Die Mohrin Tantet
im Mittelhohbeutfchen richtiger mit Umlaut bie merinne, merin.
das Mohr, allgemein üblich und auch beffer Moor (f. d.).
bie Möhre, BL. —n: die gelbe Rübe, daucus caröta.
Das h könnte man als vor das r getreten anfeher. Denn 1482 bie morhen,
etwas friiher aud) morach, morich (f. Schmeller IL, 609), mbb. bie morhe
(Sumerl. 13, 73), mörhe, abb. die morah&, dann morehä, morhä, == efbare
rübenartige Wurzel, gelbe Rübe. Aber auch völliges Schwinben bes h zeigt ſchon
früh⸗mhd. die more, mor&, unb ber voc. incip. teut. BI. 03* hat die „moren
vulgäriter [in gemeiner Sprache] gelbruben“, Xonicerns (} 1586) die Möre,
1663 Scäotteline ©. 1365 die „mohr, möhr“ u. den Bl. „mören”, 1678
Kramer teutfhrital. Wortb. 785 die „Morre, Mohre“. Dunkler Herkunft.
Der Umlaut in jenem mhd. mörhe und im Nenuhochdeuntſchen iR unorganiſch [or-
ganifh wäre bie Mohre, vgl. Mohrrübe)] und fheint buch bas i ber Enbung
-ich ſtatt -ach erzeugt. Bol. Mohrrübe, auch Mordel.
Mohreuland — Meolte 128
das Moͤhren land — bad Lanb ber Mohren.
Bei Luther HiR. richtig Morenland. Mhyd. Mörenlant (Beinfrid 21924),
aber allgemein und auch ſchon im 12. Jahrh. in eigentliher Zuſammenſ. das
Mörlant.
bie Moͤhrin — die Schwarze, Schwarzbraune. ©. ber Mohr 2.
bie Moͤhrrübe — die Möhre.
Zuerſt 1721 bei Jablonsks allgem. Lex. ©. 466%. Mohr aus mhb. morho
(fe Möhre) bat fi hier ritig ohne Umlaut erhalten, und bie Zuſammenſetzung
mit Nübe fanb der Deutlichleit wegen Ratt, nachdem ſich ber Siun bes einfadhen
Möhre zu verbunteln begann.
ver Mol, —es, Pl. —, eine Art Eidechſen, die gewöhnlich im Som-
mer im Waſſer oder im Feuchten, im Winter in Steinriken ꝛc. lebt.
Die Korm mol findet fih bei Luther (8 Mof. 11, 80) wie ſchon zu Anfange
bes 15. Jahrh. (f. lib. ord. rer. von 1429 Bl. 154. Diefenbach glossar. 551°).
Das ch aber if unberechtigt angetreten; denn ſonſt fagte man bloß ber moll
(voc. theut. von 1482 BI. v6°), mol, mhb. der mol u. ſchwachbiegend der molle,
ahd. der mol. Dunkles Urfprunges.
bie Molte, BL. —n : das fih im Gerinnen der Milch aus berjelben
abſcheidende Waſſer. Davon molticht, molfig. Zuſammenſ.: bie
Möltencnr; ver Moͤlkendieb — Schmetterling.
Im 16. Jahrh. wie im 17. 3.8. bei Schottelins, das molden, ſelbſt 1688
im nenen tentfdh-franz.-lat. DietionAr. ©. 217° dag Mold, noch im 18. 3.8. bei
Gellert das Molken, nnd heute in der Schweiz mit ber Beb. Butter, Käfe bas
Molchen, mbb. nur da® mulchen, molchen, mulken, molken (Konrad troj.
Kr. 19782. 34574). Im Althochd. Tieße ſich das molahan, molhan, d. t. urſprünglich
m6lahhan erwarten, ift aber nicht nachzumelfen, man fagte das chäsiwazar, chäsi-
wazzar, Käſewaſſer. Ans dem Angelfähftichen bagegen verzeichnen Wörterbitcher
das molcen. Über die Abſtammung bes Wortes ſ. melk. Der Übertritt aus dem
arfpränglichen, nämlich dem ſächlichen Gefchlecht, in das weibliche, welcher ſich 3. B.
1664, 1669, dann 1678 [bei Kramer teutſch⸗ital. Wortb. 788®] in Die Molden zeigt,
iR mieberbeutfcher Einfluß (niederd. die molken), der in ber Sprache Mittelbeutich-
lands fi geltend madt, welcher das Schwinden bes n im Auslaute ber Ab⸗
leitungsendbung angehört. Gleicherweiſe iR es bei Wolle (f. b.); aber während
biefes ſchon im Mitteldeutſchen vorkommt und ber vorausgehende Nom. bes Sing.
bie wolken im Hochdeutſchen ganz erliſcht, kommt das heutige durch Molck auge⸗
bahnte die Molke erſt im 18. Jahrh. auf und dauert daneben, namentlich in ber
Sprache Norddeutſchlande, das vorausgehende bie Molken noch fort, jedoch aus
Misverſtand, wahrſcheinlich nach Adelungs Vorgange, gewöhnlich als Plural ge⸗
nommen. Anßerdem findet fi) Übergang ins männliche Geſchlecht, denn z. B.
1716 bei F' riſch Diotionnaire II, 248° der Molden u. 1734 bei Steinbach
DI, 78 der Molden und gekürzt Mold, eben fo wie mhd. (oberrheinifch) ber
wolken (Myst. I, 297, 19f.), fpäter, 3. B. bei Keifersberg, ber wolck vor-
kommt. Das Abi. mollicht fchreibt 1678 Kramer teutich-ital. Wortb.
©. 783% wol feiner Zeit gemäß, aber unriätig, moldigt, 1691 Stieler
Ep. 1266 ridtig molkicht; molk ig erft in ber 2ten Hälfte des 18. Jahrh. auch
in ber Beb. molkenähnlich weißlih und trübe „Huſcht bleih und molfig ein
Scattengefiht* (Bürger im Göttinger Dufenalm. 1782 ©. 125)], doch ſchon
1678 in bie Moldigleit (Kramer a. a. O.) vereinzelt auftaudend. Der Name
124 Mil — Moment
Molkendieb (Häufig in ben Wörterbliern des 18. Jahrh. ſowie auch 3. B. bei
Lichtwer Fab. 2, 2), 1470 mittelb. ber molken diep (.Diefenbach glossar. 411*),
woriz die molken, wie im Nieberbeutfchen, „bie Milch“ uub „ans Mil netür-
Tier Weiſe Entſtandenes“ bebeutet, beruht auf mythiſcher Borkellung, vornehmlich
ber, daß Hexen ober Elfen (elbiſche Weſen) in Schmetterlingsgefalt Milch ſtehlen.
Bel. Jacob Grimm im beutfhen Wibch II, 585 m. in ber Mythol. 480f. 484.
1025ff., auh Weinhold ſchleſ. Wibch 62%.
ber Moll, —es, BL. —e, italienifcher glatter und mit erhabener Ar-
beit gewirfter Mohr (f. Mohr 1), dann Übergetragen auf eine Art
breites wollenen Zeuges.
In jener erfien Beb. in bem legten Biertel bes 18. Jahrh. ans ber ital. Be⸗
uennung ber molle ſdas Mafc. des ital. Adj. molle = weich 3c., welches lat. mollis
== weiß] mit Ergänzung von ber drappo == „feideue® Zeng“ ꝛc. in Gebanlen.
+ der Motloffus, Gen. ebenfo, Pl. Molöffe : ver Versfuß -- - .
Das gr.-lat. ber molödssus aus gr. ber molossds (uoAoaadg), weldhes (mit Er-
gänzung von zoug Fuß) eig. „moloffifdher Versfuß“ bebentet.
bie Molte, ohne PL. : ins Kleinſte zerriebenes Trodenes, befonbers fein
zerfallene Erde, Staub.
Hochdentſch längſt veraltet, aber noch 3. B. bayeriſch bie n. ber Molt, bie u. ber
Molten. Mhd. die molte, aud (zumal am Nieberrhein) molde, ber molte, molt,
= Staub, Erbe, abb. bie molta, woneben auch fon, in das männlide Geſchlecht
übertretend, mit dem 10. Jahrh. der molt und noch fpäter ſchwachbiegend ber
molte, goth. die mulda, angelfähf. (ſchwachbiegend) die molde, altnorb. bie mold
(= Erbe, Erbboben, Erboberfläde), |. Maulwurf und mahlen 1.
der Molter, —s, BI. ungebräudlih : Mahliohn an Mehl, ven ver
Müller von dem in bie Mühle gegebenen Getreive nimmt. Davon
das Verbum möltern.
Molter auf) 1727 bei Aler &. 1406; weſterwäldiſch, Heiftich, wetteranijch zc.,
aus welcher legten Munbart Alberns das Wort in feinem dietionAr. Bl. bb8*
bat; 1475 clevifh (im Teuthonista) molter, molfter; mittelb. 1300 das multer
(Weisth. V, 625), eig. molter (?), mbb. 1419 multer (Schmeller IL 573), mit
feiner Bed. und bloß veränbertem Geſchlecht aufgenommen ans mittellat. bie
molitfra, moletfra, dann au moltüra, von mölitum, dem Supluum von
lat. mölere = mahlen (f. mahlen 1). Auf jenes molitura figt ſich auch bie
(wegen bes i nah bee Wurzel) umlautende oberpfälziſche Form bas Mülter
(Schmelfer II, 578). Das Berbnm moltern lautet 1691 tbilringif$ multern
(Stieler Sp. 1805).
+ der Molton, —s, Bl. —e, eine Art weiches wollenen ober auch
baummollenen Zeuges.
In der 2ten Hälfte bes 18. Jahrh. aus franz. ber molleton eig. = weidhes
Wollenzeng, von bem franz. Abj. mollet = etwas weidh, zart, einer Ableitung
von lat. mollis = wei (f. Moll).
T ber, jeltener bas Moment, —es, Bl. —e: Augenblick (.Augen⸗).
momentaͤn, Adj.: augenblicklich, ſchnell vorübergehend.
Moment, bei welchem man unwillkürlich an Aufnahme ans franz. der moment
(fpr. momäng) denkt, ift, wie biejes, au lat. das momentum (f. bie Anın. zu dem
Moment — Monat 195
folgenden Artikel), werans ſchon mbb. die mömente = Augenblick; das Abi.
momentan aus bem von momentum abgeleiteten lat., erſt um 200 vorkommen⸗
ben Abj. momentänsus = „nur angenblidiih”.
fdas Moment, —es, —e : Bewegung zum Ausichlag, Ausichlage-,
Entſcheidungskraft, das worauf es ankommt, wefentlicher Umſtand.
Im 19. Jahrh. aus der vorher üblich gewordenen Sprache ber Mechanik, wo
das Tat. aus einem älteren von lat. movöre — bewegen abgeleiteten das movi-
mentum zufammengezogene lat. bad momentum = Bewegung, kurzer Zeitver-
lauf, Meinfter oder kürzefter Zeittheil (momdntum témporis oder höre), Ent-
widelung, Entſcheidung, Ausihlag, Entſcheidungs⸗, Ausihlagskraft, Geltung ꝛc.,
die Bed. „bie Kraft eines Eörpers, vermöge deren er fi von einem Ort zu bem
andern fort beiweget” (Sperander 886*), erhalten bat.
f die Monade, Pl. —n: die Einheit; abfolut einfache Subftanz lbildl.
bei Zahariä Od. u. 2. 408]; ſehr Heines Aufgußthierchen.
In der zweiten Beb. durch Leibnitz eingefiährt, doch er feit 1720 bekannt.
Aus gr.-lat. die mönas (Gen. mönadis), gr. bie monâs (uovd;) = Einheit, bei
Philoſophen „das Einfache, Untbeilbare”, von dem gr. Adj. Maſe. mönos (uuvog),
em. mons (udyn), Reuter. mönon (udvov), = einer, eine, eins, ein einziger.
Tier Monärch, —en, Pl. —en : Alleinherrfcher, ⸗herr. bie Mor
narchie, Pl. —n (filbig) : Alleinherrſchaft. monaärchiſch, Abi.
Monard, wol zuerft 1605 bei Hulsius ital.⸗teiliſch. Diotionkr. 1816, if, wie
bei Luther 1 Macc. 1, 1 der Monarcha zeigt, aus bem gleichbed. gr.-mittellat.
der monärcha, gr. ber monärchös (uovdepyns), einer Zufammenf. aus gr. mönos
q. Monade) mit einer Ableitung von Archein (Apxeıv) = ber Erfte fein, herrſchen.
Bon monArchös lommt dann gr. die monarchia (uovapxi«), gr.⸗lat. die monärchia,
woraus 3. B. 1678 bie Monardey (Kramer teutſch⸗ital. Wortb. 783v), danach
Monarhie [im Ahd. fagte man das einhörddi, zufammengef. mit hörödi =
höhe Würde]), und hiervon if das gr. Abj. monarchikös (uovapyıxdc) abs
geleitet, welches unſerm ſchon 1678 (ſ. Kramer a. a. D.) eingebürgerten
monarchiſch zu Grunde Liegt.
der Monat, —es, BI. —e : der nach ber einmaligen Umlaufszeit des
Mondes um die Erde von und bis zu feinem Stande zwifchen Sonne
und Erde (29 Tage, 12 Stunden, 44 Minuten und 27/,, Secunden)
ober vielmehr ver nach einem Zwölftel des Sonnenjahres (d. h. nad)
30 Tagen, 10 Stunden und 20 Minuten) beftimmte Zeitraum. Zu⸗
fanımenf. : monatlich; das Monatsgelp, die Monatsfhhrift;
mönatweiſe; bie Monatzeit ıc.
Umnsthig iR die Schreibung mit th Monath. Älter⸗nhd. ber mönat (voc.
incip. teut. Bl. 01°), ebenfo 1482 im voc. theut. BI. v 60, aber mbb. der mAndt
(Sen. mänddes), ahd. ber mAndd, mAndt, mändth, goth. ber mänöps, angelſächſ. ber
mönad, zufammenge. mönd, altfrief. der mönath, mönad, zufammenge.
mönd, mittel ber im Abb. zu -at verſchwächten mhd. Ableitungefilbe -Öt, ahd.
-öd, fiir deren d man balb nunorganifch t fchrieb, alfo -St, goth. -ÖP, von mhd. ber
mäne, mit Schwinben bes auslantenden Wocale® man, fpäter nebenbei mit Ber-
dunkelung bes & zu 6 andh ber möne, mit Schwinben bes auslantenden Bocales
mön, ahd. u. altſächſ. der mano, goth. ber möna (nur Marc. 18, 24), angeljähl.
u. altfriel. ver möna, altnorb. (nur bei Dichtern) der mäni, = der Mond (f. b.)
124 Moll — Moment
Molkendieb (Häufig in ben Wörterbliern bes 18. Jahrh. fowie auch z. 9. bei
Lichtwer ab. 2, 2), 1470 mittelb. ber molken diep (Diefenbach glossar. 411*),
worin bie molken, wie im Niederdeutſchen, „bie Mil” und „aus Mildh natür-
licher Weiſe Entftanbenes” bebeutet, beruht auf mythiſcher Borfellung, vornehmlich
ber, daß Hexen ober Elfen (elbiſche Weſen) in Schmetterlingsgeſtalt Milch fehlen.
Bol Jacob Grimm im beutfhen Wibch IL, 585 u. in ber Mythol. 480f. 484.
1025ff., auch Weinhold ſchleſ. Wibch 62».
ber Moll, —es, BI. —e, ttalienifcher glatter und mit erhabener Ar-
beit gewirfter Mohr (f. Mohr 1), dann übergetragen auf eine Art
breites wollenen Zeuges.
In jener erfien Bed. in bem legten Viertel bes 18. Jahrh. ans ber ital. Be⸗
nenmmg ber molle ſdas Maſe. des ital. Adj. molle == weich zc., welches lat. mollis
= weich] mit Ergänzung von ber drappo = „feibenes Zeug” ꝛc. in Gebanken.
+ ber Moloffus, Gen. ebenfo, Pl. Molöffe : ver Versfuß -- -.
Das gr.-lat. der moldssus aus gr. ber molossos (uoAocads), weldes (mit Er⸗
gänzung von rodg == Fuß) eig. „moloſſiſcher Versfuß“ bebentet.
bie Molte, ohne PL. : ins Kleinſte zerriebenes Trodenes, befonbers fein
zerfallene Erde, Staub.
Hochdentſch längſt veraltet, aber noch 3. B. bayeriſch bie n. der Molt, bie u. ber
Molten. Dhb. die molte, auch (zumal am Nieberrhein) molde, der molte, molt,
= Staub, Erbe, abb. die molta, woneben and ſchon, in bas männlide Geſchlecht
übertretenb, mit dem 10. Jahrh. der molt und noch fpäter Ichwachbiegenb ber
molte, goth. die mulda, angelfädl. (ſchwachbiegend) bie molde, altuorb. bie mold
(= Erbe, Erbboben, Erboberfläe), |. Maulwurf und mahlen 1.
der Mölter, —s, Bl. ungebräudlih : Mahllohn an Mehl, ven ber
Müller von dem in vie Mühle gegebenen Getreide nimmt. Davon
das Verbum möltern.
Molter auch 1727 bei Aler S. 140680; weſterwüldiſch, heſſtſch, wetterauiſch ꝛc.
ans welcher letzten Mundart Alberns das Wort in feinem dietionAr. BI. bb ge
bat; 1475 clevifh (im Teushonista) molter, molfter; mittelb. 1800 das multer
(Weisth. V, 625), eig. molter (?), mbb. 1419 multer (Schmelfer IL, 573), mit
feiner Bed. und bloß veränbertem Geſchlecht aufgenommen aus mittellat. bie
molitfra, moletfra, dann auch multfrs, von mölitum, dem Supinum von
lat. mölere = mahlen (f. mahlen 1). Auf jenes molitura fligt ſich aud bie
(wegen des i nach ber Wurzel) umlautende oberpfälzifde Korm das Mülter
(Scämeller IL, 578). Das Berbum moltern lautet 1691 thüringiſch multern
(Stieler Sp. 1805).
+ ber Molton, —s, Bl. —e, eine Art weiches wollenen ober auch
baummvollenen Zeuges.
In der 2ten Hälfte bes 18. Jahrh. aus fram. ber molleton eig. == weiches
Wollenzeug, vou dem franz. Adj. mollet = etwas wei, zart, einer Ableitung
von Tat. mollis = weid (f. Moll).
7 ber, ſeltener das Moment, —es, BI. —e: Augenblid (. Angen>).
momentaͤn, Adj.: augenblicklich, ſchnell vorübergehend.
Droment, bei welchem man unwillliklid an Aufnahme aus franz. der moment
(fpr. momäng) denkt, ift, wie diefes, aus lat. das momentum (f. bie Arım. zu dem
Moment — Monat 125
folgenden Artikel), weraus ſchon mbb. die mömente Augenblick; das Abi.
momentsn aus dem bon momentum abgeleiteten lat., erſt um 200 vorlommen-
ben Abj. momentänsus = „nur angenblicklich“.
tms Moment, —es, — : Bewegung zum Ausichlag, Ausichlags-,
Entſcheidungskraft, das worauf es ankommt, wefentlicher Umftand.
Im 19. Jahrh. aus ber vorher üblich gewordenen Sprade ber Mechanik, we
das Tat. aus einem Älteren von lat. movöre — bewegen abgeleiteten das movi-
mentum zufammtengezogene lat. ba momentum = Bewegung, kurzer Zeitver⸗
fanf, Heinfter ober kürzeſter Zeittheil (momdntum temporis oder höre), Ent-
widelnng, Entiheibung, Ausſchlag, Entſcheidungs⸗, Ausſchlagskraft, Geltung zc.,
bie Bed. „bie Kraft eine® Eörper®, vermöge berem er fih von einem Ort zu dem
andern fort beweget“ (Sperander 386*), erhalten bat.
f die Monade, Pl. —n: die Einheit; abfolut einfache Subjtanz lbildl.
bei Bahariä Od. u. 2. 408]; jehr Kleines Aufgußthierchen.
Su der zweiten Beb. durch Leibnitz eingeführt, doch erſt feit 1720 bekannt.
Aus gr.⸗lat. Die monas (Gen. mönadie), gr. die monde (vovd;) = Einheit, bei
Philoſophen „das Einfache, Untheilbare”, von bem gr. Abj. Maſe. mo nos (örog),
em. mons (udvn), Reutr. mönon (uövor), = einer, eine, eins, ein einziger.
Tier Monärch, —en, BL. —en : Alleinherrſcher, herr. bie Mo-
narchie, BI —n (filbig) : Alleinherrſchaft. monärchiſch, Abi.
Monard, wol zuerfi 1605 bei Zulsiuss-ital.-telitich. Diotionâr. 1810, if, wie
bei Luther 1 Macc. 1, 1 der Monarcha zeigt, aus bem gleihbeb. gr.-mittellat.
der monärcha, gr. ber monärchös (uovdeyne), einer Zufammenf. aus gr. mönos
(.Monade) mit einer Ableitung von ärchein (dpxeıv) = ber Erfte fein, herrſchen.
Bon monä&rchös kommt dann gr. die monarchia (uovaeria), gr.-lat. bie monärchia,
woraus z. B. 1678 bie Monarchey (Kramer teutjch-ital. Wortb. 7836), banadı
Monardie [im Abb. fagte man das einhörddi, zufammengef. mit herödi =
höhe Wilrde], und hiervon if das gr. Adj. monarchikds (uovapyızdc) abe
geleitet, welches unferm fon 1678 (ſ. Kramer a. a. D.) eingebilrgerten
monarchiſch zu Grunde liegt.
vr Monat, —es, Pl. —e : der nach ber einmaligen Umlaufszeit des
Mondes um die Erde von und bis zu feinem Stande zwifchen Sonne
und Erbe (29 Tage, 12 Stunden, 44 Minuten und 27/,, Secunven)
oder vielmehr der nach einem Zwolftel des Sonnenjahres (vd. h. nad)
30 Tagen, 10 Stunden und 20 Minuten) beftimmte Zeitraum. Zu⸗
fammenf. : monatlich; das Monatsgeld, bie Monatsfhrift;
monatweife; vie Monatzeit ıc.
Unndthig iR die Schreibung mit tb Monath. Ülter-nhb. ber mönat (voc.
meip. teut. BI. 01°), ebenfo 1482 im voc. theut. Bl. v6°, aber mb. der mAndt
(Gen. mAnddes), ahd. der m&n dd, mändt, mAndth, goth. ber mönöhs, angelſächſ. der
mönad, zuſammengez. mönd, altfriel. ver mönath, mönad, zufanmengez.
mönd, mittel ber im Nhd. zu -at verſchwächten mhd. Ableitungsſilbe -Öt, ahd.
-öd, fiir deren d man bald unorganifch t ſchrieb, alfo -Öt, goth. Op, von mhd. ber
mAne, mit Schwinden bes auslautenden Bocales man, fpäter nebenbei mit Ber-
bımfelung bes & zu 6 and) ber möne, mit Schwinden bes auslautenven Bocales
mön, ahd. m. altfäcdf. ber mAno, goth. der möna (mur Marc. 18, 24), angelſüchſ.
u. altfrief. der möna, altnorb. (nur bei Dichtern) der mäni, = ber Mond (I. d.)
126 Monch
als Hinnmelofürper, eig. == ber das Zeitmaß beſtimmende Simmelstärper, womit
gr. der mön (uw) = Monat und auch (ber biefen beſtimmende) Mond fimmt.
In dieſem gr. mön aber haftet bleibenb eingetretene® n, während das auslautende
murzelbafte s gefchwunben if, welches die üoliſche und joniſche Form ber mes
(uels) = Mond, Mondwedfel, Monat, ſtreng doriſch ber m&s (urjc) bewahren nub
der alte &olifhe Gen. Sing. mönnos (ujvvos) in feinem aus ns (v6) geworbenen
on (vv) erſchließen läßt. Am deutlichſten zeigt ſich die volle Form in lat. ber
mensis = Monat, litthau. (veraltet) der menesis = Mond u. Monat, bie ur⸗
ſprüngliche jedoch in fanftr. der mAs = Mond u. Monat, wovon ber mAsa(s) =
Monat. Die Wurzel dieſes mäs nun if ſanſtr. m& = meffen (f. d.), zu welcher
and) lat. mötiri (db. i. m&-t-iri) = meffen gehört, defſen Barticipium des Perfeets
mensus lautet und bie Ableitung jenes mensis von bem Berbum fiherer macht.
Mit mis Kimmt dann nod ganz altflaw. ber mjesäz’ (8 = A), ruff. ber mjeos-
jaz” — Monat u. Mond von dem ebenfalls der Wurzel m& angebörigen, aber
fon Übergang des s zu r zeigenben ruff. mjerit’ — meflen. So weiß ber bei
Mond zu Grunde liegende Begriff auf das Meſſen der Zeit zurück. Bgl.
Grimm Geld. d. beutih. Spr. 852. ©. audi Mond. Das Adj. monatlid
fon 1482 im voc. theut. Bl. v G0, ahd. mAndd-, mAndtlih. Val. täglich muter
bem Worte Tag.
ver Mönch, —es, BL —e : Kloftergeiftlicher; dann (nach einem ber
Mönchslappe ähnlichen fchwarzen led oben auf dem Kopfe) eine
Srasmüden- und eine Meifenart. Davon : möoͤuchiſch; die Wön-
herei = Möndsleben (f. Anm); das Möndlein. Zufammen.
mit dem Gen. Sing. Mönchs⸗: die Mönchskappe, das Mond s-
fofter, »leben; die Mönchsſchrift = edige Schrift per Mönche
im Mittelalter, das Mönchswefen 2. igentlihe Zufammenf. :
das Moͤnchthum.
Mönd, älter⸗nhd. und noch mundarilich (z. B. bayeriſch) der münch, und 1691
verzeichnet Stieler Sp. 1220 Mönid un. Münich, Mind u. Münch neben-
einander; mbb. ber münich, münech, bann gekürzt münch, ahb. der munich,
eig. munih (fo in Zujammenjegungen als erſtes Wort), mittelb. bee munich,
munch, 1469 mittelrheiu. monch (voc. ex quo), auf befien o ſich unfer 8 gründet,
das dur das i in -ich, gekürzt -ch, veranlaßt wurbe, angelſächſ. ber munec,
altfrief. ber munek, munik, monik, altnorb. der munkr, alle in ber erfien Beb.;
aus bem gleiähbeb. gr.-lat. ber monächus, gr. ber monachös (uovaydc), welches
das fubflantivifh geſetzte Mafculinum des gr. Adi. monachds (uovaxdc) =
„allein, eiufam lebend“ if, von monos (uövoc) = einer, allein (f. Monabe),
nicht von fanflr. der muni = Üinftebler, welches zu man — benten gehört. Sm
Mönderei, bei Stieler a. a. DO. Mituderey, flatt (bem von Mind ab-
geleiteten) die Möndei, mhd. bie municheie (St. Ulrichs Leben 1217) b. i.
rein-mbb. münichie (?), ift das r unorganifh, indem «rei, weil -r-ei häufig ale
Ausgang von Wörtern vorlommt, fatt bes bloßen -ei, mäb. -i-e, flir den
Bildungstrieb genommen wurde Das Adi. möndifh iR mbb. münichsch
(Königshofen 389, 26), mittelb. munchisch; Möndlein mhb. das münichelin,
münechlin; Mönchthum ahd. munihtuom. Heute mit Mönchs⸗ zufammengejekte,
z. B. Noöonchskappe, Mönqchsleben, zeigen ſich als frühere eigentliche Zufammen-
ſetzungen, denn biefe lauten im Mhd. die münech- (?), münchkappe, = Minds.
futte, ſelbſt no 1711 mönchkappe (Rädlein 645), daun mbb. das münechlöäben ;
doch fcheint in bem wol no dem 14. Jahrh. augehörigen voc. opt. Ar. 18, 65
Mich — Mond 127
monsehkapp bie Zuſammenſ. monchakappe fein zu follen. 1691 Monchskloſter
uub 1711 noch Mönchkloſter (Räplein a. a. O.).
der Minh, —es, Bl. —e : mit ungefchwärzten ober äußerſt ſchwach
geſchwärzten Lettern bedruckte, alſo gleichſam Tahle Stelle eines Drud-
bogen. Bufammenf. : vr Moͤnchsbogen = Bogen mit einem
ſolchen Mönche oder mit Mönchen.
Eins mit der Mönch = Klofergeiftliher und von befien kahl geſchornem Kopfe
(over Blatte) bergenommen, worauf fon 1691 Stieler Sp. 1225 hinweiſt, ber
außer dem Begriffe jener kahlen Stelle des Drudbogens au ben einer Blöße im
Beinberge bat. Mönkhsbogen er 1777 bei Adelung aufgenommen.
ver Mönch, —es, Bl. — : verichnittene®, überhaupt zur Begattung
untauglich gemachtes männliches Thier, insbefondere und vorzugsweiſe
ein folches Pferd. Davon mönden — caftrieren (f. d.).
Bie Mönch im vorhergehenden Artikel eins mit Mönch — Kloftergeiftlicer;
aber bier von ber gelobten firengen Enthaltſamkeit in geſchlechtlicher Beziehung
bergenommen. So 1540 bei Alberus dicetionär. BI. p2* u. R3® münd, unb
(don mittelrbeinifch im voc. ex quo von 1469 (neben monch = Kloſtergeiſtlicher
bloß im ber Schreibung unterſchieden) eyn moynche == [fat.] casträtus (Ber-
fänittener), anberwärts im 15. u. 16. Jahrh. münch, und 1505 das Verbum
mynchen == caftrieren (voc. gemmagemmär. Bl. A1*), 1478 münichen (Myn-
singer ©. 60), mittelb. monchen (f. Pfeifers Germania V, 289).
br Mönch, —es, Bl. —e, ald Benennung verfchtenener Werkzeuge, wie
eines Stempel® zum Stoßen im Hüttenbau, eines in die Höhe ftehenden
Zapfens zum Ablaffen und Schließen des Teiches ıc.
Die Begriffe gehen von ber Mönch — „Kloſtergeiſtlicher“ aus und find An⸗
wenbungen bieje® Begriffes, wie fih z. 8. ſchon barin zeigt, daß bie Ringe, in
welde mittelft jenes Stempels eingetrieben wird, ben Ramen Rounen führen.
monden, f. Mönd 3. die Möncheret, moͤnchiſch, das Mönch—⸗
lein,. Möndhl. ver Mönhsbogen, ſ. Mönch 2. die Minds
tappe xı., ſ. Mönd 1.
ver Mond (0 lang), —s, Pl. —e : der Nebenplanet der Erbe. Dann
im Neuhochdeutſchen auch ſ. v. a. Nebenplanet überhaupt.
Im 15. Jahrh. der mönt (mit Verdunkelung bes A zu d, fowie mit Kürzung
ber Ableitungsfilbe aus) mhd. ber mAnet, in alter voller Enbung mAndt (‚Berthold
Ausg. von Kling S. 137, 145. An beiden Stellen in Franz Pfeiffere Ansg.
m£ne), mittelb. ber mAnt, mhd. u. mittelb. im 15. Jahrh. aber au, mit Ber-
dunkelung des & zu 8 der mönt. Daneben bie von biefem farfhiegenden Worte
ausgehende ſchwachbiegende mbb. u. mitteld. Korm ber mAnde, unverkürzt ber
mBnede (be8 beim ben 2c. mäneden, biefer Acc. 3. ®. bei Berthold von Kling
©. 137, bei Pfeiffer mAnen), im 14. und noch mehr im 15. Jahrh. and mit
Berbuntelung bes & zu 6 ber mönde, woher bei Luther (3.8. Jeſ. 60, 19. Pi.
104, 19) und ſelbſt noch da und dort im 18. Jahrh. die ſchwache Biegung bes bem
ben biezc. Monden; and bat Opitz IL, 40 n. 175 zc. ber Mond (Gen. Mondes
ebenda ©. 191) fowie den Rom. Sing. der Monde (ebenda ©. 178. 198.
282) mit dem Gen. Sing. Monbens (II, 166. 169), Dat. Ging. (IL, 58.
198), ce Sing. (DI, 277) u. Rom. Bl. (U, 8) Monden. Die Aus
128 Mond — Mond»
bridle aber finb alle urfpränglid mr won dem Zeitmaße bes Monburlaufes, 1.
des Jahres, gebraudt (ſ. dem folgenden Artikel und Monat) umb brängen fi
dann in ben Begriff bes Nebenplaneten ber Erbe neben das Wort für benfelben,
das einfache jener Ableitung mänöt, mAnet zu Grunde liegende mbb. ber mAne
(f. Monat Anm.) ein, welches mit Berbunfelung bes & zu 6 in mön libergieng.
So finden wir denn in bem voc. theut. von 1482 neben einanber BI. t5* ber
„mAnde oder mane“ und BI. v6* der mön, ebenfo in bem voc. incip. teut.
(zweites Darmfläbter Exemplar) „mAn [Io zu leſen bier ſtatt mon, wie gebrudt
if], volgariter mön“ und DI. q 60 mönd; aber bie uhd. Form der Mon [bei
Alberus dietionär. BI. O04* neben mond (BI. P4P)], die in Luthers Bibel
nur in monfüdtig = monbfüdtig vorkommt, wirb, wenu fie auch nod
1691 Stieler Sp. 1289 neben Mond verzeichnet, alleinſtehend in ber Schrift⸗
ſprache felten und erlifcht, fo daß fie im 18. Jahrh. Wieland im Shah Lolo
(f. Teutſcher Merkur 1778 Mai S. 105) nur no alterthümlich feßen kanu. Rein
bewahrt blieb fie allein in der AZufammenfegung ber Montag. Bgl. auch
Monblalb.
ber Mond (o lang), —es, BI. —e, und —n, was Monat.
Aus der älteren Form von Monat (f. b.), indem durch Schwächung bes Bocals
ber Ableitungsfilbe jenes mıbb. mändt im 15. Jahrh. zu mänet, biefe® wieber
durch Kürzung jener Silbe, zumal mittelb., zu mAnt und mit Verdunkelung bes &
in 6 zu mönt wird. Bon ber farfbiegenben mhd. Form mAnet, mänt (Gen.
be® mänedes, mändes) gieng dann bie ſchwachbiegende, zunächſt mitteldeutſche ber
mände (®en. be® mänden), aus, woher bie oben angegebene, bei Luther übliche,
gegenwärtig aber mehr nur noch bei Dichtern vorlommende ſchwache Biegung :
bes bem den bie zc. Monden [„Bier trübe Monden find entflobn” (Hölt y
173); „Mehr ale hundert Monden fang” (Bilrger 73%]. Der in Proſa
Upfiche Ausdruck iR Monat. Den Übergang oder wielmehr das Eindringen fchon
bes mhd. mAndt in ben Begriff bes Rebenplaneten ber Erbe |. in dem vorber-
gehenden Artikel.
Mond», Mönpden-, Moͤndes- oder Monds- (o lang). Jenes erfie
in eigentlicher Zufammenf., bie übrigen als Genittve bes Singulars in
uneigentlicher, welche fich jedoch bei ber in ven ZJufammenjegungen
merkwürdiger Weiſe ftark überwiegenden Ichwachen Form von Mond
(f. ver Mond 1) mehrmals zu einer fcheinbar eigentlichen kürzt oder
mit ber eigentlichen unorganifch vertaufcht wird. ber Moͤnde n⸗
glanz, pas Moͤndenjahr (f. Jahr), das Mondenlicht, bie
Moͤndennacht, ver Moͤndenſchein, ver Monpdenfhimmer;
aber auch ar deren Statt, wenn man Sonnenjahr, «Licht, »ſchein,
⸗ſchimmer vergleicht, nicht fo gut ober felbft tadelhaft das Mond-
jahr, das Monplicht, die Moͤndnacht (= Nacht in weldher ver
Mond fcheint), ver Möndſchein (f. Anm.), vr Moͤndſchimmer.
bie Moͤndesſichel (Schiller Wall. Top 5, 3), Mondsfichet,
das Monpauge — fehlerhaftes, in feiner Sehkraft mit pem Mond
zu- und abnehmenves Auge bei einem Pferde; monpbefhimmert
(1773 bei Hölty 9, u. bei Voß) = vom Mond befhimmert ;
bie Mond finfternis (ftatt Moͤndenfinſternis, vgl. Sonnen-
Monkalb — mone- 129
finfternie); ber Monpfleden (vgl. Fleck 2); möndförmig;
das Moͤndkalb (f. Anmerk.), —es, Pl. Moͤndkälber, — in der Bär-
mutter entftandenes fleiſchiges ꝛc. Gewächs, das zur Welt kommt, dann
ungeftalte plumpe Misgeburt; mondlich — dem Diond eigen (Göthe
1, 195), mondförmig (Voß Ovid Nr. 58, 8); der Mondnerr =
mit einer zur Zeit des Mondwechſels und zwar beim Eintritte bes
Vollmondes wiederfehrenden Narrheit (Verrücktheit) behafteter Menſch;
bie Mondſucht (f. Anm.) = zu- und abnehmendes Nachtwandeln
nah Zu: und Abnahme des Mondenlichtes, davon dann das Adi. mond-
füchtig; das Mondpiertel (ftatt Mondsviertel); ver Moͤnd—
wehjel (Göthe XXXI, 88 aber S. 85 Mondswechſel) = Ein-
tritt des Mondes in feine verfchiedenen Erfcheinungen von 7 zu 7 Tagen
oder auch in die nämliche Erſcheinung von 4 zu 4 Wochen.
Mondenjahr er 1711 bei Rädlein 646*, aber 1691 bei Stieler Sp.
879 Mondejahr und 1716 bei Ludwig Sp. 1263 Mondbjahr. Monden-
glanz bei Bürger am Schluß ber Lenore; Mondenſchimmer bei Hölty
60, 25; Mondennacht bei Schiller Tell 2,2. Mondkalb bereits 1678 bei
Kramer teutfäsital. Wortb. 784*, urfprünglider, wie 1691 noch GStieler
Sp. 917 und felbfi 1716 Zubwig Sp. 1268 baben unb auf engl. mooncalf =
„umgefalte Misgeburt“ zeigt, Monkalb, welches aber trog ber Anflihrung im
unjern Wörterbüchern feit dem Erldfgen von Mon (f. Mond 1) faum mehr ge-
ſchrieben wird; die Benennung berußt wol auf mythiſcher Vorſtellung (ſ. Grimm
Myth. 111), zumal da man dem Monde manderlei Einfluß beimißt und manches
ans ihm herrührend wähnt. Mit Recht Hat Jac. Grimm hierbei mbb. das
wazzerkalp (Waflerfalb), ahd. wagarchalp, = Waflerfudt, gleihfam von
Baffer unfdrmiich fchwellender Leib, verglichen. Wiederbeutich jagt man in bem
Sinne von Monptlalb das manenkind (manen- Gen. Sing. von mane = Mond].
Moundſchein (1678 bei Kramer teutfcheital. Wortb. 788°), aber auch noch im
17. Jahrh. Monſchein, 1482 der mönschein (voc. theut. BI. v6’), mbb. ber
mänschin, welches eigentlihe Zufammenf. mit mhd. u. mittelb. ber mAne, uhd.
Mon, während mit vem Gen. Sing. dieſes Wortes zufammengef. bei Opit IL, 198
der Mondenſchein, 1711 bei Räblein 646* monbenfhein neben mond-
ſchein unb bei Göthe XIT (Fauſt), 31 Mondenfhein. Monplicht, fon
1678 dei Kramer tentic-ital. Wortb. 784*, wo Monbliedt. Mondfinfter-
nis fantet 1716 Monbfinfkerniß (Kudwig Sp. 1262), aber 1706 in befien
engliſch⸗ teutſch. Lex. 228° monbenfinfternüß, 1727 bei Aler ©. 1407? Mon-
benfinkernus; no 1786 und ebenfo 17558 bei Heberih Sp. 16385 Monden-
finkerniß, aber zugleihd mit Monds- und Mondfinſterniß. Mondſucht,
nod 1716 bei Ludwig Sp. 1263 Monfuct, würde im Mhb. die mAnsuht lauten,
und mondſüchtig (1678 bei Kramer teutſch⸗ital. Wortb. 784°) lautet bei
Luther (Matth. 4, 24. 17, 15) und ſelbſt nod 1716 bei Ludwig a. a. D.
monfäätig, 1482 mönsuchtig (voc. theut. a. a. D.), 1429 mönsuechtig (lb.
ord rer. Bl. 23°) d. i. mönsüchtig (au8) mänsuchtig, welches in dem Begriffe
mit fat. lunßticus, gr. seldöniazömenos (oeAnvıabdusvoc), ſtimmt.
das Moͤnkalb, wofür jegt Mondkalb, |. Mond-.
f—mono⸗, aus gr. mönos (ſ. Monade Anm.). In : ber Monoloͤg,
—es, Pl. —e, = Allein⸗, Selbſtgeſpräch; das Monopol, —es,
Beigand, Wörterbuh. 4. Aufl. 2. Bd. 9
128 Mond — Mond»
drilcke aber find afle urfprlngli nnr von dem Zeitmaße bes Monbumlaufes, ?/.,
bes Jahres, gebraudt (f. den folgenden Artitel unb Monat) umb brängen fid
baun iu den Begriff des Nebenplaneten ber Erbe neben das Wort flir benfelbem,
das einfache jener Ableitung mändt, mAnet zu Grunde Tiegenbe mbb. ber mAne
(f. Monat Anm.) ein, mweldes mit Verdunkelung bes & zu 6 in mön libergieng.
So finden wir denn in dem voc. theut. von 1482 neben einander BI. t5* ber
„mände oder mäne* und BI. v6* ber mön, ebenfo in dem voc. incip. teut.
(zweites Darmfädter Exemplar) „m&n [fo zu leſen bier flatt mon, wie gebradt
iR], volgariter mön“ unb Bl. q5® mönd; aber bie uhd. Form ber Mon [bei
Alberue dictionär. BI. Oo4* neben mond (BI. P4P)], die in Luthers Bibel
nur in monfüdtig — monbflidtig vorkommt, wird, wenn fie auch nod
1691 Stieler Sp. 1289 neben Mond verzeichnet, alleinſtehend in ber Schrift⸗
ſprache ſelten und erliiht, fo daß fie im 18. Jahrh. Wieland im Shah Lolo
(f. Teutſcher Merkur 1778 Mai S. 105) nur noch altertbiimlich ſetzen kann. Rein
bewahrt blieb fie allein in ber Zuſammenſetzung ber Montag. Bgl. auch
Mondkalb.
der Mond (o lang), —es, Pl. —e, und —n, was Monat.
Aus der älteren Form von Monat (f. b.), indem durch Schwächung bes Vocals
ber Ableitungsfilbe jenes mıhb. mAndt im 15. Jahrh. zn mAnet, biefe® wieber
buch Kürzung jemer Silbe, zumal mitteld., zu mAänt und mit Berdunkelung des &
in 8 zu mönt wird. Bon ber flarfbiegenden mbb. Form mäAnet, mAnt (Gen.
des mAnedes, mändes) gieng dann bie fhwachbiegende, zumächft mitteldeutfhe ber
mände (®en. be® mänden), aus, woher bie oben angegebene, bei Luther übliche,
gegenwärtig aber mehr nur nod bei Dichtern vorkommende ſchwache Biegung :
bes dem den bie zc. Monbden [„Bier trübe Monden find entflohn“ (Hölty
178); „Mehr al® hundert Monden lang” (Bürger 78%]. Der in Brofa
übliche Ausdruc iR Monat. Den Übergang oder vielmehr das Einbringen ſchon
bes mbb. mändt in ben Begriff des Rebenplaneten der Erbe f. in bem vorber-
gebenden Artikel.
Mond», Moͤnden⸗, Mondes: oder Monds- (o lang). Jenes erfte
in eigentlicher Zuſammenſ., die übrigen als Genitive bes Singulars in
uneigentlicher, welche fich jedoch bei der in ven Zuſammenſetzungen
merfwürbiger Weife ftark überwiegenden Schwachen Form von Mond
(f. ver Mond 1) mehrmals zu einer fcheinbar eigentlichen kürzt ober
mit der eigentlichen unorganiſch vertaufcht wird, ber Monpden-
glanz, das Moͤndenjahr (f. Fahr), das Mondenlicht, vie
Moͤndennacht, ver Mönpdenfhein, vr Mondenfhimmer;
aber auch an deren Statt, wenn man Sonnenjahr, »licht, »ſchein,
-fhimmer vergleicht, nicht fo gut ober felbft tabelhaft das Moͤn d⸗
jahr, das Monplicht, vie Moͤndnacht (= Nacht in welcher ver
Mond fcheint), ver Monpfchein (f. Anm.), ver Monpfhimmer.
bie Möndesfihel (Schiller Wall. Top 5, 3), Mondes ftchet.
das Moͤndauge — fehlerhaftes, in feiner Sehkraft mit bem Mond
zus und abnehmenves Auge bei einem Pferde; monbbefhimmert
(1773 bet Hölty 9, u. bei Voß) = vom Mond beihimmert;
bie Monpfinfternis (ftatt Mondenfinfternis, vgl. Sonnen-
Monkalb — mono⸗ 129
finſternis); ber Monpfleden (vgl. Fled 2); mönbförmig;
das Mondtalb (f. Anmerk.), —es, BI. Moͤndkälber, = in der Bär⸗
mutter entftandenes fleiichtges 2c. Gewächs, das zur Welt kommt, dann
ungeftalte plumpe Misgeburt; mondlich — dem Mond eigen (Göthe
I, 195), mondförmig (Voß Ovid Nr. 58, 8); der Moͤndnarr =
mit einer zur Zeit des Mondwechſels und zwar beim Eintritte bes
Vollmondes wiederkehrenden Narrheit (Verrüctheit) behafteter Menſch;
bie Monpfuct (f. Anm.) = zu- und abnehmendes Nachtwanveln
nad Zu- und Abnahme des Monpenlichtes, davon dann das Abi. mond-
füchtig; das Möndviertel (fiatt Mond sviertel); ver Moͤnd⸗
wechſel (Göthe XXXI, 88 aber S. 85 Mondswechſel) = Ein-
tritt des Mondes in feine verfchievenen Erfcheinungen von 7 zu 7 Tagen
oder auch in die nämliche Erſcheinung von 4 zu 4 Wochen.
Mondenjahr er 1711 bei Räblein 646°, aber 1691 bei Stieler Sp.
879 Mondsjahr und 1716 bei Ludwig Sp. 1263 Mondjahr. Monben-
glanz bei Bürger am Schluß ber Lenore; Mondenſchimmer bei Hölty
60, 25; Monbennadt bei Schiller Tell 2,2. Mondlalb bereits 1678 bei
Kramer teutf&sital. Worth. 784*, urſprünglicher, wie 1691 noch Stieler
Sp. 917 und ſelbſt 1716 Ludwig Sp. 1268 haben unb auch engl. mooncalf =
ngeſtalte Misgeburt“ zeigt, Monkalb, welches aber trot ber Anflihrung in
unfern Wörterblidern feit dem Erlsihen von Mon (f. Mond 1) kaum mehr ge-
fürieben wirb; die Benennung beruht wol auf mythiſcher Vorftellung (f. Grimm
Myth. 111), zumal dba man bem Monde mancherlei Einfluß beimißt und manches
ans ihm herrührend wähnt. Mit Net bat Jac. Srimm hierbei mhd. bas
warzerkalp (Mafferfaib), ahd. wazerchalp, = Waſſerſucht, gleihfam von
Baffer unfbrmtTich ſchwellender Leib, verglihen. Niederdeutſch jagt man in dem
Sinne von Moubtald das manenkind (manen- Gen. Sing. von mane = Mond].
Mondſchein (1678 bei Kramer teutfch-ital. Wortb. 788%), aber auch no im
17. Jahrh. Monſchein, 1482 ber mönschein (voc. theut. Bl. v6”), mbb. der
mänschin, welches eigentlihe Zufammenf. mit mbb. u. mittelb. der mAne, uhb.
Mon, während mit dem Gen. Sing. dieſes Wortes zufammengef. bei Opig IL, 198
der Mondenfhein, 1711 bei Räblein 646° mondenfhein neben monb-
(dein und bei Böthe XII (Fauf), 81 Mondeuſchein. Mondlicht, fon
1678 bei Kramer tenti-ital. Wortb. 784%, wo Mondliedt. Monbdfinfter-
nis lantet 1716 Mondfinſterniß (Ludwig Sp. 1262), aber 1706 in deſſen
engliſch⸗teutſch. Lex. 228° monbenfinfernäüß, 1727 bei Aler ©. 1407? Mon-
denfinſternus; no 1736 und ebenfo 1758 bei Heder ich Sp. 1685 Mouden-
finkerniß, aber zugleih mit Monds- und Mondfinſterniß. Mondſucht,
no 1716 bei Ludwig Sp. 1268 Monſucht, wiirde im Mhd. bie mAnsuht lauten,
und monbfüchtig (1678 bei Kramer teutſch⸗ital. Wortb. 784°) lautet bei
Luther (Matth. 4, 24. 17, 15) und ſelbſt noch 1716 bei Ludwig a. a. O.
monjüdtig, 1482 mönsuchtig (voc. theut. a. a. D.), 1429 mönsuechtig (Kb.
ord. rer. Bl. 23°) d. i. mönsüchtig (aus) mänsuchtig, welches in bem Begriffe
nit fat. lundticus, gr. selöniazdmenos (seAnvınböueros), ſtimmt.
bas Mönkalb, wofür jegt Mondkalb, |. Monp-.
T Mono», aus gr. mönos (f. Monade Anm). In: ber Monoloͤg,
—e, BL. —e, = Allein⸗, Selbitgefpräh; das Monopol, —es,
Beigend, Wörterbub. 4. Aufl. 2. ®. 9
1% Moufran — montieren
—s, Bl. —e, — Recht des Alleinhandels, Alleinhandel, davon ber
Monopoltft, —en, BL. —en; monoton, = eintönig, ⸗förmig;
die Monotonte (Afilbig) = Eintönigkeit, Einförmigkeit.
Alle aus Zufammenfegungen mit jenem gr. monos (udvoo). So Monolog
aus bem gr. Abi. ber monolögos (KoPoAdyog) = allein- d. i. vor ober mit fi
ſprechend, defien -I6gos (-Adyoc) von l&gein (Afyeır) = Iefen, ſprechen; Monopol
aus gr.-lat. das monopölium, gr. das monopdlion (uovondlıov) = Kecht bee
Alleinhandels und zum Alleinhandel beredtigter Ort, beffen p6lion (zwA:ov) von
gr. p6lein (zwAeiv) — verlaufen, das Abi. monoton ans dem gleiäbeb. gr.
mondtonos (uovdrovog), beffen -tonos (-rovos) von gr. teinein (relveır) =
fpannen; Monotonie ans bem von jenem Abj. abgeleiteten gr. die monotonia
(uovorovia) = Eintönigteit.
f die Monftranz, Pl. —en : (Pracht⸗)Gehäuſe zum Aufbewahren und
Zeigen der geweihten Hoftie.
° 3m 15. Jahrh. Die monstrancie, monstranoze, monstrancz (1404), monstrants
(1482), aus dem gleichbed. mittellat. Die monsträntia von mönstrans (Gen. mon-
sträntis), dem Participium bes Präfens bes lat. Berbums monsträre —= zeigen.
+ das Moönftrum, —s, BI. (lat.) Monftra : Midgeftalt, Ungeheuer,
Ungethüm, Scheufal. monftros, monſtrös, Adi. : misgeftaltet,
ungeftalt, unförmlich, bis zum Abfcheu ungeheuer.
Schon im 17. Jahrh. if bei uns das „Monstrum* aufgenommen, welches das
lat. das mönstrum, urfpr. = Wahrzeichen der Götter ale naturwibrige Erfchei-
nung, zufammengebörig mit lat. monsträre == zeigen. In ber Wetterau volfe-
üblich durch Anlehnung an Schtromp d. i. hot. Strumpf umgebeutfdht ber
Monschtromb, welches hochd. Monstrumpf (6 furz) wäre. Bon monstrum fonımt
dann das Adj. monströsus [woraus monſtros (®dthe VI, 8B1)], eigentlih mon-
struösus, = wiber-, unnatürlich, ſchenßlich, welches im Franzöflihen gu monstrusux
wurde, nad befien Ausſprache (mongstrü@) fih danu unfer allgemein übliches
monftrös (bereits bei Sperander 888°) bildete.
der Montag, —s, Pl. —e : der zweite Tag der Woche. Davon
montags, genitiviſches Adv., alſo auch M (Montags) jtatt m
unnöthbige Schreibung. ver blaue Montag, f. blau.
Montag wird in der erfien Hälfte des 19. Jahrhunderts von manden aus
Heinliher Regelung Mondtag gefchrieben, welches aber keinen Beifall findet und
gegen ben Gebrauch verſtößt. Mhd. ber mäntac, ahb. (erfi bei Notker Pa. 47, 1)
mänetag, welches früher mAnatac wäre [moneben ein mAnitac durch mhd. meontac,
mittelb. (zumal im 15. Yahrh.) möntag, -dag vorausgefegt mwirb], mittel. mAn-,
mit Berbunfelung des A zu 8 möntag, zufammengef. mit mbb. u. mittelb. der
mäne, ahd. mAno, = Mond. Das Wort, welches in fi bie alte Form Mon
(f. Mond 1) bewahrt und nad) fat. dies Lüns d. 5. „ber der Mondgöttin (Tat.
Läna) geheiligte Tag“ bei uns gebilbet wurde, if eigentlide Zufammenfegung
ſtatt uneigentliher d. 5. der Zufammenfegung mit dem Gen. Sing., wie mir
fie in angelfädf. mönandäg, altnord. mAnadagr [altnorb. der mäni = Mond,
Iat. läna] haben, bie althochdeutſch manin tac und gothiſch mänins dags fein
würden.
T montieren = zu- und einrichten, ausrüften; mit ber Dienſtkleidung
verfehen ober (ausfleiven d. i. ehedem f. v. a.) völlig beffeiven. Davon
Monument — Moos 131
bie Montterung, Pl. —en, — völlige Bekleidung; Dienſtkleidung
des Soldaten. bie Montur, PL —en, = Dienftfleivung des
Soldaten.
Jenes montieren, fon im 17. Jahrh. eingeführt montiren und muntiren
(Kramer teutſch⸗ital. Wortb. 788°), mbb. (mittelb.) nur einmal muntieren =
rüfßen, ausrüfen (Pfeifors Germania XIV, 71*, 78), if aus franz. monter =
Reigen, dann erhöhen, beförbern, beritten machen, ausſtatten (3. B. ein Haus zc.),
ital. n. mittellat. montäre — (zur Höhe) Keigen, von lat. der mons (Gen. möntis)
= Berg. Bou franz. monter fommt dann franz. die monture == Reitthier,
Geſtell, Faffung, worans bereits bei Sperander 888° unjer Montur. Dagegen
[don im 17. Jahr. „Montirung, die Auskleidnng“ (Nehring 596) d. h. Aus⸗
Rattuug mit Bekleidung.
Fdas Monument, —es, —8, BL. —e : Denkmal.
Bereits 1728 Monument ans bem gleichbeb. lat. da8 monumentam von fat.
monöre == mahnen, erinnern.
das Moor, —es, BI. —e : Sumpfland, von Natur wäfjeriges Koth⸗
fand. Zufammen]. : die Moorente; die Moorerde; das Moor-
land; die Moorſchnepfe (epf = äpf), der Moorfumpf (Voß
Luiſe 1, 132) ac.
Die Shreibung Mohr, weldge einige wollen, if ganz uugebräudlich, auch nicht
zu empfehlen. Das Wort, weldes Campe auch als Maic. hat, fam in bie
Schriftſprache aus dem Wieberbeutfhen, benn neu- unb mittelnieberb. das mör
(Beineke Vos 6081), altfädjf. u. goth. das mör (?), angelfächl. der mör (= Boben-
feuchtigleit, Lade, Sumpf), während, freilich ſehr felten, ahb. u. mhb. (mit uo —
8) das muor vortommt, welches bayerifh zu das Muer (Schmeller IL, 612)
wird und neuhochdeutſch zu Mur werben müfe Altnordiſch iR ber mör == fette
Erde, Torf, woneben bie mfri = Sumpf, Sumpfland, unb mit Umlaut des 6
die meeri = Ebene und Grenze, weil in Nieberungen Siimpfe die Landſcheide ab-
geben, wie denn aud) engl. meer = Sumpf u. Grenze, mittelnieberl. meer =
Grenze (Dis. OD, 221°. Hor. beig. VO, 9) il. Sieh 3. Grimm Grenzalter-
ttümer ©. 4. Was bie Herkunft des Wortes anlangt, fo ſteht es im Ablauts-
verhältnis mit goth. bie marei, abb. ber u. das mari, = Meer (f. d.), wie denn
and ahd. (9. Jahrh.) im Muspilli Zeile 56 das (?) muor geradezu |. v. a. „Meer“
in. Moorland if angelfähf. das mörland — walbiges feuchtes, ſumpfiges Land.
das Moos, —es, Bl. —e, eine befannte Pflanzenart, lat. muscus.
Davon : moofen = Moos anfegen, fib mit Moos überziehen;
mooficht, moofig. AZufammenf. : pie Moosrofe — Art Rofen,
beren Zweige und Kelch mit moosähnlichen weichen Stacheln bicht
bewachſen find; der Moosihwamm — ein in und unter kleinem
Moofe zur Frühlingszeit wachjender efbarer weißer Erdſchwamm.
Beffer wäre Ratt Moos die Schreibung Mos, aber dieſe if nit üblich. Mhd.
das m. and) ber (Gesammiabenteuer III Nr. 64, 1488) mos, ahd. ba® (aud ber?)
mos, = Moos, aber auch liberhaupt die Erbe moosartig überziehendes Oewüchs,
ſelbſt die Wolle des reifen Diftellopfes, die Diftelfiode (f. Graf I, 868), neu- u.
mittelniederd. das mos == Moos, nieberl. das mos; altnorb. ber mosi = Moos.
Daneben ganz gleichbebeutenb mhd. der u. das mies, ahd. ber u. das mios, mies,
mod 1678 bei Kramer teutſch⸗ital. Wortb. 784? das „Moos, Mies“, und heute bayer.
9*
132 Moos — fih moquieren
ber u. das Mies, angelfühf. (ver? das?) mode. Alle führen auf ein nicht nad-
zuwmeifenbes, wie Tiefen ac. biegendes goth. Wurzelverbum miusan (Präf. er
miusip, Prät. er mäus, Bl. fie musun, Part. musans), ahd. miosan (?), = fur
Uberwachſend fiberbeden (?), von deſſen Präſ. jene alten Kormen zu Mies,
wie von dem Plural des Prät. die zu Moos hervorgegangen find; biefe aber,
mit dem Vocal o, flimmen mit mus in lat. ber müscus = Moos, gr. der, aud)
die möschos (u6cxos) = junger zarter Pflanzenfhößling. Das Berbum moofen
tft mhd. mosen (?) in mhb. vermosen = mit Moos überziehen, woneben mhd.
miesen (Haupt Zeitschr. I, 487, 1772); das Adj. mooſicht (. B. Zachariä
Od. u. 2. 442) mb. mosöht; das Adj. moofig mbb. mosec (?), mittel. mosig
(f. die Anmerkung zu bem folgenden Artikel).
das Moos, —es, BI. Möfer (fo in Bayern), urfprünglicher Mooſe:
Sumpfland, wie Moor, Bruch. Davon moojig, Abi.
Moos in befferer, aber unüblicher Schreibung Moe. Mhd. das mos, ahd.
das mos (Pl. die mos), mittelniederl. dag mos, = Sumpf. Obgleich baneben
mbbd. mies, ahd. mios in der Bedeutung nit vorkommt, fo iR doch mos eins mit
das Moos in dem vorhergehenden Artikel und zunihft mit Grimm Gramm.
DI, 573 als „Moosgegend“ zu faffen, zumal da Sümpfe, wenigſtens Rellenmeife,
häufig mit Moos bewachſen find. Das Abj. moofig if das mit moofig unter
Moos 1 (f. d.) zufammenfallende mbb. mosec, mosich, mittelb. mosig, —
fumpfig, verfumpft, und das zufammengef. ahb. Adj. mosalih bebeutet dem Sumpfe
angebörig, Sumpf-.
moofen (auch in bemoofen), mooſicht, moofig, ſ. Moos l, bei
moofig aub Moos 2, der Mooskolbe, »folben, das im
Sumpfe (ſ. Moos 2) wachſende Kolbenrohr, typha latif6lia. bie
Moostuh = Rohrdommel, weil fie den Schnabel in den Sumpf
(ſ. Moos 2) jtedt und babei einen dem Brüllen eines Rindes nicht
unähnlichen Ton hören läßt (Schmeller IL 634). die Moosrofe,
ber Moosfhwamm, |. Moos l. bie Moosjhnepfe (epf =
Apf), zuſammengeſ. mit Moos 2 (f. d.), was Moorſchnepfe
(ſ. Moor).
Die Mooskuhh heißt gegen oder um 1500 [ba8] „mo Bkalb, [ber] moßuogel“
(voc. meip. teut. Bl. 02”), 1686 Mooß ⸗Ochs (Beyher lex. germ.-lat. Sp. 285).
ver Mops, —es, Pl. —e u. (ungut) Möpfe : Art Heiner Hunde mit
ftumpfer breiter Schnauze und verbrieglihem Ausfehen; [bilvlich :]
bummer verbrießlicher Menſch. Dann mopfig.
Das etwa um 1750 ins Hocbentfche aufgenommene nieberb. der mops ſdenn
im Oberbeutfhen fagte man mit beibehaltenem p der Moppel d. i. rein-oberb.
der Muffel, f. d.], niederl. der mops (aber eigentlich bloß) mop [1719 moppen
— maulen, murren], wol von engl., auch mundartlich engl. (Halliwell &. 560°)
mop, dann 1768 engl. mops, = ſchiefes Maul, Geberde ber Verachtung, oberrhein.
(zu Ende bes 15. Jahrh.) der mupf, muff, — Verziehung bes Mundes, ver-
zogener Mund (f. Muff 3 Anm.). Der ame leitet alfo durch die Niederlande
nad England hinüber, von welchem Lande ber Hund auch ansgegangen zu fein
ſcheint, der als eine Heine Art Bullenbeißer angefehen wird.
T lih moquteren (ſprich mockiren) — ſich aufhalten ober fpöttifch
luſtig machen über —. 3. B. Zachariä Renommiſt 4, 249,
Moral — Morb 133
1728 fi moquiren (Sperander 889"), aus bem gleihbeb. franz. ne (ſich)
moquer de —. Altfranz. moquer = „veripotten“, aus ber Picarbie aufge -
nommen, denn bie fireng franzöſiſche Korm wiirde, wenn man prowenzal. mochar
vergleicht, mocher oder moucher lauten. Das Wort iR aus gr. mökAn („wxi»)
== verfpotten, verhöhnen, bejonders mit Grimafſen. S. Diez Wibch II, 381.
f die Moral, ohne PL. : Sittenlehre; (einzelne fittliche Lehre als)
Nuganwendung. Davon : moralifch, Adj. u. Adv. moralifieren;
ber Moraliſt, —en, BI. —en; die Moralität.
Das bereits 1728 geläufige bie Moral ift aus bem von lat. ber mos (Ben.
möris) = Sitte abgeleiteten lat. Adj. mordlis — „bie Sitte betreffeub*, in neuerer
Zeit, mit Ergänzung bes Wortes bie doctrina (= Lehre), ſubſtantiviſch f. v. a.
„Sittenlehre.” Bon morälis find dann abgeleitet : 1) lat. bie morälitas (Gen.
moralitAtis), welche® zu altfranz. bie moraliteit (neufranz. moralit6) wurbe, woraus
mbb. die mördllteit = Sittenlehre (Tristan 202, 10. 14. 25), nhb. die Mo⸗
talität; 2) ital. (meulat.) ber moralista, franz. ber moraliste, woraus 1728 unfer
ber Moraliste; unb 8) daß ital. Berbum moralizzäre (neulat. moralizäre), franz,
moraliser, woraus bereit8 1694 bei un® moralisiren (Wehring 596). Das Abi.
wie Abo. mo raliſch findet fich bereit® 1674 bei Kramer teutich-ital. Wortb. S. 784.
ver Moraft, —es, [ohne BL. :] ichlammiges Erdreich, Koth in dem
man ftedlen bleibt; [mit dem Pl. Moräjte :] ſchlammvolle Gegend.
Davon bereits 1678 das Adj. moraftig.
Mora iR ein, wie fon bie unbentfche Betonung zeigt, frembher gelommenes
Wort, mit angetretenem unorganiihen t (vgl. das ebenfalls frembe Palaſt) unb
Verdunkelung des erfien a zu 0. Denn 1691 bei Stieler ver Moraft, 1678
bei Kramer teutfd-ital. Wortb. ©. 784* der „Mora, Moraft, Moreft“,
1647 bei Dlearins Moraß, 1638 bei Opig maraft, nieberl. das maras,
moeras, wittelnieberl. marassch, engl. morass, aus einer romaniſchen Ableitung
[nit aus neufranz. marois, marais, aber wol aus franz. ber marage = lifer-,
Sumpfland, d. i. mittellat. märägium = Sumpf, Mora? weniger aus bem
gleihbebentenben ital. der mardzzo ?] von lat. das märe (f. Meer), infofern dieſes
ſchon bei Isidorus Hispalönsis (} 636), bann im Altfranzöfifhen auch bloß eine
Anfemmlung von Waſſer, einen Teich n. dgl. bedeutet. Bgl. Diez Wibch
I, 264.
vie Morchel, Bl. —n : der efbare Erdſchwamm phallus esculentus.
1469 mittelrheiniſch die morchel, mitteld. morchel, eig. mhb. die morhel (?);
aber fpät-ahb. die mörhila (gl. trevir. 7, 17), mörhela, morhel (Sumerl. 28,
43. 28), = Walbräübe, [lat.] pastindca silvätica. Bon bem einfaden mhd. bie
morhe, morche (3. B. Buch v. guter Sp. 13, 32. 9, 23. Altd. Wälder II, 56),
welches ber bezeichnete Erbfhmwamm, ahd. bie mörah& aber unfer Möhre (f. b.).
In der Schweiz bie Morache, Moroche (Stalder U, 214), in Bayern bie
Maurachen, ber Mauracher, in Ofterreich bie Maurache. Bon biefer Beb. aber,
wie es f&eint, bie von Schwamm als Waldſchwamm und zwar nad einer Ahnı-
lichkeit in Anfehung feiner Geftalt. |
ber Mord, —es, PL. —e : geſetzwidrige vorbepächtig abfichtliche Tödtung.
Davon ; morben; ber Mörder, wovon bie Mörderin und mör-
deriſch; mordio. Zufammenf. 1) mit Mord: bie Morpbegier,
bie Morbbegierpe, mordbegierig; ber Mörbbrenner, wovon
134 Mord — More
bie Morpbrenneret und morbbrennerifch; die Mordge-
ſchichte; die Moͤrdgier; das Moͤrdkind — auf Mord Trachtender
(2 8ön.6, 32); die Mordſchlacht = mörderiſche Schlacht (Schiller
Wall. Tod 3, 15); die Morpthat ꝛc. 2) mit Mörder : bie
Mördergrube; die Mörderhand (Schiller Ibycus Str. 21);
mörderlid.
Morb iR mhd. das (und, ins männlide Geflecht Hibergetreten, ber) mort,
abd. (felten) das mord, altfädf. ba® morth, mord, mittelniederb. der mört,
mittelnieberl. mort, neunieberl. der moord, altfrief. das morth, mord, angelſächſ.
das mord (eig. = Tod u. Berberben, dann au Zobflinde), altnorb. da mord
(= heimliher Todſchlag), neben bem mittelfi -ar weiter abgeleiteten, aber älteren
goth. das maürhr, ahd. das mordar (?), angeljädf. das mordor, mordur (beides
auf = Todſünde). Das Wort, zunächſt Ausdrud fiir heimlichen, ehrloſen Tob-
lag, ſtimmt der Lautverfhiebung gemäß, überhaupt buchſtäblich mit lat. die mors
(Ben. mortis) = Tod, welches, wie das hier noch zu vergleichende gr. -brotds
(-Booröc) ftatt und aus morts (uoo-rö6-c) = ſterblich, zurückführt auf bie
Sanffritwurzel mri (mr) = flerben, lat. möri, litthau. mirti (Wurzel mir), alt=
flaw. mrjeti, — fierben. Das Verbum morden if mittelb. morden (Köpke’s
Passional 842, 19. Poc. theut. von 1482 BI. v6Pf.), au mho. morden (5. ©.
Nibel. 1887, 6. Berthold 289.) ftatt (bes nur noch felten vorlommenben) mürden,
ahd. murdan (Diut. I, 254*), woneben altfrief. mörthia, mdrdia und, von jenem
goth. maürbr zc. abgeleitet, das gleichbeb. goth. Verbum maüärbrjan, ahd. murdran.
Mörder iR mhd. ber mordære, mördser, morder (3. B. Nibel. 1528, 7), welches
fiir das abb. der murdrdöo, goth. ber maürbrja, angeljähl. der myrdra (vom
Teufel), abgeleitet von jenem goth. madrpr 2c., ſich bildete, wonon Mörberin,
mbb. mördsrinne, mörderinne, mörderin; aber für mörberifch, nad) ver Mitte
bes 15. Jahrh. mörderisch (Chroniken d. d. St. 817, 4f.), gilt um 1100 unb
fpäter mordisc (Genesis 54, 89), mordisch, für mörberlih mb. u. mittelb.
mortlich d.i. (nur noch altertblimlich) nhd. md rd Lich mit dem bavon abgeleiteten mhd.
Abo. mortliche, — das Adj. mortlich mit Mord zufammengefebt, wie jene® mordise
von Morb abgeleitet. Der Ausruf über Mord und dann Angfl- und Nothruf
mordio, welde® mordiö erſt im 16. Jahrh. in der Zimmerifhen Chronik
I, 15, 14, bat biefelbe Bilbung wie feurio ober feuerjo (f. db.) und lautet in
älterer Zeit mordajö (Hugo von Montfort bei Lexer mhd. Handwtbch I, 2204),
mördejö (Grimm Gramm. II, 219), bei Keifersberg (Voſtill DU, BI. 17)
morden io, im 15. Jahrh. auf mordigauw (Wadernagel altb. Leſebuch
1168, 18); im Mb. würde man mordA! gejagt haben, woflir aber bloß mort
als Klage- und Alarmruf vorkommt. Morbbrenner iR mbb. der mort-
brenner, mitteld. der mörtburnere ; morbgierig mhbb. [doch nicht ganz ficher]
mortgirec, früher mortgir (vgl. Gier Anm); Mörbergrube im voc. theut.
von 1482 BI. v6° mordergrüb, fur; vorher in umeigentliher Zufammenf. bie
mördersgrüb, fonft auch bloß bie mortgrübe, mbb. die mortgruobe, — Höhle ale
Aufenthalt von Mördern; Mordthat erfi im 17. Jahrh., im welchem 1691 bei
Stieler Sp. 2853 Morbtaht, angelfächf. die morddsesd, altfrief. bie morth-,
morddöd.
bie More, Pl. —n: Furcht, Angſt. Stupentifch.
Aus der Gaunerſprache, melde das Wort aus hebr. ber märk (ni) = Furcht
aufgenommen hat.
Morelle — Morgen 135
t die Morelle, BL. —n, eine Art großer ſchwarzer over buntel-
rother faurer Kirfchen ; die Herzkirſche, zunächſt die ſchwarze.
Bei Boß Iyr. Ged. III, 82, aber fon 1691 bei Stieler Sp. 2477. Bon
ital. mordllo = ſchwarzbraun, altfranz. morel (jet moreau) = mohrenfarbig,
weißes von wmittellat. mörus = mauriſch, ſchwärzlich, d. 1. lat. maurus == maurifch,
maunritaniſch, abgeleitet iR. Alſo weder eins mit Amarelle, noch aus bem
daraus gefürzten Marelle (f. d.).
morganatifch, Abj., in: die morganatifche Ehe — die Ehe
durch Trauung an bie linfe Hand bes Mannes,
b. h. die mit einer nit Ebenbürtigen eingegangene Ehe, aus welcher bie Kinder
ben Ramen ber Mutter führen und im eigentlihen Hanserbe des Waters oder
auch im Lehen nicht folgen Können, urjprüngli) eine "Ehe auf (bloße) Morgen-
gabe, mittelfat. matrimönium ad morganäticam. Diejen Ausbrud, bie
morganätica nämlich, mittel der lat. Ableitung -Aticus, -Atica, -Aticum, abge»
feitet von ahd. der morgen = Morgen (f. b.), bildeten bie Lombarben bes
Mittelalter flatt morgincap, morgincaph Morgengabe (j. Morgen), und
aus ihm haben wir, wol er im 18. Jahrh., unfer morganatijd. Bol.
Grimm Rechtsalterthümer S. 439.
ber Morgen, —s, Pl. wie Sing. :’ Anfang des Tages, befonders mit
Sonnenaufgang; bie Tageszeit bis zum Mittage; Gegend des Sonnen»
anfganges, Oft. Die davon gebildeten Adverbien und Zuſammen⸗
fegungen fieh nachher. des Morgens, eines Morgens, adver-
bialifch ftehender Gen. Sing, f. morgens. „bi8 an Morgen“
(SötHe VIIL, 161) wobei ber Artikel den in an verichludt fit.
heute Morgen = an dem Morgen des heutigen Tages.
Mhd. der morgen, ahd. ber morkan [flatt mör-ak-an ?)], morgan, fpäter
morgin, morgen, altjädhf. ber möragan, morgan, morgen, angelſächſ. ber morgen,
goth. (aber mit ber Ableitungeſilbe -in) ber mafrgins, altnord. der morginn,
(mit -un) morgunn, altfrief. zufammengezogen ber morn, alle in den beiden erfien
Bedeutungen. Nicht ohne Grund vermuthet 3. Grimm Mythol. 709 Zufammen-
bang mit goth. maürgjan (= ſchneiden?) in gamafrgjan = abtürzen und denkt
an das Anbrechen des Tages, das gleichſam ſchneidende Eintreten des Tageslichtes.
Oder ift hierbei, da die alten Deutihen nah Nächten zählten, vielmehr ber Begriff
bes Kürzens ber Naht herbortretend ?
ver Morgen, —s, BL wie Sing. : größeres Maß fir Bobenflächen,
welches nach ven einzelnen Staaten verfchieben ift,
3. B. in Brenßen 180 rheinlänbifche Quadratruthen, feit 1817 im Großherzog⸗
ihum Heſſen 400 Quadratklafter (die Quadratklafter zu 100 Dnabratfuß ge-
rechnet) ce. Mhd., mittelb. u. nieberd. der morgen, ahd. ber morgan (Pl. bie
morgand, moregan& d. i. möragank), iſt das im vorigen Artilel behandelte ber
Morgen und beventete urſprünglich wol foviel Land, als man mit einem ®e-
fpann in einem Morgen, aber dann foniel als man mit jenem in einem Xage
pfiligen Tonnte, weshalb aud das Wort, wie bie Gloffe „[fat.] jügerum, iock
[30&] vei mörganf“ (gl. Aor. 982°) zeigt, gleichbebeutend mit Joch Landes
vorfommt und in feiner Bebentung als Feldmaß auch mittellateinifh durch
jarnälis, jornflis (aus diurmälis, vgl. Sournal) wiedergegeben wird. Genauere
Beſtimmungen des Maßes treten erſt allmählich ein.
—
136 | morgen — Morgenland
morgen, Ab. : an dem nüchftfolgenden Tage nach dem gegenwärtigen.
übermorgen f. den eignen Artikel; Heute Morgen, |. Worgenl.
Mhd. morgen, gekürzt durch Ausftoßung (aus dem urſprünglicheren mörgene,
dann auch durch Zuſammenziehung morne, ferner morn [nod) wetterauiſch moarn],
ahd. mörgane, mit der allgemeineren Bebentung (wie fram. l’endemain b. i. le
en demain) „am folgenden Tage”, ift abverbial gebrauchter Dat. Sing. des mhd.
Sub. der morgen, abb. morgan (f. ber Morgen 1); altworb. biefer Dat.
morgni, zuſammengezogen morni, — frühmorgens. Pleonaſtiſch Kebt, im Ber⸗
geſſen der eigentlichen Bedeutung, im Iwein 4721 „morgen an dem nsehsten
tage.“ ©. auf Übermorgen.
mörgend, Abj., in Beziehung auf den Tag : auf den gegenwärtigen
Tag nächftfolgend. Z: B. ter morgende Tag, die morgende Feier,
bie morgende Bolt ꝛc. Abfolut ftehender Genitiv ift morgendes
Tages [ähnlich Heutiges Tages, f. heut].
Bereits bei Luther (Sprüde 27,1. Matth. 6, 84) morgend. &s if bas
ſchon in zwei Bocabularen des 15. Jahrh. (ſ. Diefendach glossar. unter dem lat.
Worte ordstinus) ald Adj. gefegte Abo. morgen mit bloß angetretenem, alfo
unorganifhem d, welches fih überhaupt gern mit n verbindet (vgl. jemand, nie-
mand zc.) und bier felbf bei dem Subſt. in wetterauiſch der Moarjend (Morgenb)
neben ber Moarje (Morgen) gehört wird. Für dieſe Entſtehung ſpricht auch das
von morn, morne, — morgen (f. b.) gebildete, von Dasypödıus 8854 verzeichnete
morndig in „obermornbig“ und mit comparativifchen «er ebenbafelbft mornderig
— morgend. An Kürzung von morgenende, dem Participium des PBräfeus von
mhd. morgenen, im 12. Jahrh. morginen, — Morgen, Tag werben (Diut. IL,
298), ift Schwerlih zu denken. Das alte Abj., welches durch mor gend verbrängt
wurde, war ahd. mörgenig (bei Notker Boeth. ©. 278, 260), und felb noch bei
Serrämus dietionär. BI. e8? flommt morgenig vor.
morgenplih — dem Morgen angehörenp, ihn betreffend.
Statt morgentlidh, wie namentlich, orbentlich zc. zeigen (f. X). Mit
eingetretenem, alfo unorganifdem t; denn das Wort it mıhb. morgeulich [wovon
bas mhd. Adv. morgenliche, unfer nhd. Abo. morgenblich], ahd. morganlih,
zufammengef. aus ahd. der morgan Morgen 1 (f. db.) unb ahd. Un -Ti (f. d.).
bie Morgengabe, BL —n: das anfehnliche Gefchent, welches ber
Mann am Morgen nad der Brautnacht (dem Beilager) der jungen
Frau (als pretium oder mAnus virginitätis) zu eigen gibt, gleich-
viel ob vorher bedungen over nicht.
Mhd. die morgengäbe [auch Geſchenk der Frau an ben Mann], mittelnieberb.
die morgengave; aber langobarbifh mit kurzem a (und alfo der zweite Theil
ber Zufammenfegung dem Ging. des Prät. von geben entiprofien) morgincap,
morgincaph, ahd. mit bem älteren göba (j. Gabe) bie morgangöba.
das Moͤrgenland, —es, PL. Morgenländer, zuerft in ber Bibel
(Matth. 2) : dem jübifchen Lande (Baldftina) gegen Morgen (Dften)
liegende Land. Dann bei uns : das außereuropäifche Land gegen
Morgen (Often), die afiatifche Türkei, die Levante (Hulsius 9%),
ber Orient.‘ Davon : ver Morgenlänber, wovon bie Morgen-
länderin; möorgenlänpifc.
Morgenlicht — morſch 137
v6 Mörgenlicht. bie Morgeniuft. ver Mörgenregen =
frühmorgens fallender Regen. das Morgenroth, hervorgegangen
ons dem Abj. morgenroth, wovon abgeleitet die Morgenröthe.
Aufammengef. mit ver Morgen 1 (f. d.).
Morgenlidht iR mhd. u. mittel. ba8 morgenlieht, ahd. das morganlioht,
angelſtichſ. das morgenledht; Morgenregen (ac. 5, 7) angelſächſ. der morgen-
-rögn (?), -ren (f. Regen); ba8 Morgenroth, mhd. n. mittelb. ber u. (felten)
da8 morgenröt, fpät-ahb. Der morgenröt, als Subflantiv hervorgegangen aus bem
noch üblichen Abj. morgeuroth (Göthe V, 189), ahd. (bei Notker Boeth. ©. 58, 64)
mörgenröt; Morgenröthe mhd. bie morgenrote, ahd. bie morgenröti (?), wo⸗
neben mit nit umlanutbanrem Ö6 mhd. die morgenröte (?), fpät-ahd. morgenrötd,
mittelb. morgiuröte.
morgens, ber Gen. Sing. von Morgen als Adv. Ebenfo ſteht ab-
verbialifch des Morgens, eines Morgens.
Schon mhbb. mörgenes (?), morgens als Abv., mit eingetretenem d und zuſam⸗
mengezogen morndes, ingleidhen mbb. ddäs morgens des Morgens, gekllrzt durch
Anlehnung des Artikels smorgens [noch wetterauifä], ahd. däs mörganes.
vr Morgenfegen, —s, Pl. wie Sing. : Morgengebet. ver Morgen»
tern, —s, PL —e : der Planet Venus als vor Sonnenaufgang
leuchtender Stern; Streitfolben mit (den Strahlen der Venus ver-
gleihbar) hervorftehenden Nägeln und Spigen. die Morgenftunde.
ver Morgenwind. die Morgenzeit. |
Morgenfegen iR das gleihbeb. ımbb. ber morgensögen (vgl. Segen);
Morgenftern mh. der morgenstörne, -störn, -större, angelfädhl. ber morgen-
steorta; Morgenſtunde mhd. die morgenstunde, altfädjf. Die möraganstunda,
weldhe beide auch f. v. a. Morgemzeit. Morgenwind — Oftwind, am Morgen
früh wehender Wind, erfi uhd. wie benn 3. B. 1678 bei Kramer teutfch-ital.
Bortb. 785° in ber Ber. Oſtwind. Morgenzeit if altiähf. bie morgantid,
angelſächſ. Die morgentid.
morgig = morgen. Ein fehlerhaftes Adj.,
da wir hochdentſch der Morgen (f. d.), nit der Morge oder Morg fagen.
Es iR zuerk von Steinbach (1734) I, 77 verzeichnet und kam im 15. Jahrh.
anf, aus welchem, freilich äußerſt jelten, bei Diefendach nov. glossar. 117° morgig
neben 1466 „mornig“, mıhb. mornig (?), mörnig, vollfändig mörgenic (?), morgnig,
biefe von morgen (j. Morgen 1), jene, nämlid mormig, mörnig, von dem
aus morgen (f. d.) zufammengezogenen morn. Das Abi. morgig trat ein,
als das richtige morgenig (ſ. morgend) im Schwinden unb Erlbſchen war.
Das Adi. morgig auch = einen Morgen enthaltend, wie benn 1716 bei Lud⸗
wig Sp. 1265 „ein morgiger Ader“ verzeichnet if.
f Moriz, gewöhnlich mit unnöthigem 8 Moritz, Mannsname,
Uns lat. Maurftius, Maurfcius, wol urjpr. = ber Duntlelfarbige, von lat.
(ber) Maurus = bunlelfarbiger Bewohner Rorbafrila’s, Maure, Mauritanier
(ſ Rohr 1). — Bon Moriz ber Frauenname Morizine. .
Tder Mornell, —es, BI. —e, eigentlich bie Mornitte, BL —n:
ber Riebig; eine Art Negenpfeifer.
Aus dem gleichbed. fpan. ber morindlo. Geht bieß auf moro = mohriſch zurlid
md if der Bogel von feiner dunkeln Farbe benannt?
morſch = in Fäulnis ſich von einander gebend.
138 mörfeln — Mörtel
1641 Bei Filip Zefen Helicon II, BI. M. 4 mit dem urfprünglicen Vocal n
murjd, 1482 im voc. theut. Bl. t6* „mar, murb [j. mürbe], mursch oder
peydper [beißbar], [fat.] mörsilis*, 1691 bei Stieler Sp. 1291 mors und
miles; denn nieberd. murs u. mursch, neunieberl. in ber Volksſprache mors.
Vergleicht man das mhb. Adj. murc, murch, = morſch (Ottocar 218"), binfällig
(ebenda 88°. Wolfram Willehalm 28, 5), fumpfig, verfumpft, ahb. murg =
turʒ (Notker Boeth. ©. 64, 71), bieß aud) in murgfari = vergänglid, hinfällig,
von welchem murc, murg 1482 im voc. theut. BI. v7“ morckeln — quetſchen und
das isfänd. Adj. morkinn, jhweb. murken, = faul [moneben i8länd. morkna, ſchweb.
murkna, = faulen, morfd werben], ſowie dann das mit jenem ahd. murg, eig. murc (?),
b. i. goth. maürgs (?), zufammengebörige mit ga- (nhb. ge-) zufammengefette goth.
gamatrgjan = ſchneiden (?), kürzen, ablürzen (f. der Morgen 1), ferner islänb.
murtr = frz, gekürzt (abgefchnitten), mıhb. ber murz = Stummel, ahd. murs
[in märzilingän = gänzlich, entſchieden), fo fieht man fih auf Ableitung von
einem nicht mehr nadzumelfenben, wie gebären zc. biegenben gothiſchen Wurzel⸗
verbum mairan (Präf. ich maira, Prät. ih er mar, wir mörum, Bart. matrans),
ahd. möran (?), geführt, von befien Präteritalform (mar) und Participialform
(maür) bier bie fi fo nahe berlihrenben Abjective ahd. märswi, maro, = zart,
weich, mirbe, und ahd. märuwi unfer mürbe (f. d.) ſowie jenes vorhin angegebene
erfi 1482 vorkommende mursch abgeleitet find. Merkwürdig bleibt, baß neben
jenem ſchwed. Abj. murken noch ein mundartlich⸗ſchwediſches Adij. mursken jowie
neben dem ſchwed. Verbum murkna ein munbartlich-[hmweb. murskna fi findet
(Bietz 448°), aljo mundartlich⸗ſchwediſch zwiſchen r und k noch ein s auffeigt. ©.
and die Anm. zu Mörfer.
mörfeln = im Mörfer zerftoßen. Göthe XL, 349.
Abgeleitet von der Mörfel, welches aus Mörfer (f. b.).
der Mörfer, —s, PL. wie Sing. : halbkugelartiges ꝛc. tiefes Gefäß
aus Metall ober Stein, um barte Körper mittelft einer Keule (des
Stößers) darin zu zerftoßen; [dann im Nhd. auch :] einem Mörſer
ähnliches kurzes grobes Wurfgefchüg.
Mhd. der mörssere (?), morsser, morser, mörser, und mit Erweichung des
auslantenden r in J mörsel [noch wetterauiſch, aber mit i= mhb. U, der Mirschel
d. i. nhd. bei Alberus der Mörfel], morsel, ahb. ber mörsari, mörsali, fpät-ahb.
mörsare u. mö6rsssre, mit feltenem s im Althochdentſchen Ratt g, ber Berſchiebung
bes t (fieh f), denn urſprünglich ahd. mörtari (Diut. I, 588%), angelſächſ. ber
mörtere, aus bem gleichbed. Tat. das mortärium (mittellat. and) der mortArius)
entlehut, welches wir außerdem noch in ber Mörtel (ſ. d.) haben. Die Beb.
„grobes Wurfgeſchütz“ zuerft bei Beheim (+ nach 1474) Buch von den Wienern
©. 68, 11, mo „ör wag (lie was war) dör mit döm morser warff“; and) lat.
mortärium als Wurfgefchlig findet fih im 15. Jahrhundert. Das ältere nhb.
Berbum mürfen (bei Maaler 515° germürfen), im 15. Jahrh. mürsen
(Beheim Buch von den Wienern ©. 128, 20), nieberb. murten (bremiſch
Witbech II, 206), = in einem Mörfer zerftoßen (fo bei Beheim), zerfiampfen,
zermalmen, zerreiben, gebört zu unferem Mörfer, nicht zu morſch, zumal ba
au für Mörtel (f. d.) im Nieberb. bloß murt gefagt wirb und 1482 im voc.
theut. Bl. v8* ber mmrsekolb = Mörſerkeule neben der morser vorlommt.
ber Mörtel, —s, Pl. wie Sing. : mit grobem Sande vermifchter
Mauerkalk. Vgl. Cement (auh = Mörtel) und die Speife 2.
Mörteltelle — Moft 139
Mit ans r erweidhten 1; aber noch im 16. Jahrh. dee mörter. 1482 ber
‚mortel oder morter* (voc. theut. BI. v7*), mbb. ber morter, auch murter,
wer im 11.—13. Sahrh. der mörtere (Sumerl. 8, 66), morter, nieberb. (ge-
firzt) murt, aus fat. daS mortärium = Mörfer (f. b.), bann (megen ber Ahn-
fihleit u. dgl.) die Mörtelpfanne und fofert der Inhalt derfelben d. i. umjer
ver Mörtel. — ©. Mörfer.
vie Mörteltelle (f. Kelle), bereits bei Dasypddius 251°.
das Mos, f. Moog 1 und 2.
fdie Moſaik (fprid Mosaik, aber gewöhnlich Mossik betont) : ein-
gelegte Bilpnerei von bunten, mittelft eines feinen Kittes verbundenen
Stein-, Glas⸗ oder Holzſtückchen.
Mofait ir wolerf im 18. Jahrh. (f. Mufinarbeit) aus franz. die mossique,
ital. der musdico, fpann. u. portug. mosdico [feit Anfang des 14. Jahrh. aufge-
fommen], nah Diez Wibch I, 285 entflellt aus dem gleichbedeutenden gr.-Iat. das
musivum, gr. das museion (uovceiov), dem fubftantivifch Rehenben Nentrum bes
gr. Adjectivs museios (uovoeioc) — den Muſen [gr. die Müsa (Movce) Rufe, e,
ſ. d.] und den ihnen gewibmeten Klinften angehörig, fie betreffend.
ver Möſch, —es, Pl. —e : der Sperling. Am Niederrhein.
Bol. Müller u. Weit 158f. Im 15. Jahrh. kölnifch der musche (Frommann
I, 446°), auch im 14. Jahrh. nieberrheinifcö der musche (f. Lexer mhd. Handwtbch
I, 2257), neunieberl. Die mosch, mos, urfpränglidher musch, mittelnieber!. musche,
1475 cleviſch (im Teuthonista) musch, mittelnieberd. und bier ſchon im 11. Jahrh.
musche (hor. beig. VI, 255°. VI, 30°. GL jun. 268). Das Wort if auf lat.
die müsca = Fliege (f. Müde) zurüdzuführen, welches bier ähnlihe Anwendung
findet, wie Mücke in Graſsmücke (f. d.).
vie Möſche, Pl. —n : Kuh, insbeſondere die noch unträchtige junge.
Nur mundartlich, beſonders ſchleſiſch, wo die Musche, Mutsche ıc.
T die Mofchee (fprich Mosche), Pl. —n (Zfilbig) : muhamenanifches,
türkiſches Bethaus, muhamedaniſcher Tempel.
Früher, z. B. 1716 bei Ludwig Sp. 1267, bie Mostee. Aus dem gleichbed.
franz. die mosqude, ital. Die mosohéa, welches aus arab. mesdjid (ſprich mesdsohid)
= Anbetungsort, von sadjada (ſprich sadschada) = fih bücken, anbeten.
der Mofhus, duch alle Eafus unverändert : durchhringenn und
nervenſtärkend riechender bider Saft aus dem zwijchen Nabel und
Vorhaut befinplichen Sade bei dem Männchen eines gewiſſen Thieres,
welches daher das Mofchusthier genannt wird. Bol. Biſam.
1716 bei Zubwig Sp. 1366 ber Moſchus, im 17. Jahrh. der Muſeus,
ans mittellet. der moscus, moschus, im 4. Jahrh. musous, weldes aus bem
gleichbed. perſ. muschk [arabifh und türkiſch ſagt man misk); biejes aber fommt
aus fanffe. der muschka(s) = Hode. Das Mofchusthier nämlich, von weldem es
in einem von Laſſen beigebrachten altinbifhen Berſe heißt, man töbte e8 wegen
ſeines Hobenfades, führt im Sanfte. ben Namen das pütjanda(m) = Geſtankhode,
welches zuſammengeſ. aus die püti(s) = Geſtank unb das andalm) = Hobe, Teflikel,
und der Moſchus ſelbſt wird in berfelben Sprade der andascha(s) = „von ber
Hode erzeugt“ (dscha = erzengt) genannt.
ver Moft, —es, ohne BL. : aus Trauben oder Obft geprefter Saft,
welcher durch Gährung zu Wein wird.
140 Mofrid — Mött
Mhd. der most (PI. möste, möst), nur in dem äußerſt feltenen mhd. bie
muostmösse = Herbſtmeſſe auch ber muost, abb. ber most aud == unvermiſchter
d. h. nicht mit Waffer vermiſchter Wein (gl. Frab. 969P), angelſächſ. must, alt-
nord. die must, aufgenommen aus lat. das mästum, das im Gedanken an vinum
— Bein ſubſtantiviſch ſtehende Neutrum bes lat. Adj. mästus = jumg, nen, friſch,
ungegobren.
ber Moftrich, —es, BL. — : Moftfenf d. h. mit Moſt angemachter
Senf.
Nachbildung des ital. (m. prowenzal. wie portng.) bie mostärda, franz. bie
moutarde, von lat. ba8 mustum Moft (f. d.). Treuer bem fremden Worte blieb
mbb. der musthart (ZLiederSaal III, 497, 81), fpäter auch mostert, holſteiniſch
mosterd, mittelnieberb. mostart, nieberl. der mostaard, mosterd, mittelnieberl.
(Dis. II, 229°) und 1475 eleviſch (im T&ushonista) mostart, uhd. noch 1678 bei
Kramer tentſch⸗ital. Wortb. 785* ber Mofart, 1716 bei Ludwig unb im 19.
Jahrh. dee Moftert.
+ bie Motette, PL. —n : Singſtück urfprünglich mit Zugrunvelegung
eines Bibelfpruches.
1728 bei Sperander 890° bie Moteta, von.einer befonberen Aftimmigen Muſik
durch verſchiedene Inftrumente, ſchweiz. 1566 bei Tat. „versus, Ein mutet ober
gſang“ (Frisius 1866°) und danach die Mutet (Maaler Bl. 296°), aus ital.
der mottätto, welches das einen Kirchengeſang bezeichnende und auf mittellat. das
muttum, ital.’ ber motto (f. Motto) zurlidgebende mittellat. das motetum if.
In dem t flatt tt fcheint fi unfere übliche Schreibung an bie franz. Form ber
motet anznfchließen. |
+ die Motion (fprih Moziön), ohne BL. : Leibesbewegung; das Hervor-
gehen des einen Gefchlechtes aus einem andern bei ben Wörtern durch
eine Anderung und Erweiterung,
3. B. wenn Henne von Hahn, Königin von König 2c. abgeleitet wirb ober das
Adjectiv zur Bezeihnung des Geſchlechtes -er in ⸗e, ⸗es wandelt, wie guter in
gute, gutes 2c. — 1782 bei Sperander 890f. bereit6 Motion in der erfien Beb.,
aus dem von mötum, bem Supinum bes lat. Berbums mov&re — bewegen, ab-
geleiteten Tat. die mötio = Bewegung.
das Motiv, —es, —8, Pl. — : Bewegungsgrund, Beweggrund,
Antrieb, Triebfeder. motivieren.
Motiv, 1728 bei Sperander 891* die Motive mit dem BI. bie Motiven,
auch 1694 bei Nehring 598 „eine motive“, iſt, mie das franz. ber motif, ital.
der motivo, aus mittellat. da8 motivum == Urfadhe, Antrieb, welches das ſubſtan⸗
tivifch gebrauchte Neutrum bes mittellat. Adj. motivus = Bewegung verurſachend,
aufregend, anreizend, abgeleitet von lat. bie mötio = Bewegung (ſ. Motion). Bon
jenem motivus aber if abgeleitet ital. motiväre = erwähnen, fram. motiver =
mit Grlinden belegen unb unterftligen, begrlinden, unfer motivieren.
das Mött, —es, BI. —e (unmittelbar nach einer Zahl bloß „Mött“):
ein nach den Gegenden fehr verfchievenes größeres Getreive- und über-
haupt Trodenmaß. Auch ein Flüffigfeitsmaß.
In Bayern das, and) der und die Mutt (f. d.). In ver Schweiz base Mütt
(Frisius 827* u. danach Daaler Bl. 295*), mhb. das mütte, mutte, gekürzt müt,
mut, auch der mütte (?), mutte, müt, mut, ahb. das (ber?) mutti, fpäter mit Ab⸗
ſchwächung bes ĩ zu e mutte, auch ber mutto, altfüchf. das muddi, mittelnieberl, mudde,
Motte — Mude 141
neunieber!. die mudde, mud, angelfädl. mit i Matt y al® Umlaut bes u ber mitte,
woraus mittellat. die mitte, metta, meta. Aufgenommen, aber im Kockbentfchen
mit regelrechter Fortſchiebung des d im t, aus lat. das mödium, ber mödius,
= (befimmtes) Getreidemaß, Scheffel, welches von ber möddus Maß (f. Maß)
abgeleitet if.
bie Motte, Bl. —n : (wollenes) Zeug, Pelz, Getreide zc. zernagenve
feine Raupe (tinea), fowie [im 17. Jahrh. dann :| der aus ihr her-
vorgegangene Meine Nachtfchmetterling.
Bei Auther (Matth. 6, 19.) Die Motte, 1483 bie motten (Eychman BL. v6*),
1482 die mott (voc. theut. Bl. v7“, wo „mott oder schab“), in ber erfien
Hälfte des 15. Jahrh. die mothe (Diefendach glossar. 584°), 1417 mutte
(deffen nov. glossar. 865°), 1421 am Niederrhein matt (ebenda). Ins Hod-
dentſche eingebrungen aus mittelmieberl. bie motte, meunieberl. bie mot, womit
engl. moth, angelfädf. die modde (Grem Sprachsch. I, 261) eine ifl. Ahd. der
motto = lat. rancor, ranziger Gerud) (Graf IL, 679), gehört nicht hierher. Der
mittelhochbentfche Ausdrud für die Motte war die milwe, ahb. bie miliwa, unfer
Milde (f. d.), der gothifche die mals (Matth. 6, 19f.), beide vom Zernagen her⸗
genommen. Die Wurzel von Motte ifi bunte. Mit Made (f. d.) findet feine
Berwanbtfäaft ſtatt, und das anſcheinend für eine ſolche ſprechende ahd. der modo
(Graf IL, 658) if als eine durch Lautangleichung (a zu 0) entflandene Form von
ebd. der mado Made (f. d.) anzujeben.
fdas Motto, —8, Bl. —'8 : Sinn-, Denk⸗, Wahlipruch.
Das gleichbed. ital. ber motto, aus mittellat. dba muttum == Wort, abgeleitet
von fat. mutire, muttire, = mudfen, leife reden, aber im Dittellat. motire =
erinmern, erllären. Übrigens find mit motto eins und basfelbe das franz. ber
mot = Wort, Spruch, provemal. der mot = Wort, Spruch, Vers, fpan. u.
portug. der mote = geheimnisvolle® Wort.
bie Move, gleich M eve verwerfliche, aber die Möwe gewöhnliche Schrei-
bung ftatt Mewe (f. d.).
müchſen, üblicher aber mudfen (f. d.).
Jenes muchſen z.B. bei Ramler Lihtwers Fab. S. 118, Leſſiug hamburg.
Dram. L, 406 (51. Stüd), Weiße fom. Op. II, 6; aud 1727 bei Aler ©. 1411*
muchſen. Mit f fatt 3, denn bas Wort lautet eigentlich muchzen, welches
ſchon bei Maaler BI. 2934 brilllen oder brummen bebeutet, vom Rindviehe, vor-
ber hei Arisius 848? „das mucht zen“, 1466 muchzen (Diefenbach nov. glossar.
358%), 1420 mitteld. muchozin (Schröer vocabulär. &. 24°, 1752), ahd. mühhas-
an (?), mittelſt mhd. -z-en, nhd. ⸗z⸗en (f. »zJen) abgeleitet von muhen (f. d.).
müczen, f. müffzen.
ver Muck — vereinzelter fchwacher Laut, den die Stimme halb unter-
brädt hören läßt. Erſt im 19. Jahrh. Von muden (f. d.).
die Mude, BL. —n: weibliches Schwein, Mutterſchwein.
Auch Mode. Am Mittelrhein, auf dem Wefterwalb, in der Wetterau und fofort
bit Herefelb, in Kranken 2c. bie Muck; 1550 bei Alberus dietionAr. Bf. x1* (bie)
mud, 1469 mittelrheintfch die moyg (voc. ex quo) b. i. mog, in einem voc. ex
quo vom Jahr 1477 mock (Diefendach glossar. 447%). Der Name, moflir
nieberl. die mot, motte, 1475 clevif (im Zeutkonista) mutte gejagt wirb, ſcheint
urſprunglich keltiſch, dem aälifh muc = Schwein, welſch moch. 1888 in ber
Dreieih mit ber Ableitungsftibe -in bie mükin (Weisth. VI, 898, 18).
142 Mude — muden
die Mude, BL. —n: unfreunpliche, eigenfinnige, auch verſteckte Laune ;
Anfall närrifcher, übler Yaune ; [bilnlich f. v. a.] Schwierigfett,
3. B. „es bat Muden (damit)“ bei Räblein 64%. Wie Brille (ſ. d.) =
„wunderlicher Einfall” bildliche Auwendung bes Thiernamens ift, fo ſcheint au
Mude der Infjectenname die Müde (f. db.) in der umlautlofen Korm zu fein,
zumal ba fon im 16. Jahrh. „Leuss im Beltz, vnd Mucken im Kopff*
vorfommt; aber bieß kann nur als Wortfpiel gelten und jenes als bloßer Schein.
Denn die niederb. Form die Mude if nicht, wie für Müde (f. b.), bie mugge,
mügg, fonbern bie muke (f. brem. Wtbch II, 196), mucke (Schambach 189*),
welches mit aller Wahrſcheinlichkeit das mhd. die muoche in „W& was hAt Er
muochen!* bei Neidhart 81, 31, wo in ber dem Ende bes 18. ober bem An-
fange bes 14. Jahrh. angehörigen Riedegger Handſchrift „mvechen“ d. i. muechen,
und in ber aus Sübbeutihland ſtammenden Berliner Handſchr. Nr. 779 des 15.
Jahrh. mucken b. i. eig. mittelb. müken. Wol gieng unfer heutige u in dem Wort
aus mittelb. A hervor, und Moriz Haupt zu der Stelle erllärt, mit Hinweifung
auf unſer „Muden im Kopfe“, treffend „Einbilbungen”, wobei er Herkunft aus
dem Slawiſchen vermutbet, denn „von dem flowenifhen muha unb bem böhmifchen
maucha (mährifh mucha) werben bie Plurale muhe und mauchy gerade jo ge-
braucht”, aber dem böhm. die maucha zc. —= Fliege ſteht Mude fern.
die Müde, Bl. —n, das bekannte geflügelte Infect mit ftechendem
Saugrüffel, Tangem fchmalen Leibe und langen Beinen, [fat.] culex.
Am Ober- u. Mittelrhein wird die Fliege fo genannt, dagegen bie eigentliche
Müde Schnake (f. d.). Bayer. u. üflerreid. die Mugken, Mucken in obiger
Beb.; bei Luther (Matth. 23, 24) die Mude, 1482 die mugk, mbb. die mucke,
mücke, muke, müke, mugge, mügge, abb. bie muccä u. mucca, mukke,
mucke, muca, muke, mucge, mugg& u. auch mugga, jpät mugge flatt muccia (?),
muccja (?), beffen zu der ahd. Zeit bereits unterbrüdtes i, banu j nod in dem
fpäteren Umlaut nachgefühlt wird, altfächf. deutlich mit jenem i die muggia, nieberb.
die mugge, mügg, neunieberl. bie mug, angelſächſ. mycg, altnorb. bag m$ (=
Bremfe). Urvermanbt find ber Lautverfiebung gemäß altjlam., ruff. u. poln. bie
mucha, böhm. maucha, — Fliege, und dann dem Anfeben nad ſanfkr. bie
makschikA, in ber Zendſprache makhschi, lat. bie musca (mit Ausfall eines c
ver sc), gr. bie myſa (uvic), — Fliege.
muden : einen balblauten, vereinzelten Ton ausſtoßen (2 Mof. 11, 7);
in balblautem Tone und misvergnägter Geberde heimliches Murren
äußern (vgl. Voß zu Sp. VILL 134). [ih muden = ſich aud
nur den geringften Laut, die geringfte Bewegung in Beziehung auf
etwas erlauben. Davon : ver Mud (f. d.); ver Muder (f. d.),
wovon die Muckerei und vie Muderin; mudtifc.
Das Berbum muden 1540 bei Alberus dictiondr. Bl. x 1«, 1691 bei Stieler
Sp. 1260 ebenfalls muden, 1668 bei Schottelius HaubtSprade 8.1366 m ukken
(= heimlich reden), nieverd. mukken, if wahrfeinlid eins mit bem in einem
handſchriftlichen Dictionſrins bes 15. Jahrh. vorfommenden moken (Disfenbach
glossar. 869°) — brlülfen (brummen), vom Rindviehe, weldhes Wort mit k = ck
d. i. ahd. och, alfo verſtärkender Verdoppelung bes Kehllautes abgeleitet von
1478 mughen von ber Kuh (Haupt Zeitschr. L, 546, 19), zu Anfange bes 15.
Jahrh. mugen (Diefenbach a.a. D.), in dem letzten Viertel besjelben auch mügen
Bader — miübe 143
(Disfenbach glossar. 77°), bie mit jenem moken gleiääbebentend find. &. muben,
muchſen, mudfen. Das reflerive [ih mnden if niederd. sek mucken und
dad Abj. mucifch nieberb. mucksh.
vr Muder, —, BI. wie Sing. : wer mudt, heimlich Redender
(hen 1691 bei Stieler Sp. 1260). geleitet von muden (f.d.).
WVon Muder dann die Muderet und die Muderin. Jenes
Muder aber ift verfchieven von
vr Muder, —s, Pl. wie Sing. : Heimtüder ; fcheinheiliger Frömmler.
Davon : die Muderet = fcheinheilige Srömmelet; die Muderin;
muderifch.
Muder in der erfien Bed. munbartlih, 3. B. hennebergiſch (Reinwald
IL, 89), in ber zweiten bereits 1748 für franz. Tartuffe, den Eigennamen eines
Scheinheiligen, in einer beutfhen von Gödecke Grundriß ©. 547, 458 ange-
führten lÜiberfegung des Luſtſpieles Tartuffe vou Molidre (f 1678) geſetzt. Wol von
einem anzunehmenden mhd. mucken (?), ahb. mucchön (?), mucchan (?), neben
dem vorhandenen mbb. mocken = heimlich, verfledt hervorbliden (LiederSaal
I, 371, 30), fi verfiedt halten, verfedt (verborgen) fein, abb. mocchön (?).
Diefe beiden aber kommen ebenfo von einem ahd. mühhan ober miohhan (f.
Mendelei), wie ahd. zucchön, zucchan, mbb. u. mitteld. zucken, unfer zuden
(j. d.), und daneben ahd. zocchön, mhb. zocken, — rudweije beitig und wieber-
holt ziehen, von ahd. ziohan ziehen. Bgl. au das in der Anmerl. zu
Menchelei angeflihrte nieder. Adj. muik in der Bedeutung heimlich, heimtücciſch.
die Muderet, vie Muderin, f. ver Muder Lund2. muderifch,
. der Muder 2. mückiſch, ſ. muden.
ver Mucks, —es, Bl. —, was Mud (ſ. d.). Von mudijen.
1691 bei Stieler Sp. 1260 der Muds und das Berbun mudjen.
mudfen, was muden. ſich mudjen, was ſich muden.
Jenes erſte z. B. bei Herder Überfegung von Berfius Sat. 5; 1716 bei Lud wig
©p. 1267 muckſen neben muden, 1711 bei Räblein 648 mudfen, 1691 bei
Stieler Sp. 1260 mulfen (f. Munde); 1668 bei Schottelins &. 1866
mndjen = „das manl aufthun, aber keine Stimme hören laffen”, nieberb.
muksen. Mit | flatt 3 ans und Ratt 1678 mudzjen (Kramer teutid-ital.
Wortb. 785°), ahd. mäccazan in ahd. (11. Jahrh.) irmuccazan (ir- if unſer er-)
n (mit Uberſchlagen des a der Ableitungsſilbe -azan, gotb. -atjan, ini) irmukkizen
= wnden (f. d.), lat. mutire. Sieh Graf II, 655. Bon mnden (f. d.),
mbb. mucken (?), ab. mucchan (?), muchan (?), wonach jene cc in muccasan
ſtatt ch ſtünden, fitr welches jebod in ben eben dieſes mucoasan barbietenben
Quellen fonft ch flieht. Die angegebene Herkunft des Wortes bitzfte dadurch be-
Rätigt werben, baß ein vocabulär. bes 15. Jahrh. möczen (d. i. mökzen) == brüflen
vom Rindviehe (Diefenbach glosser. 77%) hat.
müde — von Mühe an Kraft niebergebrüdt und fo zu fortgefeter
Zhätigfeit unluftig; zu mehr in Beziehung worauf mit dem Gefühle
ber Beichwerfichleit ungeneigt. Davon : die Müpe (f. Müdigkeit);
müden (f. Anm.).
Das Adj. mild if mhb. müede, muode, ahd. muodi, bei Otfried zc. muadi,
fpäter muode, mitteld. müde, altfädjf. möthi, altnorb. mödr, goth. möhs (?); ob
mittel der Ableitungsfilbe ahd. -ad, goth. ab, von ahd. muojan, muohan, muon,
142 Mude — muden
die Mude, BL —n : unfreundliche, eigenfinwige, auch verſteckte Laune ;
Anfall närrifcher, übler Yaune ; [bilplich f. v. a.] Schwierigfeit,
3. 8. „es bat Muden (bamit)“ bei Räplein 64%. Wie Brille (j. d.) =
„wunderlicher Einfall” bildliche Anwendung des Thiernamens ift, fo ſcheint auch
Mude der Infectenname die Müde (f. d.) in der umlantlofen Form zu fein,
zumal ba ſchon im 16. Jahrh. „Leuss im Beltz, vnd Mucken im Kopff“
vorkommt; aber bieß kann nur ale Wortfpiel gelten und jenes als bloßer Schein.
Denn die nieberb. Form die Munde iR nit, wie fir Mücke (ſ. b.), bie mugge,
mügg, fonbern die muke (f. brem. Wtbch IH, 196), mucke (Schambach 189),
welches mit aller Wahricheinlichleit da® mbb. die muoche in „W& was hät dr
muochen!“ bei Neidhart 81, 31, wo in der dem Ende bes 18. oder dem An-
fange des 14. Jahrh. angehörigen Riedegger Handichrift „mvechen“ d. i. muechen,
und in der aus Sübdeutfhland Rammenden Berliner Handſchr. Nr. 779 des 1:
Jahrh. mucken d. i. eig. mittelb. müken. Wol gieng unfer heutiges u in dem We
aus mittelb. A hervor, und Moriz Haupt zu der Stelle erklärt, mit Hinwei':-
auf unfer „Muden im Kopfe“, treffend „Einbilbungen*, wobei er Herkunft a.
dem Slawiſchen vermutbet, denn „von dem flowenifhen muha und bem böhmu,
maucha (mähriſch mucha) werben bie Plurale muhe und mauchy gerade
braucht“, aber dem böhm. die maucha zc. = Fliege ſteht Mude fern.
bie Müde, BL. —n, das bekannte geflügelte Inſect mit ftei.
Saugrüffel, langem fehmalen Leibe und langen Beinen, [fat.: -
Am OÖber- u. Mittelrhein wird bie Fliege fo genannt, dagegen die cı
Müde Schnake (f. d.). Bayer. u. öflerreid. bie Mugken, Mucken ı:
Bed.; bei Luther (Matth. 23, 24) die Mude, 1482 bie mugk, mhb. dic
mücke, muke, müke, mugge, mügge, abb. die mucco& u. mucı
mucke, muca, muke, mucge, mugg& u. aud) mugga, jpät mugge ſta:
muccja (?), beffen zu der ahd. Zeit bereit8 unterbrüdtes i, dann j ”
fpäteren Umlaut nachgefühlt wirb, altfächf. deutlich mit jenem i bie muv-
die mugge, mügg, neunieberl. die mug, angeljähf. myeg, altnord —
Bremfe). Urverwandt finb ber Lautverſchiebung gemäß altilam., ruf r
mucha, böhm. mauchs, — fliege, und dam dem Anfehen nat
makschikA, in ber Zendſprache makhschi, lat. die musca (mit Ar m
dor sc), gr. bie myla (uvia), = Fliege. —
muden : einen halblauten, vereinzelten Ton ausſtoßen
in balblautem Zone und misveranfigter Geberbe bei r
äußern (vgl. Voß zu Op, VIIL 134). jid mud:ı |
nur ben geringjten Yaut, bie ren ai .
etwas erlauben. Deroacı : ber Wi (be); — —ı
wovon bie Dinderet unb bie er
| |
—— at Lr
Sp. 1260 eb rat nde —-
(= — =
bandſqriſtig
glosann ui 9>
v
ar — ur
mudfen, mudiez ie me - ——-
bes Abi. mudiid zer um
ver Nider, , &U rn: —
(chon 1691 ki E-: - =
Muſker aber z m = -
vr Nider, A m —
re m
nn
Davon : bie Azf::- — —
muderiic.
Ruder u er = =
DI, 89), m ber er zer -:
Sheinheiligen, = == —
füheten Überfegumg nee
einem amunchmer-e rzr 2
ug
Armen.
®-
—
bem vorhandenen mE mu -———
, 871,0, dert: — _
Diefe beiben aber Iemıpr
Meudelei), we om zum
(. b.), und baneber ze 2—
holt ziehen, ven er ı.
Neudelei anetar m
ve Muderei, m _-
. der Muderi =:
er Muds, —e 3 _
1691 bei E::- .- —
mückſen, wat m: --
Jenes erſte
Sp. 1267 meine
Stieler && —
mudſen = ze.
muksen. ir =
=
3— -
Mortb. 785°, ZZ
—
——— -
—
145
Davon
rlkommende
ener Mund,
muffen (f.
ibhangenden
Mit unſerm
ufle = maulen-
tler = maulen.
er Hälfte einer
2, mit plattem
e.
atheſius (f 1565)
um Warmhalten ber
en Baden.
doch ziemlich zahn-
{pt Bayer. (Schmeller
(bt 117), wetterauiſch;
- bennebergifch (|. Rein⸗
ich mdfele, nennieberl.
ch (wetterauiſch, weſter⸗
u. Weitz 166), — Biſſen,
ista BL. L7P) bietet ſich
der muntvol Mundvoll
‚eife haben bie Wetterauer,
voll, niederl. bie handvol,
wäbiſch Arfel (Schmid 26),
worig, faulig riechen.
Releviſch (im Teushonista BL.
ven Fastnachtspielen 865, 15.
brüdigem, bumpfiger Geruch
‚uffare — kahnig, ſchimmelig
ıiprünglideren Bebentung, bie
maulen, murren, brummen.
>54 fowie der Muffel. Das
‘3 Davon mit ge⸗ gebilvete mhb.
Murren, Murren (Neidhart bei
. 159), zeigt, und auch venezia⸗
mohino = verdrießlich, boshaft,
10
146 muffig — Muhamedaner
muffig = ſchimmelig, dumpfig und anbrüchig nach Geruch und Ge⸗
ſchmack. Bon der Muff (f. Muff 2).
mufftg — maulhängerifch, maufend, brummig, mürriſch, auch wol mit
dem Begriffe nes Verftodtfeins. Bon der Muff 3 (fl. d.).
Mit dem letzten Nebenbegriffe bei Schiller Wall. Lager 8: „So ein Süuden⸗
vater und muffiger Keger.
ver Muffmaff, —es, —, BL —e : brummiger, mürrifcher, un-
freundlicher, ftetS mit furzen Worten fcheltender Menjch.
Bereits 1691 bei Stieler Sp. 1296. Eigentlich ſ. v. a. „Einer der muffl
maffl madt, wenn er mit jemand fpridt”; alfo aus muff! dem gelitten und
als Interjection verwendeten Imperativ muffe von muffen = brummen,
murren zc., gleihfam tonnachahmend mit Spiel des Ablautes gebilbet, aber nicht
indem, wie gewöhnlich, i in a fällt lvgl. Gickgack (unter gidfen), Kliffklaff, Kling⸗
Hang, Singfang, Wirrwarr zc.], fondern merkwürdiger Weiſe u, wozu fon im
Mittelhochd. do swungelt unde sanc (Parzivä 104, 8), bie glanken
glankent (Minnes. III, 289°, 4), als Vorbilder ſich finden.
müffzen = anbrüchig, dumpfig, moberig, faulig, übel riechen. Imper⸗
fonal : es müffzt. Vol. muffen 1.
Bayeriſch muffegen (Schmeller UI, 554), mittel -egen, »zen (f. b.), mbb.
-sen, ahd. -azan, goth. -atjan (d. i. -at-j-an), von ber Muff = Schimmel zc.
(f. Muff 2). Der Umlaut (fi) Bat feinen Grund in dem j bes goth. -atjan.
Aber auch mit nieberb. ch Ratt f (ff) müchzen, 3.8. „Der Hafer war müch zend
(Muſäus phyfiognom. Reifen I, 42).
+ der Muftt, —s, BI. wie Sing. : türkiſcher Oberpriefter unb zugleich
Oberrichter. |
Das arabifhe mufti eig. — Rechtſprecher, Geſetzausleger, Weifer, abgeleitet von
arab. fata — Recht ſprechen, über Wahrheit und Recht in einer Sache mittelR
Antwort belehren.
muh, den Ruf der Kuh u. des Ochſen ausprüdende Interjection.
Myhd. (um 1370) much! in „und sol Sch dag sölb rint [Rinb) in dam dorf
gön, ... und sol frige [frei] sin und sol schrigen [freien]: much! much!“
(Weisth. L, 440). ©. muben.
+ der Muhamedäner, —8, Pl. wie Sing. : Belenner ver Glaubens-
lehre Muhameds muhamedäniſch. ver Muhamedaniémus,
Gen. ꝛc. ebenſo, ohne Pl.: Muhameds Glaubenslehre.
Muhamedaner iſt von dem Maſe. eines nenlat. Adj. Muhamedänus, Moham-
medanus ober Mahometanus (franz. Mahométan), wovon wieder neulat. ber
Muhamedanismus, Mohammedanismus, Mahometaniamus, unſer Muhame⸗
danismus. Jenes Adj. aber iR von Anhamedus, Muchammödus, Mahom-
mötus, bem latinifterten arab. Ramen bes Stifter bes nah ihm benannten
Glaubens: Muhämmed == „ber ſehr Gelobte, Rets zu Lobenbe”, dem Barticip
von himida = loben. Daher ſchreibt und betont man am richtigen bei ums
Muhämmed, gewöhnlih aber Mühameb, ganz unriätig (wenngleih am ge-
läufigſten) Mahomet, wie denn fon im Mittelhochd. (in dem Sinne eines
Gottes ber Saracenen) Mahumöte, gekürzt Mahmöte, Machmöte, MahmBt,
Machmöt üblich if, nad) franz. Mahomet d. i. jenem Mahomßtus.
Mübe — Mutle 147
bie Müße, PL. —n : beſchwerende Anftrengung. Bufammenf. : mühe,
(08; mühevolL, verkürzt mühvoll; das (und bie) Mühfel (1. d.),
mit mübfelig (f. d.); mühfam (f. d.) ze.
Mit h durch Übergang aus j, denn Mühe, gekürzt Müh (1.8. Gellert Fab.
L, 41), iR mbb. die müeje, miloge, mäe, mue, gegen ober um 1400 auch völlig
gelfirzt die mü, fräß-mbb. auch moi, mittelb. die müwe, mühe (Jeroschin 17462),
mü (ebenda 6886. 8122. 11895. Köpke’e Passional 618, 22), abb. die muoht
(Netker Ps. 98, 8. 105, 80), mAht (im Boethius), = briüdende Beſchwerde, Laſt,
beſchwerende Anftrengung, von mühen (f. d.). Das Adj. mühelos erfcheint erft
nenhochdentſch und wirb bereit# im 16. Jahrh. anfgelommen fein.
muüben, von ber Kuh und bem Ochfen : fchreien, rufen.
Gegen das Enbe des 15. Jahrh. muhen (Diefenbach glossar. 77®), 1414 möhen,
im Anfange bes 15. Jahrh. mugen (ebenba 369°), 1476 mughen von ber Kuh
(Haupt Zeitschr. I, 546, 19), mit w flatt h dann im 15. Jahrh. muwen, mowen
(Diefenbach glossar. 369°), 1429 mit Schwinben bes Kehllautes mülen (lid. ord.
rer.), = brüllen, brummen, welches ber Lautverfdiebung gemäß mit lat. mugire
(migfre) = brüffen (vom Ninbvieh), gr. mYzein (ie) = mit gefcjloffenem
Mund eimen Laut hervorbringen, (buch Brummen) Unmillen Außern, murren,
mudfen, wovon gr. ber mygmos (uvyuöc) = Ton bei geihloffenem Munde,
Aöhnender Ton, endlich wol auch mit ſanſtr. mudsch (mug‘) in ber Beb. tönen,
ſtimmt. Jenes dentſche Berbum wol im Ahd. muhhan (?), aber abgeleitet von
ihm, unferm muhen, iſt 1) ahd. muchhan (?) oder mucchön (?) muden (f. d.),
ben welchen daun weiter ahd. mücchazan (?), mäccazen, b. i. uhd. mudzen,
mudjen (f. d.), 2) ein ahd. muhhazan (?), mbb. muchezen (?), muchzen,
fweiz. muchzen (Stalder IL, 216, zuerfi vom Ton bes Rinbviches), nhb,
muchſen (f. d.)., Zu Grunde aber liegt ber Raturlant mub (f. d.), mbb. much.
mühen = befchwerend anftrengen. fich mühen.
Mit h durch Übergang ans j, und fo bei Luther mühen, mittel. mähen,
mühin, müwen, möwen, aber mbb. müiejen, müegen, mit Übergang bes j in w
mäswen, mit Ausfall des Kehllantes müen, ahb. muon, zuerfi muofan (?), bei
Notker (} 1023) in den Palmen muohhen, im Boethius und Martianus Oapella
müksen, mit Schwinden bes Kehllautes muoan in dem mit ge- zufammengefehten
gimuoan (Graf II, 602), möan, danıı muon, = briüdenb beſchweren, beſchwerend
anftrengen, plagen, Berbruß machen zc., altnord. mfa = Beſchwerde, Verbruß
machen. Die Wurzel if dunkel. Das reflerive ſich mühen erſcheint mitteld. in
sich mfbin == fi bemühen (Jeroschm 16250).
mübevoll, mühvoll, zufammengef. mit vie Mühe (f. b.).
ver Müplärzt; dr Mühlbach = eine Mühle oder Mühlen treibender
Bad; der Mühlberg = Berg, auf welchem eine Winbmühle fteht
oder gejtanden hat; ber Mühlburſche, —n, Pl. —n, ober gefürzt
Mühlburfh, —en, BI. —en.
Ale znfanımengef. mit die Mühle (f. d.), alfo HiR. richtig ohne das hier Bloß
dehniende Millarzt ꝛc. Muühlbach iR mhd. gegen 1450 der millibach, ahb.
(nur als Ortsname nachweisbar) mulibah.
die Mühle, BL. —n : Räderwerk zum Zermalmen, zum Zerſchneiden
harter Körper, zum Reinigen bed Getreides ꝛc.; ein gewiſſes Spiel
auf 3 gleichleitigen Nechteden, von welchen das erſte (Heinfte) burch
10*
148 Mühlendah — Mulhlgaſt
bas zweite und dieſes durch das dritte eingefchlofien wird, mit 9 gegen
9 Damenfteinen, von denen 3 in einer Reihe im beiondern eine
Mühle genannt werden (vgl. Fickmühle).
Mühle, Hi. richtig ohne die Mille, wie aud Luther (4. B. 2 Mol. 11,
5. 4 Mof. 11, 8. Matth. 24, 41) bat, 1482 bie mule, mbb. bie müle, mül,
felten (na dem BI. mülinen vorauszufegen) die mäline, im 15. Jahrh. auch
bie müllin, mülen (?), nod nad einer abgeſchwächten Form bie müllen (P) d. i.
wetteranifdh die Minn [neben bie Mill b. i. bie Mithle), mittelb. die mulen (in
Bufammenfegungen, |. Mühlen), mule, mul, mole, mol, ahd. die mulin, geflirzt
muli, muli, = Mühle zum Zermalmen bes Getreibes, koönnte wol Mbleitung fein
und zwar von dem mittel -i, -j vou mul in mulans, bem Bart. Prät. bes ver-
fornen goth. Wurzelverbums milan (ſ. mahlen 1), abgeleiteten ahd. muljan,
fpäter mullen, mulen, mhd. müllen, geflirzt müln, — zerreiben, jermalmen, in
weichem Kalle das Wort in feiner Wurzelfilbe mul mit gr. die myl& (uVAn), ber
mylos (uvAog), = (Hand-)Mühle, Milhlſtein und mit lat. (wenn nicht o aus a)
die mdla = Miühlfiein, Mühle, ſtimmen wirbe; basfelbe fheint aber vielmehr,
wie die gleichbedentenden angelſüchſ. die mylen (au; in bem Abi. mylonscearp
= miühlfeiufharf), altnormweg. die mylna = Mühle, überlommen aus dem flir
jenes lat. die mola fpäter eingetretene vwollsmäßig-lat. die molina (Ammiänus
Marcelltnus 18, 8, 11), von welchem ital. der mulino, ſpan. ber molino, portug.
ber moinho, franz. der moulin, = Mühle, herrühren. Jene Aufnahme aus bem
Lateiniſchen ins Deutſche dürfte noch dadurch beätigt werben, baß ein urſprünglich
beutfher Ausdruck für die Mühle bereits vorhanden war, nämlich goth. (die?)
gairnus [in dem zufammengef. die asilugairnus = Efelsmühle, Mühlſteinl, ahd.
die quirn, churni, chuirna (fprid) chwirna), mbb. die kurn, kürne, kürn,
altſächſ. bie quörn, angelfäh]. oveorn, cvyrn, engl. quern, altfrief. die quörn,
altnord. die kvörn, ſchwed. ber qvam, bän. qvärn.
ver Mühlenbach, das Mühlenrad, Mühlenſpiel ꝛc., jene beiden
mit mbd. die mülen (?), mitteld. die mulen (f. Mühle Anm.) zu-
fammengefeßt, das legte Wort aber nach dem Vorbilde verfelben ent-
ftanden. Üblich neben den mit mhd. die mül Mühle zujammen-
gefegten Mühlbach (ſ. d.), ⸗rad, ⸗»ſpiel.
Mühlenbach wäre mittelb. bie mulenbach (?); Mühlenrad if mittelb. das
mulenrat (Herbort 5474), molnrat. Müblenfpiel zuerſt 1691 kei Stieler
Sp. 2088, wo „Milenfpiel.” Über das h f. Mühle.
der Mühlgaft = Mahlgaſt d. i. Mahlkunde einer Mühle, ver
Mühpltnappe = Mühlburfhe; das Mühlrad, woneben das
Mühlenrad (f. d.); das Mühlſpiel, woneben Mühlenfpiet
(f. d.), in beiden Mühle (f. d.) in ber zweiten Beb.; br Mühl-
ftetn, woneben Mühlenftein. ver Mühlmeg — beitimmter Weg
zur Mühle; das Mühlwerk.
Für Mühlknappe hatte man im Mhd. der mülekn&ht (Nürnd. Poliseiord.
©. 167). Mühlrad it mhd. das mülrat, woneben mittel. da8 mulen-, moln-
rat Mühleurad (f. d.), mulerat (Myst. I, 144, 22); Müblftein, mho. ber
mülistein, mülstein, ahb. der mulistein, dann fpät mulestain, mulstain,
woneben Mühlen ſtein mittelb. ber mulenstein, molenstein, mülnstein, abb. im
11. Jahrh. der mulinstein; Mühl weg mhb. der mulwöc, mittelb. (1471) molweck
miühles — Mulde 149
Eircherzin obuch von Grüningen bei Gießen S. 15, 89); Mühlwert mbb. das
mulwärce (fpätmhd. auch ſ. v. a. Erzeugnis einer Mühle, 3. B. Papier zc.).
Über Müplen- f. bie Anmerkung zu Mühlenbah zc., und über 5 f.
Mühle Anm.
mühlos, gewöhnlich und üblicher unverkürzt mühelos (f. Mühe).
die Muhme, Pl. —n : Vater: oder Mutterfchweiter ; Seitenverwanbte ;
[übergetragen auf bie] Kinverwärterin.
In der erfien Beb. iſt das hiſt. richtig, wie früher, Mumie (bh if bloßes Deh⸗
nungszeihen) zu ſchreibende Wort außer dem ebelen Stile durch das jlingere bem
Seamöftihen entnommiene und in bem 18. Jahrh. eingeblrgerte Tante (f. d.)
faR verbrängt. Mhb. die muome, witteld. bie müme, abb. bie mömA, muomA,
musmA, mümä, fpät-abb. au) mueme, == Mutterſchweſter, im 14. Jahrh. and)
ſ. dv. a. Schwägerin, im 15. Jahrh. weiter liberhanpt f. v. a. weiblide Berwanbte,
im Ende des 15. Jahrh. bei Keifersberg im befonbern auch weibliches Ge⸗
ſchwiſterlind (Krifc U, 673%). Das Wort ſcheint alfo mittel Ablauts (uo) aus
lat. die mamma = Mutter (j. Manta).
das Mühfal, —, BL —e : niederdrückende, abfpannende Befchwerbe
und Anftrengung. Davon mittelit «tg : mühfelig (f. d.).
Bei Boß (nad dem Borbilde des ins weibliche Geſchlecht übergeſchlagenen
Trübſal“) die Mühſal. MH. das mtiejesal (?), muogesal (Martina BI. 258,
101), müesal, mitteld. ba® mülsesal (Jeroschin 18987. 16979), verlilrzt müsal,
— Äängnli beſorgte Thütigkeit (Köpke’s Pass. 888, 57), ahd. das muchisal (P),
mittel mbb. -s-al, ahb. -is-al (f. -fal), von Mithe abgeleitet. Das Adj. milh-
felig, bei Luther Matth. 11, 28 müheſelig, mit bem altbergebraditen Um⸗
laut e und fpäter nur pebantifh auch mitunter mühfülig geſchrieben, if hochd.
im 11. Jahrh. muosslig (d. i. muoselic), mhb. müesalig.
mühſam, gekürzt aus äfterem mühefam (Kramer teutfch-ttal..
Wortb. 786. Stieler Sp. 1297), zufammengef. aus Mühe und
sfam. Weitere Zufammenf. ift die Mühſamkeit, früher Mühe
famleit (Kramer. Stieler).
mühſelig, keine Zufammenf. mit ſelig, fonvern abgeleitet von Miüh-
fat (ſ. d.). mühvoll, üblicher unverkürzt mühe voll, f. Mühe,
tder Mulätte, —n, PL. —n: von einem Weißen und einer Negerin
oder einem Neger und einer Weißen Erzeugter. Davon die Mulattin.
Uns fpan. und portng. ber muldto, nripr. == Abkömmling von Heugſt und
Eſelin, Nauleſel, alfo von fat. der mälus = Maulthier, Manleſel (j. das
Maul 1). Die Ableitung aber iſt eine abjectivifhe unb fo muldto zunüchſt Ab-
jectin.
vie Mulde, Bl. —n: Tangrundes, etwa einer halben, ber Länge nach
getheilten Walze ähnliches ausgehöhltes Gefäß.
Schweiz. die Muolta (Tobler 825°) = Backtrog, 1598 die muelten
(Selber 47). Erf im 15. Jahrh., wenn and fpärlih, die mulde (Diefendach
glossar. 27°), molde (Mone Anz. VIL, 802, 86), unb bie muolte (8. Galler
Ordemgen S. 193), nieberb. die molde und mittel Lantangleihung (Id zu 11)
molle Dur’ Abſtoßung bes auslantenden r gelürgt aus dem gleichbed. mhd. bie
multer (fo auch im voc. theut. von 1482 BI. aa”), felten muolter, ahd. bie
mulhtrs, mit Ausfloßung des h und bamit vielleicht nebenbei Übergang bes u
150 Mull — multiplicieren
and in uo bie multera, muoltera, muoltra, im 13. Jahrh. müältere; jenes
mulhtra aber ift entlehnt an® lat. Die mälctra = Melltübel, Gefäß beim Meilen,
wie denn auch noch im voc. theut. von 1482 Bl. 18° mulchter = Melfklibel vor-
kommt. Die Korm der Mulde if urſprünglich der bes alten länglichen Mellge-
füßes ühnlich.
das Mull, —es, ohne PL. : lodere Erde, Stauberde, Schutt.
Das nieberb. mull, neunieberl. die mul, durch Lantangleichung des d, t ans
einem nieberbentfden muld [nad muldhoop = Manlmwurfshilgel], ahd. die molt
(Graf U, 718), eins mit abb. bie molta, goth. mulda — Staub, Iodere Erde
(j. Maulwurf).
der Müller, —8, Pl. wie Sing. : wer mit ver Mühle zu arbeiten
verfieht, der Befiger einer Mühle; [in der Wetterau auch :] ber
Schmetterling (f. Mahler 1). Davon die Müllerin. Zuſam⸗
men‘. : der Müllerburfhe, Müllerburfh, = Mühlburſche
(f. d.); der Müllerefel; ver Müllerfloh — Laus.
Müller, erſt zu Anfange bes 16. Jahrhunderts häufig mylier, miller, müller,
muller, (mehr niederrheiniſch) moller, im 15. Jahrh. ber müller, mullöre, früher
felten, do im 14. Jahrh. ſchon ber muller (LiederSaal II, 478, 82. 476, 184.
477, 159. Voc. opt. &. 22°, 54), mittelb. ber mauller, (1441) möller [heute ber
Kamilienneme Möller], önute durch Lautangleichung (I ans It) ans mittellat. ber
multor (voc. opt. ©. 23°, 56) b. i. lat. mölitor [von molero mahlen] = Miller
fein [ber Umlaut im Deuntſchen (A) baun Wirkung des i zwiſchen 1 unb t troß bem
Ansfall im Mittellateinifhen], if aber vielmehr durch eine andere Lautangleihung
(ll an® In) aus dem meiteus Hblicheren mhb. Ausdruck ber müälnsre, mülnsere,
mülner (Minnes. III, 848*, 7. 9ff.), müllener, ber müälnere, molner, ahb. (nur
einmal und zwar im 11. Jahrh. bei Graf II, 712) mälinari, mälnari, altſüchſ.
mäleniri, altnord. ber mylnari, welches aus bem von lat. bie molins Mühle
(f. d.) abgeleiteten, file das ältere mölitor eingetretenen mittellat. ber molinkrius
— Miller [woraus and) ital. ber mulinäro, ſpau. ber molindro, franz. ber meunier],
und uhd. der Müllner, welches noch 1691 Stieler Sp. 1808 neben Mitller
anflihrt, iſt jetzt unr Familienname. Kir Müllerburfſche, -burfd eriheint im
Mbb. der müllerknäht.
ber Müllner, —s, BI. wie Sing, |. Müller Anm.
ver Mulm, —e, Bl. — : von Würmern zu Staub (Mehl) zer
freſſenes ober auch verwittertes Holz, ausgewittertes Erz; Holzfäulnis;
lodere, weiche Erde (Voß Landb. 2, 204); wie zu Mehl Auseinander-
gefallenes (Göthe XI, 94). Davon mulmicht, mulmig, Adj.
Mulm 1691 bei Stieler Sp. 1302, und das Berbum mulmen = Staub
maden, Staub aufwirbelm, 1668 bei Schottelius ©. 1866; aber weber bas
eine noch das andere ans dem Mhd. u. Ah. nachweisbar. Mögeleitet von mul
in mulans, bem goth. Bart. Prät. bes verlornen Wurzelverbums milan (f.
mahlen 1 und Mühle). In Aufammenf. der Pl. Mulmtheile bei Göthe
LX, 198. Das Adi. mulmicht, mülmicht, beibes 1691 bei Stieler a. a. O.;
aber mulmig bei Boß Ovid Nr. 9, 42 n. Ranbb. ©. 16°.
y multiplicteren == vervielfältigen d. h. eine Zahl fo vielmat
nehmen, als eine andere Zahl anzeigt. die Multiplication —
Verptelfältigung. Zufammeni. : das Multiplicationserempet,
Mumie — Mummel 151
Das Berbum multiplicieren ik ans dem aus multas == viel unb plicäre
= falten zufammengef. lat. multiplicäre == vervielfältigen, von befien Supinum
multipliodtum daun lat. die multiplichtio abgeleitet, welches [Kon wie das aus
biefem entlehnte Multiplication gebraucht wird.
t bie Mumie (Zfilbig), BL. —n ; einbalfamierter eingetrockneter Leich⸗
nam ber Vorzeit.
1678 die „Mummia, [BL] Mommien“ (Kramer tentfh-ital. Wortb. 787°),
1706 „mumien, mommen“ (Ludwig engi.-tenutih. Lex. 455°), 1711 „Momie,
Mumie” (XAdlein 645°), wie neunieberl. die mummie, mommie, engl. mummy,
aufgenommen aus ital. bie mämmia, franz. bie mumie, momie, welches aus bem
gleichbedentenden perſ. mümijß von perl. (und dann anch ins Arabiſche unb
Turkiſche übergegangen) mum — Wachs. Die Perſer und Babylonier überzogen
nämlich ihre Todten mit Wachs (ſ. Herodot 1, 140. &rabo 16, &. 746).
die Mumme, Pl. —n, ein ſtarkes (doppeltes), ſehr dickes, dunkelbraunes,
ſüßliches Hopfenbier.
1716 bei Zubwig Sp. 1270 die Mumm ober mumme“. Wan leitet ben
Namen von Ehrifian Mumme her, der es 1492 zu Braunſchweig zuerſt ge-
braut haben fol. Ans bem Deuiſchen iR dann nieberl. im 16. Jahrh. bie
momme, getürzt die mom, engl. mum, mom, munbartlid-fweb. bie murama
(Biets 477°),
bie Mumme, Bl. —n : verlarute Perfon; Verfleivung. Zufammenf.
mit dem Gen. BI. find : das Mummenfpiel (Böthe XX VI, 156),
veraltet die (auch der) Mummenfchanz — Maſterade, d. h. Tanz
oder Luſtbarkeit verlaruter (vermummter) Perjonen.
Mumme, 1475 clevifh (im Teuthonista) bie mumme == geipenfterartige, ver-
larvte Perſon, eiwas fpäter am Wieberrbein auch momme (f. Diefenbach glossar-
819%) Larve, nenmieberl. bie mom == Larve, Mafle, 1599 nieberl. momme =
Mafle und Maffierter (Kilian 822°). Wol, zumal wenn man „von ainer alten
kue [Anh] — die was [war] gehaissen mu mme* [== die bloß Brummenbe] bei
Wolkenstein (} 1445) Wr. 6, 71 vergleit, von mummen = unverflänblid
dumpf fpredden (f. Jacob Grimm Mythol. 478), welches Stieler (1691) Sp.
1805 verzeichnet unb vor ihm (1668) ala ein „Lautwort“ in ber Bed. „mum mum
lagen" Shottelins S. 1366 (f. ud mum meln). Die Mummenſchanz
(Gathe XLL, 22. 147), im 16. Jahrh. die momschanz (Zimmerifhe Chronit
IH, 889, 18), weldes aber znerſt, da die Schanze = Glückswurf, Spiel (1.
Schanze 1), das Witrfelfpiel um die Zeche (darum wer bie Zeche zu zahlen hat)
bedentet, wie Mumſchanz bei Hans Sachs I, 170° vortommt. Bon jenem
Borte dann bei GBthe XLI, 10 das Abo. mummenfhänzlid.
ver Nümmel, —s, Pl. wie Sing. : unheimliche (Schred-)&eftalt.
1605 bei Zulsius 100° Mummel = Geſpenſt. Nach dem von Diefendach
glossar. 819® verzeichneten mittelnieberd. &n mume linx hovet — farbe, Mafle,
muß ein biefem ber mumelino zn Grunde Tiegendes ber mumel (bemn -ine if
Ableitungsfifbe) ſchon 1420 vorhanden geweien fein. Diefes aber nun kommt,
worauf auch Jacob Grimm Mythol. 478 hinmeik, von mummeln (I. d.).
ve MNummel, Mümmel, und bavon das noch liblichere Dim. das
Münmelchen : bie weiße over gelbe See-, Wafferlilie, nymphea
alba und lätea. Auch das Miimmelfraut.
142 Macke — made
die Mude, PL. —n: unfreunbliche, eigenfinmige, auch verftedte Laune ;
Anfall närrifcher, übler Laune ; bildlich ſ. v. a.] Schwierigett,
z. B. „es bat Muden (bamit)“ bei Räblein 64%. Wie Brille (f. d.) =
„vonnderfider Einfall” bildliche Anwendung bes Thiernamens iſt, jo ſcheint and
Mude der Infectenname bie Müde (f. d.) in ver umlantlofen Korm zu fein,
zumal da ſchon im 16. Jahrh. „Leuss im Beltz, vnd Mucken im Kopff“
vorkommt; aber dieß kann nur als Wortipiel gelten und jenes als biofer Schein.
Denn die nieberb. Form die Mude if nicht, wie für Mücke (f. d.), bie mugge,
mügg, fondern die muke (ſ. brem. Wtbd III, 196), mucke (Schambach 189),
welches mit aller Wahrſcheinlichkeit das mhd. bie muoche in „W& was hät Br
muochen!® bei Neidhart 81, 31, wo in der dem Ende bes 18. oder bem An-
fange bes 14. Jahrh. angehörigen Riedegger Hanbfrift „mvechen“ d. i. muechen,
und in der aus Sübbentfhland flammenden Berliner Handſchr. Nr. 779 bes 15.
Jahrh. mucken b. i. eig. mitteld. müken. Wol gieng unfer beutiges u in dem Wort
aus mittelb. A hervor, und Moriz Haupt zu ber Stelle erklärt, mit Hinweifung
auf unfer „Muden im Kopfe”, treffend „Einbilbungen”, wobei er Herkunft aus
dem Slawiſchen vermuthet, denn „von dem flowenifhen muha unb dem böhmifchen
maucha (mähriſch mucha) werben bie Plurale muhe unb mauchy gerabe fo ge-
braucht”, aber dem böhm. die maucha zc. = Fliege ſteht Mude fern.
bie Müde, Pl. —n, das bekannte geflügelte Infect mit ftechendem
Saugrüffel, langem ſchmalen Leibe und langen Beinen, [fat.] chilex.
Am Ober- u. Mittelrhein wird die Fliege fo genannt, dagegen bie eigentliche
Müde Schnake (f. d.). Bayer. u. öfterreih. bie Mugken, Mucken in obiger
Beb.; bei Luther (Matth. 28, 24) die Mude, 1482 bie mugk, mb. bie mucke,
mücke, muke, müke, mugge, mügge, ahb. die muccä u. mucca, mukke,
mucke, muca, muke, mucge, mugg& u. auch mugga, |pät mugge flatt muocia (?),
muccja (?), beffen zu der ahb. Zeit bereit8 unterbrüdtes i, dann j noch in bem
fpäteren Umlaut nachgefühlt wirb, altſächſ. deutlich mit jenem i bie muggia, nieberb.
die mugge, mügg, neunieberl. bie mug, angelfädfl. mycg, altuorb. das mf (=
Bremfe). Urverwanbt find der Lautverfhiebung gemäß altjlam., ruff. u. poln. die
mucha, böhm. maucha, — Fliege, und dam dem Anfehen nad fanftr. bie
makschikA, in ber Zendſprache makhschi, lat. die musca (mit Ausfall eines c
vor sc), gr. bie myia (uvia), = Fliege.
muden : einen balblauten, vereinzelten Ton ausſtoßen (2 Mof. 11, 7);
in balblautem Tone und misvergnägter Geberde heimliches Murren
äußern (vgl. Voß zu Ip. VIIL 134). ſich muden = ſich au
nur den geringften Yaut, die geringfte Bewegung in Beziehung auf
etwas erlauben. Davon : der Mud (f. d.); ver Muder (f. d.),
wovon bie Muderei und die Muderin; müciſch.
Das Berbum muden 1540 bei Alberns dictionAr. BI. x 12, 1691 bei Stieler
Sp. 1260 ebenfalls muden, 1668 bi Schottelius HaubtSprade S 1866 muflen
(= heimlich reden), nieberd. mukken, ift wahrfcheinlich eins mit dem in einem
handſchriftlichen DictionArius des 15. Jahrh. vorlommenden moken (Diefenbach
glossar. 869°) = brüffen (brummen), vom Rinbviehe, weldes Wort mit k == ck
d. i. ahd. cch, alſo verflärfenber Berboppelung des Kehllaute® abgeleitet von
1478 mughen von ber Kuh (Haupt Zeitschr. L 546, 19), zu Anfange bes 15.
Jahrh. mugen (Diefenbach a. a. D.), in dem letzten Viertel besfelben au mügen
Bader — mübe 143
(Disfenbach glossar. 77°), bie mit jenem moken gleiäbebentenn find. &. muhen,
mudfen, mudfen. Das reflegive fih muden if nieberb. sek mucken und
das Abi. mudifch nieberb. mucksh.
ver Muder, —, Bl. wie Sing. : wer mudt, heimlich Redender
(ſchon 1691 bei Stieler Sp. 1260). Abgeleitet von muden (f. d.).
Von Muder dann die Muderet und die Muderin. Jenes
Muder aber ift verſchieden von
ber Muder, —s, Pl. wie Sing. : Heimtüder ; fcheinheiliger Srömmler.
Davon : die Muderet — fcheinheilige Frommelei; die Muderin;
muderijch.
Muder in ver erfen Beb. munbartlih, 3. B. bennebergif$ (Reinwald
D, 89), in der zweiten bereits 1748 für franz. Tartuffe, den Eigennamen eines
Sheinheiligen, in einer bentjhen von Gödecke Grundriß &. 547, 458 ange-
führten Überſetzung des Luſtſpieles Tartuffe von Molidre (} 1678) geſetzt. Wol von
einem anzunehbmenden mhd. mucken (?), ahb. mucchön (?), mucchan (?), neben
dem vorhandenen mbb. mocken = heimlich, verfledt beroorbliden (LiederSaal
I, 871, 30), fi verfledt halten, verftedt (verborgen) fein, ahd. mocchön (?).
Diefe beiden aber kommen ebenſo von einem abb. mühhan ober miohhan. (ſ.
Meudpelei), wie ahd. succhön, zucchan, mhb. u. mittelb. zsucken, unſer zuden
(1. d.), und daneben ahd. zocchön, mh. zocken, = ruckweiſe heftig unb wieber-
bolt ziehen, von ahd. ziohan ziehen. Bgl. auch das in der Anmerk. zu
Menchelei angeflihrte niederl. Apj. muik in der Bedeutung heimlich, heimtückiſch.
die Mucderet, vie Muderin, [. ver Muder Lund2, muderifc,
[der Muder 2. mückſch, |. muden.
ver Mucks, — es, Bl. —, was Mud (ſ. d) Bon mudfen.
1691 bei Stieler Sp. 1260 der M uds und das Verbum mudfen.
mudfjen, was muden. ſich mudien, was fi muden.
Jenes erſte z. B. bei Herber Überfegung von Perfius Sat. 5; 1716 beitubmwig
Sp. 1267 mudfen neben muden, 1711 bei Räblein 648 mudfen, 1691 bei
Stieler Sp. 1260 mukſen (f. Munde); 1668 bei Schottelius S. 1866
mudjen = „das manl aufthun, aber keine Stimme hören lafſen“, nieberb.
muksen. Dit | flatt 3 aus nnb flatt 1678 mudzen (Kramer tentſch⸗ital.
Wortb. 785°), ahd. mäccazan in abb. (11. Jahrh.) irmuccazan (ir- it unſer er-)
n (mit Überfchlagen bes a der Wbleitungsfilbe -azan, goth. -atjan, ini) irmukkizen
= muden (f. b.), lat. mutire. Sieb Graf II, 655. Bon muden (f. d.),
mbb. mucken (?), ahd. mucchan (P), muchan (?), wonad) jene cc in muccazan
fatt ch ſtünden, für welches jebod in ben eben biefe® muccasan barbietenben
Duellen fonft ch flieht. Die angegebene Herkunft bes Wortes dürfte dadurch be-
Rätigt werben, daß ein vocabulär. be® 15. Jahrh. möczen (db. i. mökszen) = brlffen
vom Rinubviehe (Diefendach glossar. 77%) hat.
müde = von Mühe an Kraft niebergebrüdt und fo zu fortgefegter
Thätigkeit unluftig; zu mehr in Beziehung worauf mit dem Gefühle
der Befchwerlichleit ungeneigt. Davon : die Müde (f. Müdigkeit);
müden (j. Anm.)
Das Adj. mild if mhb. müode, muode, ahd. muodi, bei Otfried 2c. muadi,
ipäter muode, mitteld. mAde, altjädjf. möthi, altnorb. mödr, goth. möbs (?); ob
mittelſt der Ableitungsfilbe ahd. -ad, goth. -ap, von ahd. muojan, muohan, muon,
144 Müber — Muff
unferm mühen (f. Mithe), abgeleitet und alfo ahb. muodi zufammengezogen ans
einem muojadi, muohadi, d. i. muojad-i, muoh-sd-i? Unſer mit fein und
werben mie zu einem einfachen Verbum verbunbenes neuhochd. Abj. mie aber
kann neben dem Gen. aud wel mit dem cc. gefligt werben, unb wir fagen
beibes : „id bin des Lebens mide” unb „das Leben müde” (f. Jac. Grimm
bei Zaupt Zeitschr. I, 207), Sonft aber hat müde ben Gen. bei fi, ber ibm
eigentlich and nur gebührt und ſchon bei Williram ©. 26, 25 geſetzt ift, wie neu-
hochdeutſch bei Luther 3. B. Ser. 15, 6. Das neuhochd. Abo. müde if bem
Adi. gleich, wiirde aber im Mbb. muode, im Ahd. muodo lauten. Das von bem
Adi. abgeleitete müden — müde, beſchwerlich machen, ift mbb. müeden, mitteld.
möüden, nieberrhein. möden, = müde machen, milde werben (Nibel, 1508, 8), ahd.
muoden, goth. möhjan (?), = müde maden und fommt jekt nur noch bei Dichtern
vor; wit fagen gewöhnlich ermüden.
das Müder, wofür jet Mieder (f. d.).
bie Müdigkeit — Nievergebrüdtfein von Mühe an Kraft und Luft zu
fortgefeßter Thätigfeit.
Mhd. die müedecheit (b. i. mtiedec-heit), müedekeit, mitteld. bie müdicheit,
müdekeit, zufammengef. aus dem von bem mb. Adj. milede, mitteln. müde,
müde (f. d.) abgeleiteten (fpät-Jmbb. feltenen Adj. müdig, mbb. miüedec (?), —
miübe madenb, und aus -heit -beit (f. d.). Der itblihe mhb. Ausdruck war ba®
von dem bj. abgeleitete einfache bie müede, muode, ahd. die muodi, mittelb.
die müde, altnord. die mosdi, unfer etwa noch dichteriſches die Müde.
ver Muff, —es, Pl. —e (bei Adelung die Müffe) : walzenförmiges
hohles Pelzwerk, im Winter von beiden Seiden die Hände hineinzu⸗
fteden und biefe warm zu halten.
Der Muff (3.8. 1716 bei Ludwig Sp. 1268), islänbifch die muffa, nieberb.
bie muffe, muff [woraus znnächſt unfer Muff, ſ. Stauche Anm.], nieberl. bie mof
und ber moffel [Stieler Sp. 1296 hat auch hochdeutſch der Muffel, Steinbad
D, 79 der Muffer], wovon jened gekürzt und biejes unverfürzt aus franz. bie
moufle = Fanſthandſchuh, welches aus mittellat. die müffula, möffula, — Iofer
mwärmender Belzermel, geworben if, einer biminntiven, ein mittellat. (dem i8länb.
muffa gleidhe®) die muffa vorausfegenden Bilbung von ahd. bie mouwa (?), mhd.
bie mouwe, mittelb. Die möwe, mittelnieberb. bie mouwe, mittelniederl. die mauwe,
altfrief. mowe, — weit und lang berabfallender Putz- und auch Wärmermel, ber
108 an den Arın gefhoben und an ben Rod gebeftet wurde, wie denn auch noch jest
nieberb. Die moue, mowe, bolländ. bie mouw, == Ermel gilt. Da das Wort mit
goth. die mavi = Mädchen [fatt magvi, von ber magus = Knabe, |. Magb]
ſtimmt, indem biefes mittelhochdeutſch in mouwe übergeht, jo mödte Jacob
Grimm (über Diphthonge ©. 6) auf Übertragung bes Ausdruckes für ein Mübchen
auf den angefhobenen Ermel als einen Put besfelben muthmaßen.
ver Muff, —es, ohne BL : Schinmel; Geruch nach und von An⸗
brüchigem, Dumpfigem, Moprigem, Fauligem.
Bei Adelung, Campe, 1678 bei Kramer teutfdeital. Wortb. 786. in ber
erften, 1691 bei Stieler Sp. 1296 in ber zweiten Bedeutung. Peumieberl. muf
= ſchimmelig, dumpfig. Aus dem Deutſchen flammen dann ital. die müffe,
mittellat. bie mufa, portug. der mofo, = Kahn (Kahm), Schimmel, fpan. der moho,
= Sdimmel, Moos, franz. (abgeleitet) die moufette, mofette, = Moberbunf.
(j. Diez Wibch I, 282). — S. auch muffen 1 und muffig 1.
uff — muffen 145
ver Ruf f, —es, PL — : Maulhänger; mürrifcher Tadler. Davon
muffig (|. muffig 2).
Bi Schmeller II, 554 Es if das zu Ende bes 15. Jahrh. vorkommende
oberrbeinifche ber mupf, mufl, — Berziehung des Mundes, verzogener Munb,
(dies Maul, Hängemanl (f. Mops und der Muffel), wovon muffen (f.
muffen 2).
ber Muffel, —s, Pl. wie Sing. : Geſchöpf mit dien herabhangenden
Ehen. Davon muffelig, Abi.
Yes von der Muff = Manlhänger, Murrkopf (f. Muff 8). Mit unferm
Ruffel aber ſtimmt das ans dem Deutſchen entlehnte franz. bie mufle == manlen-
des (milrriſches) Geſicht, Mani, Schnauze, neben normanniſch moufler = maulen.
6.0 Mops.
ve Muffel, Bl. —n: irtenes Gefäß von ber form der Hälfte einer
ver Länge nach mitten burchgefchnittenen kurzen Walze, mit plattem
doden in die Länge und wol auch an dem einen Ende.
Schon im 16. Jahrh. bei Georg Agricola (F 1555), Mathefins (} 1565)
«die muffel, ans miittellat. die mäffula == der Muff zum Warmhalten ber
Hände (f. Muff 1), wegen der Ähnlichkeit ber Form.
der Müffeler = wer muffelt, bei. Eſſer mit vollen Baden.
miffeln — mit vollen Baden kauen; zahnlos oder doch ziemlich zahn⸗
08 kauen; [verächtlich :] überhaupt Tauen.
In der erfien Beb. 1716 bei Ludwig &p. 1268. liberhaupt bayer. (Schmeller
I, 554), ſchleſiſch (Weinhold 68*), wefterwälbiid (Schmidt 117f.), wetterauiſch;
1691 bei Stieler Sp. 977 und 1805 müffeln, ebenfo hennebergiſch (ſ. Rein⸗
wald I, 104); Holkeinifh, hamburgiſch muffeln, aacheniſch möfele, nennieberl.
moffelen (== ſchnaufen beim Efſſen). Bon mundartlich (wetterauiſch, wefter-
wälbifch 2c.) der Muffel, aachenifch ber Mofel (Müller u. Weig 155), = Biffen,
weiches durch Ausftoßung [1475 .cleviih (im Tkushonista Bl. L7°) bietet fi
monfel = Biſſen] und Lantangleihung aus mbb. der muntvol Mundvoll
({. d.), nieberl. die mondvol, entftanben iſt. Gleicherweiſe haben die Weiterauer,
Aachener zc. die Haffel ans mhd. die hantvol Haudvoll, niederl. die handvol,
and wenigftens ähnlich bie erſten noch ber Ärwel, ſchwäbiſch Arfel (Schmid 26),
aus der Armvoll.
nüffen, müffen, = anbrüchig, dumpfig, mobrig, faulig riechen.
Bayeriſch (Echmeller IL, 554); niederd. 1475 cleviſch (im Tkuthonista BI.
L8°), nennieberl. muffen; das Dim. müffeln in den Fastnachtspielen 865, 15.
Bon der Muff = Schimmel, Geruch nah Anbrüchigem, bumpfiger Geruch
(. ver Muff 2). Bgl. aud müffzen. Ital muffäre = kahnig, ſchimmelig
werben, iR ans unferm muffen, aber mit ber urſprünglicheren Bebentung, bie
auch ital. die mufla bewahrt bat.
müffen = verbrießlich das Maul hängen, maulen, murren, brummen.
Bl. der Muffmaff und ſ. Schmeller II, 554 fowie ver Muffel. Das
von der Muff 8 abgeleitete Wort if alt, wie das davon mit ge- gebilbete mhd.
das gemüffe == Brummen ans Berbruß, lautes Murren, Murren (Neidhart bei
Benede XVII, 8, bei Haupt 51, 18 ımb ©. 159), zeigt, umb auch venezia-
niſch muflo = ſchwermüthig, verbrießlid, fpan. mohino = verdrießlich, boshaft,
gehören zu benfelben.
Beigamd, Wörterbuh. 4. Aufl. 2. BP. 10
146 muffig — Muhamedaner
muffig = ſchimmelig, dumpfig und anbrüchig nach Geruch und Ge-
Ihmad. Von der Muff (f. Muff 2).
muffig — maulhängeriſch, maulend, brummig, mürriſch, auch wol mit
dem Begriffe des Verftodtfeins. Von der Muff 3 (i. d.).
Mit dem letzten Nebenbegriffe bei Schiller Wall Lager 8: „So ein Sünden⸗
vater und muffiger Keßer.
der Muffmaff, —es, —s, Pl. —e : brummiger, mürrifcher, un-
freunblicher, ftet8 mit furzen Worten ſcheltender Menſch.
Bereits 1691 bei Stieler Sp. 1296. Eigentlich ſ. v. a. „Einer der muff!
maff! madt, wenn er mit jemand fpridt”; alfo aus muff! bem gekürzten unb
als Smterjection verwenbeten Imperativ muffe von muffen = brummen,
murren zc., gleichſam tonnachahmend mit Spiel des Ablautes gebilbet, aber nicht
indem, wie gewöhnlich, i in a fält logl. Gickgack (unter gidjen), Klifffiaff, Kling⸗
Hang, Singfang, Wirrwarr 2c.], fonbern merkwürdiger Weife u, mozu ſchon im
Mittelhochd. do swngelt unde sanc (Parziväl 104, 8), die glanken
glankent (Minnes. III, 289*, 4), ald Vorbilder ſich finden.
müffzen = anbrüdig, dumpfig, moberig, faulig, übel riechen. Imper-
fonal : es müffzt. Vgl. muffen 1.
Bayeriſch muffegen (Schmeller II, 554), mittelfi -egen, -3eu (f. b.), mh.
-sen, ahd. -azan, goth. -atjan (b. i. -at-j-an), von der Muff = Schimmel xc.
(ſ. Muff 2). Der Umlaut (d) hat feinen Grund in ben j bes goth. -atjan.
Aber auch mit niederd. & ſtatt f (ff) müchzen, 3.8. „Der Hafer war müdhyenn“
(Muſäus phyfiognom. Reifen I, 42).
+ der Muftt, —'8, Pl. wie Sing. : türkifcher Oberpriefter und zugleich
Oberrichter. |
Das arabifde mufti eig. —= Recdhtſprecher, Geſetzausleger, Weiler, abgeleitet von
arab. fata — Recht Sprechen, über Wahrheit und Hecht in einer Sache mittelk
Antwort belehren.
muh, den Ruf der Kuh u. des Ochfen ausdrückende Imterjection.
Mhd. (um 1370) much! in „und sol Öch daz sölb rint [Rinb) in dam dorf
gön, ... und sol frige [frei] sin und sol schrigen [freien]: much! much!“
(Weisth. I, 440). ©. muhen.
f ver Muhamedäner, —8, BL. wie Sing. : Belenner ver Glaubens-
lehre Muhameds. muhamedäniſch. ber Muhamedaniémus,
Gen. ꝛc. ebenſo, ohne Pl.: Muhameds Glanbenslehre.
Muhamedaner if von dem Maſe. eines neulat. Abj. Muhamedänus, Moham-
medAnus ober Mahometänus (franz. Mahomdtan), wovon wieder ueulat. ber
Mubamedanismus, Mohammedanfsmus, Mahomstanfsmus, unſer Mubame-
danismus. Jenes Adj. aber ik von Muhamddus, Muchammödus, Mahom-
mötus, dem latinifierten arab. Namen bes Stifter bes nah ihm benamien
Glaubens: Muhämmed = „ber ſehr Gelobte, Rets zu Lobenbe”, dem Barticip
von hämida —= loben. Daher ſchreibt und betont man am richtigen bei uns
Muhämmed, gewöhnlich aber Muihameb, ganz unrichtig (wenngleid am ge-
läufigken) Mahomet, wie denn fchon im Mittelhochd. (in dem Sinne eines
Öotte8 ber Saracenen) Mahumöte, gekürzt Mahmöte, Machmöte, Mahmöt,
Machmöt üblich iR, nad franz. Mahomet d. i. jenem Mahomödtus.
übe — üble 147
bie Müße, B—ı: beſchwerende Anftrengung. Zufammen]. : mühe
108; mühevolT, verkürzt mübvoll; das (und bie) Müpfer (ſ. b.),
mit müßfetig (ſ. d.); mühfam (f. d.) ꝛc.
Mit h durch Übergang aus j, deun Mühe, gekürzt Mi (z. B. Gellert Fab.
I, 41), iſt mbb. bie müsje, müsge, mie, mue, gegen ober um 1400 auch vbllig
geliixzt bie ımü, fräg-mbb. and) moi, mittelb. die müwe, mühe (Jeroschin 17462),
mü (ebenda 6886. 8122. 11895. Köpke’s Passional 618, 22), ahd. die muohi
(Notker Ps. 98, 8. 105, 80), mäht (im Boethius), == bridenbe Beſchwerde, Laß,
beſchwerende Auftrengung, von mühen (f. d.). Das Ab}. mühelos erfeint erſt
nenhochdentſch und wirb bereits im 16. Jahrh. aufgelommen fein.
muüben, von der Kuh und dem Ochfen : fehreien, rufen.
Gegen das Ende des 15. Sahrh. muhen (Diefenbach glossar. 77°), 1414 möhen,
im Anfange des 15. Jahrh. mugen (ebenda 869°), 1476 mughen von der Kuh
(Haupt Zeitschr. I, 546, 19), mit w flatt h banı im 15. Jahr. muwen, mowen
(Diefenbach glossar. 869°), 1429 mit Schwinben des Kehllautes müien (lib. ord.
rer.), = brüllen, brummen, weldes ber Lautverſchiebung gemäß mit Tat. mugire
"(migire) = brüflen (vom Rinbvieh), gr. myzein (ut) = mit geſchlofſenem
Mund einen Laut hervorbringen, (durch Brummen) Unmwillen äußern, murren,
mudien, wovon gr. der mygmos (uvyudce) = Ton bei geſchloſſenem Munde,
ſtöhnender Ton, endlich wol au mit fanftr. mudsch (mug’) in der Beb. tönen,
fimmt. Jenes deutihe Berkum wol im Abb. muhhan (?), aber abgeleitet von
ihm, unferm muhen, {iR 1) ahd. muchhan (?) oder mucchdn (?) mnden (f. d.),
bon welchem dann weiter ahd. mäcchazan (?), mäccazan, b. i. uhd. mudzen,
mndfen (f. d.), 2) ein abb. muhhazan (?), mbb. muchezen (?), muchzen,
ſchweiz muchzen (Stalder II, 216, zuaf vom Ton bes Rinbviehes), uhd.
muchſen (f. d.). Zu Grunde aber liegt ber Raturlaut muh (f. d.), mbb. much.
mühen = befchwerend anftrengen. ſich mühen.
Dit h durch Übergang aus j, und fo bei Luther mühen, mittelb. mühen,
mühin, müwen, möwen, aber ımbb. müiejen, müegen, mit Übergang bes j in w
müeswen, mit Ausfoll des Kehllantes müen, ahd. muon, zuerfi muojan (?), bei
Notker (} 1022) in ben Pfalmen muohen, im Boethius und Martianus Oapella
mühen, mit Schwinben bes Kehllaute® muoan in dem mit ge- zufanmengejegten
gimuoan (Graf II, 602), mödan, dann muon, = brüdenb beſchweren, beſchwereud
anfrengen, plagen, Berbruß machen ꝛc., altuord. mfa = Beihwerbe, Berbruß
machen. Die Wurzel if dunkel. Das reflerive ſich mühen erſcheint mittel. in
sich mfhin == fi) bemühen (Jeroschin 16250).
mühevoll, mühvoll, zufammengel. mit die Mühe (f. b.).
ver Mühlärzt; ber Mühl bach = eine Mühle over Mühlen treibenber
Bad; der Mühlberg — Berg, auf welchem eine Winbmühle fteht
oder geftanden bat; ver Mühlburfche, —n, BL. —n, ober gekürzt
Müplburfh, —en, BI. —en.
Ale znſammengeſ. mit die Mühle (f. d.), alfo Hif. richtig ohne das hier bloß
dehnende h Millarzt 2. Mühlbach iR mbb. gegen 1450 ber millibach, ahd.
(nur als Ortsname nachweisbar) mulibah.
die Mühle, BL —n: Räderwerk zum Zermalmen, zum Zerſchneiden
harter Körper, zum Reinigen bes Getreides ꝛc.; ein gewifjes Spiel
uf 3 gleichfeitigen Rechtellen, von welchen das exfte (Heinfte) durch
10*®
148 Muhlenbach — Mühlgaft
das zweite unb dieſes durch das britte eingefchloffen wird, mit 9 gegen
9 Damenfteinen, von denen 3 in einer Reihe im befondern eine
Mühle genannt werden (vgl. Fidmühle).
Mühle, hiſt. richtig ohne h die Mile, wie aud Luther (5. B. 2 Mof. 11,
5. 4 Mof. 11, 8. Matth. 24, 41) bat, 1482 bie mule, mhd. die müle, mül,
felten (nad bem Pl. mülinen vorauszufegen) bie müline, im 15. Jahrh. auf
bie müllin, mülen (?), noch nad einer abgeſchwächten Form die müllen (?) d. i.
wetteranifch bie Minn [neben bie Mill b. i. die Mühle), mittelb. die mulen (im
Zufammenfegungen, |. Mühlen), mule, mul, mole, mol, ahb. die mulän, geliirzt
muli, muli, = Mühle zum Zermalmen bes Getreives, kövnnte wol Ableitung jein
und zwar von dem mittel -i, j von mul in mulans, bem Bart. Prät. bes ver-
lornen goth. Wurzelverbums milan (f. mahlen 1), abgeleiteten ahd. muljan,
fpäter mullen, mulen, mbb. müllen, gekürzt müln, — zerreiben, zermalmen, in
welchem Kalle das Wort in feiner Wurzelfilbe mul mit gr. die myl& (zUAn), ber
mylos (ziRog), = (Hand-)Mühle, Mühlkein und mit lat. (wenn nit o ans a)
die mdla = Mühlftiein, Mühle, ſtimmen würde; basfelbe ſcheint aber vielmehr,
wie die gleichbedeutenden angelſächſ. die mylen (au in bem Adj. mylensosarp
= miüblkeinfharf), altnorweg. die mylna = Mühle, überlommen aus bem flr
jenes lat. Die mola fpäter eingetretene vollsmäßig-lat. bie molina (Ammidnus
Marcellinus 18, 8, 11), von welchem ital. ber mulino, fpan. der molino, portug.
ber moinho, franz. der moulin, = Mühle, herrühren. Jene Aufnahme aus dem
Lateinischen ins Dentfche dürfte noch dadurch befätigt werben, daß ein urſprünglich
beutfher Ausdrud für die Mühle bereits vorhanden war, nämlich goth. (die?)
gairnus [in dem zufammengef. die asilugairnus = Gfelsmühle, Miühlftein], abb.
die quirn, churni, chuirna (ſprich chwirne), bb. die kurn, kürne, kürn,
alıfädhf. bie quörn, angeljähf. oveorn, ovyrn, engl. quern, altfriej. die quörn,
altnord. bie kvörn, ſchwed. der qvarn, bän. qvärn.
ber Mühlenbach, das Mühlenrap, Mühlenfpiels:c.,, jene beiven
mit mbb. die mülen (?), mittelo. vie mulen (j. Mühle Anm.) zus
fammengefeßt, das letzte Wort aber nach dem Vorbilde berjelben ent-
ftanden. Üblich neben ven mit mhd. bie mül Mühle zufammen-
gefegten Mühlbach (f. d.), rad, -fpiel.
Mühlenbach wäre mittelb. die mulenbach (?); Mühlenrad if mittelb. das
mulenrat (Herbort 5474), molnrat. Miühlenfpiel zuerfi 1691 bei Stieler
Sp. 2088, wo „Mülenfpiel.” Über das b f. Mühle.
ber Mühlgaft = Mahlgaſt d. i. Mahlkunde einer Mühle; ber
Mühlinappe = Mühlburfhe; das Mühlrad, mwoneben bas
Mühlenrad (f. d.); das Mühlfpiel, woneben Mühlenfpiel
(f. d.), in beiten Mühle (f. d.) in ber zweiten Beb.; der Mühl
ftein, woneben Mühlenftein. der Mühlweg — beftimmter Weg
zur Mühle; das Mühlwert.
Fir Mühlknappe hatte man im Mhd. ber müleknöht (Nürnd. Polissiord.
©. 167). Mühlrad iR mhb. das mülrat, woneben mittelb. das mulen-, moln-
rat Mühlenrad (j. d.), mulerat (Myst. I, 144, 22); Mühlftein, mhd. ber
mülistein, mülstein, ahd. der mulistein, bann fpät mulestain, mulstain,
woneben Mühlenſtein mittel. ber mulenstein, molenstein, mülnstein, ahd. im
11. Jahrh. der mulinstein; Mühl weg mbb. der mulwöc, mitteld. (1471) molweck
muhlos — Mulde 149
(Eirchenzinsbuch von Gritningen bei Gießen S. 16, 89); Mühlwerk mhd. das
mulwöre (jpät-mbb. and ſ. v. a. Erzeugnis einer Mühle, z. B. Papier ꝛc.).
Über Mühlen- f. die Anmerlung zu Mühlenbach zc., und fiber 5 f.
Mühle Arm.
mühlos, gewöhnlich und üblicher unverkürzt mühelos (f. Mühe).
bie Muhme, Bl. —n : Vater: oder Mutterfchweiter ; Seitenverwanbte ;
[übergetragen auf die] Kinderwärterin.
In ber erfien Bed. iR das hiſt. richtig, wie früher, Mume (b if bloßes Deh⸗
uungszeichen) zu ſchreibende Wort außer dem ebelen Stile durch das jlingere bem
Sranzöfiigen entnommene und in bem 18. Jahrh. eingeblirgerte Tante (f. d.)
faſt verdrängt. Mhd. die muome, mitteld. die müme, ahd. bie mömA, muomä,
muamA, mümä, fpät-ahb. auch mueme, — Mutterfhwefter, im 14. Jahrh. auch
ſ. v. a. Schwägerin, im 15. Jahrh. weiter überhaupt f. v. a. weibliche Berwanbte,
zu Ende bes 15. Jahrh. bei Keifersberg im befonbern auch weiblides Ge⸗
Ihwifterlind (Krifch IL, 673°). Das Wort ſcheint alfe mittelſt Ablauts (uo) aus
fat. bie mamma —= Mutter (f. Mama).
das Mühſal, —, BI. —e : nieberbrüdenbe, abfpannende Befchwerbe
and Anftrengung. Davon mittelft «ig : mübfelig (i. d.).
Bei Boß (nah dem Vorbilde bes ins weibliche Gefchlecht übergeſchlagenen
„Trübſal“) die Mühfal Mhd. das milejesal (?), muogesal (Martina BI. 258,
101), miüesal, mitteld. das mülsesal (Jeroschen 18987. 16979), verfiirzt müsal,
— ängftlidh beforgte Thätigfeit (Köpke’s Pass. 888, 57), ahd. das muohisal (?),
mittelſt mbb. -s-al, ahd. -is-al (f. »fal), von Milhe abgeleitet. Das Adj. milh-
felig, bei Luther Matth. 11, 28 müheſelig, mit bem altbergebraditen Um⸗
faut e und fpäter nur pebantiih auch mitunter mübfälig gefchrieben, if hochd.
im 11. Jahrh. muosslig (b. i. muoselic), mhb. müesalig.
mühſam, gekürzt aus älterem müheſam (Kramer teutfch-ital..
Wortb. 786. Stieler Sp. 1297), zufammengef. aus Mühe und
sjam. Weitere Zufammenf. ift bie Mühſamkeit, früher Mühe
famtett (Kramer Stieler).
mühſelig, keine Zufammenf. mit felig, fonbern abgeleitet von Müh-
fat (f. d.). mühvoll, üblicher unverkürzt mühe voll, f. Mühe,
t der Mulatte, —n, Pl. —n: von einem Weißen und einer Negerin
oder einem Neger und einer Weißen Erzeugter. Davon die Mulattin.
Uns ſpan. unb portug. der muläto, urfpr. — Alömmling von HeugR und
Sein, Mauleſel, alfo von lat. der mälus = Maulthier, Manleſel (f. das
Maul 1). Die Ableitung aber if eine abjectivifhe und fo muldto zunüchſt Ad⸗
jectin.
bie Mulde, Bl. —n: Iangrundes, etwa einer halben, ver Länge nach
getheilten Walze ähnliches ausgehöhltes Gefäß. 0
Schweiz. die Muelta (Tobler 825°) — Badtrog, 1598 die mnelten
(Helber 47). Erf im 15. Jahrh., wenn auch fpärlih, die mulde (Diefendach
glossar. 27%), molde (Mone Anz. VIL, 802, 86), und bie muolte (8. Galler
Ordnungen ©. 193), nieberb. die molde und mittelR Lautangleihung (ld zu U)
molle. Durch Abſtoßung des auslantenben r gekürzt aus dem gleichbeb. mhd. die
multer (jo auch im voc. theut. von 1482 BI. aa6®), felten muolter, ahd. bie
mulbtre, mit Ausfoßung des h unb bamit vielleicht nebenbei Übergang bes u
150 Mull — multiplicieren
auch in uo bie multera, muoltera, muoltra, im 12. SJahrh. mältere; jenes
mulhtra aber ift entlehnt aus Tat. bie mälctra — Mellkübel, Gefäß beim Meilen,
wie denn auch noch im voc. theut. von 1482 Bl. 18° mulchter = Meiftlibel vor-
tommt. Die Korm der Mulde if urfprünglich der des alten läuglihen Mellge⸗
füßes ähnlich.
das Mull, —es, ohne BL. : Iodere Erbe, Stauberbe, Schutt.
Das nieberb. mull, neunieber!. die mul, durch Lautangleichnng des d, t ans
einem nieberbentfen muld [nad muldhoop = Maufmurfshügel], ahd. die molt
(Graf II, 718), eins mit ahd. bie molta, goth. mulda — Staub, lodere Erbe
(f. Maulwurf).
der Müller, —s, BI. wie Sing. : wer mit der Mühle zu arbeiten
verfteht, der Befiger einer Mühle; [in der Wetterau auch :] ber
Schmetterling (ſ. Mahler 1). Davon die Müllerin. Zufam:
menf. : ver Müllerburfhe, Müllerburfh, = Mühlburfche
(f. d.); der Müllerefel; ver Müllerfloh = Laus.
Müller, er zu Anfange bes 16. Jahrhunderte häufig myller, miller, müller,
muller, (mehr niederrheiniſch) moller, im 15. Jahrh. ber müller, mullöre, früher
felten, body im 14. Jahrh. ſchon ber muller (LiederSaal II, 478, 82. 476, 134.
477, 159. Voc. opt. S. 22°, 54), mittelb. ber muller, (1441) möller [heute ber
Familienname Möller], koönnte duch Lautangleichung (ll aus It) aus mittellat. der
multor (voc. opt. ©. 22°, 55) d. i. lat. mölitor [von mölere mahlen] = Müller
fein [ber Umlaut im Dentfhen (ü) dann Wirkung bes i zwiſchen 1 unb t trog bem
Ausfall im Mittellateinifhen], ift aber vielmehr durch eine anbere Lautangleihung
(1 ans In) aus bem weitaus üblicheren mhd. Ausbruck der mülnsere, ınlilnsere,
mtilner (Minnes. III, 848*, 7. 9ff.), müllener, der mülnere, molner, ahd. (mur
einmal unb zwar im 11. Jahrh. bei Graf II, 712) mälinari, mälnari, altſüchſ.
mäüleniri, altnorb. der mylnari, weldes ans dem von lat. bie molina Mühle
(f. d.) abgeleiteten, fiir das ältere mölitor eingetretenen mittellat. ber molinArius
== Miller [moraus and) ital. der mulinäro, fpan. der molindro, franz. ber meunier],
und nhb. der Müllner, weldes nod 1691 Stieler Sp. 1308 neben Müller
anflihrt, iſt jegt nur Familienname. Fir Mtillerbnrfche, -burfch erfcheint im
Mhd. der müillerknöht.
ber Müllner, —s, BL. wie Sing, f. Müller Anm.
ver Mulm, —es, Bl. — : von Würmern zu Staub (Mehl) ger
freffenes oder auch verwittertes Holz, ausgewittertes Erz; Holzfäulnis;
Iodere, weiche Erbe (Vo Lanbb. 2, 204); wie zu Mehl Auseinander-
gefallenes (Göthe XI, 94). Davon mulmicht, mulmig, Adf.
Mulm 1691 hei Stieler Sp. 1802, und das Berbum mulmen = Staub
maden, Staub aufwirbelm, 1668 bei Schottelius ©. 1866; aber weber das
eine nod das andere aus dem hp. u. Abb. nachweisbar. Wbgeleitet von mul
in mulans, dem goth. Bart. Prät. bes verlornen Wurzelverbuns milan (f.
mablen 1 und Mühle). In Iufammenf. ver PL. Milmtheile bei Göthe
LX, 198. Das Adj. mulmicht, mülmicht, beibes 1691 bei Stieler a. a. O.;
aber mulmig bei Boß Dvib Nr. 9, 42 u. Lanbb. &. 16°.
+ multiplieteren == vervielfältigen d. h. eine Zahl fo vielmal
nehmen, als eine andere Zahl anzeigt. die Multiplication =
Vervielfältigung. Zuſammenſ.: das Multiplicationserempel.
Mumie — Mummel 151
Does Berbum multiplicieren iR aus dem ans multas == viel und plichre
= falten zuſammengeſ. lat. multiplichre == vervielfältigen, von beffen Supinum
multipliodtum baum lat. bie multiplioätio abgeleitet, welches Thon wie bas aus
biefem entlehnte Multiplication gebrandt wirb.
f bie Mumie (Zfilbig), PL. —n : einbaffamierter eingetrodneter Leich⸗
nam ber Vorzeit.
1678 die „Mummia, [BL] Mommien“ (Kramer tentih-ital. Wortb. 787°),
1706 „mumien, monmen“ (Ludwig engl.-teutfdh. Lex. 455°), 1711 „Momie,
Mumie (RAdlein 645°), wie neunieberl. die mummie, mommie, engl. mummy,
aufgenommen aus ital. die mämmia, franz. bie mumie, momie, welches aus bem
gieiäbebentenben perſ. mümija von Perf. (und bann auch ins Arabiſche und
Türkiihe Übergegangen) mum = Wade. Die Berfer und Babylonier überzogen
nämlich ihre Todten mit Wachs (f. Zerodot 1, 140. Strabo 16, ©. 746).
de Mumme, Bl. —n, ein ftarfes (doppeltes), fehr dickes, dunkelbraunes,
fügliches Hopfenbier.
1716 bei Lnbwig &p. 1270 die „Mumm ober mumme” Wan leitet den
Namen von Ehrikian Mumme ber, ber es 1492 zu Braunſchweig zuerſt ge»
brant haben fol. Aus bem Deniſchen if dann niederl. im 16. Jahrh. bie
momme, gelürjt bie mom, engl. mum, mom, mundarilich⸗ſchwed. bie mumma
(Biets 477°).
die Mumme, Pl. —n : verlarute Perfon; Verkleidung. Zufammenf.
mit dem Gen. BL. find : pas Mummenfpiel (Göthe XX VI, 166),
veraltet bie (auch der) Nümmenſchanz = Maſterade, d. h. Tanz
oder Nuftbarkeit verlaruter (vermummter) Perjonen.
Mumme, 1475 eleviſch (im Teuthonista) die mumme = geipenfterartige, ver-
farste Berfon, etwas fpäter am Wieberrbein aud) momme (ſ. Diefenbach glossar-
319%) = Larve, neuniederl. die mom == Larve, Mafle, 1599 nieberl. momme ==
Maſte und WMaflierter (Kilian 822°). Wol, zumal wenn man „von ainer alten
kue [Ruh] — die was [mar] gehaissen mu mme* [== bie bloß Brummende) bei
Wolkenstein (} 1445) Nr. 6, 71 vergleicht, von mummen = umverläublich
dumpf ſprechen (ſ. Jacob Grimm Mythol. 478), weldes Stieler (1691) Sp.
1805 verzeichnet und wor ihm (1668) ale ein „Lautwort“ in der Bed. „mum mum
fagen” Schotteline S. 1866 (f. au mum meln). Die Mummenſchanz
(GBthe XLI, 22. 147), im 16. Jahrh. die momschans (Aimmerifhe Ehronit
II, 889, 18), welches aber zuerſt, da die Schanze = Glüdswurf, Spiel (j. -
Schanze 1), das Wilrfelfpiel um die Zeche (darum wer die Zeche zu zahlen hat)
bebentet, wie Mumſchanz bei Hans Sachs I, 170° vorfommt Bon jenem
Borte dam bei Göthe XLI, 10 das Min. mummenfhänzlid.
ber Mummel, —s, BI. wie Sing. : unheimliche (Schred-)Geftalt.
1605 bei Zulsius 100° Mummel == Geſpenſt. Nach dem von Diefenbach
glossar. 819® verzeichneten mittelnieberd. &n mume linx hovet — Larve, Maſle,
muß ein diefem ber mumelino zu Grunde Tiegenbes ber mumel (bemn -ino if
Ableitungefiibe) fhon 1420 vorhanden geweſen fein. Diefes aber nun kommt,
vooranf an Jacob Grimm Mythol. 478 Hinweik, von mummeln (f. d.).
die Mummel, Mümmel, und davon bas noch üblichere Dim. das
Mümmelchen: bie weiße ober gelbe See-, Wafferlilie, nymphæa
alba und lütea. Auch das Mümmelfrant.
1852 mummeln — mumpfeln
Ans dem Niederdentſchen Mummel ſcheint [weil eigentlich eine weibliche Berfon
bezeichnend] mit Wandlung ins weibliche Geſchlecht (Bo ß Iyr. &eb. III, 150) bas mhb.
bas müemel = Mühmcden, welches, ein koſendes Dim., da das umverfleinerte mbb.
muome (unfer Muhme) als tranlihe Benennung eines weiblichen Waffergeiftes
verwandt wurde (f. Jacob Grimm Mythol. 487), auf die in Seen, überhaupt
in Woflern, dem Aufenthalte der Waſſergeiſter, wachſende Lilie Übergetragen
worben fein muß, zumal biefe nad nieberfähftihen Bollsglauben fiir bie Water-
mamken Waffermühmden, d. i. bie weiblichen Waffergeikter, blüht (ſ. Boß zu
feiner Luiſe 1, 727) und bie gelbe Waflerlilie auch Nirblume beißt (j. Boß zu
Idylle 12, 21, wo Mümmelchen, das Dim. bes Dim. Mimmel). Oper
folte, da base Mümmelden im Niederd. Mümmelken, nicht Mamelken heißt,
Mummel (f. d.) eine dumpfrauſchende Waſſergöttin bebenten, und mehrere Seen,
bie das Voll von Kiren bewohnt Date, heißen Mummelfee.
mummeln = bie Stimme brummend, in bumpfen Lauten bören laſſen
[1678 bei Kramer mummelen], in brummenven oder doch dumpfen
Lauten fprechen, befonders unverftändlich, murmeln.
Diefe legte Bed. bei Luther (Jeſ. 29, 4 Joh. 7, 32); nieberd. mummeln,
nieberl. mommelen, = in ben Bart brummen, in fi hinein ſprechen, mittel-
nieberl. mömmelen == munfeln (hor. beig. VII, 18°) ; entiehnt ans bem Dentfchen
if isländ. mumla = murmeln, murren, ſchwed. mumla (aud = „brummen wie ein
Bär”), dän. mumle. Einer und berfelben Wurzel angehörig mit ahd. mämmaldn
in löffsmammalön = flammeln (Diut. I, 580° und Graf IL, 728). Stammmort
von mummeln iſt eim einfacheres, freilich er im Nhb. und and) da nicht vor dem
17. Jahrh. nahweisbares mummen (f. die Aum. zu Mumme 2), neben welchem
1668 Schottelius S. 1866 mummeln ale Diminutiv verzeichnet.
mummen, das veraltete Stammmwort von mummeln.
©. die Anm. zu Mumme 2.
mummen — (buch Verhülfen, namentlich des Gefichtes) zur Mumme
machen, unfenntli machen, verlarven. In eiumummen, ver
mummen. Bon bie Mumme 2.
Jenes einmummen uod im 18. Jahrh. aber vermummen = „verlarben“
mit vermummt bereits 1678 bei Kramer tentſch⸗ital. Wortb. ©. 1106® fowie
das von dem Berbum abgeleitete die Bermummung — Maflerade ebenda
S. 11070.
das Mummenfpiel, die Mümmenſchanz, ſ. Mumme 2.
bie Mummeret, BL. —en : Vermummung; Mummenfptel,
Bei Schiller d. Picc. 8, 4 Mummerey; aber 1716 die „Mummerey
ober maskerade ein aufzug von verlarveten perfonen” (Ludwig Sp. 1270).
Nieberd. die mummerie (4filbig), 1599 nieberl. die mommerije (Kilian 322®).
Das Wort kommt von nieberl. im 16. Jahrh. der mommer = Majlierter (Xilion
a. a. D.) von dem gleichzeitigen nieberl. mommen — ſich maffieren (ebenda);
ebenfo if von mummen 2 abgeleitet der Mummer, mweldies 1691 Stieler
Sp. 1805 in dem Sinne von Murmeler ꝛc. (f. mummen 1) anführt.
muimpfeln = im Munde hin und her bewegend mühſam kauen.
Im Hochdeutſchen unüblich, aber die Form mit pf if hochdeutſch. Niederd.
mumpeln, bereit8 1599 nieberl. mömpelen neben möndpelen (Kilian 823°
u. 823°), mit ber abgeleiteten Bedeutung leife, heimlich reben, murmeln, gleichſam
Dünd — Nänte 153
Imenb fpredden; 1475 ciesif$ mumplien == als heimliches Gerede erzählt werben.
Das einfache mumpfen zeigt ih in bem ans bem Wiederb. entfehnten isländ.
mumpa == bie Baden füllenb in den Mund nehmen, woneben islänb. ber mumpr
= (biter) gefränufelter . Bart.
ee Münch, f. Mönch. Alt, mundartli und ale Familienname.
er Mund, —es, PL. —e (aber auch aus dem Mäp. noch Münde):
Offnung des Kopfes zum Einnehmen ber Nahrung und zum Sprechen;
Öffnung einer Höhlung. Davon : das Mündchen, obert. u. am
ſcheinend feierlicher das Münplein, Dim. ; münben(f. b.); münden
(.d.), wovon die Münde (f. d.) und bie Miünd ung. Zuſammenſ.:
vie Mundart (f. d.), munblos ıc.
Bei Mund vgl. in Hinſicht anf Sinnverwandtſchaft das Maut, welches aber
füen Bei Luther Bir. 21, 28 einen Anſtrich von Unebelm bat und im 17. Jahrh.
als etwas härter gilt (f. Stieler Sp. 1254), fpäter vom Menſchen als derb und
nnebel. Mh. der munt (Gen. mundes, Pl. münde, feltener munde), felten für
Mauf und auch für Öffnung, ahd. ver munt, eig. mund (BI. die mundf, welches
ubd. ohne Umlaut Munde iR), geth. der munbs, altſächſ. mit Ausſtoßung bes n
und besbalb A der müth, mid, angelfädf. der mAd (au == Eingang, Thlire),
engl. mouth, nieberl. ber mond, altfrief. der mAth u. mund, mond, altnorb. ber
munnr, müdr, in ber angegebenen erften Bebentung. Die Herkunft if dunkel ober
doch jehr unfiher. Der BL. Munde z. 8. bei Voß Ovid Mr. 86, 258 u. bei
AB. Schlegel Shalefpeare’s Julius Cuſar 3, 2; aber au der im Mhd. liber-
wiegende Pi. Münde z. B. bei Steinhämel (f 1482) Decameron BI. 1194,
Slemming (} 1640) 856, Lohenſtein (in bes Herrn v. Hoffmannswaldan zc.
Geb. L, 257), Cla udius IH, 83; felten Münder, wie z. B. 1. W. Schlegel
Shakeſpeare's Heinrih ber Fünfte 3, 1 umb Chamiſſo VI, 118 haben. Das Abi.
mundlo® if angeljädhf. müdleäs.
bie Mund — Schuß, gejetlich obliegende Sorge für eine Berfon, bie
zechtlich nicht allein für fih hanveln kann. Vgl. Vormund.
Schon im 17. Jahrh. veraltet. Mhd. u. ahd. die munt (Pl. ahd. muntt, mh.
münde, alfo nhb. vie Münde), goth. die munds (?), angelſächſ. die mund, == bie
Nahe Hand, die Hand [((3. B. auch im angeljähl. ber mundgripe == Hanberiff),
und auf biefen Begriff „Hanb“ if altnord. die mund beihränft], Gewalt liber eine
umfelbkänbige Berfon, Schutz, Schirm, altfrief. ber mund, mond, = Schuß, Schirm.
Das Wort fheint wurzelverwandt mit lat. die minus = Hand, und wie bie Be-
griffe Hand“ und „Schug” fi verbinden, zeigt außer diefem mänus z. B. mh.
in eines hant (Hand) stAn ober sin, weldhes ben Begriff „in Einee Gewalt
Kehn oder fein“ ausdrückt (ogl. Grimm Rechtsalterth. 447). Unverwandt aber
"iR es mit lat. munfre — f&ligen, zumal da biefe® nicht u, fonbern A hat. .
das Münpchen, Dim. von der Mund (f. d.), auch f. v. a. Kuß.
die Mundart = Bollsfprache einer Landſchaft, Dialer.
Minden, 1678 Mündgen (Kramer teutſch⸗ital. Wortb. 787°), im 16.
Jahrh. niederl. Da mondeken, iR Dim. von mond Mund. Mundart (f. auf
Dialect) bereits 1645 bei Chriſtian Gueing beutfhe Rechtſchreibung in ber
Zueignung.
die Münde, BL —n: Ort (Stelle), wo ein Fluß ꝛc. mündet.
Dei Voß Horaz Sat. 2, 2, 28, 1691 bei Stieler Sp. 1808. Das faft nur
in Drituamen üblide Wort würde im Mhd. die müinde, im Ahd. die mundi
154 Mündel — Munde
Ianten und iR von münden (f. b.) abgeleitet. Dagegen wurde bush Zuſammen⸗
jegung mit ahd. ber mund ber Mund das urfprünglicde ahd. Eollectiv das
gimundi = Duelle (eig. Waſſermund, Ouellenöfinung, Erguß bes Gewäffere),
Mündung, mhd. das gemünde (?), angelſtichſ. das gomyd (?), unfer nhd. in Orte-
namen vorkommendes das Gemünd, gebilbet.
ber Mündel, —s, Pl. wie Sing. : der vaterloſe oder verwaiſte Un-
mündige unter gejeglich beftelltem väterlichen Schutze.
Leffing J, 476. Unriätig find das und die Mündel; doch wird nicht felten
bon dem weibliden Mündel neuhochdeutſch die Münbel, Bl. —n, gefagt. Das
Wort, aus bem bei Friſch I, 678° angeflihrten, mittelſt -el (altſüchſ. i1) von bie
M und (f.d.) abgeleiteten gleichbebeutenben mittelnieberb. mundel, altfrief. mondele,
fdeint, da es 1691 bei Stieler fehlt, hochdentſch im 17. Jahrh. noch nidt geläufig,
wird es aber dann nach ber Mitte bes 18. Jahrh. Nah Friſch a. a. O. findet fi
früher nenhochbentih das Miinplin, Mündlein; aber im Mb. kommt, mittelſt
-lino, uhd. -Ling (f. d.), von jenem bie Mund abgeleitet, ver mundelinc (f.
Lexer mhd. Hndwtbch I, 2329), vor, weldjes, wie mündeling (Weisth. VI, 898
n. 400 zeigt, aber and f. v. a. Bormund bebentet. In jenem obigen Sinne 1686
Münplig (Beyher Lex. Sp. 427) unb noch bei Friebr. Leop. Stolberg.
munden == wol zu Mund gehen, gut jchmeden.
Hoſfiſcher Aushrud and der erften Hälfte bes 17. Jahrhunderts. Bgl. Moſche⸗
roſch Philander v. &. IL, 16. Auch bei Schottelius Sp. 1866.
münden = ſich ergießen, von Waſſer in feinem Laufe; fich zum Aus-
gange Öffnen, von einer Höhle zc.
Abb. munden [b. i. mundan (?), eig. mund-j-an (?)] = ſich in einanber er-
gießen, mittelft i, j von ahd. ber mund (f. ber Mund) abgeleitet. ©. bie Münde
und bie Mündung.
7 mundieren = bereinigen, ins Reine fchreiben. Davon die Mun-
dierung.
Bereits im 17. Jahrh. mundiren, ans lat. mundäre = reinigen von dem
lat. Abi. mändus == fauber, rein.
mündig, Adj., = bem Alter nach fähig, fich geſetzlich felbft vorzu⸗
ftehen, majorenn (f. d.). Davon die Mündigkeit.
HD. müindic (Minnes. III, 79*, 4), mittelb. mundio, mundig, ahd. mundio (?),
I6fänd. myndugr, von die Mund (I. b.).
der Mundkoch = Roc bloß für die herrfchaftliche Tafel. der Mund-
leim = durch Neben mit dem Munde HMebender Leim. das Münd-
fein. mündlich. das Mundloch (f. Loch) = Aus- u. Eingange-
öffnung einer Höhlung, auch im Bergban. ver Mündſchenk (gefizt
ans Munpfchente) —en, Pl. —en.
Mündlein, mbb. bas mündelin, if abgeleitet von und alle anberen find
zufammengef. mit der Mund (ſ. d.) Mundleim und Mundſchenk bereits im
17. Jahrh. Das Abo. mündlich mittel. muntliche, gekürzt nud nad Süden
vorgebrungen müntlich; das Adj. aber iR erſt uhd. nachweisbar. Mundloch im
15. Jahrh. das muntloch (ZLexer mhd. Handwtbch I, 2284), ahd. das muntloch
[= $rater eines Bulcans (Notker Boeth. &. 14, 16)].
ver Munde, —es, PL — : Kuß anf den Mund. Don mundfen
= auf den Mund küſſen.
munbisbt — munter 155
Beibes wertrmätbiih (Schmibt 119), das Berbum von Mund abgeleitet.
Ebenda auch das Dim. das Munbshen; ſchweiz. mit biminutiver SZärtlichleite-
endung (Stalder Landesſprachen ber Schweiz 255), bei ber »f-i in »-fch-t fi
vergrößert (ſ. & und fd) das Mündſchi oder, wie Jeremias Gotthelf
fhreibt, Müntſchi.
minbtodt, bj. : der Gewalt, fich felbft ober Andere zu vertreten,
verluſtig. Zufammengef. mit ver Mund (f. b.).
Erf gegen Ende bes 18. Jahrh., und zwar, wie e8 ſcheint, Überfegung von
franz. mort de bouche (Heynag Antibarbarus II, 266).
bie Mündung, Bl. —en, von münden. ©. der Mund.
ver Munppvoll, ohne Biegungsendung und zwar auch im PL. : foviel
Speife daß davon der Mund voll ift.
Unbiegbare Zuſammenſchiebung aus der Muud und bem Adj. voll mit dem
Geſchlechte von Mund. Schon mhb. ber muntfol (ZiederSaal III, 406, 282) b.
i. muntvo] aus dör munt vol, wie mbb. die hantvol bie Handvoll aus diu
hant vol (Wolframs Willehalm 828. 29). S. muffeln.
fble Munition, ohne PL. : Kriegsvorrath, Schießbedarf.
Ansbrud der Kriegerſprache, bereits im 17. Jahrh. ans franz. die munition,
ital. Die muniziöne, = Borrath, Bebarf, welches aus lat. die munftio =e Befekigung,
Befefigungsmittel, von munire == mauern, verſchanzen, verwahren c. Im 16.
Jahrh. die Municey, 3. B. „Seht fehlt Pulver, daun Bley, — Bnd anber
Municey“ (Hanse Sachs I, 247®); im bemfelben Jahrh. nieberl. die munitie.
munfeln = in ber Weife eines dunkeln Gerlchtes wovon ſprechen.
es munfelt = läuft als dunkeles Gericht um.
Die Mebensart : „im Dunkeln ift gut munkeln“, fon bei Moſche roſch Phil-
ander v. ©. I, 131 und im Rieberbeutfhen, wo munkeln == heimlich jagen, heim⸗
lich thun, aber auch ſ. v. a. dunkeln, dämmern, ſich trüben, nieberl. im 16. Jahrh.
monckelen == leife reden, daneben mıhb. der munkel = heimlicher Streich (? Helbling
1, 399). Das zu Grunde liegende einfahere munden findet fi im 16. Jahrh.
und bebentet auch „mürriſch, verbrießlih thım“ (Schmeller II, 600), mittel»
nieberl. monken = mommelen, munfeln (hor. beig. VII, 18°), 1599 moncken
auch f. v. a. das Geſicht nuwolken (Kilian 822), Dunkler Herkunft und unver-
wandt mit mınden.
ber (eig. das) Münfter, —s, BI. wie Sing. : Stifte, Hauptkirche.
Bei Göthe, in der Wetteran zc. Maſculinum, wie mittelniederl. ber monster
(kor. beig. IIL, 146), aber ınbb. ba® münster, munster, ahd. das mönastri,
mönistri, mänusturi, fpät münister, eig. = Kofler, dann Kloſterkirche, altnieberb.
monster (gl. jum. 817), angelfädf. das mynster, altnorb. das müstari, — Klofter,
aus gr.-Iat. das monastärium, gr. das monastörion (uovaorı;gıov) = Klofter,
Ort wo man einfam (gr. monds, |. Monabe) lebt.
minter = rege zum Sehen; regfam zu Streben und Thun; ange:
nehm lebhafte Stimmung äußernd ; angenehm lebhaft geſtimmt. Da⸗
von muntern in aufmuntern, ermüntern [= munter —
auch ſ. v. a. „munter werben“ (Göthe V, 225)]). Zuſammenſ.:
Münterkeit.
Das Adj. munter, noch 1606 bei Fultius 100° munder, mihd. munder,
ud noch munter, == lebendig, in reger frijcher Lebenskraft fi äußernd, wachſam,
156 Münze — miltbe
abb. muntar, bei Notker munder, goth. mundrs (?), gehort zuſammen mit goth.
mundön sis [fiü] == worauf binfehen (Philipp. 3, 17) unb bie mundrei =
Ziel (Phil. 3, 14), welchem Sub. das ahb. bie muntart (?), muntri, mundri
[die neub. die Muntre wären], = rege Strebfamleit, Emſigkeit, entſpricht,
wofür nhb. die Munterkeit eintrat, welches im 17. Jahrh. geläufig if. Das
goth. die mundrei, ahd. muntari aber fommt von jenem goth. mundrs (?), abe.
muntar, gleihwie von biefem Adj. goth.’ mundrjan (?), ahb. muntran [b. i.
muntarjan (?)], mbb. mundern, = munter, wach maden, aufweden, unfer
älteres muntern, abgeleitet iſt, welches trog dem ableitenben -i, J ber altem
Sprache ohne Umlaut blieb.
bie Münze, PL. —n, die ftarfriechende Pflanze möntha.
Zwar alt, aber ungut flatt Minze (f. b.).
bie Münze, Pl. —n : geprägtes Metall, Gelpftäd; Haus zur Prägung
des Geldes. münzen = Gelb fohlagen. ter Münzer. Zufam-
men‘. mit Münze: das Münzamt, ber Münzmeifter ıc.
Münze, mbb. die münze (au — Münzrecht), ah. die müniza, münizze,
müneza, munza, unb auch der muniz (Tat. 126, 2), = Gelbftiid, angelfädhl.
mynet, altnorweg. bie mynt, ift aufgenommen aus lat. die mondts = Miinz-
ſtütte [weil in dem Tempel der Jüno Mondta bie römiſche Münze war], Gelb-
ſtück, wovon mittellet. monetäre = Gelb ſchlagen und lat. ber monetärius =
Geldſchläger, aus welchem leuten abb. ber mänizari, münizzeri [= Geldwechs⸗
ler, Wehhfelmälier (Ttian 149, 7)], münizere, münezare, münzare, mbb. ber
münzere (aud == Geldwechsler, -bänbler), munzer, altfädjf. ber mäniteri,
unfer Münzer, wie aus jenem Berbum das ahd. mänizön (au — Gelbwedhfel
treiben), mbb. münzen, altfädfe mänitön, angelfädf. mynetian, unfer münzen.
bie Mur (u gebehnt), BI. —en : Sand und losgebrochenes zerſtückeltes
Geftein, welches von ben Höhen in die Thalebenen niebergerollt (bie
trodene Mur) oder auch von Wetterbäichen herabgeſchwemmt (bie
naffe Mur) worben if. Zuſammenſ.: dr Murbruh = Erb-
fall, Sandlawine.
Sieb Schmeller I, 612. Im bayerifhen Gebirg und in Tyrol. Das Wort
erinnert an Überlommen aus ital. die mora = Haufe abgehauener Zweige zc.,
wozu fpan. der mordn — Hligelden, franz. (im Chamouni⸗Thal) die moraine
du glacier = „Steingerölle, worauf dei Gletſcher aufzuftgen pflegt“, gehören und
welches auf das mit märbe (ſ. morſch) nit ohne Wahricheinliähleit aus Ciner
Wurzel bervorgegangene isländ. das mor — feiner Staub binzuweifen ſcheint.
+ die Muräane, Bl. —n, dem Yale ähnlicher eßbarer Seefiſch.
1540 bei Alberns dietionAr. Bl. ꝗ80 „ein muren”, zu Anfange bes 185.
Sahrh. bie mur&n, fpäter in demfelben Jahrh. die mur&ne (beide Diefenbach
glossAr. 872°), fpät-mbb. Die mur&n (Megenberg 242, 82. 254, 17ff.), aus gr.-Iat.
* Die mursna, mur&na, gr. bie mfrains (udocıme) von der myros (uUpoc), wie
eine Art Meeraal beißt.
mürbe, auch gekürzt mürb, Adj. u. Adv.: bis in die Meinften Theil⸗
chen zerfallend; im Munde leicht zerfallend. Davon die Mürbe —
Eigenfchaft des Mürbfeins.
Das Abj. mürbe ſchon fpät-mhd. mit b ans w (f. B), denn mhb. mürwe,
gekürzt mür, mittelb. murwe, mure, mur, fpäter auch morwe [nod) wetterauiſch
Murmel — Murner 157
morbl, chd. märuwi, fpäter gellirzt murwi, and, fpäter muͤrero, murwe neben
maro, märawi (f. morſch Aum.), 1475 cleviſch m. mittelnieberl. morwe, == zart,
leicht verlegbar, leicht brechend (auch von Speiſe), gebrechlich, ſchwach. Das davon
gebildete Adv. lautet mitteld. mur, das Subſt. die Mürbe mhb. u. mitteld. bie
mür, ahd. Die märuwt, murwi, neben bie märawi, märiwi, marwi. Über bie Her
funft des mittelft -w (-uw) abgeleiteten Wortes |. morſch. |
vr Murmel, im Naſſauiſchen 2c. was in Thüringen Märbel (f. d.)
und bei Göthe der Schuffer (f. d.).
Das abd. der mugrmel (voc. Kerbnis ©. 198«, 195) neben marmul Marmel
(f d.).
mw Murmel, —s, BI. wie Sing. : Gemurmel, Murren.
Roh bei Luther Apoſtelgeſch. 6, 1 (mo nee Ausgaben gegen Luther „Mur
mein“ haben); noch 1605 bei Ziulsius 100°, bann veraltend. Mhd. ber murmel
mit ans r erweidhtem 1 neben murmer (f. 3. B. Barlaam 879, 81 unb bie Les⸗
arten hierzu S. 459), = Gemurmel, .Gemurre, im 12. Jahrh. der murmur (am
Kampfgetöſe. Zolandslied 189, 8), entlehnt ans lat. da6 murmur = Gemurmel,
Brummen, Getöje.
murmelu = unvernehmlich hören laſſen oder fprechen in durcheinander
fih verlierenden Tönen ; fanft rollend raufchen.
Bei Luther (1 Betr. 4, 9. Sub. 16) murmeln, bei Dasypödise 886% mnr-
melen unb Serränus dictionfr. Bl. k1* murmulen unb p4? murmeln, mhd.
mürmelen, murmeln (auf = murren, unwillig fi äußern), mittelb. murmeln
mb mormeln, ahd. märmulön, burd Angleichung des zweiten u an das folgende
6 murmolön nnd durch Abſchwächung biefee u murmilön, mit aus r erweichtem 1
(1. 2) neben unb aus murmur6n, murmorön, fpäter murmerön. Aus dem
von lat. ba8 murmur (f. Murmel 2) abgeleiteten lat. murmurfre == murmeln,
brummen, murren, rauſchen.
das Mirmelthier, —es, Pl. —,, das wegen feines langen Winter⸗
ſchlafes bekannte ſchwärzlichgraue Nagethier.
1482 das murmeltir, im 14. Jahrh. murmeltier (voc. opt. 88, 61), neben dem
im 15. Jahrh. hier und ba vorkommenden ba8 mormer dyer (Diefenbach glossar.
268°), murmur tier (beffen nov. glossar. 186°), biefe wie jene Formen volks⸗
mäßigbeutfch ober deutſch verſtändlich umgebilbet mitteln Anlehnung an das Subſt.
Murmel 3 (f. d.) und an Thier aus ber noch in ſchweiz. Murmende,
Murmeten (Stalber II, 220), — deren Dim. ſchweiz. Murmetli, bayer. das
Rurmentel, lautet, — dann in den ahd. und zwar ber Schweiz angehörigen das
mürmenti (Notker Ps. 108, 18), im 9. Jahrh. der märemunto (Graf II, 859),
feäh-mpp. ebenfalls aus der Schweiz das mürmendin (Reinhart 1848), erhaltenen
churwilſchen Benennung murmont, weile aus lat. ber mus montAnus [woraus
itel. zuert etwa mure montäno?], genauer, wie bei Notker a. a. D. flieht, mus
möntis, == Vergmaus, ahd. müs pörgis, hervorgieng und ſich zu bem heutigen
ital. der marmötto, bie marmötta, franz. bie marmotte abänberte.
* (ber) Mürner, der Name des Katers
im Froſchmenſeler (1595) nnb der Kage im Efel König (16256). Eigentlich,
wie der Rame Thomas Murner (f um 1586) zeigt, Mannsname, mit nnor-
ganiſch eingetretenem n (f. -ner) wol nicht von bayer. bie Murren (Schmeller
II, 612) d. i die Murre, mhb. murre (?), = krummes, verdrießliches Manl,
ſendern vielmehr von murren (f. d.) wouach Murner (mit Ausſtoßung eines x)
158 murren — Muſceate
== wrrifher, zänlifger Menſch, welcher Rame, bem Kater beigelegt, auf deſſen
Brummen und Heulen zu gewiflen Zeiten gegen Seinesgleichen aufpielen blzfte.
murren = unzufrieden brummen. Davon mürriſch. Zuſammenſ.:
ver Murrtopf, in Nürnberg ber Murrfater.
Senes murren, in Bocabularen bes 15. Jahrh. murren, morren (f. Diefen-
bach glossar. 872°), = lat. murmuräre (j.murmeln), altnormweg. murra (Fris-
ner 459°) wie unfer murren, iR aus einem aus jenem fat. murmuräre gekürzten
gleichbebeutenben mittellat. murräre. Althochdentſch wilrde hiernach murrön gefagt
worden fein. Das ahd. Abi. mürriſch bereits bei Luther Jeſ. 42, 4. Daneben
die umlautlofe Form murriſch, im 18. Jahrh. bei norb- und miıtelbeutfchen
SchriftKellern, 3.8. bei Hageborn Fabeln (1788) ©. 49, bei Günther ©. 191;
wetterauiſch morrsen. Murrtopf bei Leſſing Em. Gal. 1, 5.
das Mus, —es, Pl. —e (bayeriih die Müfer) : dicker ober doch dick⸗
Iicher Brei; leiblicher Unterhalt. ©. das Gemüſe.
Über bie ımritige Schreibung Muß |. das Müf. Mhp. das (and) ber) muos,
ahd. das muos (Pl. ebenio), muas, moas, mös, mittel. das müs, = gelochte
Speife, breiartige Speife (Diut. I, 511P), Efien, Mahl, Unterhalt (gd. jun. 195),
alt- und angelſächſ., altfrief. ba8 mös = Speiſe. Dunkler Herkunft.
+ Mufcatblume, Mufcatbiäte, = das als feinites Gewürz ehebem
fir die Blume oder Blüte des Mufcatmußbaumes gehaltene, im
friſchen Zuſtande carmoifinrothe netförmige Gewebe, welches unter Der
die Mufcatnuß umgebenten Schale hart anliegt. Nicht ſehr üblich die
Muſcätenblume, Mufcatenblüte.
Weniger angemeſſen Muscatblume, Muscatblüte geſchrieben, ba fc (f.
Mufcate) die eigentliche Buchſtabenverbindung. Muſcatblume if mhd. ber
(die) muschätbluome, -blüme (Buch v. g. Speise S. 11, 270), doch 1469 mittel:
rheiniſch ſcon musoaden blyume = [fat.] carifolus (voc. ex quo) db. i. Näglein-
Blüte; Mufcatblüte, im gemeinen Leben Mufcatbiiite betont, ſchon mhb. bie
muscätblüet, während ber Name des Dichterd MuscAtpluot richtiger die Zufammen-
fegung mit mhd. die bluot (f. Blut 1 und Blüte) zeigt.
+ die Mufcate, BL. —n : die Mufcatnuß (f. d.).
Durch diejes Wort if jenes verbrängt, weldes mbb. die musoät, banı mus-
chAt (Vridunc 23, 1. Konrad troj. Kr. 28397 in ber Straßburger Hanbfchrift,
während bie andern Handſchriften muscät haben), aud bie muschäte (desammt-
abenteuer II, Nr. 51, 226), nieberd. muschät, aus mittellat. bie muscäta (Wobei
lat. bie nux Nuß hinzuzudenken if) = Mufcatnuß (f. d.), ital. die noce mos-
cäda, franz. bie muscade, ſpan. bie moscäda, portug. nos moscada. Daneben
mhd. ber muschät — Mufcatuuß (Vridanc ©. 197, 28, 1) aus mittellat. das
muscätum = Mufcatnuß, eig. Moihusgerud, weshalb ital. ber moscddo ==
Biſam. Jenes mittellat. muscäta aber if das Fem., wie muschtum das Reutrum
bes mittellat. Adj. muscätus = Moſchusgeruch habend, wie Moſchus riechen,
franz. muscade, von dem, wie 1678 bei Kramer teutfcrital. Wortb. 789=
Muftus neben Bifem zeigt, gerabezu ins Deutihe aufgenommenen lat. (im
4. Jahrh.) ber müscus Moſchué (f. d.). Übrigens folgt aus sch in mhb. bie
muschät fein fl, da sch wie unfer nhd. ſch lautet und fih aus dem sch in gr.-mittellat.
möschus, fpäter-gr. der, auch bie möschos (udoxos Moſchus erklärt, fc iſt dem
Muſeateller — mufculde 159
Frendwort angemeflener, zumal da es andy, wie oben gezeigt, in mihd. Hanb-
ſchriſten feſtgehalten wird. Wegen bes von manchen beliebten sc fiel Muſcat⸗
blume.
ver Mufcateller = fehr füßer, wie Muſcatblume oder nu gewürz⸗
bafter italienticher Wein.
Bei Alberns dietionär. Bl. Yy8? Mufcateller, im 15. Jahrh. Muscatell
(Fastnachtep. 726, 4), zu Enbe des 18. oder zu Anfange des 14. Jahrh. ber
musoatel (Lerer mhd. Handwtbch I, 3257), ans bem gleiääbeb. mittellat. das
muscatdllum oder muscaddllum (nämlich vinum Wein), dem Neutrum des von
dem mittellat. Adj. musoätus (f. Muſcate) abgeleiteten verfleinernben mittellat.
Adj. muscatdllus == mufcatartig. Ital. der moseatello, moscadello.
die MufeatnnK (beim Volle Mufcatnu), nicht fehr üblich Mufca-
tennuß, = der Fern ber Frucht von myrfstica moschäta.
Mhp. die muscAtnuz (Konrad troj. Kr, 20080). Über muscät nub fc fieh
Mufcate, über 6c Mufcatblume.
die Mufche, PL. —n : Weibsperfon, pie fich hingibt.
In Bayern, ber Wetterau. Da ſchleſ. die Mutsche und Musche Lieblofungs-
wort für ein Mädchen it (f. Weinhold 68°) und nieberd. Die Mutze = Müb-
hen und fi bingebenbe, unzüchtige Weibsperſon (brem. Wtb& ILL, 210), fo führt
bes Wort auf Entlehnung und Einblirgerung aus ital. bie muzza, mozza, — weib⸗
lies Geburtoglied, woraus gleihbebeutend im 15. Jahrh. hochd. die mucze, mutze,
mutz, jowie früher die muzze [in dem Schimpfworte der muzzensun = Hurenfohn
(Augsb. Stadirecht S. 75. Birlinger 840*f.)], noch bayer. die Mutzen, Mutz
(Sämeller DL, 2. Ausg. Sp. 1706), kurhefſ. die Mutz (Bilmar 278), aud, wiein
einem zweiten auf der Hofbibliothel zu Darmftabt befindlichen Exemplar bes gegen
oder um 1500 gebrndten voc. ineip. teut. ein früherer Beflger wol im 16. Jahrh.
einem anbern Worte beigefhrieben hat, die Maug, bei Hanse Sachs II, 4, 8HP
mit eingeſchlichenem n und ſchwachbiegend (Wcc? Sing. „vie Maumgen“) dieMaung.
die Mufche, PL. —n: Sperling. Nicht hochdeutſch. S. Möſch.
die Mufche, Pl. —n: Schönpfläfierchen (der Frauenzimmer).
Der Ausiprade gemäß ans dem aus lat. bie musca — Fliege geworbenen fram.
die mouche — fliege, dann (in Ähnlichkeit mit ber Fliege an Schwärze, Größe,
überhaupt Ausſehen) |. v. a. „Schöupfläßerchen“, altfranz. bie mosche == fliege.
Mit der Mode, ſolche ſchwarze Tafftpfläferdhen ine Geſicht und auf die Bruft zu
Heben, gegen ober um 1700 aus Frankreich überkommen. Nieberl. Das moesje.
die Miſchel, Pl. —n, ein befanntes Wafferfchalthier, dann die Schafe
besfelben. Zufammenf. : ver MufchelHut = zum Zeichen ber Pil⸗
gerfahrt über das Meer) mit einer Mufchel an der aufgefrempten
Seite geſchmüſckter Reiſehut.
Muicdet, mhb. die musohel, ahd. die müscula, müäsculä, müsgula, muscla,
mäskela, fpät mäschele, mit Übertritt ine weibliche Geflecht au® lat. ber müscu-
kus = zweifhalige Denfchel, eig. Mäusen (f. Muſkel), wonach alſo die Bebeu-
tung „Mufchel“ von ber Ähnlichkeit des Thieres in feiner Schale mit ber Mans
(lat. mus) ausgeht.
fmuſculss — mauffelig, muflelftart, fleifchig.
Im 18. Jahrh. ans dem franz. Abj. musculeux, welches ans dem lat. Abj. mus-
culdsus == muſlelſtark, fleiſchig, von lat. der müsculus (f. Mufkel).
160 Diufe — Muſil
bie Mufe, Bl. —n : Göttin der Gelehrfamteit, ver Wiffenfcheft und
ihönen Künfte, indbejondere den Dichter begeifternde Göttin.
Berſchieden von Muße (f.d.), und bereits im 17. Jahrh. eingeblirgert ans dem
gleichbed. gr.-Iat. die Müsa, gr. bie Müsa (Mobo«).
ber Mufelmann, —es, BI. Mufelmänner : Muhamedaner.
1691 bei Stieler Sp. 1286 Muſulmann, entlehnt, indem bas Wort in
Mann volleverkändlih gemadt wurde [weshalb der Pl. Mufelmäuner, aber
au als VBollename und im Geflihle der Abſtammung Mufelmannen > ©.
bei Gbthe Tancreb 2, 1 u. 8, 5, bei Wieland Danifhmenb Eap. 26], aus
itel. der musulmäno, franz. u. fpan. musulman, mittellat. MusulmAnus; biefe
aber find ans arab. moslemüna, welches ber Nom. Pi. von moslem (ber Mo$-
lem), bem Participium von salima = er war unverlegt, in 4ter Konjugation
er war zur Unverletztheit, zum Frieden eingegangen, untergab fi einer Herrſchaft,
zum Gehorfam, untergab fi Gott. Davon auch arab. islam = SHingebung
in Gottes Gebote, woraus entlehnt bei uns ber Islam = bie mubamebanifcdhe
Religion.
ber Mufenalmanach, —es, BI. —e : Jahrbuch gefammelter Gedichte.
Zuerſt auf dem Titel des von Bote nnd Gotter nad dem Mufter bes feit
1765 zu Baris erfhienenen Almanach des Muses (= Almanad ber Mufen
als der Schupgättinnen der Dichtkunſt) zu Göttingen herausgegebenen, zumeiſt
jebo& von dem erfien beforgten „Alufenalmanach flir da Jahr 1770”, der bann
1772 nad dem Kalender und zwar vor deu Gedichten noch deu beſonderen Titel
„Poetiſche Blumenlefe auf das Jahr 1772” hatte. Anfangs enthielt er nad
jenem franzöfiiches Vorbilde gröftentheils eine Auswahl neuer bereits gedruckter
beliebter Gedichte verfhiebener Berfaffer, bald aber bloß neue ungebrudte.
ver Mufenfig = Hochſchule (als Sig ver Mufen d. 5. ver Göttin-
nen ber Wiſſenſchaften und fchönen Künite, |. Mufe). ver Mujen-
fohn = Stupent, gleichfanf Sprößling, Abkoͤmmling ver Mufen;
1691 bei Stieler Sp. 2056 Hif. ridtig Mufenfon (vgl. Sohn). Mufen-
fig wirb erſt zu Ende bes 18. oder zu Anfang bes 19. Jahrh. aufgelommen fein.
T das Muſſum, —s, Pl. Mufsen (Zjitbig) : Bücher⸗, Naturalien«,
Runitfammlung, Sammlung von Alterthümern.
Das gr.-lat. das musdum, gr. das museion (uovoslay), = Muſentempel,
Mufenfiyg, Ort für gelehrte Beſchäftigung, das Nentrum bes von gr. bie Müsa
(Movoa) Mufe abgeleiteten gr. Adi. muselos (uovoslog) = ben Mufen ange-
börig, fie betreffend, ihnen gewidmet.
r die Muſik, PL. —en : Tonkunſt; Tonftüd. die türfifhe Mufit
rührt von den Panduren (ſ. Bandur) ber, welche die erften bamit
durch Wien und ins Feld zogen (SchmellerL 181). die Mufica-
lien (Öfilbig), ein Plural; muficalifch, Adj.; ver Mufticant,
—en, Bl. —en; muficteren; der Muftens.
Muftt mit fharfem i, nit (wie man hört) Mnfitl, bei Opit II, 212
geiärieben und betont Muſie, wie no, was bie Betonung betrifft, wetterauiſch
Mösik, oberh. auch Modsich geſprochen wird, alle mit furzem i, mhb. hie müscke,
auch müsic, ahd. die müsica (Otfried 5, 28, 187), aus gr.-lat. bie müsioa, gr.
Hufe — Wenftete 161
bie muaikß (sowas, mit hinzugedachtem t6chnd Kunf), = Muſenkunſt, Tonkunft
(md Dicht», NRedeknuſt), ber weibl. Form des von gr. die Müsa (Movo«) = Mufe
(f. b.), daun Geſang, Lieb, Tonfpiel, abgeleiteten unb mit muselos (ſ. Mufenm)
gleichbeb. Abj. musikös (uovaıxdc), beiten Mafculinum fubftantivijch der musikds
(uovarxös), dann gr.-lat. ber müsicus, = Tonkünſtler, Muſikverſtändiger, unfer
Muſiens ik, 1784 bei Schiller in Kabale u. Liete Muſikus. Bon jenem
gr.⸗lat. Adj. kommt das mittellat. Berbum musichre, woraus unfer muficieren
[bei Opig II, 199 muficiren], wie aus dem Particip des Präfene müsicans
(Sen. musicäntis) im 17. Jahrh. unfer Muficant, bei Weiße kom. Op. IL,2. 16
Mufilante, und aus einem von lat. bie mäsica abgeleiteten neulat. Adj. musi-
cAlis und deffen Rom. BI. im ſüchl. Geſchlechte musicklia geht bereits im 17. Jahrh.
unfer muſiſcaliſch und wahrſcheinlich er im 19. Jahrh. der BI. Muficalien
hervor. — Wir pflegen den aus bem Lateinifen zu uns gelommenen Wörtern ihr
c zu laffen und fegen E nur in Muſik, weil ber Auslaut jegt fein c bulbet;
aber ſelbſt im 18. Jahrh. findet man au noch Muſic. Bei Luther Sir. 44,5
nnveränbert ans dem Lateinifchen aufgenommen bie Mufica.
T Mufto- oder muftotfch = zu Bildwerk eingelegt, in die Miufto-
arbeit oder muftvifche Arbeit zc.
Aus unb von dem gr.-lat. Adj. musivus, gr. muselos (ſ. Moſaik). Mufin-
arbeit bereits 1728 bei Sporander 894”, aber jhon das Mhd. entlehnte muosen,
muosieren, urittelb. müsen, müsieren, = mit, al® ober wie Mufivarbeit aus⸗
jieren.
fder Musje (der Zon auf €), aus und ftatt franz. Monsieur.
Doch nur im Volke, woraus 3.8. 1778 bei Maler Müller Fauſts Leben 70,
and bei Schiller Kab. u. 2. 1, 1, aber in Wall. Lager 5 Mußjb.
bie Muffatblume, -blüte, Muftate ꝛc., ſ. Dufcatblume x.
tier Muftevonner, —s, BI. wie Sing. : Soldatenflinte mit kurzem
weiten Rohr.
Bei Claudiue IH, 97 Mufguebonuer unb nod bei dem Volle Muschke-
donner, mit Anlehnung an Donner wegen bes Knalles der Waffe beim Abfenern
aus 1678 die Musqueton (Kramer tentſch⸗ital. Wortb. 789P), 1706 bei Lu d⸗
wig engl.⸗tentſch Lex. 456° ber Mufgueton, aber 1716 bei Ludwig unb 1711
bei Rädlein 652° die Musketon, weldes aus dem gleichbeb. franz. ber
mousqueton, ital. der moschettöne, abgeleitet mit ber hier eine Bergrößerung
ameigenben Silbe -on von franz. ber mousquet, ital. ber moschötto (f. Mustlete).
ber Muüftel, —s, BI. —n, im gewöhnlichen Leben auch die Muftel,
B. —n: Band des menſchlichen und thieriſchen Körpers zu Aus⸗
Dehnung und Zuſammenziehung. Davon mu ftelig.
Muilel und darnach au mmnslelig wegen ber Silbenabtheilung zu ſchrei⸗
ben (vl. Anofpe), iR unnbihig. Mnflel, erk In dem zweiten Viertel des 18.
Jahrh. nachweisbar, 3. B. 1748 bei Brodes IX, 215 neben dem älteren Aus-
brnde bag Mäuslein, während 1722 ber Arzt Woyt Schatzkammer ©. 600-615
nur dieſes hat, if zunachſt wiffenfchaftliches Wort, woher? f. die Maus 2. Die
FR ustel .. 8. bei Wieland Idris 8, 88 u. 4, 58. Ahd. das muskil (Haupt
Zeätschr. III, 473°) lebt Ratt nuscil, = Spange und gehört nicht hierher.
die Wenitete, BI. —n : Soldatenflinte. der Muftetier.
Unndthig iR der Silbenabtheilung wegen (vgl. Knoſpe) Mustete und alle auch
Belgand, Börterbuh. 4. Aufl. 2. Bd. 11
162 Mufſſelin — mälfen
Muscetier zu fhreiben. — 1716 bei Ludwig ©. 1276 fowie 1711 bei Wäd-
fein 652* die Muskete, 1706 im jenes englifch-tentfchem 2er. 456° muſquete,
1891 bei Stieler Sp. 58 Musteht, 1678 bei Kramer teutſch⸗ital. Wortbch 789°
Musguet, 1597 Mufcete (Gilhesius), im 16. Jahrh. eine ſchwere Handfeuerwaffe,
aus franz. ber mousquet, ital. der mosche6tto, fpan. der mosquäte, = Art Fener-
gewehr, altfranz. mouschete, mittellet. bie musch@ta muschetta, — Wurfgeſchoß,
Bolzen, urſprünglich, wie mittellat. der muschötus, muscoßtus, eine Meine Art zur
Beize dienender Sperber, von fat. bie mäsoa Fliege (f. Möſch), weil die Bruft biefer
Sperber gefprentelt, gleihfam mit mie Fliegen ausfehenben Flecken gezeichnet if
(j. Diez Wibch I, 281f.). Daß aber Namen von zur Yagb gebraudten Stoß» ober
Raubodgeln auf Waffen angewandt werben, zeigen auch bie Falkaume (f. d.),
das Fallonet (f. d.), das Terzerol (f. d.). Bon jenem ital. moschätto, franz.
mousquet, ift dann ital. ber moschettidre, franz. ber mousquetaire abgeleitet,
woraus bei und 1597 Mufcetirer [„Rimmt er eine Mufcete zu Hand, — So
wird er Mufcetirer genannt” (Giöhüsius Girammatica 114)], 1678 der Mus-
quetirer (Kramer teutſch⸗ital. Wortb. 789°), 1706 bei Ludwig engi.-teutid.
Lex. 456° Mutquetierer unb 1716 bei bemfelben fowie 1711 bei Rädlein,
Mustetirer, fpäter mehr dem Franzöfihen gemäß Muftetier, bod bei dem
Bolle mitunter no der Mu fletierer.
ber Muffelin, —es, —8, Pl. — : Neſſeltuch.
Noch 1797 Mouſſolin, Muffoline, fon 1728 bei Sperander 891? Mousse-
line, franz. die mousseline, fpan. die muselfna, ital. der mussolino [neben ber
müssolo], mittelſt der lat. Abjectinenbung -Inus, -ina, -inum, von mittellat. Mussula
(bei Wilhelm von Tyrus, Jacob von Very), fyriid Mauzol, Musol, Mozul, arab.
Mauzil, Maussil, dem Namen ber am Tigris liegenden Stadt Mosul, wo bieje®
Tuch zuerft (aus feiner, durchfichtiger, weißer Baummolle) verfertigt wurde. Bgl.
Diez Wibch I, 286.
müffen (bift. richtig müßen), Präf. ih muß, du mußt (Hift. richtig
muſt), er muß, wir müffen, ihr müffet, fie müſſen (hiſt. richtig wir
müßen, ihr müßt, müßt, fie müßen), im Conj. id müſſe (Hift. richtig
müße) 2c,, Prät. ich er mußte (Hift. richtig mufte) und im Conj. ich
er müßte (Hift. richtig müſte), Part. gemußt (Hift. richtig gemuft) u.
müffen (hift. richtig wüßen) : wozu beftunmt, bewegt werben, fo daß
bas Beftimmte nicht anders Tann, als e8 beftimmt wird. pas Müffen
(Hift. richtig Müpen), jubjtantivifcher Infinitiv. das Muß (f. d.).
müffigen (f. d.).
Urſprünglich, weil ahd. wo, neuhochdeutſch Tanges u, weshalb bei manden noch
id muß 2c. gehört wird; aber im jüngern Neuhochdeutſchen if das u hier burd-
gängig kurz geworben. Die bei dem Berbum milffen richtigen, urſprünglichen
Schreibungen bu muſt, ih er muſte ꝛc., ich müſte 2c., gemuſt, waren
noch das 17. Jahrh. hindurch in Übung, erloſchen aber unter ber Regelung un⸗
kundiger Sprachlehrer. Mhd. müezen (mittelb. müzen), Präf. ich er mnog,
du muost, wir müegen, ihr müezet, fie müegen, im Conj. ich er müege ⁊c., Brät.
id muoste, and noch muose, im Conj. ib müeste, müese; ahd. muogan, Präſ.
id) er muog, muag, moag, mög, du muost (aber nicht geflirzt au muogist, fonbern auf
ber goth. Form berubendb), wir muogun (urſpr. muogum&s, verffwädt) muogen,
ihr muogut (?), bei Nosker ihr muozzint, fie muogun (?), verſchwacht muozen, im
Conj. ic) er muozi, muazi zc., Prät.ich er muoaa ſaus muoste), im Eonj. id) muosi,=—
muifieren — Mufter 168
Otatt, Freigeit wozu Haben, banız wozu nnansweichbar, durch Nothwendigkeit beſtimmt
werben; goth. mötan (in gamdtan —) faflen, Statt oder Raum baden, Präſ. ich
er möt, du möst (? ſiatt mött mit Übergang bes erflen t, d. h. bes t ber Wurzel, in
s, alſo st a6 tt, vgl. wiffen), wir mötum (?), ihr mötup (?), fie mötun (?),
Prät. id möste [aus mötda], Bart. Prät. mösts (?); altjähi-möten, Präf. ich er möt,
ba möst, wir ihr fie mötun, im Conj. id) möti, Prät. id) mösta, im Conj. id} mösti,
=e fatthaben, können, mögen, dürfen; angelfäcf. mötan, altfrief. möta, altnordiſch
feblend. Es iR ein f. g. Präteritopräjens d. h. ein Berbum, befien PBräfens (mbb. u.
ahd. ich muog 2c.) urfprünglic) das auch den goth. mötjan in gamötjan = „begegnen“
za Grunde liegeube Bräteritum eines ambern, ablautenden Berbums war, welches
wie fahren, graben, tragen zc. gebogen und ahd. mazan, goth., alt» u. angeljädl.
matan gelautet haben muß. Dieſes Wurzelverbum aber wird eins fein mit bem
unter Maßleid angenommenen goth. matan == kauen, ſpeiſen, gleichſam mit dem
Bunde faffen , aus welchen Begriffen fih, wol an „faffen, fangen” auknüpfend,
ber von „begegnen“ fowie der abfiracte von müfjen entwidelt haben mwirben. —
Mit andern Verben verbunden, bat müſſen biejelben vou jeher tu dem bloßen
Infinitiv d. h. ohne „zu“ neben fi, 3. 8. lernen, leſen, Rerben mülfen zc. Das
Bart. Brät. gemmf zeigt fih er im 16. Zahrh. [1574 Olinger Grammatil
©. 131 bat „gemüeſſet“], und mit dem flatt feiner ſtehenden müffen, 3 B.
er bat es hören mäHffen zc., ſelbſt ſchon bei Luther Hiob 81, 81 „haben wicht
die Menner müſfen fagen“, verhält es fih ebenfo, wie mit mögen ftatt ge-
modt, worliber fiebe bie Anmerkung zu mögen. Olajus Grammatica ©. 172
ſah, nad dem Anſchein urtheilendb, in „mäffen“ Ratt „gemuſt“ unridtig ben
Saflnitiv. Aber in „Bas Sie auch gemußt hätten — wenn ber Graf noch lebte”
(Eeſſing En. Sal. 4, 1) wird man „gemußt hätten“ einem „hätten mäflen“
unbebenflih vorziehen, währen in „Denk', ob mich Shmerzen biefe That ge mußt!”
(Gries Bojardo 1, 17, 3) in Proſa umgeſetzt „ſchmerzen gemußt“, ebenfowol
„ſchmerzen müſſen“ lauten könnte.
fmuſſieren = brauſend ſchäumen, z. B. von manchem Weine.
1790 bei Bäthe im Fauſt ©. 58 muſſirend. Im Laufe des 18. Jahrh.
an® franz. mousser == ſchünmen, von bem aus ahb. ber (?) und das mos Moos
(f. d.) hervorgegangenen franz. bie mousse, provemzalifch bie monse, == Moos, .
baıı Schaum (Diez Wibch II, 888).
mäffigen = wozu unansweichlich nöthigen.
HR. richtig müß igen. Das von mäffen (f. b.) abgeleitete Wort mit ımı-
organiſchem -igen erſcheint zuer im britten Viertel bes 15. Jahrh. in Einen wozu
müssigen (f. Tücher Baumeisterbuch ©. 208, &), welches müssigen im Whb.
müezegen lauten würde. Seht nur noch im Kanzleifyl.
das Mufter, —8, BL. wie Sing. : Zeiger, Probeſtück; Vorbild; Bild,
Zeichnung in Zeug, Band ꝛc. gewebt, darauf gebrudt. Zufammenf. :
muüfterhaft; die Mufterfarte; ber Mufterreiter; die Mufter-
rolle x. Das Berbum müſtern = ftreng prlifend befichtigen [zu«
nächſt ein Heer], (Zeug, Band ꝛc.) mit einem Mufter verſehen; davon
bie Mufterung ſſchon im 16. Jahrh., |. Friſch I, 677],
Mußer, zuerſt aus dem bem legten Jahrzehent des 15. Jahrh. angehörigen
Narrenſchiff Brants 48, 29 in der Bed. äußeres Ausfehen, Geſtalt, nachweisbar,
iM ans ital. die möstra == das Zeigen, bie Probe, das Probeſtück, Vorbild u. dgl.,
Mußerung des Heeres, welches mit ausgeRoßenem n aus mittellat. Die mönstra
11 *
164 Mudtheil — Muße
— das Gehenlaffen, Zeigen, die Probe, das Muſter, bie prüfende Heerbeftdtigung,
die beweifenbe Urkunde, franz. bie montre, früher monstze, worans nieberb. das
munster Mufter, niederl. das monster. Jenes mittellat. monstra aber if, wie
fat. das mönstrum (f. Monftenm), Subſtantiv von lat. monsträre == zeigen, im
Mittellateiniſchen auch ſ. v. a. Kämpfer, Soldaten prüfend befichtigen, welches
italieniſch mit Ausſtoßung des n zu mosträre [fpan. mosträr, fran. mit n
montrer (ehedem monstrer, woraus niederd. munstern muftern, nieberl. mon-
steren, 1475 clevif$ monstren)] wurde; an® jenem mosträre if daun unſer
muſtern, 1540 bei Alberus diotiomär. BI. bb8? un. £3% „ih muſter“ und au
der legten Stelle [nad dem mwetteraniichen] „ih moſter auf“, alles nur vom Heer⸗
weien und was bay gehört in ber oben gegebemen Bed., in welcher bereits in ber
Mitte des 15. Jahrh. mustren (Chroniken d. d. Städte II, 251, 18ff.). Mufter-
rolle bereits 1716 bei Zubwig Sp. 1278; Muſterkarte zuerfi 1777 von Abe-
Iung aufgenommen, aber mufterbaft erſt 1798 bei demſelben; Mufterreiter
(= Hanblungsreifender) ein wie e8 fcheint, um 1820 entRanbenes Gebilbe.
der u. das Mustheil — die ver Witwe bei der nach Ablauf von 30.
Tagen nach ihres Mannes Tode (der Zeit tiefer Trauer) eintretenden
Theilung mit den Erben zufallende Hälfte von dem, was in Haus und
Hof, überhaupt in den Gebäuden bes Verftorbenen an Speije, zu Speife
Dienendem (3. DB. an gebrojchenem wie ungebrofchenem Getreide 2c.),
Getränke, gemäfteten Schweinen, dann an Mohn, Rübfamen und Hanf
vorhanden ft. |
Nicht dazu gehören Gerſte (mit Ausnahme der gemalzten), SHeibeforn, Haber
und Hopfen. Aus mitteld. Die musteile im Sachsenspiegel Bud 1 Art. 24 umb
Buch 8 Art. 74, an welden beiben Stellen mittelnieberd. die müsdele bd. i.
mhbb. die muosteile (?), ahd. bie muosteila (?), = Mustheilung, snfammengef. mit
mittel. n. mittelnieberb. ba8 müs Mus (f. b.), weshalb die Schreibung Muß-
theil unridtig if, und ans bem von theilen (ſ. Theil) abgeleiteten mbhb. und
mittelb. bie teile, ahd. Die teila, deila (Otfried 4, 28, 5), == Theilung, Zugetheiltes,
mittelnieberb. die dele = Theilung, welches bier mit feinem Schwinden und Er⸗
löſchen in das üblichere der umb bas Theil übergeht. Streng hiſt. richtig märe
Musteil zu freiben (vgl. Theil).
das Muß (u furz), ohne Biegung und Plural : unausweichliche, uner-
läplihe Nothwendigkeit.
Die dritte Berfon bes Präfene im Gingular ex fie es muß (f. mitffen)
InbRantivifh geſetzt. Schon auftauchend in ver erfien Hälfte des 16. Jahrh.
das Muß ftatt Mus (f. d.) fit eine mit Unrecht von Adelung em-
pfohlene und von Campe vorgezogene Schreibung,
bie ihr Dafein der bei uns eingeriffenen fpradhlichen Verwirrung bes 15. Jahr.
verdankt, in welchem fie 3. B. der voc. theut. von 1482 BL. v8? hat.
bie Müße, ohne PL. : freie, arbeits, gefchäftslofe Zeit, Geichäftslofig-
keit. BZufammenf. : die Mußeftunde ꝛc. Bon Muße fommt
müßig (ü lang) = arbeits-, gefchäftslos, unthätig, frei von Wirt:
jamteit 2c., mit einem Verbum 3. B. müßig fein, müßig geben ıc.,
in Zufammenfegung der Müßiggang, der Müßiggänger. Eine
Ableitung von mäßig ift müßigen, noch in fich müßigen eines
Dinges — ſich deſſen enthalten.
Put — Muth | 165
’ Hufe, mhb. bie mmoge, mittelb. bie mge, abb. bie muog a, muaga, muogga,
mäsza, möza, goth. bie möta (?), mittelniederd. bie moete (Huydesoper zu Stoke
II, 58, 932), tommt von abb. muoz, goth. möt, muß als ber urfprünglichen
Sräteritalforin eines ahd. Wurzelvert® mazan, goth. matan (f. mäffen), und bat
danach zuunäch bie Bed. Freiheit (KRaum, Spielraum) wozu ober worin, bann
f.v. a. Freiheit, Lebigfein von Geſchäften, gegebene freie Zeit. Das Adj. m üßig
lautet im Mho. müegec, müegic, mitteld. müzic, mügig, mügeo, = Muße
habend, ledig, los ſmhd. einer Berfon ober Sache müczeo gan (gehen) = vor ihr
abſtehen, ſich ihrer entfehlagen ober enthalten, ſie aufgeben], überflüſſtg, unnütz, ahd.
muogic, muozzig, muoz3io, môgʒio, wovon das ahd. Abj. muogico (?), bei Notker
Ps. 49, 20 muozgigo, unfer uhd. Ani. müßig. Das Verbum mäßigen iR mhd.
müegegen, müezigen, tranfit. f. v. a. müßig (== ledig) machen, erfebigen, be-
freien, nach ber Mitte des 15. Jahrh. mit Aec. ber Berfon unb mit Ben. der Sache;
ver MUüßiggang mbb. im 14. Sahrh. der müegecganc (altd. Blätter L, 92,
104); der Mäßiggänger mäbb. ber müssiggenger d. i. müegecogenger (?), die
ſ. v. « wer lein Gewerbe ober Handwerk zn treiben brandt umb von feinen
Henten leben kann, ein Geſchäftéeloſer.
ver Mut, muten ıc. f. der Muth, muthen «c.
mutern, mütern, von Krebſen: die Schale wechieln.
Dos pommerifhe mutern (Dähnert 817°), welches eins mit dem hochd.
manßern (ſ. Mauße) iR. Urſprünglicher (ohne eingetreteneß x) aber iR das
ebenfo gebrauchte brandenburgiſche muten (Friſch I, 651?), befien altnieberbeutfche
Form mütön [in gemätön = umwandeln, ändern (Heyne altniederd. Denk-
mäler 147°], ahd. müzön, unfer maußen, unter dem Worte die Mauße be-
fprochen wurde. Weumieberl. lautet es muiten und bebeutet „fi maußen“ von
Bögeln.
der Muth, —es, ohne BI. : ſtarke Seelenbewegung wozu, in&bejonbere
die wagende; (überhaupt) Seelenftimmung Davon das Dim. das
Müthchen oder Müthlein; muthen = (bittlidh) begehren, 3. B.
ein Lehen, im Bergbau eine Fundgrube ꝛc., dann bejtimmt fein wozu,
wovon bie Muthung; muthig (f. Anm. wo auch über -mütbig).
Zufammenf. mit Muth: mutblos, womit zufammengef. die Muth-
loſigkeit; nüthmaßen, mit die Mutbmaßung und muth-
maßlih; ver Mutbwille, mit muthwillig. Zufammenf. mit
mutben : das Muthgeld, ver Muthfchein ıc.
Hiſt. richtig if liberal! t zu fchreiben, nicht das fatt des dehnenden bt flebenbe
tb; alfo Mut, Müthen, Mütlein, mnten, mutig, -mätig sc., zumal ba
Blut, Hut ꝛc. allgemein und Flut, Wut ac. bei fehr vielen Ublih find. Muth if
mb. der muot, ahd. das auch der muot (Pl. muot), muoth, muat, moat, moad,
möt, möd, mft, — Seelenfimmung, worauf geridteter Sinn d. i. Verlangen,
Begehren (Otfried 1, 18, B1. 40), Sinn, Seele, Geiſt, Gefſinnung, dann (erft,
aber noch felten, im 13. Jahrh.) ſ. v. a. wagende Kampfluft (Georg 4066ff.),
wagenbe ſtarke Seelenftimmung, Entſchlofſſenheit, trogiger Eigenwille (Gregorius
3638), goth. der möds — Unwille, Zorn, mittelb. der mut — Geelenftimmung,
Sinn ıc., altfächf. der möd, muod, angelfädf. das möd, altnorb. der mödr. Dun-
keles Urfprunges; ob etwa durch Zufammenziehung aus einem mittelR der goth.
Endung -ad, ahd. -at z2c. von goth. möjan (?), möhan (?), ahb. muoan (b. i.
166 Muth
muojan), muohan, unferm müben (f. mühen und vgl müde), abgeleiteten ur-
ſprünglichen goth. möjads, möhads, ahd. muojat, muohat, d. i. goth. möj-ads,
möh-ads, abb. muoj-at, muoh-at, mit dem Grundbegriffe ber durch beſchwerliche
Anftrengung verurfachten Erregung und fofort bes Berbruffes, Unwillens, Zornes ?
Bgl. Grimm Gramm. IL, 2388. Die -muth, mittelb. die -müte, -müt, mh.
bie -müete, -muote, muot, abb. die -muoti, goth. die -mödei, in Zufammen-
feungen, 3. B. bie De-, Ein-, Lang-, Sanftmuth (vgl. auch die An-,
Größ⸗, Wehmuth), iſt nidt der Muth, fondern dieſe weiblichen Subflantive
find ableitend aus Abdjectiven gezogen, bie mit dem von jenem ber Mutb, gotb.
ber möds, ahd. muot, abgeleiteten goth. Abj. -möds (fatt -mödis), ahd. -muoti,
-muati, -muadi, -muate, -moati, -möti, zuſammengeſetzt wurben (agl. Grimm
Gramm. IL, 256), von welden bann wieder bie Abjective auf -ınüthig, mhb.
-müstec, müsetio, mittelb. -mAtic, abd. -muotic, -muotig, -muatig, ber Zu⸗
fammenfeßungen (de⸗, edel⸗, ein-, frei», froh⸗, gleich“, groß», helden⸗, höch⸗, klein⸗,
laͤng⸗, leid⸗, fanft, ſchwer⸗ über-, wänkel⸗, weh⸗, weich⸗ zörnmilthig) als Ab⸗
leitungen erſcheinen. Den Umlaut wirkt hier 3 in der ahd. Ableitungsfilbe -tc,
unferm »ig, während das unzufammengefegte muthig, mhd. muotec, mit i durch
Auffleigen des e muotic, ahd. muotac [nur nachzuweiſen aus ahd. die muotikl,
muotigi, — Gemüthsaufregung, welches fi durch Lautangleihung aus älterem
muotaki (?) bildete], mitteld. mätig, goth. mödags (= zornvoll, zornig), altſächſ.
mödag, mödeg, mödig (= zornig, feinblih, böfe, aufgeregt, wilb), muodag, angel⸗
ſächſ. mödig (== aufgeregt, meiſt aber wie unfer nhd. muthig), obne Umlant
bleibt, weil das a ber alten Xhleitungsenbung ahd. ao, goth. -ag, biefen nicht
wirken kann (f. »ig). Hierbei if jeboch nicht außer Acht zu laſſen, daß än⸗
muthig ſtatt anmäthig (von bem vorausgegangenen älteren Adj. anmilt, mhd.
anemüete, mtittelb. anemfte) ſteht, wie man auch die in ba® 17. Jahrh. fagte,
unb danu daß neben miemmthig noch das ältere richtige mismäthig gilt.
Die umlautlofen Kormen bier fheinen in Mitteldentſchland aufgelommen; in un-
mutbig dagegen if u in feinem Rechte, weil die Korm als urſprünglich hoch⸗
deutſch fi zeigt (f. Unmuth). Müthlein if mhd. das müetelin, fpäter müet-
lin, = Hleines Berlangen 2c.; mut hen mhd. muoten, mittelb. müten, ahd. muotdn
ſauch mötan, bei Notker muoten, b. i. urſprünglich muot-j-an (?), weshalb im
15. Jahrh. nebenbei müten db. if müeten (?)], — Luft wozu haben, (eine® Dinges
d. h. es) verlangen, begehren; Muthung fpät-mittelb. (1403) bie mütunge, 1438
auch mütunge (Jansen (Frankfurter Reichscorrespondenz I, 445, 811, 2) =
Begehren. Das Berbum muthmaßen if das ans dem Elſaß in einer Urkunde
von 1867 vorkommende mütmössen = nad Angemefienheit, ungefährem Anfchlage
beftimmen (Jacob Wencker disquisitio de ussburgeris ©. 97 al® Anhang zu feiner
dissertätio de pfalburgeris, Straßburg 1698), fpäter ſ. v. a. ungefähr ſchätzen,
nad) dem Werthe beflimmen, rein-mhb. muotmägen (?), abgeleitet von bem 1373
aus dem Oberelfaß vorfommenben Subft. die mütmässe = Theilung nad An⸗
gemefjenheit oder ungefährem lÜberfchlage (Schers-Oberlin) Sp. 1088), urſprünglich
wol f. v. a. „das nah dem Sinne d. h. nad Gutdünken beflimmte Wieviel“ und
jofort „Beſtimmuug bes Wieviel nad) Gutdünken“, rein-mhb. bie muotmäze (?),
welches aus mhd. ber muot, unferm Muth , unb mhd. bie maze (f. die Maß) zu-
fammengefegt wurde. Muthmaßung, weldes von muthmaßen abgeleitet
wurde, if 1471 bie müthmössunge = abtheilende Schätzung (Zaltaus Sp. 1381),
rein-mbb. muotmägunge (?); Muthwille mhb. der muotwille [den. Sing. —n, doch
[päter jhon auch Gen. muotwillens (Megenberg 300, 81)], ahd. der muot-, muatwillo,
Matich — muiſchieren 167
= Wille nah Seelenſtimmung, eigner freier Antrieb wozu, dann böfe
Billensfreiheit, und fo allmählich die heutige Bedeutung, altſächſ. der mödwillio
= Geelenfimmung bes Strebens, Gelüfte; mutbwillig mhd. muotwilleo,
-willic, deſſen Bebeutungen fih nad denen bes Subſt. richten. Das Adi. muth-
los at bei Moſcher oſch, aber Schottelins S. 428? fhreibt muhtlos; Muth-
loſigkeit, mit unorganiſch eingetretenem -ig, 1777 von Adelung aufgenommen;
das mit muthbmaßen zufammengefegte Adi. muthmaßlich 1716 bei Ludwig
Sp. 1379, 1728 bei Kirſch 222°; Muthgeld = Geſchenk an die Handwerks⸗
.meifter, um ſelbſt Meiſter zu werben, bei Friſch I, 678, vorher und noch nebenbei
ber Muthgroſchen; Muthſchein ebenba 679*.
er Muͤtich, —es, —8, ohne PL., gekürzt ber Muth (u kurz) : fauli⸗
ger, fchleimiger Grund in Waffer, Moorerde; Modergeruch.
Nur munbartlid in Mitteldentichland, z. B. in der Wetterau, und in der erften
Beb. bei Alberus dietiondr. BI. AA2* mutid, Bl. Z22* mit ber Erllärung
„i. Id. i.] f&pleimicht erbeu im fee“, aber auch BL rd“ u. Z22* mutch; mittelb.
ber mutich (?). Mittelſt -ich (f. b.), abb. -uh, goth. -uk, abgeleitet von mitteld.
das mot = Schlamm, ſchwarze Torferbe ober torfartige Erbe, Moor (Köpke’s
Passional 6548, 2. 544, 1. Jeroschin 7054. 14767) mit bem Gen. Sing. des
mottis (Jeroschin 14779), im Allgäu [Gau vor den Alpen ber Iller) der Mott
— (brennbare) Moorerde, 1475 clevifh der mod = Schlamm, Koth, engl. mud,
welches dunkler Wurzel und völlig verfchieben von dem mit altnorb. die möda =
Staub zufammengebörenden oberpfälzifhen und fränkiſchen der n. das Mut =
Wuſt, Unrath, mit u = mhd. uo if. Ebendaher Moder (f. d.).
vr Mütich, Muth, = geheimer Vorrath, heimlicher Geldſchatz.
Wetterauiſch 2c. Noch ſchweizeriſch zc. (wie mhb.?) ber Mütech, Mätich, = heim-
liher Borrath an Geld, Ob, keimliher Schau (Stalder IL 225), weſterwüldiſch
Mutch, Mautch, = Ort zur heimliden Aufbewahrung bes Obſtes (Schmidt 111);
mittelnieberl. muydick und 1483 mudeke, x. (ſ. Manke 8). Bon ahd. bie
müttk — Vorrathskammer (f. Graf II, 700 und Haupt Zeitschr. XV, 55°, 107.
Sämeller I, 648), nod bayr. bie Mauten = Vorrath von Obſt, Eßwaaren.
mutmaßen, mutmaßglih, Mutmaßung, f. Muth.
mutjhieren = mit Beibehaltung des Gefammteigenthums die Nugun-
gen theilen, auch wechjelsweife die Regierung desſelben. ‘Davon bie
Mutſchierung.
Jenes mutſchieren if mitteld. mütseharn = als Geſammteigenthum durch
Übereinfumft theilen, von mitteld. bie mütschar — Theilung von Gefammteigen-
thum durch Übereinkunft (Baur beff. Urk. I, 502f. III, 80f. Böhmer ood. diplom.
459), urſprünglich mol ſ. v. a. „Theilung ober Auseinanberfegung nad Berlan-
gen”, weil Zufammenfegung aus mittel. ber mäÄt, mb. muot, == Berlangen,
Begehren (f. Muth), unb mhd. die schar (f. Schar 2) in dem urfpränglidhen
Sinne von Theilung (vgl. Brimm Recdhtsalterth. 581), Abtheilung, Zuertheilung.
Bon jenem mätscharn kommt bann das Subſt. der Handlung mittelb. bie müt-
scharunge (Baur befi. Urt. I, 508), unfer Mutfhierung. Das ie in ber uhd.
Form ſteht dehnend für i, und diefes fcheint das durch Einwirkung des Nieber-
deuiſchen für den Umlant e (f. J) entſtandene, wonach das von bie mütschar ab-
geleitete Berbum nicht allein mütscharn [d. i. ahd. muotsoarôn (?)], ſondern auch
an Umlent mtschern [d. i. muotcarjan (?)] gelautet haben würde.
168 Mutt — mutterallein
das Mutt, Mütt, —es, BI. —e, eins mit Mött (f. d.).
die Mutter, BL. Mütter : Gebärerin; Gebärmutter. Davon : bas
. Mütterhen, Mütterlein, Diminutive; muttern, fih muttern,
nach der Mutter arten. Zufammenf. : mutterallein x. (1. d.).
Die Sprade nahm Mutter (fon bei Luther) mit kurzem u für & umnb tt
fir t nad) mittelb. die mÄter, (dann) muter, mittelnieberb. muder, auf, ohne doch
bie bei dem urfprlinglich kurzen a näher liegende Form Batter zu gefatten (vgl.
Bater), denn richtiger hätte man umgelehbrt Muter und Batter gefchrieben, wie
and Alberus, dictionAr. BI. aaab u. bb4* muter [freilih neben mutter BI.
aasdff.], vatter bat, und Dasypödius Muoter und Batter, doch 131° nebenbei
au mmuotter feßt; mbb. bie muoter, ahd. die muotar (?), muatar (auch frühe
{don von ber Gebärmutter), muoter, muater, muoder, muotir, mitteld. außer
mütter noch mflder, möter, möder, gotb. bie mödar, (? der Gothe fagt dafür bie
&ihei, f. Eidam), altfächf. bie mödar, mödor, möder, muodar, muodor, muoder,
neunieberd. bie moder nud zufammengezogen mör, nieberl. die moeder n. (niebrig)
moer, angeljädf. die mödur, mödor, möddor, möder, altfrief. die möder, altnorb.
die mödir. Das Wort kimmt, mit dem bem & ber urverwanbten Spraden, gr.
n, entipredienden d, ahd. uo, buchſtäblich zu dem gleichbedeutenden lat. die mäter,
gr. die mötör (unrno), ſanſtr. mätri (mtr) als Stamm des im Nom. Sing.
mAtK Iautenben Wortes, perf. mAäder, im Zend mäta, altſlawiſch mati, ruff. mat’,
keltiſch (drifh) mathair. Mütterlein ik mbb. da8 müeterlin, muoterlin,
and mutterm zeigt fih erſt bei Stieler S. 41, wo mutteren nnb mütteren.
die Mutter, Pl. Mütter : (vier) Bodenſatz von Wein over Effig.
Im 17. Jahrh. „bie Mntter im Eifig” bei Schönsleder promptuarium
(5. Ausg. 81. Nn2*), dann 1715 bei Weismann 264* unb 1727 bei Aler 697°.
Aus dem gleichbed. nieberb. die moder, nieberl. Die moer, welches [mbb. muoter?]
Ableitung von einem Wort if, das im oberpfälziich, fränkiſch das m. ber Muet,
Mäd, = Unrath, Wuf, Schlamm (ſ. Shmeller I, 657f.) ng zeigt unb im
Mhd. muot lauten würde.
mutterallein — (felbft von der Mutter verlaflen) ganz allein; bie
Mütterbeſchwerde, Bl. —n, ein vermeintlich aus ber Gehär-
mutter berrührender Schmerz. das Mütterhen, f. Mutter 1.
mutterbalb, Adv. = von Seiten der Mutter, von mütterlicher Seite.
bie Mutterfirhe = Stamm-, Hauptkirche eines Kirchſpiels. das
Peutterforn = zapfenartig lang ausgewachfener veilchenblauer oder
ſchwarzer Korntern (Roggentern). das Mutterfraut (f. Anm.)
der Muttertrebs (f. au die Anm.) = Krebs mit Ciern unter
dem Schwanze ; [die üblichere Bed. ift] „Ichallofer Krebs“ d. h. Krebs
zur Zeit des Schalenwechfels (im Mat, Juni). der Mutterleib.
das Mütterlein, ſ. Mutteri. mütterlid. mutterlos. das
Muttermal = Mal (f. Mal 2) von der Mutter her, mit bem
man geboren ift. die Muttern (Haller Alp. 19), die Alpenpflanze
pheländrium mutellina; aber woher? fih muttern, ſ. Mutter.
muütternadend, »nadt, = fo nadt wie aus Mutterleibe ge
fommen ; noch verſtärkt mutterfübennadt($ erder Fragm. II ‚228).
die Mutterfeele((. Anm.). mutterfeelenallein, mutterfelig-
mutterallein — Mutwille 169
allein, = von allen Menſchen, jevem Menſchen verlaſſen) völlig
allein, ein ſtärkerer adverbialer Ausdruck als mutterallein (vgl.
Grimm Gramm. IL, 556). die Mütterſprache == bie gleichſam
von der Mutter angeborene Sprade. der Mutterwig = ber
(gleihfam von der Mutter) angeborene Wit.
Fiir mutterallein, 1678 bei Kramer teutf-ital. Wortb. 791", fagte man
im Mid. muoter sine = von ber Mutter entfernt allein. Das Abo. mutterbalb
if mhb. muoterhalp (f. balb 1); Mutterkirche mittelb. die mäterkirche. Der
Rame Mutterkorn (1721 bei Jadblonski Lex. 279°), weil ſolches Korn, jedesmal
8 Kerne eingenommen, von ben Weibern fir ein bervährtes Mittel gegen das Auf⸗
Reigen und Wehthun der Mutter (Gebärmntter, lat. mätrix), alfo gegen Mutter⸗
beiäwerbe gehalten wurbe (f. Lonicern6 Kräuterbnd BI. 286) Mutterkraut
1485 das muterkrut (Diefendach glossar. 851°), urfpriinglid die Pflanze matri-
chria und daun auf andere Pflanzen ibergetragen, hat den Namen, weil es gejotten
oder in feinem Safte bie monatlide Reinigung der Frauen befördert, alfo bie Ge⸗
Birmutter reinigt (f. Lonicerus Kräuterbuh Bl. 187*), und darauf gebt auch
wol jener lat. Name. Mutterkrebs in ber erfien Bed. (Eierfrebs), in welder
er 1809 bei Campe III, 881®, if zufammengef. mit Mutter, aber in ber
jweiten, in Binficht welcher 1777 bei Abelung IH, 419 u. 640, im Nieber-
ſächſiſchhen der Muter, Mütter und verberkt „Mutterfreb 8“, findet Zufam-
menfegung mit jenem der Muter, Müter, = fi mnternden Krebs flatt, von
nieberd. mutern (f. mutern), alfo bier flatt Muterfrebs Kir Müter-
krebs jedoch fchreiben, nah Heynak Antibarbarus II, 268, mande falſch
Miethbertrens, und für Muttertrebs in diefem Sinne hört man auch ber
Önttertrebe mit 8 für M, mas nur noch in dem für abb. u. mhd. mit (mit)
bier und da vorkommenden ahd. bit, mhd. bit, b&t fih zeigt. Mutterleib if
mbb. der muoterlip; das Adj. müitteriich mhb. muoterlich, müeterlich, fpät-
abd. (11. Jahrh.) muoterlich, wovon ba® ahd. Abo. muoterliche, müeterliche,
mittelb. mAterliche, unfer nhb. Adv. mütterlich; das Adj. mutterlos mhb.
muoterlöse. Muttermal eriheint 1678 bei Kramer teutſch⸗ital. Wortb. 791,
während e8 1691 Stieler nit bat. Das Adj. mutternadt, -»nadend (f.
nadenb) if mittelb. müter nacket, müternacket, müternackend (dör mAget
kröne (&. 70), mittelnieberl. moedernact. Das Abo. mutterfeligallein,
mer 1727 bei Aler ©. 1423b, wo, wie noch 1768 bei Moerbeek 226°, mutter-
fefig allein, iR verfärtender Ausbrud für mutterallein, indem das einge-
tretene felig auf das Verwaiſtſein durch den Tod ber Mutter beutet, alfo urfpr.
gleihfam : „ganz allein und verlafien ſelbſt Durch die verfiorbene Mutter (die Mut-
ter felig) verwaiſt“ (ogl. felig). Später, aber buch mutterfeligalleim ver- .
anlaßt, Keine mutterfeelemallein, welches 1777 Abelung, der mutter
ſeelen allein fchreibt, bei Die Mutterfeele erklärt. Diefes, f. v. a. eine von
einer Mutter geborene Seele, d. h. ein Menſch [denn „eine Mutterfeele” = irgend
ein Menſch, jemand; „keine Mutterfeele” = gar kein Menſch, niemand], if in
ber Zufammenfegung mutterfeelenallein Gen. BI. oder auh Gen. Sing.
ſchwacher Biegung (vgl. Seele), Mutterfprade fon 1556 bei Frisius 1204»,
wo „Landſpraach oder muoterfpraad“ und banad bei Maaler Bl. 295° bie
Muoterſpraach. Mutterwig bereite 1758 bei Hagedorn Fabeln ©. 64,
aber erk von Adelung ins beutfche Wörterbuch aufgenommen.
der Mutwille, mutwillig, f. Mut.
170 Bay — Mugen
bee Mutz, —s, Bl. —e : am Schwanze bis an ben After geſtutztes
(j. Adrian Beier Lex. 302%) ober überhaupt ein geſtutzt ober wie ge
ftubt ausſehendes Thier.
Diefes z. B. vom Bären [in der Schweiz], jenes erſte vom Bferbe, Efel, Hunde mit
einem Stumpfiäwanze Bon mugen == abſchueiden, Hirgen, Ruten, vom Stutzen
bes Hundeſchwanzes 3. B. 1588 bei Michael Herr Aderwerd Eolumelle BI. 84°.
Der Urfprung biefes im Mittelhochd. außer bem in ber Limburger Chronik (14.
Sahrh.) yon Mönnerröden geſetzten gemützert = geſchlitzt, mit Einfhnitten ver-
ſehen (vgl. Grimm Wibch I, 694), noch nicht nachzuweiſenden Verbums ift buntel
und von ihm wurde entlehnt ital. mozzäre — abftumpfen, fowie von ſchweiz. mutz
= gekürzt, geſtutzt, das ital. Abj. möszo — finmpf, verfiiimmelt (vgl. Die;
Wibch I, 285). Der Mutz als Schelte bebentet gar Heiner (geſtutzter) Meunſch,
dummer Menfd.
ber Muge, —ns, Bl. —n, f. der Mugen.
die Müge, BL —n, eine Art (bequemerer) Kopfbedeckung. beſonders bei
dem männlichen Gejchlechte.
Schweiz. der Mutz = meiblihe Kopfbebedung (Stalber IL, 227). Gegen
oder um 1500 „mutzen vulgäriter [in gemeiner Sprade] hauben* (voc. incip.
theut. Bl. o8P), 1482 die „mutz oder haube* (voc. theut. BL. v7*), 1469 mittel-
rheiniſch u. 1475 clenifch bie mutsche (voc. ex guo und Teuthonista), 1422 möteze,
mittelnieberl. 1490 bie muts (hor. beig. VII, 11°), unb Diefenbach (glossar. 25°
und 864° fowie nov. glossar. 354°) flihrt an vom Jahr 1425 musse, 1420 mocze,
1417 miütze, 1414 bie koremütz unb auferbem jpäter aus dem 15. Jahrh. bie
mycze, myezz (lie® myczz) zc. Auerfi im 13. Jahrh. vornen unverlürzt das
almutz (Haupt Zeitschr. VII, 375, 22), im 14. Jahrh. mit r au6 1 bad armuz
ober armuz (Minmes. III, 276°, 9), aremuz ober aremug (ebenda ©. 220°, 8).
Das Wort fam am Niederrhein und in Nord⸗ und Mittelbeutfhland, nad melden
Gegenden alle Quellen weifen, auf aus dem mit bem arabifhen Artilel al ver-
bundenen, aber unableitbaren mittellat. da® almdcium, almätium, = (horlappe
(mit einer Kapuze verfehenes mantelartiges Staatékleid des Drbensgeiftlidden),
bis auf bie Schultern herabfallende Kopfbebedung bes Geiſtlichen, Chorhut, melde
Kopftradit die Laien frühe nadahmten und den fremden Kamen, der ficilianifdh ber
almdzia (= Art Kapuze, auch bei Laien), altfranz. die aumuce, provenz. die al-
mussa lautet, beibehielten. Bgl. Kappe, ein Wort von gleicher Entlehnung.
der Mugen, —s, BI. wie Sing. : mit Ermeln verjehenes kurzes d. h.
bi6 auf oder über bie Hüften reichendes Oberkleid, vorzugeweife bei
dem weiblichen Gefchlecht auf dem Lande.
Mit dem im Nominativ angetretenen n (I. F, font ber Mutze, —n, Bl. —n.
Mundartlid. So in Franken und Schwaben der Mutz, Mutzen (Schmeller II,
664), tyrol. Die Mutze, Mutza, heunebergifh und metterauifhh ber Motze. 1585
(hwäbifch der mutzen, muzen, — Oberkittel des Mannes, des Soldaten (Bir-
linger 431°), unb fo noch 1715 bei Weismann 265* der Mutze — Reitrock,
wamsartiger Mannsrod, 1678 ber Mupe — kurzer Ermelrod, Reitrod (Kramer
tentſch⸗ital. Wortb. 792«), 1711 Iſächſ.) die Mutze = Reitrock (Rüdlein 654);
mhd. der mutze (?), weldes in Hiuficht feiner Ableitung auf bie im, Altmorbifden
fi) zeigende ftarle Form der motr = Frauenzimmerkleid, Frauenmantel, hinweiſt.
mugen — Myßerium 171
müpen= be, abfehneiden ıc., f. Mut. Langſt veraltet. Dagegen
mugen in dem Sinne von „putzen“, f. aufmugen.
Rod 1715 ſüdd. mugen = pußen, ſchmücken, durch Reinmachen ſchmülcken, bei
Weismann 2658.
‚mügen = unfreunblich, verbrießlich fein over thun in halblauten ver-
einzelten Tönen mit mürriſchem Stiliihweigen. Davon mugig, Abi.
Jenes mugen if weiteraniſch motse. Nicht aus Tat. mutire, ſondern durch
Kürzung mittelft AusRoßung des ch, c, ! aus mudzen, mudzen, wie Blig
ans Blidz, Brite, mhd. blicze, ſchmatzen aus ſchmackezen 2c.; alfo urigräugfic
eint mit mudfen (f. d.), in beffen Begriff ee noch im Simpliciſſimus Tl.
186 6 Eap. 3 vorkommt. Schweiz. ber Mud = vereinzelter kaum ober doch
leife börbarer Laut des Unmwillens (Stalder II, 227), woneben ver Muds (f. d.).
Des Adj. mngig lautet wetterauifch motzig.
T bie Diyriade, BL. —n : ein Zehntaufend; Unzahl.
Ans gr. die myrids (uvord;), im Ben. myrisdos (uvpıadog), von gr. myrios
(uvplog) = fehr viel, unzäplig, defſen BI. mfrioi (grgıoı) = 10000, und bieß
war die hochſte Zahl, für die der Grieche Ein Wort hatte.
be Ryrrhe, Bl. —n, eine Art gewärzhaftes Harzes.
Am beften ſchriebe mau Mirre, denn fhon 1482 unb mhd. die mirre, fpäter
au der mirre, mirr, ahd. die mirrâ, myrr&, altfädf. bie myrra, angelſächſ. bie
myrre; aber nenhochdeutſch und fhon bei Luther die Myrrhe, weil aus gr.-lat.
bie myrrha, gr. die myrrha (söde), welches mit dem Harz aus Arabien über-
fam, wo murr = „bitter” und bann (wegen des bitterlihen Belhmades) —
„Ryrrhe“, von arab. marra = bitter fein.
be Myrte, Pl. —n, falſch Myrthe, ein befannter Baum (ver Myr-
tenbaum).
Im 15. Jahrh. bie mirden [nicht ber mir-, mördorn, bieß ift ber Mäufeborn],
ans gr.-lat. bie myrtus, gr. bie myrtos (guUproc), (urfprlingli) perſ. mürd, =
Myrteubaum. bb. (ber?) mirtel, ahd. der mirtil nur in der ahb. Ableitung
ba6 mirtilahi d. i. neub. Myrtich, dann in ben Zufammenfegungen mhd. der mir-
selboum und im 11. Jahrh. mirtilboum Myrtenbaum, mhd. die mirtelstäde Myr-
tenfonde, auf im 11. Jahr. mirtel = Myrtenbere (Haupt Zeitschr. XV,
36°, 155).
fedas Myfterium, —s, PL. Möfterien (Afilbig) : Geheimnis, Ge-
heimlehre; Geheimdienſt. müftificteren, hinter das Licht führen
b. h. (durch Benutzung ver Leichtgläubigkeit) zum beften haben, foppen.
ver Ryſtieismus — Geheimnisglaube, Hang zu und Erfülltfein
von Wunderglauben und Geheimniffen; vie Myſtik, ohne PL. = Ge-
beimlehre, die in innerer Anſchauung und Verſenkung in das Gemüth
geheimnisvolle veligidfe Weisheit; ber Myftiter, —s, Pl. wie Sing.
= Geheimwifjer, Anhänger ver Myſtik. muftifch — geheimniswoll,
durch geheimen Sinn bunfel.
Myſterinum bereits im 17. Jahrh. aus dem gleihbeb. gr.-Iat. das mystörium
(Bl. mysteria), gr. daB mystörion (uvorijorov), abgeleitet von gr. der mystös
(köstng) = der Eingeweihte, mit welchem auch das durch franz. mystifler vorans-
wmfegende neulat. mystifieäze zufammengefeßt wurbe, worans im 18. Jahrh. bas
172 Mie — N, u
mit jenem franz. orte gleiähbeb. myfificieren. Aber mystös jelb wie das
gr. Abj. mystikös (vuozuxög) == geheim, geheimnisvoll, führt zuritd auf gr. myein
(udeıv) = ſich fließen, verſchließen, wopon auch my6ein (uvdcıy) == in (religife)
Geheimlehren einmweihen. Bon jenem gr. Adi. mystikds, ins Lat. entlehnt mysti-
cus, wurde dann abgeleitet ein zu vermuthenbes fpät-gr. mystikfzein (zvorıxlteır)
= Geheimnisvolles treiben, von welchem weiter ein durch franz. ber mysticisme *
voransjufegenbe® nenlat. ber mysticismus, unfer Myficismms. ferner bildete
fih mit ableitendem -er von dem Maſe. jenes gr.-Iat. mfsticus, ber Myſtiker,
und gieng aus dem fubfantioif) genommenen Fem. dieſes Adj., nämlid) mystica,
nnier die Myſtik hervor; überhaupt aber nad dem Adj. gebifvet iſt das fchon
1706 bei Ludwig englifch-tentfüh. Lex. 457° als völlig geläufig erſcheinende Adj.
myſtiſqh.
#4 die Mythe, Pl. —n: erdichtete Erzählung aus dunkler Zeit, Götter⸗
Heldenſage. mythiſch = ſagenhaft, ſagengemäß, fabelhaft. bie
Mythologie — Sagengeſchichte, Sagenkunde, Götterlehre (Erzäh⸗
lung der Götterfabeln). mythologifch = ber Götterfage und -Iehre
angehörig. |
Mythe aus gr.-lat. der mythus, — Sage, Bötterjage, gr. ber mfthos (zU.90;)
— minblider Vortrag, das Erzählen, Erzählung, erbichtete Erzählung aus alter
dunkler Zeit. Davon das gried. Adj. mfthikds (uödızdc), gr.-lat. mfthicus,
wonach unfer mythiſch. Aus jenem gr. der mfthos aber und einer Ableitung
von gr. Iégoin (Adysır) = erzählen zufammengefekt if gr. bie mythologia (uvſßDo-
Aoyla) =, Sagengeidiäte, gr.-lat. die mytholdgia, woraus Mytbologie; von
jenem gr. mythologia endlich das gr. Abj. mfthologikds (LüFoAoyızdc), gr.-lat.
mytholögicus, wonach unfer gleichbed. Adj. mytbologifd.
N.
N, n, einer der vier fogenannten flüfftgen Laute (| L).
Über den Übergang ber Laute I und n in einander, dann bes n in m, bie
Angleihung des n zu m, die Abſchwächung bes m zu n unb anderes mehr fich
unter 2 und M. Angleihung bes n zu r zeigt ſich alt- und mittelhochdeutſch bei
Stern (ſ. d.), bleibt aber mmgewiß bei fern (f. d.) in ben alten rr enthaltenben
Formen. Bortritt des n findet fih in Naſt (f. d.) ſtatt AR. Sehr früher Eintritt
ober vielmehr Auffeigung eines n im Worte, welche Erſcheinung auch anbere
Spraden, wie bie Iateinifche, griedifhe, das Sanſkrit darbieten, läßt fich bei ben
Wörtern fangen, bangen und aus ben Artikeln fahen, gehen (mit bie Gicht 2), bei’
jung, Monat zc. erfehen ober doch erfäließen; fpäteres Einbringen (etwa in bem
18. Jahrh. 2c.) zeigen Dienstag, mbb. der meinster (f. Meifter), nadend zc., jlin-
gere® 3. B. Andauche, genung, Knüttel 2, maunzen, Taffent, Winſpel. Bgl. auch
Aint. Endlich tritt n in nun anslautend an unb ſchleicht ih im Neuhochdentſchen
bei vielen organifh ſchwachbiegenden männlichen Subftantiven aus bem Gen., Dat.
und Acc. Sing. an ben Nom. Sing., woburd auf biefe Wörter flarle Biegungs-
form übergetragen wird. Hierher gehören der Baden, Ballen, Biffen, Bogen, Braten,
Brunnen, Daumen, laden, Kleden, Zunten, Galgen, Garten, Gaumen, Glauben,
Graben, Haufen, Halen, Hufen, Kragen, Kuchen, Laden, Magen, Mupen, Nahen,
we — Rabe 173
Reden, Rafen, Riemen, Samen, Schaben, Schatten, Säliten, Spaten, Sporn
(j.d.), Tropfen, Waſen, Willen, Zapfen zc., eigentlich der Bade, Balle, Biffe, Boge
x. Reben ihnen nehmen andere uripringlich ſtarkbiegende, auf -e auslantende ein
n völlig unorganii an, 3. B. der Nüden, Weizen, auch ber Schatten (f. Schatte),
Frieden (f. Friebe). Dagegen bietet ſich Abfall bes n ableitenber Bilbung bei Ferfe,
Fohre (= Forelle, f. d.), Kette, Küche, Mette 1, Rabe un. Rappe, Waffe, Wolke,
die ide ꝛc. Entwidiung eines nd aus nn erſcheint fhon im Mitteldentſchen und
Mittelhochdeutſchen des 14. Jahrh. bei jemand und niemand, noch früher bei dem im
Mittelhochdeutſchen anf -enne ausgehenden, bie PBräpofition zu, mhd. ze, vor fi
habenden Dat. Sing. des Gerundiums (d. h. der Form bes Verbume, welche an-
zeigt, daß etwas gethan werden ſoll), woraus ſich dann allmählich neuhochdentſch
ein nur ſcheinbares, höchſt unorganiſches, adjectiviſch declinierbares Participium anf
:ub mit paffiver, aber zugleich ein Sollen und Milſſen einſchließender Bedentung
entwidelte, 3. B. „au tragenb” (ans ahd. zi traganne, mhb. ze tragenne, und fon
im 12. Jahrh. zu tragende), ber „zur behandelnde“ Gegenſtand sc. Dieſe fchlep-
pende Bildung „zu tragenb“ sc. aber wurbe um fo leichter herbeigefllbrt, als bie
Fügung des zu mit bem Infinitiv im Mittel- und Althochdentſchen ziemlich häufig
dat lateiniſche Participium des Futurnms im Pafſiv, welches ſich auf -ndus enbigt,
ansbrädt, nach beffen falſcher Analogie ſich in der Schriftſprache eben jene Bildung
and befeigte. Ausfall des n findet ſich in Honig (nripräinglih ahd. honanc), König
(ob. ehuninc), Pfennig (abb. pfennine), Siüb, ſachte, aber Abfall eines anlauten-
den NR im die Otter (f. b.) und mumbartlich, 3. B. wetteranif in Ache, Arcisse
Reit Nachen, Rareiffe, am Untermain und Mittelrhein in Arde, Ard flatt Warte
(f. d.). Wegfall des im Althochdentſchen, Gothiſchen, Alt- und Ungelfähftfdden zc.
anlautenben Hauches h vor n, alfo ein bloßes m ſtatt des urſprünglichen hn (==
gr. und ſlaw. kn) zeigen Raden, napfzen, Rapf, neigen, niden, nieſen, Niß (Niffe),
Ruf. Bol. auf Niet, Nuppe.
Einen eigenthümlich verſchmolzenen Laut bat n mit g und E in bes Berbinbung
ng md nt, und fhon Ickelſamer Grammatica BI. €2= (iu ber 2ten Ausg.
Bl. C4.) fagt von ng „ba hört man weder dz [ba8]) n noch das g vollom-
lich, ſondern man hört auß jrer zuofammen ſchmelzung vil ein ander gethön vnd
kimm“, und Bl. E20 (E4») von nt bei den Frauken und Schwaben „ein frembber
vnd newer buochſtab würdt da anfat bes Ü gehöret, auf ber gurgel getrndt, wie
die franden ägzen ober kreiſten, vnd wirt das nm aud mit reiht, ſonder mangel-
hafft ... gehört.” Bgl. Menge und mand, jowie bang, eng, Ding, Duug, Anger,
Länge, fengen, Klingen, gelungen zc., daun Dank, Gelenk, Fink, Trank, banten,
Bänke, ſchenlen, winlen, Funke ꝛc. Angemeſſen bei dem eigenthümlichen Laute
ſcheint darum nicht am Ende einer Zeile in Druck nnd Schrift Abtheilung wie
An⸗ger ıc., dansten zc., ſondern Ang-er, Beleibigung-en zc., banl-en ıc. Auf be-
fondere Ausſprache dieſer Rautverbinpungen blirften ſchon goth. gg (ſ. Engel, enge,
bringen, Gang, jung, Runge, fingen, Zunge), gk (f. Dant, dünken, trinken), ga (|.
finten) geben. |
ne (a kurz), mit (feifem) Zweifel fragende ober auch als Zuruf ein-
treffenter Erwartung gebrauchte Partikel.
In ihr ſcheint fich die won Notker (+ 1022) am Schluſſe und in ber Mitte
verneinender Frageſütze gebranchte Fragpartilel na erhalten zu haben, welche mit
der einfachen ahd. VBerneinungspartilel ni (f. nit) genau verwandt und von ber
Berneinung (als folge bieten na bie fragmenta theotisoca Matih. 18, 17) in bie
Andentung ber zweifeluben Frage übergegangen if.
die Nabe, Bl. —n: die hohle um bie Achfe laufende Walze im Nabe,
174 Nabel — ned)
hp. die nahe, ahd. bie napa, nabe, angeffädl. die nafn. Das Wort kimmt
ber Lautverihiebung gemäß wit fanffr. die nAbhile) = Nabe und Nabel, perf.
naf = Nabel. ©. Nabel.
ber Nabel, —s, Pl. Näbel : die befannte narbenartige rundliche Ber-
tiefung auf dem Bauche. Davon das Verbum nabeln. Zufammen]. :
der Näbelbruch, vie Nabelfhnur ıc.
Nabel, mhd. der nabel, mit Übergang in flarfe Biegung gekllrzt aus bem
Hblihern und urſprünglichen ſchwachbiegenden ber näbele (Pi. nabelen), ahd. ber
n&äpalo, n&äbalo, näpulo, näbulo, näpolo, nabolo, näbilo, nabolo, goth. ber
nabla (?), angelfädf. der näfela, altnormeg. ber nafli (Fritzner 465*). Bon Nabe
(f. d.). Bopps Annahme glossar. 213°, daß das Wort mit dem gleichbebeuten-
ben gr. ber omphalds (dupaAös), Tat. umbilicus, flimme, welche entweder aus
nophalos (vopeAog) und nubilicus mit Übergang bes m in m vor b verfegt ober
aus onaphalos (dvyaypeAog) und unabilicus gekürzt feien, if gewagt. Das Berbum
nabeln erft in genabelte Schilde bei Bürger und Voß.
ber Näber, —s, PL. wie Sing. : der Bohrer. Auch Neber.
Aus mhd. der näbeger, 06 o gôr, baß in nageber, negeher verfekt, in nagber
(vgl. Sumeri. 82, 60), näg-, negbor, nähper, mittelb. nagber gelürqt u. endlich
mittelft Ausfoßung des Kehllautes zufammengezogen wurbe, ahd. ber ndpa-, n&äba-
gör, (mit Überfchlagen des Zuſammenſetzungs⸗a iu i, weldes fpäter ben unechten
Umlaut in jenem nebeger veranlaßt,) nabiger, au) nabu-, nabeger, verjekt naga-
ber (gl. fuld. &. 14, 88°), = Bohrer, uriprängli Spieß (ahd. kör, gr), ſpitzes
Eifen für die Nabe (ahd. napa, nabe) b. h. zum Bohren derſelben. So erklärt
1716 Zubwig Sp. 1288 gerabezu „Näber ober neber, ein borer uabenläcer
in bie väber zu machen.“
nach, Adv., fteht in ber Beziehung, daß ein anderes in Raum ober Zeit
ſchon ift; in Zufammenfeungen aber, wie nacharten, -bilden 2c., bricht
in nach, wenn auch nur leife, die Bezeichnung ver möglichſt ange:
ftrebten Übereinftimmung durch, und in Nachbar, nächdenken, -fragen,
hängen 2c., hat nach noch die urjprüngliche Bezeichnung ber Nähe,
der Richtung zu etwas hin. S. die PBräp. nad.
HD. näch, gekürzt nd, ahd. nah, in Form unb urfpränglicher Bebentung eins
mit bem als Präp. ericheinenden goth. nöhv (f. ven folgenden Artikel), welches
einmal neben bem fo üblihen, ala Abo. und bann als Präp. gebrauchten goth.
nöhva, unferm Ady. nahe, nah (f. d. und das Abi. uah), vorkommt. Bon
diefem, althochdeutſch naho und mittelbodhpentf nAhe, nA lantenben Adverb aber,
mit weldem unſer nad urjprünglih auf das engfte zufammengehört, beginnt es
fih gegen das Ende bes 15. Jahrh. in ber Bebentung allmählich fo zu fcheiben,
daß nah nur die urſprüngliche Vebentung bewahrt, währen nach fi auf bie
abgeleitete Bezeichnung, daß ein Anderes im Raum ober Zeit ſchon if, fowie da⸗
neben auf die der möglichſt angefrebten Übereinfimmung beſchränkt, woburd eben
nad wie mit hinten, fo auch mit gemäß finnverwandt wird. Dieſe letztere
Bezeichnung tritt inbefjen ſchärfer in dem Gebraude des Wortes als Präpofition
beroor (f. den folgenben Artikel).
nach, Präp. mit Dativ, wird urfprünglich von dem Verhältniffe ber
Nähe gebraucht in ver Bezeichnung „in ber ober in die Nähe zu —
nalen — nadhehmen 175
Hin oder ber“, weraus fofort die „in ber Richtung zu — Hin ober
ber.” Darnach „(in ver Nähe und zwar im beſondern) im Rüden
von —“ d. 5. „nach oder doch nicht fehr entfernt auf das Vorfein,
ben Borgang von —“ (vgl. das Abo. nach), zulegt „nah ober durch
Nähe oder auch burch Folge in derſelben Richtung“ und überhaupt
„in möglichit angeftrebter Übereinftimmung mit —“, in welcher Be
zeihnung nach finnverwandt mit gemäß (f. d.) ift.
Mhd. u. mitteld. nach ſteht in allen biefen Bezeichnungen, zuerſt aber in ber der
engern Nähe, zu, zu — bin, auf — zu [dö diu maget nAch im gie (Avein 2216)
ba die Inngfran anf ihn zu gieng]; ahd. nAh kommt ebenfalls in allen biefen Bezeich⸗
nungen vor, doch zuerfi in ber urſprünglichen von „nah, bei, an“; goth. n&hv (Euc.
15, 25, mit Acc, fonk immer n&hva mit Dat.) beſchränkt ſich auf die urſprüng⸗
liche Bezeichunng „nah, dicht bei, dicht an.“ Das Wort, wie ber vorhergehenbe
Artikel zeigt, zuerſt Adverb, iR in feinem adjeetiviſchen Urfprung (aus nah) eine
friſchere, jlingere Präp., als die bem lat. ad ber Lautverfhiebung gemäß ent- .
ſprechende, ebenfalls ben Dat. regierende goth. at, ahd. ag, == au, bei, au, welde
jhon im 10. Jahrh. ausgeftorben oder doch kaum mehr gebrandt zu fein fcheint,
“ amd ber Dat. bei mach iR dadurch bebingt, daß ſchon das biefer PBräp. zu Grunde
fiegende Adj. nah (ſ. e.) ben Dat. regiert.
nöhäffen-—= wie ein Affe nachahmen. 1678 bei Kramer.
nahahmen = nah Mafgabe ähnlich fi) ausprüden oder barftellend
wiedergeben (f. ahmen). Davon : der Nächahmer, wonon bie
Rahahmerin (bei Zahariä, Klopftod); die Nahahmung.
Zuſammenſ.: nachahmlich, und (mit Nachahmung) die Näch—⸗
ahmungsſucht, nachahmungswerth.
Zunächſt wird das die Perſon ausdrückende Wort im Dat. [„wenn bu mir nah⸗
bhmeſt“ (Simpliciffimns Bch 6 Cap. 4); „geſetzt, die alte Teutſche hätten...
den Zubn nachgöhmt“ (Simpliciasimi Salgen-Männlein Cap. 3)], das eine Sache
ausbrädenbe dagegen im Acc. J„ich fleng an, meiner Alten Kargheit nadzu-
Shmen* (Simpliciffimus Bch 5 Eap. 10); „Denfelben Nahmen ähm-
ten andere nach” (Courasche Kap. 4)] geſetzt, unb beides findet auch flatt, wenn 1716
Lubmwig Sp. 1284 verzeichnet „VNachahmen (einem ober etwas)“. So im all-
gemeinen noch weiter im 18. Jahrh., wie es ſcheint 3. B. and bei Voß; doch
ſcheint fh ein dunkles Sprachgefithl beizumiſchen, als ob, was ba® die Perſon aus-
triidende Wort angeht, dieſes in ben Wcc. zu fegen fei, wenn basjelbe das Wert
oder bie Werte jener meint. Dieb fagt auch 1769 Herder krit. Wäld. I, 120
dei Anführung und in Vefprehung ber gleich nachher angeflihrten erfien Stelle
Leifings ausdrücklich: „Einen nahahmen, heißt, wie id} glaube, ben Gegen-
Rand, das Werk des andern nahahmen; einem nachahmen aber, bie Art und
Weiſe von dem andern entlehnen, dieſen ober einen ähnlichen Gegenſtand zu be-
handeln“. Damit ſtimmt auch die Fügung bei Leffing : „der Künſtler ahme
dem Dichter, ober ber Dichter ahme dem Künftler nad” (Raofoon Ausg. v.
1766 &. 78); „er wiirde nicht dieſe Gruppe, fondern das, was biefe Gruppe vor⸗
Rellet, nachgeahmet .. . haben“ (ebenda); „bie Alten [= ihre Werke] mit
fiverfegung nachahmen“ (ſammtl. Schriften III, 150). Doch wurde nebenbei und
baſd vorwiegend ohne Aidfiht, ob Berfon oder Sade, ber Dat. geltend, wenn bas
Wiebergeben ver Ähnlichkeit ſchwächer, und ber Ucc., wenn biefe flärfer und um⸗
176 nachacten — Weäber
fänglider ansgebrädt werben fol, z. VB. „ver Mutter nehzuahmen” (Hage⸗
born Kabeln, Ausg. v. 1788 S. 165) und „Dort ahbmet Laub und Bad — ben
Schmäggen raufhend nah” (ebenda ©. 145), „Ahmt ihr [ber Ratur], nicht
ſchlechten Muftern, nah” (Zahariä Op. u. 2.500); „Sie müffen nicht das
Wert, fondern dem Meifter nachzuahmen fudhen, wenn fie felbR nad.
geah mt feyn wollen (fihtenberg IV, 211). Göthe ſcheint nur den Acc. zn
ſetzen, und jo beflimmte auch Heymak beutfhe Spradlehre (1808) S. 240. Bei
Drollinger 51 findet fih „ven Sroffen nachznahmen“, bei Klopſtock Ob. II,
256 „Rur jelten warb bie Natur von ben Griehen — Nachgeahmet.“ — Hiſt.
richtig find nahamen, Rahamerzc. Jenes Berbum aber ift erfi 1540 bei Alberus
diotionar. Bl. Eo 1? nachzuweiſen, wo „ih om nach” neben dem unzuſammen⸗
geſetzten „ih om” (j. ahmen Anm); im 17. Jahrh., wie oben angeführte Be⸗
legRellen zeigen, auh nachöhmen, nadhähmen.
nächarten — leiblihe oder Seeleneigenthümlichleiten (Schiller
Wall. Tod 3, 2) fih aneignen von —. Mehr in edler Sprache.
Er, wie es feint, gegen 1600; fo 1592 bei Zmmelius Bl. Bi’. Mittel-
hochdeutſch wird Die Zuſammenſetzung vorbereitet dur Filgnngen wie und artet
nAch dön vippern (ipern) im LiederSaal II, 627, 8 und im 16. Jahrh. durch
ſolche wie „er art fih nad) dem vatter, thut wie fein vatter“ (Alberns dietionär.
AA) Bol. arten unter Art. 1.
nähäugeln = zärtlich blidend nachfehen (Hölt y 60, 42); im Augeln
nachahmen.
ver Nachbar (a kurz), —n und —s, Bl. —n: ber nah Wohnende;
ber zunächſt oder nah, überhaupt angrenzenv feinen Plak, feine Stelle,
feinen Raum bat (ber Tifch-, Kirhen-, Feld-, Barten-,
Grenznachbar :c.); berechtigter Ortsanwohner (ber Örtsna ch»
bar), Davon vie Nahbarin. Aufammenf. : nächbarlich; die
Naächbarſchaft x.
Bei Alberus z. B. im Ehbüchlein (1589) der Rachbaur und zugleih mit
a aus gefunfenem au [vgl. Heimat, Monat mit a aus mhd. uo, Ö] Nachbar,
weiches legte, urſprünglich in Mitteldeutichland zu Haufe, allmählich durchdrang,
fo daß es ſchon im 16. Jahrh., zumal durch Luthers Einfluß, überwiegend
wurde [im 17. 3. B. bei Moſcheroſch Bhilauder v. ©. I, 280 noch Nach baur
und 1678 bei Kramer teutfhrital. Wortb. „Nach baur, Nachbar“] und im 18.
Jahrh. das faft allein [venn 1727 bei Aler ©. 1426? doch uoch nachbaur neben
nach bahr] gebraucdte iR; mittelb. 1470 nachper, 1488 mit misverflänplid ein-
getretenem t ber nachtbar (Kychman Bl. x4°), anberwärts in bemfelben Jahrh.
nachtpaur, au® nachbaur, nachpaur, mit bem nidt in au libergegangenen A
nAchbür (altd. Blätter I, 59, aus bem 15. Jahrh.), mbb. im 14. Jahrh. der
nachbfire = Nahwohnender, Anmohnenber ( Walther von Bheinau II, 40°, 45),
welches mit Ausfall des ge (f. Baur 8) au® (1482) nachgepaur, auch ſchon im
Anfange des 14. Jahrh. mit jenem t nahtgepaur, mhb. ber nAchgebür d. i. ſowol
flarkbiegenb ber nAchgebür, ale auch ſchwachbiegend ber nAchgebüre, ahd. ſtark-
biegend ver nAhkapür, nAhkipär (Pi.nähkipür& und im voc. Kerönis ©. 178*, 185
nähkipäri) ſowie ſchwachbiegend der nAhkipfiro (voc. Korönis &.217=*, 288), mittelb.
ber näkebür; altnieberb. ver n&bfir, angelſächſ. ſtarkbiegend ber neägebfir, nedhbr.
Das Wort if zufammengel. 1) aus dem Abj. nah (f. d.) mit Wahrung bes ch
Nachbler — Nadiiernd 177
ver mib. Form näch in ber bergebradkten Sufaurmenfegung mub 2) aus ber
Baner 3 (f. d.). MUnfer Rachbar ſteht alfo Kati eines urſprünglichen Nach⸗
gebaner unb bedeutet im Grunde |. v. a. der „uahe Mitwohner*, wie benn
and ſchon bloßes mhd. der gebfr (nend. Gebauer) u. gebfre, ahb. ber kipfir n.
kipßro, urſprunglich — Mitwohner, ben Begriff „Nachbar“ ausbrikden. Getren
dem Alt- und Mittelhochdeutſchen biegt auch noch heute Nachbar im Singular
ſtark (bes Rahbars) und ſchwach des (Nach barn), jenes 5. B. bei Schiller
Tell 4, 8, Göothe zc. und befonders wenn ber Artikel ansgelafien wirb, 3. 8.
„Den Hag, wo Nachbars Lotte — Zur Beildenlefe kam“ (Matthiſſon 18); aber
ber Plural if nur ſchwach die Nachbarn, nnb ein dem obigen ſtarken abb. Plural
nähkiphrh gemäßes neuhochdentſches die Nachbare möchte nit vorfommen. Bol.
bie Biegung von ber Bauer 8 Kür Nachbarin, bei Alberns dicetiondr.
BL m3* nachbarinn, findet ſich mittelbeutfh die nAkebürinne, und Nachbar⸗
ſchaft lantet 1478 bie nachperschaft (Tuch Baumeisterbuch 818, 84), 1482
nachtpaurschafft (b. i. nächpaurschaft), welde ſ. v. a. „Geſammtheit der Nach⸗
barn“ bedenten. Das Adj. nachbarlich bagegen ſcheint erſt im 17. Jahrh. ent-
Randen, und bereits 1663 bei Schottelius ©. 867%; doch 1678 hat Kramer
teutf-ital. Wortb. 793° noch nachbaurlich. Bon dem Adj. dam das gleich“
lautende Abverbium. — Der Hüfernf ndhbarjol bed. |. v. a. „Nachbarn zu
Hilſel“ S. feuerjo Anm.
das Nachbier, —es, Pl. — : Bier, welches durch das erfte Auf-
hätten von Waffer auf ausgebrautes Malz gewonnen wird, weshalb
es auh Treberbier beißt. Dal. Eovent.
Eine, wie e8 ſcheint, erfi im 18. Jahrh. aufgelommene Benennung, bie ſich 5. B.
1764 bei Zinde Bcon. fer. Sp. 526 u. 1986 findet; 1722 das Affter-Bier
(Adrian Beier Lex. 225*).
uahbem (e body zu fprechen), 1) Abo. : nach biefer Zeit. 2) Conj.
nad der Zeit daß; nach Maßgabe dag, nach dem Verhältniſſe daß.
Zuſammengeſchoben aus nad bem, wie Luther ſchreibt, ber dieſes in feiner
Bibelüberfegung in ben beiden Bezeihnungen ber Eonj. gebrandt. Aber ber Dat.
dem bier if für did, ben ahd. Inftrumentalis von bem bemonftrativen Pronomen
das, eingetreten, denn althochdeutſch (bei Notker) fagte mar nAh did — da-, wo⸗
nad, demnad, mbb. (noch im 14. Jahrh., aber ausfterbend) näch diu = in Bezug
darauf. Bgl. ehe-, in-, feit-, vorbem.
nachdenken, hat ven Dat. bei fich over die Bräp. über mit dem Acc,
Bräf. ih denke nd, Prät. ih Dachte nd, im abhängigen Sage nachdachte, Part.
nachgedacht. Er nhb. bei Luther Welsh. 18, 7 nnb mit Dat. 3. B. Sir. 89, 2,
Stüde in Eſth. 7, 9, Philipp. 4, 8; nachgedenken Pf. 78, 16.
ver Naͤchdruck, —es, = nochmaliger, wieberholter Druck; [mit dem
PL Nachdrücke:] unberechtigter Abdruck eines Gedildes und vergleichen,
wmrehtmäßiger Abdruck einer gebrudten Schrift (bereit3 1711 bet
Rädlein 656°); [nur abftract :] wiederholter fürdernder Druck. Ver⸗
ihieden von dem waibmänniichen, vom Rothwilde gebrauchten ber
Naͤchdruck, —es, ohne BL, = das Wiederkäuen,
weldes zuſammengef. aus bem Abo. nach und bem bier ohne Umlaut Rebenben
tüd in der Itrück — das Wiederfänen (f. it rüchen). Das d in »brud if
dier unorganifh, $ das hierzu gehörige weidmänniſche Berbun nachdrücken.
Beigand, Wörterbub. 4. Aufl. 3. Bd. 12
178 nachdrucken — macher
Das erſte, aus nad und der Druck (ſ. d.) zufammengeiegte Nachdruck erfcheint
zuerſt, Nachtruck geſchrieben, bei Dasypödius 3474 u. 887° und beb., wie au ber
erſten Stelle beigeſetzt iR, „Wein ber zuo et getrottet [== gebeltert]) iR“, durch
das zweite Rärlere Preſſen der Kelter ergengter Wein, Nachlauf. Jene Schreibung
Nachtruck aber in ven brei obigen VBebentumgen zieht noch 1715 Weisnane 265°
u. 268« vor.
nähbdruden, oberb. was hochd. nachdrücken, dann eine gedruckte
Schrift unrechtmäßig abdrucken. naͤchdrücken — nochmals, wieder-
holt drücken, beſonders fördernd,
in dieſer Bed. bei Luther in feinen Werken, z. B. VIII (Ihena 1580), 219⸗
nachdrucken. Bgl. aber drucken un. drücken unter dem Worte Druck, dann
abdrucken u. abdrücken, aufdrucken n. aufdrücken. Das obige mad.
drücken auch = nachdrängen lautet im Zheuerdank Wr. 81, 28 nöch drucken,
aber 91, 86 nAch drucken und 82, 41 nAäch trucken; überhaupt älter-ubb. gern
mit t nachtrucken.
naͤchdrücken — wiederfäuen. Bol. ver Nahbrud.
Ein von bem vorhergehenden nachd rücken verihiebener weibmänuifcher, vom
Rothwilde gebrauchter Ausbrud, zuſammengeſ. aus dem Ady. nad und -rüäden
in iträden, abb. ita-, ituruchan, = wiederkäuen (f. it rüchen), weldes ſich, da ein
alleinſtehendes ahd. ruchan, rucchan (?), rukkan (P), d. i. eben nbb. riüden in
itrüden, bis jett nicht nachgewieſen werben kann, alfo im Abſterben begriffen
fein und unverflänblih werben mufte, Thon in Handſchriften des 11. Jahrh. auch
‚ itdrukkan (Graf II, 485. Williram &. LXV) b. i. it-drukkan geſchrieben ſtudet
mit misverflänblic eingetretenem d, als wenn jenes einfache Berbum nicht
rucchan, rukkan, fonbern drucchan, drukkan lautete. Diefes aber wäre unſer
brüden, drucken, an weldes bier nicht gedacht werben barf.
der Naͤchdrucker, —s, Pl. wie Sing, von nachdrucken (f. d.) in
der 2ten Bedeutung. naͤchd rücklich, nahdrucksvoll, zufammen-
gef. mit der Nachdruck in ver abftracten Bedeutung.
1616 „Nachdrucker, ein Buchdieb“ bei Heniſch Sp. 757. Das Abi. nad-
drücklich ſcheint erft im 17. Jahrh. entſtanden, in welchem e8 Kramer teutfch-
ital. Wortb. 7956 verzeichnet; aber nachdrudsvoll findet ſich zuerfi gegen 1800
und zwar nachdruckvoll (Bauer deutſch⸗lat. Lex. Sp. 1822) gefchrieben.
ver Nahen (a kurz), —8, Pl. wie Sing., muldenartiges Wafferfahrzeug.
Eig. ver Rache (vgl. N), —u, BI. —n. Deun im 15. Yahrh. (|. Weisih. IL,
10. 61. Poc. ex quo v. 1469), im 14. Jahrh. ber nache, im 15. Jahrh., alſo
fpät-ahb. ber nacho (gl. irevir. 17, 10. Diut. IH, 258), d. i. nahho (?), goth.
ber naga (?), altſtichſ. der naco, niederl. die aak (mit abgeworfenem n, wie aud
wetterauifch ꝛe. ber Ache flatt Nahe), angeljähf. der naca, altnord. der nökkvi
(= Boot), woher mittellat. bie naca, ndcchia 2c. Wie e8 ſcheint, bei eintretenbem
Kehllaut und Schwinden bes no) altnorbiih erhaltenen w (v) urverwandt mit
lat. die nAvis, gr. die nafs (vaöc), fanfke. die nAu(s), = Schiff. Bol. Rane.
näher, Präp. mit Dat.: nach in Bezeichnung der Richtung auf einen
mit Namen angegebenen Ort oder ein fo angegebenes Land.
3.8. „n acher Heibelberg” (Zincgref Apophihegmata I, 84), „nader Bari”
(ebenda I, 87), „naher Dentſchland“ (Anbreas Gryphius Cardino Bor⸗
rebe), „naher Dig“ [Deus] im Simpliciffimue (U 8 Cap. 28), „ed gienge
nader Wien" (Sſchil ler d. Piccol. 5, 2); früher überhaupt fir nad, z. B. „Io
lan end niemand naher bringen” (Gb v. Berligingen Lebenkbeſchr. ©. 181),
„Als er... naher Hanf reifete” (Zinegref Apophth. L, 170), Nicht in edler
Sprache, weil oberbeutih, und jetst. auch ba eigenili mehr von Halbgebilbeten ge-
braudt. Das Wort entſtaud mit Verluſt des Tones auf bem zweiten Wort und
dadurch verallgemeinertem Begriff aus nachher (ſ. Schmeller IL, 671) und ngl.
ber Anm.).
die Nachernte (er = ir), BL. —n: eine Ernte als Nachlefe.
Erſt nhd., wie denn Jeſ. 17, 6 Nacherndte.
ver Nahfahr, —en, Pl. —en, Gegenfah von Vorfahr.
Bol. Nahfahrer. Hi. richtig Nadfar. Das Wort if ungewöhnlich und
felten, bei &öthe XXVIII, 168, au 1678 bei Kramer temti-ital. Wortb. 79B®,
ud. ſchwachbiegend ber n&chvar, fiber vefien var f. Borfahr.
ver Näachfahrer, —s, BI. wie Sing., mas Nachfahr (f. d.),
aber nicht fo edel und im Bergefien dieſes Ausdrucke (vgl. Borfahrer).
Ebenſo ungewöhnlid und ſelten; bei Gthe XX, 274, Jean Panl, und ſchon
1711 bei Rädlein 656 „Nachfabhrer, Nachkömmling“ ſowie 1716 bei Ludwig
Sp. 1287 „Rahfahr ober nachfahrer.“ Hiſt. ridtig Nachfarer. Der
Fahrer if gerabezu von fahren (ſ. d.) abgeleitet, während -fahr in der Bor-
und ber Nachfahr meipränglih das Mafenlinum ſchwacher Biegung eines aus
fahren entiproßnen Abjectioe iR, worliber unter Borfahr.
ver Nachfolger, —s, BI. wie Sing. : auf einen Andern oder Andre
Solgenber, bejonbers der Zeit nach oder nad) Vorbild.
Mhb. ber nAchfolgsere, nächvolger, wmittelb. der nAchvolgere, nächvolger,
im 15. Jahrh. and) == Verfolger, ahd. (bei Notker) ver nähvolgkri, zuſammengeſ.
wit der Kolger von folgen (f. folgern).
bie Nachfrage — Frage wonach. nachfragen = wonach fragen,
für ih Rebenb d. h. ohne abhängigen Caſus [3. B. Richter 6, 29], oder mit Dat.
3.8. „Sobald fie geeubet, — Fragt’ id bem Zerte nad” (Göthe XL, 256)]
und fo fon im 15. Jahrh. nAchfrägenn in ben Weisth. L, 146. Nachfrage im
15. Jahrh. die nAchfräg (Weisth. I, 217).
die Nahgeburt, PL. —en : bie nach der Geburt von der Mutter ab-
gehende Häutige ꝛc. Maſſe.
Er neuhochdentſch und im 17. Jahrh. geläufig. 1470 dye andere geburt
(Diefenbach glossar. 528° u. nov. glossar. 888°) dem lat. secunde gemäß.
näachgehends, Abo. : nach der Zeit. Nicht edel.
Der ſchon bei Sähuppins (} 1661) abve